Autor Thema: Charakterkonzipierung nach Sephiron  (Gelesen 2635 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Sephiron

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 268
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sephiron
    • Requiem Diskordia
Charakterkonzipierung nach Sephiron
« am: 16.03.2007 | 23:54 »
Guten Abend :)
Ich würde gern meine Methode zur Charakterkonzipierung vorstellen... da ich sie bereits in einem Dsa-Forum vorgestellt habe, sind die Beispiele dazu entsprechend auch Dsa4-Charaktere... ich benutze diese Methode aber auch für jedes andere Regelwerk...

Ich habe zwei kompatible Systeme entwickelt, nach dem ich vorgehe, ich Charaktere zu konzipieren, die Lineare, die Polymetrische Charakterkonzipierung. Beide sind abstrahiert aus einem ebenfalls selbstentwickelten System, das auf zwei konträren Grundideen basiert (Duale Charakterkonzipierung, z.B. "Elfischer Rondrageweihter", "Adlige Hexe", "Orkischer Stammeskrieger").

Lineare Charakterkonzipierung
Am Anfang steht die Idee, die die grobe Richtung angibt. Das kann eine Profession ("Ritter"), eine Kultur ("Ferkina"), eine Rasse ("Elf") oder ein Klischee ("Frauenheld") sein.
Nun charakterisiere ich die Figur näher im zweiten Schritt mit einem klischeehaften Charakterzug, z.B.: "Frauenheld, eitel", "Frauenheld, Spielernatur".
Von diesem Charakterzug aus suche ich mir eine weitere klischeehaften Charakterisierung, z.B. "Frauenheld, eitel, adelig", "Frauenheld, eitel, Horasier", "Frauenheld, Spielernatur, Söldner", "Frauenheld, Spielernatur, Streuner".
So kann man das je nach gewünschter Tiefe des Charakters ein paar Mal wiederholen.

Polymetrische Charakterkonzipierung
Am Anfang stehen mehrere Ideen, auf denen man den Charakter aufbaut, z.B. "Elf, Rondrageweihter", "Frauenheld, Spielernatur, Streuner".
Nun sucht man einen Charakterzug, der die Ideen miteinander verbindet, z.B. "Elf, Rondrageweihter, Darwinismus", "Elf, Rondrageweihter, Caritas", "Frauenheld, Spielernatur, Streuner, waghalsig", "Frauenheld, Spielernatur, Streuner, impulsiv".
Das wiederholt man je nach gewünschter Tiefe beliebig oft.

Erläuterungen und Kombinationsmöglichkeiten
Sowohl die Lineare als auch die Polymetrische Methode basiert auf Assoziationen / Klischees. Die Lineare Methode weitet das in dem Charakter angelegte Spektrum aus, die Polymetrische Methode verdichtet es und stellt Zusammenhänge her.
Man kann z.B. erst das Spektrum mit der Linearen Methode ausweiten und es dann mit der Polymetrischen Methode verdichten oder ein bereits verdichtetes Spektrum durch einen weiteren Begriff ausweiten.
Die gesammelten Charakterzüge können in einen Fließtext umgewandelt werden, sollten aber auch als Stichwortliste aufbewahrt werden (übersichtlicher).

Beispiel 2: Frauenheld Honorio Atilieran
1. Lineare Methode: Frauenheld, eitel, Horasier, Künstler, exzentrisch, beleidigend, jähzornig
2. Fließtext: "Der jugendhafte Schwertgeselle Honorio entstammt einer reichen Bürgersfamilie aus Vinsalt. Gelangweilt von seiner Lebenswelt liebt er es, Streit zu provozieren. Das Verfassen von harten Spottgedichten ist sein liebster Zeitvertreib gleich nach dem Verführen der Damenwelt. Wer auch immer seinen Unmut erregt, kommt ihm gerade recht, um ihn einen seiner gefürchteten Wutausbrüche zu demonstrieren."

Beispiel 2: Frauenheld Berrigo aus Al'Anfa
1. Lineare Methode: Frauenheld, Spielernatur, Streuner, waghalsig, lebensmüde, depressiv, süchtig
2. Polymetrische Methode: Frauenheld, Spielernatur, Streuner, waghalsig, lebensmüde, depressiv, süchtig, sexsüchtig, spielsüchtig Leben in Jetzt, Fechter, Al'Anfaner Drogenhändler
3. Fließtext: "Berrigo wuchs in ärmlichen Verhältnissen in Al'Anfa auf. Schon früh hat er gelernt, die Gedanken an die Zukunft zu verdrängen und seine Angst vor der Unberechenbarkeit des Lebens mit Boronwein zu betäuben. Er nimmt sich, was das Leben zu bieten hat ohne viel darüber nachzudenken. Frauen, Rauschmittel und Glücksspiel sind für ihn die wichtigsten Dinge im Leben. Um seinen Lebensstil zu finanzieren, schert er sich nicht viel um Risiko oder Moral. Immerhin hat Berrigo gelernt, sich mit seinem Rapier zur Wehr zu setzen. Also was sollte er schon fürchten? Und sterben muss sowieso jeder einmal."

