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[Engel] - Korruption
Bitpicker:
--- Zitat ---Die Angelitische Kirche ist nämlich nicht das "Böse", sondern das einzige, was die Menschen effektiv vor der Traumsaat schützt.
--- Ende Zitat ---
Reine Schwarz/Weiß-Malerei finde ich auch naiv. Es ist doch viel schöner, moralische Konflikte dadurch zu erzeugen, dass keine der beiden Seiten rein böse ist.
Bei Kirchen und Religionen habe ich allerdings eine angeborene Schwäche, etwas Gutes zu erkennen, was sich auch praktisch grundätzlich auf meine Rollenspiele niederschlägt.
Robin
Cyankali:
Ich kenne den Hintergrund nicht genau genug, um im Speziellen darüber zu reden, aber ich glaube das das Problem gar nicht Systemimmanent ist sondern ein Grundsätzlicher Konflikt in den an die Spieler gestellte Herausforderung. Einerseits soll man in einem Rollenspiel ein Rätsel lösen, und andererseits rollengerecht spielen. Wenn die Rolle aber gar nicht dazu geeignet ist, ein Rätsel zu lösen, weil sie zum Beispiel auf Grund von Erziehung und indoktrinierung gar nicht auf die Lösung des Rätsels kommen kann, der Spieler aber glaubt die Lösung gefunden zu haben, dann kommt es meistens dazu das der Spieler auf ein Rollengerechtes Spiel zu gunsten der Lösung verzichtet. Typisches Beispiel der Barbar aus dem Hinterland der nicht bis 3 Zählen kann, aber im Dungeon dann das supper knifflige Mathematik Rätsel löst, weil der Spieler eben auf die Lösung gekommen ist. Stellen wir uns mal vor es geht bei der Lösung des Rätsels um Leben oder Tod, dann hat der Spieler doch nur die Alternative lass ich meinen Charkter rollengerecht sterben und hab nichts mehr von meiner Rolle, oder setz ich mich über die Limitierungen der Rolle hinweg und rette die Haut meines Charkters.
Jetzt mag es in dem Konkreten Fall gar nicht so eine Situation gewesen sein, wichtig ist nur das die Spieler geglaubt haben könnten es wäre so eine Situation. Es ist nun mal so, das Menschen einen Gewissen Erwartungshorizont haben, der auf Klichees basiert, und Rollenspiele nutzen Klichees gezielt aus um einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu ermöglichen, der sonst nur durch sehr viel Vorinformationen zu erreichen wäre, und ein flüssiges Spiel unmöglich machen würde, weil man ständig ellenlange detaillierte Beschreibungen liefern müsste. Nun ist das Klichee einer Inquisition eben Negativ besetzt, aufgrund unserer Sozialisierung. Selbst wenn man selber ein Positives oder neutrales Bild von der Inquisition hat, so erwartet man doch dem Klichee gemäß die Inquisition wird wiedermal unschuldige Töten. Will man erreichen das die Rollenspieler unvoreingenommen auf etwas reagiert, darf man sich keiner Klichees bedienen. Ich glaube nicht das die Spieler absichtlich nicht Rollengerecht gespielt haben, Vorurteile wirken unbewusst, und nichts anderes als Vorurteile wird ja von Klichees bedient.
Also ich sehe das als das Hauptproblem.
