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[WFRSP2] - Enemy within - Kampagne ABGESCHLOSSEN
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Danke Drantos für diese ausführlichen Berichte. Ich werde sie mir mal durchlesen, sobald ich Zeit und Muße habe.
P.S.
Tod auf dem Reik habe ich noch einmal überzählig bei mir herumfliegen. (Unkostenpreis 3€ +Versand)
Drantos:
Die Ehre gebührt, wie bereits gesagt, unserem fleißigen Schreiber Walter Sickert. Er hat sich jetzt, nachdem er seinen Tod vorgetäuscht hat, clevererweise in Salter Wickert umbenannt ;D
cu Drantos
Drantos:
Während sich zwei der Protagonisten von einer Kräuterhexe die Glieder richten ließen, nutzte unser Waldbube die Gelegenheit, einen Baron und seine Söhne von Diarrhoe und Erbschleichern zu kurieren...
Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Death on the Reik" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.
20. Die Trödelfahrt gen Wittgenstein
Nachdem sie die Schweineasche beigesetzt hatten, zogen Richard und Answald los, um beim Shopping ihre "Trauer" zu stillen und den Vorschuss Gormans zu verprassen. Auch ein Haufen Plunder, der sich in unserem Laderaum angesammelt hatte, wurde mehr oder weniger gewinnbringend verhökert. Bernard und Magnus waren entsetzt, als sie erfuhren, dass ihre wertvolle Büchersammlung nun in Form von neuen Waffen und Rüstungsteilen die Körper unserer beiden Kämpfer zierte, und zogen sich für mehrere Wochen schmollend und wehklagend unter Deck zurück. Sodann setzte sich das Schiff wieder reikaufwärts in Bewegung.
Etwa eine Woche verharrte ich möglichst unauffällig in der Taverne Kaldachs. Ich war froh, als Answald und Richard mich abholten und auf dem Weg zum Schiff mit den neuesten Informationen versorgten. Ohne Verzögerung brachten wir noch ein wenig Abstand zwischen die Hauptstadt und uns. Der imperiale Armeeposten in Reikwache schien der geeignete Ort für die Übernachtung zu sein. Nach einer kleineren Diskussion erkannten die Soldaten die "Helden vom Signalturmunfall" - denn darum handelt es sich bei dem Zwischenfall nun offiziell, da es der Moral des Imperiums schaden würde, wenn bekannt wäre, dass ein Chaosmagier mitten im Herzen des Landes einen Signalturm einfach so auszulöschen vermochte. Ich hielt mich unter Deck verborgen, während Answald und Richard die Nacht trinkend und lachend mit den Soldaten verbrachten. Gerüchten zufolge wurde die Lage um Schloss Wittgenstein von Woche zu Woche schlimmer: Immer mehr Leichen treiben flussabwärts der Burg im Reik, die Verstümmelungen und Mutationen von Mal zu Mal erschreckender. Toll, und genau da fahren wir hin...
Der nächste Reisetag führte uns in das kleine Dörfchen Dunkelweiher. Wir wähnten uns sicher und verließen das Schiff, um uns im Gasthof "Zum Greifen" für die Nacht einzuquartieren. Zeitgleich kam eine Jagdgesellschaft an: Der laut brüllende und lachende Baron Stefan zu Weihstätten - mit seinen beiden Söhnen, seinem Neffen Egbert von Sigmaringen (welcher die Ausgelassenheit seiner Verwandten nicht zu teilen schien) und einem knappen Dutzend Gefolgsleuten - gedachte ebenfalls diese Nacht im "Greifen" zu verbringen. Richard musste sich mit seinem kross gebratenen Antlitz manch derben Spruch von den feiernden Wachen des Barons anhören.
Während des Abends stellte sich heraus, dass der Jagdmeister des Barons im Tagesverlauf einer merkwürdigen Eiterpustel-Krankheit erlegen war. Answald wurde hellhörig: Lange schon war er nicht mehr im Wald, und hier bot sich ihm eine Gelegenheit, wieder ein bisschen mit Bäumen zu schmusen und Eichhörnchen zu vernaschen. Wäre er nicht so abgrundtief hässlich, könnte man beinahe einen Elfen in seinem Familienstammbaum vermuten! Nach einigen Beratungen schließlich ward Answald vom Baron für einen dreiwöchigen Jagdausritt angeheuert, und das zu einem sehr großzügigen Gehalt. Mir kam diese Unterbrechung gerade recht; meinem schmerzenden Bein würde die Rast in diesem Dorf guttun, und jeder Tag der Verzögerung unserer Konfrontation mit den Wittgensteins war ein guter Tag!
