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Savage Worlds feingranulierter spielen

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Falcon:
Ich habe dieses vielbelastete Wort in Zusammmenhang mit SW einfach mal benutzt.

Große Kritik kommt mir bei SW immer in Bezug auf die Grobheit bei Fertigkeiten entgegen.
SW sei zu grob um Charaktere detailliert darzustellen. Es geht das Charaktergefühl verloren wenn alle, die z.b. Nature gleich hoch haben, alles gleich gut können. Das Charaktergefühl wäre viel besser wenn ein Charakter Vorgelstimmen besser nachahmen kann als jemand anderes mit dem gleichen Naturewert.

Ich möchte gerne auch solche Ansprüche ansatzweise befriedigen (ich sehe das nicht ausschliesslich so). Vermutlich rinnt mir SW auch sonst als Kampagnensystem durch die Finger.

wie ginge das?


Es wäre unsinnig unzählige Kleinskills einzubauen. Zumal müsste man das System dann stärker umbauen (mehr Skillpunkte) und das FFF geht verloren.
Knowledge Skills dienen ja dazu weitere Skillbereiche zu erfinden aber die sollten die vorhandenen ja nicht abdecken und überstrapazieren darf man das auch nicht wegen der wenigen Steigerungen).

Wie alle Probleme in SW könnte man vielleicht auch dieses per Edge lösen. Im Moment schwebt mir ein selbst zu definierender settingunabhängiger Edge vor (im Gegensatz z.b. zu Investigator, der nicht immer Sinn macht), den man mit einem Skill in Verbindung setzen kann aber besonders ausgereift ist das noch nicht.

Das gleiche Problem kommt mir bei Zaubern entgegen
("da unterscheidet sich ja nur das Trapping" :P).

Ideen?

Eulenspiegel:
1) Man könnte es wie bei Ars Magica lösen:
Also zu jeder Fertigkeit, die man kann, darf man sich eine Spezialisierung aussuchen. Auf dieses Spezialgebiet bekommt man dann +2.

2) Man startet mit 3 Spezialisierungen und bei jedem Stufenaufstieg bekommt man kostenlos noch eine zusätzliche Spezialisierung dazu. (Man kann auch zwei Spezialisierungen auf das gleiche Attribut wählen. - So kann man Beispielsweise die Spezialisierung Fährtensuchen und Tierkunde auf das Talent "Natur" nehmen. Man darf aber nicht zweimal die gleiche Spezialisierung wählen.)

Ich würde das ganze nicht als Edges handhaben, da Edges dazu da sind, den Charakter zu etwas Besonderen zu machen. Spezialisierungen sollte aber jeder Char haben.

Zornhau:

--- Zitat von: Falcon am  3.07.2008 | 23:37 ---Große Kritik kommt mir bei SW immer in Bezug auf die Grobheit bei Fertigkeiten entgegen.
--- Ende Zitat ---
Dann solltest Du den betreffenden Personen mit GEDULD ERKLÄREN, daß Fertigkeiten in SW NICHT zur Charakterindividualisierung den Stellenwert haben, den sie aus anderen, fertigkeitsbasierten Systemen kennen mögen. - Savage Worlds ist "Edge-basiert", indem die Charakterindividualisierung über Edges (und auch über Hindrances!) läuft.

Einen Skillwert von d8 in Fighting zu haben gelingt in Fantasy-Gruppen fast jedem Charakter irgendwann einmal. - Nur was bedeutet das schon? - Nur, daß er einen "Basic-Attack&Defense"-Skill auf leicht überdurchschnittlichem Niveau gelernt hat. Mehr nicht.

Der Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8 ist doch ein TOTAL ANDERER Kämpfer als der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8. Und der ist wiederum anders als der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen.

Individualisierung erfolgt bei Savage Worlds in ausgesprochen geringem Maße über Skills bzw. Skill-Werte. Die Skills sind oft nicht mehr als das, was man als Grundwürfelgröße in die Hand nimmt, um seine individuell verschiedenen Spezialitäten einzusetzen.