Lösungsvorschläge wären meiner Meinung nach, den Spielern entweder das Gefühl geben ihre Charaktere sind nicht so bedroht das jede Entscheidung die Letzte sein könnte, das würde zu einer Entspannung der Spieler führen, und sie dazu bringen sich mehr der Herausforderung zu stellen Rollengerecht zu spielen, weil das Richtige Entscheidungen treffen ja keine so große Herausforderung mehr ist. Alternativ könnte man auch den Spielern den Plot in ganz groben Zügen offenbaren, so das sie sich über die Richtung im klaren sind. Im Fantasy ist das ja zum Beispiel immer ganz klar wer die Guten sind und wer die Bösen. Je indifferenter die Grupierungen sich nach Außen zeigen, desto weniger vorhersehbar ist das Verhalten der Spieler. Spieler haben schon mit ihren eigenen Schwächen zu kämpfen, und sollen zusätzlich noch die Schwächen ihrer Charaktere richtig ausspielen, und mit dieser Geballten Ladung ach Nachteilen dann noch Heroische Taten vollbringen, das kann nur funktionieren, wenn die NSCs so dumm sind das die Spieler ihnen trotz ihrer vielen Schwächen sowohl als Spieler als auch als Charakter noch überlegen sind. Das das nur zu unglaubwürdigen Szenarien mit Aktionen führen kann die einen nur den Kopf schütteln lassen ist der Regelfall. Die Kunst des Gm liegt nun darin das so zu verschleiern, und zu begründen innerhalb der Spielwelt, das das nicht weiter auffällt. Denn seien wir ehrlich würde irgend ein Spieler der Aufgabe denen sich sein Charakter ständig im Spiel stellt gewachsen sein, hätte er wahrscheinlich wichtigeres zu tun als Rollenspiele zu spielen. Wir schlüpfen doch in die Rolle eines Helden weil wir im realen Leben nicht gut genug dafür sind. Und jetzt sollen sie noch zusätzliche Schwächen ausspielen, können aber die Vorteile ihrer Charaktere wie überdurchschnittliche Intelligenz etc, nicht ausspielen. Ich glaube ehrlich das hier einfach eine Überforderung der Spieler vorgelegen hat.
JackBNimble:
--- Zitat von: Bitpicker am 15.09.2007 | 09:45 ---Reine Schwarz/Weiß-Malerei finde ich auch naiv. Es ist doch viel schöner, moralische Konflikte dadurch zu erzeugen, dass keine der beiden Seiten rein böse ist.
Bei Kirchen und Religionen habe ich allerdings eine angeborene Schwäche, etwas Gutes zu erkennen, was sich auch praktisch grundätzlich auf meine Rollenspiele niederschlägt.
Robin
--- Ende Zitat ---
Ist ja kein Thema Probleme mit Religion und organisierten Kirchen zu haben, aber man sollte halt entweder in der Lage sein, die vom Charakter zu trennen oder einfach nicht Engel spielen.
Das ist jedenfalls meine, vielleicht etwas harte Meinung, nachdem ich mal die Freude hatte mit einem Michaeliten zu spielen, der sich aufgeführt hat wie ein Atheist im Vatikan.
Ich finde auch nicht, dass eine Engels-Kampagne zwangsläufig auf eine Abkehr von der Kirche hinauslaufen muss. Im Gegenteil, es ist meiner Ansicht nach mindestens genau so möglich, dass die Engel erkennen, dass die Kirche nicht perfekt, ja in einigen Aspekten sogar subjektiv "böse" ist, und sich dennoch dafür entscheiden, weiter für sie kämpfen, eben weil sie viel gutes vollbringt und tatsächlich für das Überleben der Menschheit von Bedeutung ist.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Aber wahrscheinlich läuft der Metaplot ja eh darauf hinaus, dass die Kirche die Traumsaat selbst erschaffen hat, um die Menschheit unter ihre Knute zu zwingen. Alles andere würde ja bedeuten, dass eine Kirche mehr ist, als eine Gruppe Nazis mit hübscheren Kutten und das geht ja nun wirklich nicht ::)
Cyankali:
Das kommt doch echt ganz drauf an, wie das Rollenspiel gespielt wird. Es hängt sehr vom Spielleiter und dem Spielstil ab, wie stark man sich mit der Figur identifiziert. Das ist ja auch bei Romanen und Filmen so. Manchmal leidet man total mit dem Hauptcharakter mit, und ist emotional total an ihn gebunden, und manchmal hat man ein sehr distanziertes Verhältnis zu dem Charakter. Je distanzierter das Verhältnis ist, desto entspannter kann man sich auf das Rollenspiel konzentrieren, und desto eher ist man geneigt fehlschläge seines Hauptcharakters in kauf zu nehmen, weil man nicht mit ihm mitfiebert, sondern ihn eher als Storyelement wie ein Autor betrachtet. Da steht die Frage eher im Vordergrund wie könnte ich meinen Charakter jetzt interessant in Szene setzen, was für ein Problem und welchen inneren Konflikt könnte ich ihn jetzt austragen lassen, was für eine Interessante neue Sichtweise könnte er jetzt vertreten.