Am nächsten Morgen zog Answald los, sich ein Pferd zu kaufen, um mit dem berittenen Jagdtrupp des Barons mithalten zu können. Seine rudimentären Kenntnisse bezüglich Pferden - ich glaube, er kann nicht einmal gescheit reiten - brachten auch das entsprechende Ergebnis hervor: Zum Preis eines Schlachtrosses erstand Answald bei einem nahe gelegenen Bauern ein fettärschiges Kaltblut, das den Zenit seiner Lebensspanne schon seit ein paar Jahren überschritten haben dürfte. Um den Mangel des Tieres an Bewegungsdrang und Temperament auszugleichen, fütterte Answald dem armen Gaul solange Hafer, bis dessen Augen rot glühend aus den Höhlen hervortraten und der Schweif so wild hin- und herpeitschte, dass er die Fliegen nicht verscheuchte, sondern sie in dünne Streifen schnitt. Als der Baron und seine Gefolgschaft zur Mittagsstunde verkatert aus ihren Betten krochen, waren Answalds Aufputschmaßnahmen insofern abgeschlossen, dass er zwar dem Gespött ob seines Reittieres ausgesetzt war, die Schindmähre jedoch beinahe mit den schnellen Rössern der Jäger mithalten konnte. So ritten sie, mit donnernden Hufen und unter lautem Gebrüll und Gejohle, in die Wälder gen Norden. Noch nach Minuten konnte man das Unterholz krachen und splittern hören; ich bin zwar kein Fachmann, aber mit Ausnahme von größeren Tiermenschherden dürfte so ziemlich jedes Wild in weitem Umkreis durch das Getöse verjagt werden.
Richard und ich beschlossen, die gewonnene Zeit zu nutzen und unsere von den Anstrengungen der letzten Wochen geschundenen Leiber etwas zu pflegen. Der Wirt schickte uns zu dem Kräuterweib Maja, etwas außerhalb des Dorfes. Eine verhutzelte alte Krähe erwartend, schlenderten wir zu ihrem Hüttchen - und sahen uns einem blond gelockten, engelsgleichen Wesen gegenüber! Die Schöne bot uns gerne ihre Dienste an. Während sie zunächst Richard behandelte, schielte sie immer wieder verlegen lächelnd in meine Richtung hinüber. An Richards Verbrennungen konnte Maja nicht viel ändern, sie gab ihm jedoch eine lindernde Salbe mit. Als Richard dann gegangen war und meine Behandlung begann... nun, hier sei lediglich gesagt, dass sich Maja hingebungsvoll um die Versteifung aller meiner Beine kümmerte. Richard bedauerte mich bestimmt, da er vor der Hütte das laute Stöhnen bestimmt hörte, das ich aufgrund der Behandlung nicht unterdrücken konnte. So sparte ich in den folgenden Tagen die Unterkunft in der Taverne, da mein Gesundheitszustand Tag wie Nacht eine wiederholte Therapieanwendung verlangte, während Richard die Wartezeit mit der Schulung seiner Trinkfestigkeit gestaltete.
Aber schon nach einer Woche kehrte die Jagdgesellschaft zurück; zwei Mitglieder der Gruppe fehlten, und der Baron und seine Söhne sahen krank aus. Answald berichtete uns, was in den vergangenen Tagen geschehen war:
Am Abend des ersten Jagdtages fand Answald eine gute Lagerstelle. Ein Feuer wurde entzündet, und ein Suppeneintopf wurde gekocht (aus naheliegenden Gründen ohne frisches Wildfleisch). Doch als Answald im Gebüsch seine Notdurft verrichtete, bemerkte er, dass der Mann, der heute an der Reihe war zu kochen, auf einer kleinen Lichtung stand und zu warten schien. Nach einigen Minuten trat der Neffe des Barons, Egbert, auf die Lichtung. Er erkundigte sich bei dem Soldaten, ob alles geklappt habe. "Ja, noch zwei Tage" war die Antwort, und ein Beutel mit Münzen wurde ihm von Egbert zugeworfen. Misstrauisch geworden, verfütterte Answald etwas von der Suppe an das Pferd des Barons (warum gerade an dieses, erzählte er nicht, und wir wollten auch gar nicht wissen warum), jedoch stellte sich kein erkennbarer Effekt ein. Lediglich der Baron wirkte etwas kränklich, allerdings war das aufgrund des ungesunden Lebenswandels mit viel fettem Fleisch und starkem Wein an sich nicht ungewöhnlich.
Der nächste Morgen war kalt, trotzdem hatten der Baron und seine Söhne abwechselnd Hitzewallungen und Schüttelfrost. Zu stolz, vor ihren Männern Schwäche zu zeigen, ritten sie nach dem Frühstück an der Spitze der Truppe weiter. Abends im Lager beobachtete Answald das Treiben der anderen Männer genau. Ihm fiel auf, dass der Koch von gestern, obwohl diesmal nicht an der Reihe, freiwillig die ungeliebte Arbeit der Essenszubereitung übernahm. Auch brachte er jedem der hungrigen Männer die Suppenschale selbst. Beim jüngeren Sohn des Barons rutschte ihm ein kleiner Gegenstand aus dem Ärmel, den er rasch und heimlich ins Erdreich trat. Answald huschte in einem unbeobachteten Moment zu der Stelle und fand nach einigem Suchen einen Beutel, wie ihn auch Trickbetrüger oder Meuchelmörder benutzen: Eingenäht in den Ärmel, kann man daraus verschiedene Sachen im rechten Moment hinausfallen lassen. In diesem Falle fand Answald die Rückstände eines gelblichen Pulvers.
