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Ein Agendaabend - Denn sie wissen nicht, was sie tun

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Falcon:
EDIT: Korrekturen
EDIT2: Post fertig

So, gestern fand unser erster, ernsthafter Rollenspieltheorieabend statt. Ich hielt das für nötig weil wir seit Jahren aneinander vorbei spielten und viele so spielen als wären ihre Rollenspielvorstellungen allgemeingültig für alle Menschen oder spielten ohne zu wissen, wie sie ihre eigenen Ansprüche erfüllen konnten.

Mein Anliegen war das Ziel von Rollenspieltheorie für Zweifler, Unwissende verständlich und schmackhaft zu machen. Ich wollte lediglich erreichen, daß ein Erkenntnis einsetzt ohne großartig konktret auf Methoden einzugehen.
Lediglich die einfachsten Methoden haben wir eingebracht, weil eine Problemlösung sonst nicht machbar gewesen wäre.
Dazu hatte ich auch Unterstützung weiterer Mitspieler, die sich damit gut auskennen und die Sache "ernst" nehmen.

Wir waren 7 Leute aus zwei Rollenspielrunden in drei Settingrunden und ALLE sind auch SLs:

Die Aufteilung der Spieler:

Runde I Iron Kingdoms




E

Runde I Forgotten Realms
A
B
D
F

Runde II Earthdawn
A
B


G

Ich könnte auch einfach sagen: Es war ein ziemliches Rundendurcheinander. Die meisten spielten Gemeinsam in Runde I, deswegen wurde leider auch vornehmlich um diese geredet.
Ein Mitspieler hielt es nicht für nötig zu kommen, weil er von der Sache nichts hielt, was ich ziemlich armselig fand, und es kam auch viel Solidarität, denn einer schleppte sich trotz Erkältung und Zweifel zum Abend.

Ich hatte die Erwartungen nicht zu hoch gesteckt. Und es auch nicht durchstrukturiert. In der Planungsphase machten sich die Zweifler über de Sache lustig und ich hatte damit gerechnet, daß wir uns die Köpfe einhauten aber schlussendlich nahm es jeder ernst und beteiligte sich und es wurde nicht ein einziges mal laut.
Von selber kamen Handmeldungen statt Hereinreden und das wenig Durcheinander stört mich ja auch nicht in Diskussionen. Wir haben frei geredet, sowohl über Dinge, die wir mögen ALS auch über die Dinge, die wir gar nicht mochten, auch an anderen Spielern oder anderen Charakteren
Ich fand das sehr wichtig und wollte auch die schlechten Dinge nicht unterschlagen.


Der Ablauf:

Einleitung:
Trotz fehlender Struktur bastelten wir sehr schnell ein brauchbares Muster. Ich hatte auch sehr schnell eine Vorstellung wie der Abend ablaufen sollte.
Ich lobe meine Runden vorab, denn die Resonanz war schlussendlich sehr hoch und die Neugier überwiegte.
Einzig geplant war eine Einführung von mir. Das war notwendig, weil die Vorstellung vom Abend teilweise völlig falsch waren ("Falcon will den Abend nur um mehr Railroading in die Runde einzuführen" - wofür ich nur ein "W-T-F?!" übrig habe).
Ich war einigermaßen zufrieden damit, es war mir aber zu blöd nachzufragen wie sie ankam.
Es war mir wichtig zu zeigen, daß es eine Bewegung im Rollenspiel gibt, die positiv an das Thema Rollenspiel geht und gezielt Methoden entwickelt um Ansprüche zu erfüllen und daß das nicht alles auf den Mist zweier Spieler (u.a. mir) gewachsen ist. Ich hatte dazu kurz die tragische Story des Rollenspiels erzählt weil ich mir dachte, es zeige gut, was seit 20 Jahren im Rollenspiel falsch läuft. Ich habe mit Beispielen gearbeitet (Rollenspiel ist wie Rommé, es gibt 100 Variationen davon) und ich glaube die Spieler wussten später was ich sagen wollte. Es sollte klar sein, was ich unter Agenda verstehe (nämlich "eigene Vorstellungen" und "Absprache") und wollte klar machen, daß nicht praktische Methoden sondern allein diese Erkenntnis das Wichtige und die Leistung an der Theoriebewegung ist.
Das dauerte ungefähr 10Min. und war ein Monolog.