--- Zitat von: Falcon am  3.07.2008 | 23:37 ---SW sei zu grob um Charaktere detailliert darzustellen. Es geht das Charaktergefühl verloren wenn alle, die z.b. Nature gleich hoch haben, alles gleich gut können. Das Charaktergefühl wäre viel besser wenn ein Charakter Vorgelstimmen besser nachahmen kann als jemand anderes mit dem gleichen Naturewert.
--- Ende Zitat ---
Was soll "nature" sein? - Das ist KEIN Savage Worlds Skill. - Vogelstimmen nachahmen geht mit Persuasion, wenn es überzeugend klingen soll.

Charaktere werden in Savage Worlds nur so detailliert in Spielwerte umgesetzt, wie auch das Regelwerk detailliert ist: GROB. - Wie detailliert diese Spielwerte wirklich im Spiel DARGESTELLT werden, das wird NICHT vom Regelwerk beschränkt, sondern von der Phantasie und dem Engagement der Spieler.

Beispiele:
Der Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8: Lyra ist eine Brythunische Sklavin bei einem fetten reichen Händlerprinzen aus Zamorra gewesen. Dieser ließ seine Sklavinnen oft gegeneinander mit Peitsche und Dolch antreten. Da Lyra schon immer schnell wie eine Klapperschlange gewesen ist, hatte sie die wenigsten Narben davongetragen. Das freute ihren Herren so, daß er sie im Zamorrischen Stile mit Zwei Messern ausbilden ließ und als Preiskämpferin gegen die Sklavinnen anderer Händlerprinzen antreten ließ. Ihr größter Sieg gelang ihr gegen eine Kushiten-Priesterin, die neben ihrer Speerkampfweise auch über hypnotischen Blick verfügte. Lyra war so schnell, daß sie ihre Messer der Priesterin in die Augen rammte. Ihr Herr war über seine hoch gewonnene Wette so erfreut, daß er sie nach dem Kampf besteigen wollte. Da hat sie ihm ihre siegbringenden Dolche in den feisten Hals gestoßen und ihre lange vorbereitete Flucht aus dem verfluchten Zamorra begonnen.


Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8: Die Grenze zu den Marat-Ländereien war schon immer umkämpft und in Bewegung. Petter hat durch seine große Stärke und seinen robusten Körperbau gleich das Auge des Zenturios, der am Rekrutieren neuer Grenzlegionäre war, gefunden. Er wurde in die Vorkämpfer-Kohorte gesteckt, die mit schwersten Hellebarden den ersten Ansturm der auf unterschiedlichem Getier anreitenden Marat auffangen müssen und sich dann, von den eigenen Truppen abgeschnitten inmitten der Gegner in einer sensenartigen Bewegung zurück zu den Schlachtreihen der Legionäre zurückkämpfen müssen. Hier hat Petter schnell gelernt, daß es gilt keine Gnade zu zeigen, sondern eine "gesäuberte" Zone hinter sich zu lassen, in die die Legion vordringen kann für den Gegenschlag.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen: Bruder Artinus ist das Töten leid. Aber noch viel mehr das Sterben seiner Brüder und Schwestern im nie enden wollenden Krieg auf dieser scheußlichen Welt des Leids. Er verabscheut das Schießen, aber schlimmer noch ist für ihn der brutale Nahkampf Mann gegen Mann. Den Brüdern in der Schöpfung des Herrn gegenüberzutreten und mit Molekularschwert und Explosivlanze den Garaus zu machen macht ihn fassungslos. Doch wenn er Leid mildern will, wenn er wirklich Leben retten will, so hat ihn die kleine Madre seiner Lanze überzeugt, dann muß er lernen, wie er ungeschoren durch den tobenden Kampf zu den verletzten, den ohne seine Hilfe Sterbenden kommt. Daher macht er Lauf- und Sprinttraining wie ein Besessener und schlägt sich mit dem im Nahkampf erstaunlich versierten Combat Engineer herum. Dieses Training hat ihm ein paar Male bereits Schaden erspart, da er so knapp, knapper als er es selbst für möglich hielt, den niedersausenden Schwertern oder stechenden Bajonetten der Feinde entgehen konnte. Mehr als dieses, den Gegner nicht schädigende, Kampftraining wird Bruder Artinus aber nicht absolvieren wollen. Sein erklärter Wille vor Gott ist, keinem Menschen das Leben zu nehmen. 