Beispiel 3: Elfischer Rondrageweihter Rondriél Shannarion Schwertgesang von Donnerbach
1. Polymetrische Methode: Elf, Rondrageweihter, freiheitsliebend, fürsorglich, sich seiner Aufgabe bewusst, selbstsicher, zielstrebig, mystizistisch, intelligent, idealistisch
2. Fließtext: "Gelten die Donnerbacher Elfen ohnehin schon als badoc, so ist es Rondriél erst recht. Obwohl er stolz auf seine elfische Abstammung ist, fühlte er sich schon immer zu der Göttin Rondra hingezogen. Als ihm dann im Traum eine Löwin erschien, die ihm einen Platz auf ihrem Rücken bot, wusste er um seinen Platz in der Welt und klopfte an die Pforte des Rondratempels. Als er bemerkte, dass das Metall seine elfische Gabe nicht behinderte (Eisenaffine Aura), dankte er der Herrin Rondra dafür und entwickelte ein starkes Sendungsbewusstsein, die Ansichten der Salutaristen zu verbreiten. Rondriél befasst sich intensiv mit der Auslegung der heiligen Schriften und versucht, sie dem Volk näher zu bringen und geht stets mit gutem Beispiel voran. Im Glauben an die Herrin Rondra sieht er in erster Linie die Verteidigung der Freiheit gegen die Brut der Niederhöllen, die den Geist der Menschen knechten. Dass er weder ganz zu den Menschen noch zu den Elfen gehört, stört ihn nicht. Er weiss, dass Rondra Gefallen an ihrem Geweihten findet."

Nunja, ganz allgemein gefragt: Was haltet ihr davon? Seht ihr Schwachpunkte der Methode? Sollte ich daran noch irgendetwas ausbessern?
Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

Cycronos

  • Gast
Re: Charakterkonzipierung nach Sephiron
« Antwort #1 am: 17.03.2007 | 00:19 »
hm, klingt sehr technisch und ist irgendwie der ziemliche Overkill.
Sieht für mich nur wie eine verbalisierung dessen aus, was OHNEHIN im Kopf eines Spieler abläuft, der einen Charakter baut.
Also nur ein Beschreiben von "Schema F", wenn ich das richtig sehe.

Worauf du definitiv ein Auge haben solltest sind die Kombinationsmöglichkeiten:
Wenn ich nen elfischen Rondrageweihten sehe, dann zieht sich mir alles zusammen.
Außerdem ist da dein Punkt des "Klischee hinzufügen" verletzt.
Wenn ein elfischer Rondrageweihter jetzt ein Klischee ist, dann werde ich mich in Zukunft noch weiter von DSA fernhalten als ohnehin schon.  ;)
Auch ist die Trennung "linear" und "Polymetrisch" so wie du sie beschreibst nicht korrekt. In den Beispielen der Linearen Methode tauchen sowohl verdichtende, wie auch erweiternde und sogar einschränkende Elemente auf. (letztere kommen in deiner Theorie gar nich vor, sind aber trotzdem da)
Diese beiden Methoden sind eigentlich eine Einzige und wirken in deiner Beschreibung regelrecht "gewaltsam" auseinandergerissen.

Und ohne jetzt mit dem Todschlagargument daherkommen zu wollen, einfach mal aus Neugierde gefragt:
WER braucht so ein System?

Ein

  • Gast
Re: Charakterkonzipierung nach Sephiron
« Antwort #2 am: 17.03.2007 | 12:17 »
Sehe das wie Cycronos, erscheint mir wenig sinnvoll, es sei denn du wandels das ganze in bestimmte Templates um, die dann nur miteinander kombniert werden müssen, um die Spielewerte des Charakters zu ergeben.

Die Trennung derweil ist künstlich.

