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"LOST" als Setting?

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SecondChance:
Hallo Leute!

Ich habe gerade nicht viel Zeit, aber ich würde diese Frage dennoch gerne mal in die Runde werfen:

Was haltet ihr von einem "Lost"-Setting?

Hat sich da schon mal jemand Gedanken gemacht?

Später mehr von meiner Seite...


Gruss, Bogo

Roland:

--- Zitat von: Bogo am 14.10.2006 | 10:19 ---Was haltet ihr von einem "Lost"-Setting?

--- Ende Zitat ---

Nichts.

Die Serie ist zwar gut gemacht, aber die "wir halten den Zuschauer mindestens 5 Staffeln mit Andeutungen und Halbwahrheiten bei der Stange" Masche funktioniert im Rollenspiel noch schlechter als im Fernsehen.

Samael:
Roland hat Recht. ;) Als Fernsehzuschauer hat mich dieser Mist so genervt, dass ich Staffel 2 nicht mehr anschaue. Beim RPG würde ich nach 2 Sitzungen Anfälle kriegen.

Vash the stampede:
So reizvoll ich diese Idee auch halte, gerade weil die Serie in meinen Augen die beste Serie ist die ich kenne, so schlecht fände ich die Umsetzung. Da sind zu viele Bilder und Konzepte in meinem Kopf verankert, das ein Rollenspiel dem nie gerecht werden kann.

Enkidi Li Halan (N.A.):
Man kann die Grundidee von Lost meiner Meinung nach problemlos in ein Rollenspiel übertragen. Aber der Reiz der Serie liegt in etwas anderem, nämlich ihrer Erzählstruktur.

Bei Lost geht es in weitestem Sinne um eine "Robinson Crusoe" oder eine "Castaway" oder eine "Herr der Fliegen"-Geschichte. Menschen werden aus der ihnen bekannten Zivilisation gerissen und müssen sich in einer ihnen völlig unbekannten Situation, die etliche Gefahren für Leib und Leben birgt, behaupten. Klassischer Rollenspielstoff. Und eigentlich auch eher langweilig, weil schon hundertmal dagewesen.

Warum funktioniert die Serie dann aber so gut?
Wie gesagt, es liegt an ihrer ungewöhnlichen Erzählstruktur. Die Erzählung der Geschichte und die Entwicklung der Charaktere verläuft nicht linear, sondern in einem sehr komplexen Muster thematisch miteinander verknüpfter Episoden. Wir haben in fast jeder Folge abgeschlossene Handlungsstränge, die in der Vergangenheit liegen und durch Rückblenden erzählt werden. Dem Zuschauer werden Zusammenhänge bruchstückhaft vorgewofen und zwar so, dass zwischen den Häppchen sehr viel Raum für Interpretation und eigene Gedankengänge des Zuschauers bestehen. Man macht sich zwangsläufig Gedanken ("Wie kam es dazu, dass diese Figur so oder so agiert?", "Was ist das Geheimnis der Insel?"), und um den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten werden immer wieder kleine Lösungen für Probleme angeboten.
Ein weiterer Aspekt der Lost für den Zuschauer interessant macht, ist das Spiel mit der Frage, was real ist und was nicht. Auch dies ist grundsätzlich ein Thema, das sich hervorragend in einem Rollenspeil umsetzen lässt - aber nicht so, wie die Autoren es in der Serie machen. 

Der Flair von Lost liegt neben den ausgefeilten Charakteren und der detailreich verknüpften Relation-Map im Spiel von Erzählebenen, Erzählperspektiven und episodischen Handlungssträngen. Ich wage zu behaupten, dass man eine solche Erzählstruktur auch in einem Rollenspiel hinbekommt, aber das erfordert einen immensen Aufwand von Seiten des SLs*.
Zum einen muss er sehr erfahren im Umgang mit episodischem Erzählen und aufgeteilten Spannungsbögen sein, zum anderen muss er ein großes Gespür für Charaktere besitzen. Man darf nämlich eines nicht vergessen: Lost ist ein in sich geschlossenes Setting. Man hat da keine große Hintergrundwelt mit mehreren Fraktionen und Interessensgruppen, sondern einfach eine Handvoll Menschen mit eigentlich ganz alltäglichen (Identitäts-)Problemen. Alle Impulse für einen oder mehrere Plots müssen folglich aus den Charakteren kommen oder aus dem Setting (das aber relativ konstant bleibt).
Man muss sich ebenfalls darüber im Klaren sein, dass eine Erzählweise mit vielen Rückblenden konstant den Erzählfluss der Haupthandlung unterbricht. Erstens: will man das als SL? Zweitens: wollen das die Spieler? Und drittens: wie vermeidet man extremes Railroading und Plotkontrolle durch den SL?

Mein Fazit: ich würde mich als SL nicht an so ein Vorhaben wagen, zumindest nicht ohne mich ganz besonders intensiv mit der Thematik zu beschäftigen. Und für diesen zu erwartenden Aufwand sage ich mir: der Nutzen ist nicht ausreichend. Ich erzähle lieber eine neue Geschichte erfolgreich, als ein bekanntes Konzept holprig nachzuahmen.




*(als Freiform-Erzählung mit verteilter Erzählgewalt zwischen allen Mitspielern halte ich das Konzept für nicht realisierbar)

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