--- Zitat von: Falcon am  3.07.2008 | 23:37 ---Ich möchte gerne auch solche Ansprüche ansatzweise befriedigen (ich sehe das nicht ausschliesslich so). Vermutlich rinnt mir SW auch sonst als Kampagnensystem durch die Finger.

wie ginge das?
--- Ende Zitat ---
So, wie oben aufgezeigt.

Frage Deine Spieler, WOHER sie die zur Individualisierung gelernten Edges haben? Warum können sie so gut Kämpfen? Mit was haben sie das geübt? Und mit welchen Leuten? Gegen welche Gegner? - Was haben sie getan, um Survival (würde wohl am ehesten "Nature" entsprechen, nehme ich mal an) so gut zu können? Und in welchen Regionen haben sie das schon mal wirklich gebraucht? In zerbombten Städten ohne Wasserversorgung, wo trinkbares Wasser zu finden schwieriger ist, als in der Savanne? Oder bei einem aufziehenden Sandsturm?


--- Zitat von: Falcon am  3.07.2008 | 23:37 ---Knowledge Skills dienen ja dazu weitere Skillbereiche zu erfinden aber die sollten die vorhandenen ja nicht abdecken und überstrapazieren darf man das auch nicht wegen der wenigen Steigerungen).
--- Ende Zitat ---
Du vergißt einen der WICHTIGSTEN Mechanismen in Savage Worlds, der DAS Individualisierungsvehikel schlechthin ist: Common Knowledge!

Beispiele:
Der Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8:
Lyra kennt sich in ihrer Heimat Brythunien aus, aber auch in Zamorras Händlerpalästen, den Gladiatoren-Arenen der Reichen und Mächtigen und den Sklavenquartieren. Sie kann anhand der Peischenstriemen erkennen, in welchem Händlerhaus eine Sklavin oder ein Sklave gehalten wird. Sie kennt die üblichen An- und Verkaufpraktiken der Sklavenhalter und weiß genau, wie die Sklavenjäger neue Ware einfangen. Sie kennt die Gladiatoren-Akademie und die dortigen Haupt-Lehrer. Sie hat schon Menschen aus aller Herren Ländern gesehen und erkennt aus der Haltung sofort deren Herkunft. Sie beherrscht Brocken jeder nur gebräuchlichen Sprache um "Du kämpfst wie ein Händlerprinz!" oder ähnliche Beleidigungen ihren Gegnerinnen entgegenzuzischen.

Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8:
Der Schwere Legionär Petter kennt die Grenzregion in und auswendig. Überall hat er schon mal gegen die bestialischen Marat gekämpft. Er kennt deren Kampftaktik nur zu gut. Er kann die unterschiedlichen Stämme anhand ihrer Reittiere unterscheiden und die Häuptlinge sofort identifizieren. Er kennt die Dienstordnung der Legion, seine Vorgesetzten und kann Lesen und Schreiben - zumindest soviel, daß er seinen Sold mit Namen quittieren kann. Alle Legionärsgesänge sind ihm wohlvertraut und er kennt alle Bordelle entlang der Grenze und deren Preis-Leistungs-Verhältnis. Er kennt die Schwachstellen in der Anatomie von Mensch, Marat und Bestien, daß er mit seiner Hellebarde so exakt agieren kann, wie ein Feldscher mit seinem Skalpell.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen:
Bruder Artinus kennt seine Ordensregeln, sein Ordensgelübde, die Struktur der Kirche, der kämpfenden Orden, die zivile Verwaltung der jeweiligen Präzeptorien, in denen er stationiert ist. Er kennt sich in Notfallmedizin aus und kann sofort beurteilen, ob ein geschundener menschlicher Körper noch zu retten ist, oder ob der Herr die Seele bereits zu sich geholt hat. Er kennt die meisten seiner Kameraden in seinem Präzeptorium mit Namen. Das Merken der Namen ist ihm wichtig, da er so gleich den Verletzten ansprechen kann und ihm Sicherheit geben kann, denn auf den schweren Kampfanzügen ist der Name unter Schlamm und Blut und bei schlechtem Licht nicht mehr zu erkennen. Er singt gerne im Chor seiner Einheit bei den Gottesdiensten mit. Er kennt für fast jede Gelegenheit ein tröstliches Zitat aus der Heiligen Schrift und meint es auch so, wenn er es vorträgt.