Dann setzte ich die 2. Runde ein
"Was stellt sich jeder Unter Rollenspiel vor"
Das haben wir dann Reihum gemacht und zwei Spieler machten sich sogar Notizen. Dabei kam genau das heraus, was ich schon prophezeit hatte. 90% der Ansprüche stimmten überein. Im groben war das:
- Spielerfreiheit
- Weltkonsistenz
- Spannende Szenen und Handlung (sprich: was den Spieler anspricht)
verzeinzelt aber auch leicht abweichende Dinge bei den Spielern
- Atmosphäre durch Beschreibungen
- Stilgerechtes, konsistentes Spiel
- Mehr SL- Willkür
- Rätselhaftes im Plot

ich wollte mich auf jeden Fall auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren, denn schnell stellte sich heraus, selbst die Spieler, die Ansprüche wie Spielerfreiheit hatten, hatten sie selber vollkommen falsch umgesetzt (z.b. mit Railroadingabenteuern).
Die Mißstände (z.b. mehr Willkür) haben wir wohl zumindest so zurechtgerückt, daß auch die damit leben können, die es nicht so mögen)

In der 3. Runde
schlug ich vor die Ansprüche der SLs durchzusprechen. Denn ich merkte, es wurden nur Ansprüche als Spieler genannt.
Das Ergebnis davon war primär:
- Der SL macht nicht die ganze Arbeit alleine, die Spieler haben die Verpflichtung dem SL Input zu liefern.

Ich hätte noch gerne die Settingkenntnis der Spieler als Notwendigkeit hereingebracht aber bis zu diesem Punkt dachte ich mir, es würde langsam zu viel werden, denn bislang konnte noch alles verarbeitet werden.

Es kamen dann die ersten Verzweifelten Blicke "Aber wie soll das denn gehen?"
Zeit für die 4.Runde:
Welche Lösungen gibt es?
Dieses war minder erfolgreich aber im Endeffekt war es, denke ich, wichtig zumindest die Allerallerwichtigsten Methoden anzusprechen, die da wären:
-  flag, Flags, FLAGS !!!
-  Die SCs sind die Hauptpersonen, nicht die NSCs
-  Kicker
-  Emotional Investment (auch wenn wir es nicht so genannt haben)
-  Conflict Webs, ergebnisoffene Konflikte

wobei letzteres nur mündlich besprochen wurde, ich hätte das gerne mit Schaubildern erklärt, hatte aber den Eindruck, die Leute verstanden schon worum es geht, hege aber keine Hoffnung, daß sie sie auch zur Vorbereitung benutzen werden.

Wir haben auch immer wieder das "Spielleiten" von Dom zur Hand genommen und in Einzelfällen hat ein Mitspieler daraus auch Absätze vorgelesen. Das war schon sehr nützlich.

Abschluss:
Wie einigten uns darauf, in den Runden die Charaktere zu überdenken und sie mit Futter in Stichwortform auszustatten, die es den SLs erheblich erleichtern, ihre Abenteuer so zu gestalten, daß die Spieler Interesse daran haben. Es wurde auch erkannt, die wichtig ein Ingame Zusammenhalt der Charaktere ist.
Wenn allein das erreicht wird (die Flags werden bei uns demnächst im Forum abgelegt) kann ich den Abend nur als mehr als erfolgreich bezeichnen, denn von Beginn an wurde die Sache ernst genommen. Es wurde kein mal in den Themen herumgesprungen und eine Runde wurde erst abghakt bevor die nächste einsetzte, wobei der Übergang jedesmal fliessend war, bis jemand (oder ich) sagte: Das Thema entfernt sich langsam in Richtung X, läuten wir die nächste Runde mit diesem Thema ein.

Ich glaube um halb 11 waren wir fertig. Von 18:30 an gerechnet.

Wir haben danach noch Organisatorisches geklärt und danach Munchkin beisst gespielt!

eventuell machen wir einen zweiten Abend wo wir konkret und Tiefer in Methoden einsteigen. Aber das grundsätzliche Verständnis ist, denke ich, jetzt DA!  :d

Der Nârr:
Einige Ergänzungen eines Teilnehmers.

Ich bin F.