Offline Sephiron

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 268
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sephiron
    • Requiem Diskordia
Re: Charakterkonzipierung nach Sephiron
« Antwort #3 am: 20.03.2007 | 01:56 »
Okay, ich werd das Ganze nochmal überarbeiten... Vielen Dank für die Anregungen :)
Sinn der Sache ist bei mir zweierlei:
Zum Einen gab es ein paar völlig verkorkste SCs in unserer Gruppe, die entweder völlig farblos ("Ich will nen Druiden spielen." - "Wie willst du ihn denn darstellen?" - "Keine Ahnung, ich weiss nichts über Druiden") oder total zusammengestückelt ("Mein Char ist der Sohn eines Bauern aus Ysilia, kam dann zu den Mohas, hat dort einen Iro geschnitten bekommen, ist dann von nem Phexgeweihten ausgebildet worden und hat ne Gjalskerländerin geheiratet. Er ist kinderlieb, hat zwei verschiedene Augenfarben, hat Höhenangst und kann verdammt gut kämpfen") wirken. Irgendwie musste ich als der Theoretiker der Gruppe mir dann was überlegen, wie ich den Spielern helfen kann, die Charakterkonzepte auszubessern.
Zum Anderen erstell ich auf die Art ziemlich schnell NSCs. Da FlagFraming ne tolle Sache ist, statte ich jeden NSC mit ein paar gesammelten Flags als Charakterzug aus und ergänze entsprechend weitere Charakterzüge.
Am Ende hab ich denn ein paar NSC-Namen auf meinem Zettel, unter Jedem eine Zeile mit Charakterzügen und dann noch Beziehungspfeile zwischen den Namen. Innerhalb von einer Zigarettenlänge kann dann schon ein Instant-Abenteuer, passend für eine Spielsitzung, fertig sein. Ist Alles noch in nem relativ unausgegorenem Zustand, da ich unsere Rollenspielmechanik momentan nach nem Try&Error-Verfahren anpasse.
Hmm, eine endgültige Anwendungsmöglichkeit wäre letztendlich auch das Programmieren eines Abenteuergenerators für Intrigenspiele, woran ich mich gern einmal versuchen will - eine epische Intrigenkampagne, die individuell auf die Gruppe zugeschnitten ist, ein paar hundert NSCs umfasst und auf Knopfdruck fertig ist, fänd ich schon geil... ;D
Der Unterschied zwischen den beiden Vorgehensweisen ist halt, dass man einmal sich von einem Charakterzug zum nächsten hangelt (ausweiten) und einmal verschiedene Charakterzüge, die nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben oder sogar eher gegensätzlich erscheinen, auf einen Nenner bringt (verdichten).

LG
Sephiron
Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

Offline Smendrik

  • Das Monster über dem Bert
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 5.638
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: DeadRomance
Re: Charakterkonzipierung nach Sephiron
« Antwort #4 am: 20.03.2007 | 02:34 »
Der Adler spricht mir aus dem Herzen

Vor allem was den elfischen Rondrageweihten betrifft..  ;)
Was nützt alle Magie der Welt, wenn man damit nicht mal ein Einhorn retten kann?

Sleep is like the unicorn - it is rumored to exist, but I doubt I will see any

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Charakterkonzipierung nach Sephiron
« Antwort #5 am: 20.03.2007 | 02:52 »
Ich behandle bei der Char-Generierung auch zwei Fälle.
1. Fall: Ich nehme ein Klischee und beschreibe dann ein paar Adjektive, die zum Klischee passen.

Beispiele:
  • Deutscher --> bayersicher Deutscher --> bayerischer deutscher Biertrinker, der CSU wählt.
  • Deutscher --> deutscher Beamter --> deutscher Beamter, der sich vollkommen bürokratisch verhält.
  • Rondrageweihter --> menschlicher Rondrageweihter --> menschlicher Rondrageweihter, der ein guter Schwertkämpfer ist
  • Elf --> elfischer Waldläufer --> elfischer Waldläufer, der gut mit Pfeil&Bogen umgehen kann

2. Fall: Ich nehme ein Klischee und denke mir dann ein paar Sachen aus, die dem Klischee widersprechen:

Beispiele:
  • bayerischer Deutscher --> bayerischer Mann von Welt
  • bayerischer Deutscher --> bayerischer Deutscher, dessen Eltern aus der Türkei stammen.
  • Rondrageweihter --> elfischer Rondrageweihter
  • Manager einer Öl-Firma --> Manager einer Öl-Firma, der sich für Umweltschutz einsetzt und die Grünen wählt.
  • Wissenschaftler --> tief religiöser Wissenschaftler
  • Politiker --> hilfsbereiter, ehrlicher Politiker

Gerade dadurch, dass der SC auf dem ersten Blick einem Klischee entspricht, sich auf dem 2. Blick aber in keine Schublade stecken lässt, wird dem Char mehr Farbe verliehen.