Alles völlig übliche, normale Anwendungen von Common Knowledge.

Manche Spieler schreiben sich das so explizit auf. Andere lassen sich eher spontan einfallen, was alles noch zu ihrem Charakterkonzept an Common Knowledge paßt.

Common Knowledge überträgt die Kenntnis-Ebenen aus dem Charakterkonzept ins Regeltechnische. Und zwar all die kleinen Dinge, die ein Charakter, dessen Konzept XYZ ist, einfach KENNEN und KÖNNEN müßte. - Besteht Unsicherheit beim Ausgang, so ist ein Wurf auf Common Knowledge angezeigt.

Beispiele:
Der Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8:
Lyra, die entflohene Brythunische Sklavin, hat sich einer Karavane nach Aquilonien angeschlossen. Es ist heiß und Männer und Frauen laufen nur leicht bekleidet. Sie sieht bei einem der Männer, die beim letzten Halt in einem befestigten Dorf sich der Karavane angeschlossen haben, ein paar ältere Narben. Peitschennarben, die ihr unbekannt vorkommen, aber eine charakteristische Klingennarbe am linken Oberarm, die ihr bekannt vorkommt. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt, ob sie erkennt, daß diese Narbe eine von einem ihrer Ausbilder ist. Eine Bestrafung für dessen unaufmerksame oder disziplinlosere Schüler. Er hatte ihnen nicht nur in den Arm geschnitten, sondern die Klinge in der Wunde wie eine Rasierklinge nach unten gezogen. Das gab bleibende Andenken.

Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8:
Der neue Imperator hat befohlen Grenzbefestigungen in Form einer großen Mauer mit Wachtürmen anzulegen. Schwerer Legionär Petter ist dort in der Garnison stationiert. Sie sollen die Bautätigkeiten sichern helfen. Da bewegt sich etwas im Wald zehn Speerwürfe entfernt. Petter erkennt die große Silhouette eines Tiers gegen die Bäume, doch ist er sich nicht sicher, was für ein Tier. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt, daß dies eines der schnellen Antilopen-Biester ist, die die Marat als Kundschafter üblicherweise nur eine knappe Stunde vor einem massierten Angriff voraussenden. Gerade noch Zeit die Garnison zu mobilisieren.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen:
Die Granaten und das Nadlerfeuer schlagen in die Stellungen im Erdgeschoß einer zerschossenen Schule ein. Bruder Artinus sieht zwei Brüder seiner Einheit über den mit Bombentrichtern übersäten Schulhof auf die etwas mehr Deckung bietende Stellung zueilen. Kurz vor Erreichen der schützenden Betonmauer fetzt eine Salve eines Hochgeschwindigkeits-Nadlers einem der beiden fast beide Beine ab. Man kann für einen Augenblick bis auf die weißen Knochen sehen, bevor das Blut nur so herausschießt. Artinus ist schon unterwegs. Mit rekordverdächtigem Antritt rennt er auf den Schulhof packt den Soldaten und zerrt ihn mit letzter Kraft hinter die Mauer. Alles ist voller Blut und der Soldat schreit so laut, daß die nächsten Granaten bestimmt zielsicherer treffen werden. Artinus möchte ihn beruhigen. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt den Namen des Soldaten, daß er ein passionierter Reiter ist und daß er seinen Bruder im Hinterland schon länger nicht mehr besucht hat, weil dieser mit seiner Entscheidung zum kämpfenden Arm der Kirche zu gehen, nicht einverstanden war. Diese Informationen kann Artinus nutzen, den Schwerstverletzten zu beruhigen, während er daran geht, ein weiteres Leben zu retten.

Was ist der ERSTE Schritt bei der Charaktererschaffung in Savage Worlds?

Sich das Charakterkonzept überlegen.

Alles andere, alle Spielwerte usw. kommen erst DANACH.

Im Charakterkonzept steckt ALLES, was NICHT von den grobgranularen Skills, Edges, Powers usw. abgedeckt ist. - Daher ist hier die eigentliche, die wichtige Charakterarbeit verborgen.

Klar kann man auch einfach nur die Spielwerte notieren und losspielen. - Doch spätestens dann, wenn man meint, daß man etwas doch vielleicht mittels Common Knowledge wissen, kennen, können sollte, ist man (statt vor dem Spiel eben während  des Spielens) dabei sein Charakterkonzept mit mehr Details, mehr Tiefe zu versehen.