Aus meiner Sicht ist bei dem Abend nichts rumgekommen. Die Spielervorstellungen sind so allgemein, dass sie völlig nichtssagend sind. Die Spielvorstellungen von zwei Spielern (F und G) fehlen auch in Falcons Auflistungen komplett, wurden in den späteren Diskussionen am Abend aber auch praktisch nicht mehr aufgegriffen. Es wurden z.B. noch genannt:
- Geheimnisse lüften
- strategische Überlegungen anstellen / komplexere Situationen anbieten
- Charakter als Mittelpunkt des Spiels / Medium zur Spielwelt

Im Grunde wurden aber dann nur noch Oberflächlichkeiten ausgetauscht, als Vereinbarung ist nicht viel mehr entstanden als "wir wollen jetzt freier spielen" und "wir wollen auf die Spieler eingehen". Wieso das nicht in 20 Minuten mal eben kurz vor einem Rollenspiel-Termin geklärt werden konnte, entzieht sich mir. Ich finde, das ist auch nichts, womit sich nun wirklich arbeiten lässt. Es fehlen tatsächlich noch konkrete Ansätze, dies in der Praxis umzusetzen. Flagframing oder der Einsatz von Conflict Webs kommen nun mal nicht von selbst. Zumal auch zur Debatte steht, ob dies DER Weg ist, das ganze hatte auf einmal so ein Überschlagsmoment in ein Extrem (z.B. Forderung nach Kickers).
Dem Ziel einer Agenda, wie ich sie mir vorstelle - nämlich aufeinander eingespielt zu sein - sind wir eigentlich nicht nähergekommenen. Eine solche Agenda kann man meiner Meinung nach aber auch nur im Spiel entwickeln. Nur muss das Spiel auch darauf ausgerichtet sein. Im Diskussionsabend wurde der Eindruck erweckt, wenn wir ein paar Absprachen aufstellen nach dem Motto "spielen wir freier" oder "die Spieler müssen Flags darlegen, mit denen der SL arbeiten kann" hätten wir schon eine Agenda, dabei ist das doch erst der erste, allerkleinste Schritt. Wobei ich auch Runden erlebt habe, die solche Diskussionen eben nicht nötig haben und wo man auch so zu einer Agenda findet.
Viele Probleme wurden auch garnicht zur Sprache gebracht. Aber der Abend hat mir gezeigt, dass man solche Abende nicht rundenübergreifend machen sollte. Probleme sollten lieber konkret behandelt werden.

Falcon:
war noch am Ergänzen des Posts, zufällig kamen auch F und G Punkte herrein ;)
Es ging mir jetzt auch nicht darum einzelne Punkte durchzukauen, weil der Ablauf wohl eher von Interesse ist.
Es stimmt, daß nicht alle Punkte wieder aufgegriffen wurden, einige von meinen fehlten auch und die stehen sogar nicht mal in der Liste sehe ich gerade aber das war mir später nicht mehr so wichtig. Man muss wohl auch sagen, daß, ohne Moderator, jeder Spieler wohl mit selbstverantwortlich ist, daß seine Punkte auch zur Sprache kommen. Einmal kurz Reinflüstern reicht nach Erfahrung offenbar nicht.

Es kam wenig rum aber man konnte auch wenig erwarten. Unter der Vorraussetzung war es SEHR viel.

Das Ergebnis war: Abenteuer auf Flags gestalten, Spielerfreiheit zulassen Was kann man mehr erwarten?

Meiner Erfahrung bringen Runden so eine einfache Absprache (und auch die Durchführung) in 8 Jahren nicht zustande. Auch und Vor Allem wenn sich Spieler dagegen sträuben. Die Methoden sind natürlich einfach. Die sind alle einfach. Aber das Verständnis zu vermitteln dauert offenbar etwas länger.

Rundenübergreifend kann ich auch nicht weiterempfehlen. Man hat entweder auf beiden Seiten Leute, die sich gleich stark einbringen, so daß es zu Konflikten kommt oder eine Seite ist so zurückhaltend, daß sie untergeht.

Der Nârr:
Wir werden ja in einem Jahr sehen, ob es etwas gebracht hat und eine Entwicklung in Gang gesetzt hat oder ob einfach weitergemacht wird wie bisher. Aus meiner Sicht wurde auch z.B. kein wichtiger Kritikpunkt, den ich momentan an den Runden habe, besprochen. Vielleicht kommt es mir ja deshalb so ergebnislos vor.

Ein:
Was ich ziemlich interessant finde: Dass ihr Emotional Investment aufgenommen habt. ;)

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