Man ist also quasi der Autor der Figur, und hat zu ihr eher ein Dramaturgisches Verhältnis, will heißen, man ist stolz auf die Konzeption und die Darstellung und die Einfälle des Charakters. In so einem Fall kann man alles problemlos darstellen, und kommt nie in Konflikte.
Problematisch wird es im anderen Fall, da ist der Spielercharakter eher eine Inkarnation ein Avatar. man zieht seinen Stolz aus dem Erfolg der Spielfigur im Spiel, das ist eher der gamistische Ansatz. Wenn ich in einem Krimiabenteuer schon meine zu wissen das der Plot darauf hinausläuft das der Gärtner der Täter ist, dann wird die Tatsache das der Spielleiter sagt dein Charakter glaubt aber das Alibi des Gärtners, mich kaum davon abhalten den Gärtner weiterhin zu verdächtigen. Ich werde nur darauf warten, das ich am Ende sagen kann, ich hab es euch ja gleich gesagt der Gärtner war es. Das ist nun mal ein Dilemma, wenn man sehr immersiv spielt. Weil meine Erfolgsbestätigung erfolgreisch im Spiel zu sein, im wiederspruch steht mit den Erwartungen die in die Darstellung an meinen Charakter gestellt wird.
Ich kann beiden Arten ein Rollenspiel zu spielen viel abgewinnen. Entweder ich sehe mich als Konsument eines Interaktiven Spiels, in der ein SC nur wie in einem Computerspiel eine Spielfigur nutzt um so zu interargieren das er die Aufgabe möglichst effektiv löst,und möglichst viel erfolgserlebnisse herauszieht, oder ich sehe die Figur als Co Autor, der sie möglichst interessant der Geschichte beisteuern will.
oliof:
--- Zitat ---Zuerst muss es doch eine Zeit lang darum gehen der verblendete Engel zu sein - wovon sollte man sich denn sonst abkehren? Irgendwann kommt dann ein großes Ereignis oder der berühmte Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt. Das wäre in meiner Kampagne die Information über die Tätowierfarbe gewesen.
--- Ende Zitat ---
Mein eigentlicher Punkt war, dass ich überzeugt bin, dass dies den meisten Spielern besser gelingt wenn sie wissen, dass es auf sowas hinausläuft. Wenn das erste Drittel einer Kampagne für die Spieler daraus besteht, irregeleitet zu werden (weil sie glauben, Engel zu spielen), nun plätzlich in-game und out-game die Spielgrundlage umkippt, dann verstehe ich dass die Spieler sich anders verhalten, als Du es von ihnen erwartest. Wenn der Spielleiter die "Vision" der Kampagne alleine trägt und ein großes Geheimnis in der Hinterhand wahrt, dann ist das Risiko groß, dass die Spieler etwas tun, was dieser ihnen unbekannten Vision entgegenläuft.
Konkret in Bezug auf Engel: Meiner bescheidenen Meinung nach funktioniert Engel (besser oder nur – da bin ich unentschieden), wenn die Spieler von vornherein einen Haufen der SL-Geheimnisse wissen, und den Prozeß der langsamen Erkenntnis ihrer Charaktere bewußt mitgestalten können. Mit der Qualität der Spieler selbst hat das nichts zu tun, sondern nur mit Informations-Management.
PS: Das mit der Abkehr ist allein ein inhaltlicher Fehler meinerseits, aber letztlich bedeutet die Erkenntnis der Engel, dass sie nur Kindersoldaten sind schon einen Bruch mit dem ihnen bekannten Status Quo.
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