Dasselbe gilt auch in hohem Maße für das Ausspielen der Hindrances. - Man kann sich diese vorher detailliert überlegen, oder mitten im Spiel überlegen, wie, wieso, warum, wann und WANN NICHT der jeweilige Charakter eine betreffende Hindrance ausspielt.

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Lyra, das Brythunische Sklavenmädchen auf der Flucht, NICHT ihren Haß auf alle Sklavenjäger ausleben wird?

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Schwerer Legionär Petter in einer Stadt NICHT seinem Hang jede freie Minute im Bordell oder anderweitig mit Ficken zuzubringen ausleben wird?

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Bruder Artinus bei einem direkten Befehl eines vorgesetzten Bruders NICHT pazifistisch handelt, sondern diesem in den Rücken schießt?

Hindrances können ganz erheblich zur Detailvertiefung bei Savage Worlds beitragen.

Bloß weil das Regeltechnische viele Details regeltechnisch IDENTISCH behandelt, sind sie das doch noch lange nicht!

Wild Attack ist der wüste Bud-Spencer-Heumacher bei einer Western-Kneipenschlägerei. Wild Attack ist der mit hoher Finesse ausgeführte, hochriskante Fechttrick der "Schnellsten Klinge Spaniens" gegen den Mörder ihrer Eltern. Wild Attack ist das Zuschlagen des angepißten Barbaren mit dem Zeltpfosten, der gerade noch die Auslage eines Lotos-Händlers vor Regen und Staub schützte. Wild Attack ist der übermütige, unbalancierte Angriff des von seiner Unbesiegbarkeit überzeugten jungen Adeligen (Overconfident, Stubborn), der hier eine tolle Schau seiner Überlegenheit zu geben beabsichtigt.

Details kommen VON DEN SPIELERN (und dem Spielleiter) ins Spiel.

Die Regeln transportieren bei JEDEM Rollenspiel, sogar den detailliertesten, nur einen Bruchteil der tatsächlichen Details, die im Spielgeschehen beschrieben und als Spielweltfakten Einfluß haben.


--- Zitat von: Falcon am  3.07.2008 | 23:37 ---Das gleiche Problem kommt mir bei Zaubern entgegen
("da unterscheidet sich ja nur das Trapping" :P).
--- Ende Zitat ---
Hier gilt dasselbe: "nur" das Trapping ist bei den allermeisten D&D-Zaubern und - neuerdings bei 4E - den Powers (egal ob Martial oder Arcane oder anderweitig) der EINZIGE Unterschied im Groben. - Ob nun +1d10 HP Schaden verursacht wird oder +1d8 fällt beim Vergleich mit Savage Worlds als hitpoint-losem System eh unter den Tisch. Übrig bleibt das Trapping für eine Smite-Power. Mehr nicht.

Umgekehrt: Smite mit Elektrizitätstrapping ist was ganz anderes als Smite mit einem Trapping, welches die Waffe in ein zubeißendes Reptil verwandelt oder die Waffe mit einer Flammenaura umgibt. - Es gelten hier die Zusatzeffekte des Trappings, die mit dem Spielleiter bei Trappingauswahl verhandelt werden müssen. - Wann wirkt z.B. Elektrizitäts-Smite nicht mehr? Wann stärker? - Wie wirkt sich das mit dem Zubeißenden Reptilkopf aus? Was für ein Reptil? Ein Schlangenkopf? Ist der giftig? Also statt +2/+4 gibt es nur +1/+2 und bei einer Wunde gibt es einen Vigor-Wurf, ob der Gegner einen Fatigue-Level erhält? OK? Gut.  - Wie wirkt sich die Flammenaura aus? Gegenstände gehen mit 1 in 6 Chance in Flammen auf? ALLE Gegenstände oder nur besonders leicht entzündliche? Das kommt von einem Flammenkult? OK: ALLE Gegenstände!

Trapping-EFFEKTE basieren auf den generischen Effekten, sind aber - wie schon die Beispiele im Buch und in den diversen Setting-Bänden zeigen - eben verhandelbar. - Klassisches Beispiel: Säureschaden, der andauert, macht  aus 2d6 oder 3d6 Bolt eben nur 2d4 für 3 Runden bzw. 3d4 für 3 Runden Schaden, weil ein Säuregel den Gegner trifft.

Individualisierung und Detailvertiefung sind und waren bei Savage Worlds NOCH NIE ein Problem. - Nur wer unter Rollenspiel ausschließlich das Entlanghangeln am Regelgerüst versteht, der könnte auf die falsche Idee kommen, daß hier Details fehlten, die andere Regelsysteme aufweisen.

Rollenspiel ist aber IMMER MEHR als nur die reine Regelabwicklung. Ob minimalistische Systeme wie Risus oder detailverliebte Crunch-Monster ist da egal.

Zornhau:

--- Zitat von: Turning Wheel am  4.07.2008 | 00:24 ---Beim Trauma Universalsystem
--- Ende Zitat ---
... handelt es sich um ein fertigkeits-basiertes Regelsystem, welches aus einer völlig anderen "Denkschule", wie Charakterindividualisierung erfolgen soll, kommt als Savage Worlds. - Daher sind diese Hinweise auch nicht besonders hilfreich, denn dann müßte man SW auf Fertigkeitsbasierung umstricken und kann dann gleich Trauma spielen.


--- Zitat von: Turning Wheel am  4.07.2008 | 00:24 ---warum dann überhaupt krampfhaft SW spielen,
--- Ende Zitat ---
Wenn man sich nicht auf die Edge-basierte Sichtweise der Charakterindividualisierung einlassen kann oder will, dann ist Savage Worlds keine gute Wahl. Dann braucht man nicht "auf Krampf" SW zu spielen zu versuchen.

Jedoch ist der Edge-Ansatz wesentlich schneller zu erfassen, Charakter-Entwicklung und -Optimierung brauchen hier kein halbes Studium mehr, sondern nur den Überblick über die Edge-Liste für das aktuelle Setting, und somit fahren ALLE MEINE Spieler mit dieser Art der Individualisierung sehr gut auch in langjährigen Kampagnen.

Manche wollen sich garnicht mehr auf das Regel-Kleinklein-Gefiesel anderer Regelsysteme einlassen.


--- Zitat von: Turning Wheel am  4.07.2008 | 00:24 ---ich dachte das Spiel wäre fast und furious (fun ist ja nur eine rhetorisch geschickte Unterstellung), da muss man wohl bei den Details etwas zurückstecken, oder?
--- Ende Zitat ---
Was meinst Du bei "den Details"?

Die Details des REGELSYSTEMS sind grobgranular. - Das ist Absicht, damit viele unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten nach nur wenigen, schnell beherrschten Mechanismen abgewickelt werden können.

Aber die Details der SPIELWELT, der CHARAKTERE, und - wichtig - die HANDLUNGSDETAILTIEFE ist zu keinem Zeitpunkt gröber als die von anderen Rollenspielen mit mehr Regeltechnikdetail.

Die Regeltechnik soll doch IMMER nur das Erleben und die Dynamiken der Spielwelt, der Charaktere, der von den Spielern gewollten Handlungen UNTERSTÜTZEN.

Die Detailebene der Regeln ist VÖLLIG  UNABHÄNGIG von der Detailebene der Schilderungen, Beschreibungen, VORSTELLUNGEN der Spieler über Spielwelt, Gegenstände, Kreaturen, Charaktere, Ereignisse, usw.

Mit Risus spielt man doch Star Wars mit genau denselben Settingdetails wie mit Saga System Star Wars!

Es ist in meiner Erfahrung eher so, daß ein sehr detailliert aufgeschlüsseltes Regeltechnikgebilde eher die Spieler HEMMT sich FREI im Raum der Spielwelt mit ALLEN ERDENKLICHEN(!) DETAILS zu bewegen, sondern nur die im "Auswahlmenü" des Regeltechniksystems angebotenen (und damit zahlenmäßig und von der Detaillierung her zwingend GERINGEREN) Möglchkeiten genommen werden.

Wenn man STARK darauf hingewiesen wird "So und nur so macht man das hier. Das und nur das geht hier.", dann glauben das Systemneulinge erst einmal, weil man ja ansonsten die Regeln ÄNDERN, mindestens aber ERWEITERN müßte. Das kostet weit mehr Überwindung seitens der Spieler, als wenn man in einem Minimalsystem wie Risus einfach den "Kantigen, aber gütigen Polizei-Chef" spielt. Da holen Spieler IM SPIEL, und nur das zählt!, einfach MEHR aus den minimalen Angaben heraus, als aus einem dreiseitigen Charakterbogen samt Spielerhandbuch für jede Menge Sonderregeln.

Ich will damit nicht sagen, daß das REGELSPIEL schlechter ist als das Rollenspiel MIT den Regeln. - Auch Savage Worlds hat ein paar schöne Subsysteme wie das Massenkampfsystem, welche als System auch für andere Zwecke verwendet werden können, und in sich interessante SPIEL-Erlebnisse erlauben - unabhängig vom Detaillierungsgrad (der z.B. bei Massenschlachten mit Zig-Tausenden Truppen anders ist, als wenn man damit eine parlamentarische Debatte zwischen vier Fraktionen und insgesamt 600 Personen abbildet).

Spielen der Regeln macht Spaß und SOLL Spaß machen. - DL:R hat ein Duell-Subsystem, welches von Texas Hold'em Poker abgeleitet ist, und für sich genommen schon viel Spaß macht.

Aber richtig in die Detailtiefe, die jeder Spieler auch ANDERS für sich wünschenswert empfindet, zu gelangen, bedarf es nicht nur der Regeln (die können unterstützen, aber sind dafür nicht notwendig), sondern der VORSTELLUNGSKRAFT!

Wenn Savage Worlds weniger Details im Bereich der von den Spielern wahrgenommenen Spielwelt-/Charakter-/Handlungs-Details aufweisen würde, nur weil die Regeltechnik darin einfacher strukturiert und einfacher zu verwenden ist, wie wenig Details müßte es dann erst bei ENGEL mit dem Arkana-"System" geben?

Da gibt es KEINE, ÜBERHAUPT KEINE Regeln, keine Spielwerte, keine Quantitäten, nichts.

Meinst Du, man kann deswegen Engel nach Arkana-"System" nicht spielen oder man spielt nur "Strichmännchen-Engel"?

Weit gefehlt!

Engel-Runden sind sogar - was an der Mentalität der Spieler und an der Loslösung vom Regelspiel liegt - AUSGESPROCHEN DETAILREICH. - Detailreicher als die meisten mit schwergewichtigen Regelsystemen gespielten Runden!

Vielleicht liegt es daran, daß ich in meinen Savage Worlds Runden nur Spieler habe, die über Vorstellungskraft verfügen und nicht ein Stützkorsett engster Regeln zum Spielen brauchen. Meine Spieler spielen AKTIV in ihrer gewünschten Detailtiefe. Und zwar WEIL die SW-Regeln so klar, so grob, so leicht sind, daß die Spieler den KOPF FREI HABEN für MEHR PHANTASIE im Rollenspielen.

JS:
ich bin ein freund fertigkeitsbasierender systeme, solange sie nicht, wie dsa und ähnliche verdächtige, zuviel ins detail gehen und schindluder mit der menge treiben.
sw geht aber einen ganz anderen weg und hat als einen sehr konsequent vorgetragenen grundgedanken, daß die fertigkeiten eben nicht der zentrale punkt des charakters sind und lediglich kategorien, in denen man spielrelevant des öfteren würfeln muß und die man auf wunsch mit vorteilen detaillieren kann. das finde ich äußerst angenehm und einfach, und sogar ein eingefleischter dsa-4-fan merkte ähnliches an. mir ist es lieber, wenn ein charakter ebenso mit kurzschwert wie mit langschwert wie mit kriegsaxt umgehen kann, als wenn er mit dem langschwert der held ist und mit dem kurzschwert ein idiot. und man kann ja bei sw seine fertigkeiten auch mit vorteilen spezialisieren.
insgesamt ist das meiner meinung nach eine der größten stärken von sw: die schnelle, aber vielseitige sc-erschaffung, die übersichtlichen sc-bögen und das einfache grundprinzip hinter dem ganzen.
mehr feingranulat hieße für mich auch mehr üblen geruch von gurps, dsa oder anderen schrecknissen.
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