Die Nacht war schlimm für den Baron und seine Söhne: Mit heftigem Magengrimmen mussten sie des Öfteren nachts das Lager verlassen und ihren Verdauungstrakt in beiden Richtungen explosionsartig entleeren. Answald fasste sich schließlich ein Herz und berichtete dem Baron von seinen Beobachtungen, doch dieser schien die angedeuteten Vorwürfe nicht wahrhaben zu wollen.
Am nächsten Morgen wachte Ewald, der ältere Sohn des Barons, nicht auf. Dem Tode näher als dem Leben, beschmutzte er sich im Fieberkrampf mit den eigenen Körperabsonderungen und musste auf seinem Pferd festgebunden werden. Starrsinnig ordnete der Baron an, den Ritt fortzusetzen, obwohl auch er selbst und sein Jüngster kaum in einem besseren Zustand waren. Die Männer des Barons waren voller Sorge - mit zwei Ausnahmen, die jedoch versuchten, sich nichts anmerken zu lassen. Als des Abends wieder derselbe Mann namens Knut das Essen zubereitete, rief der Baron Answald zu sich und empfahl ihm, seine Axt bereitzuhalten. Als Knut den Weihstättens ihre Schalen brachte und gerade wieder gehen wollte, rief ihn der Baron zurück. "Knut, seit drei Tagen kochst Du schon denselben Fraß. Ich kann es nicht mehr sehen, friss es selbst!" Als der Mann begann, den Eintopf zu löffeln, konnte man sehen, wie unwohl er sich dabei fühlte. Nach einigen Löffeln warf er den Teller fort, fiel auf die Knie und begann zu singen wie ein Vögelchen: Egbert hatte ihn bezahlt, den Baron und seine Söhne zu vergiften, um das Familienerbe an sich reißen zu können!
Egbert, der erkannt hatte, dass sich das Blatt zu seinen Ungunsten gewendet hatte, schlich langsam rückwärts zu den Pferden - bis er mit dem Kopf an den Lauf von Answalds Donnerbüchse stieß. Obwohl nicht der cleverste, hatte unser Holzfäller bemerkt, wie der Neffe des Barons den Rückzug antrat, und ihm den Weg verstellt. Egbert versuchte noch, einen versteckten Dolch zu ziehen und ihn Answald in den Leib zu stoßen, doch noch bevor er die Waffe hochbringen konnte hatte Answald bereits den Lauf der Büchse gesenkt, und mit einem lauten Donnerschlag zündete das Pulver. An der Stelle von Egberts linkem Knie konnte man noch kurz einen roten Nebel erahnen, dann kippte der Verräter schreiend zu Boden und versuchte vergeblich, die Blutung seines Beinstumpfes zu stoppen. Noch im Sterben verfluchte er seinen Onkel, der gerade damit beschäftigt war, dem untreuen Knut den Schädel von den Schultern zu trennen.
Der Baron beschloss, die Jagd wegen der beiden tragischen "Jagdunfälle" vorzeitig zu beenden. Answald wurde für sein Eingreifen gelobt, entlohnt und anschließend vom Baron zwangsverpflichtet; nach einem kurzen Abstecher über Dunkelweiher sollte er für den Rest seines Lebens die Jagdgründe der von Weihstättens verwalten. Um diesem (eigentlich fürstlich entlohnten und angenehmen) Schicksal zu entfliehen, versuchte Answald bei seiner Rückkehr, uns zur Abreise bei Nacht zu überreden. Hierbei tat er jedoch sehr geheimnisvoll und konnte keine Gründe für eine derartige Narretei nennen, so überstimmten Richard und ich ihn (was dem alten Ben sehr recht war). Wir einigten uns auf eine Abreise im Morgengrauen. Das gab Answald die Gelegenheit, sein edles Ross zurück an den Bauern zu verkaufen (was ihm wegen seiner unrealistischen Preisvorstellungen und dem nicht vorhandenen Verhandlungsgeschick aber nicht gelang) und ich hatte die Chance, mich angemessen von der süßen Maja zu verabschieden. Answalds Gaul verstauten wir mit etwas Mühe auf dem Deck.
Nachdem wir am folgenden Tag in aller Frühe Dunkelweiher verlassen hatten, legten wir abends am gegenüberliegenden Ufer in der kleinen Handelsstadt Mittelbach an. Da uns die Besatzungen der Schiffe, denen wir tagsüber begegneten, aufgrund der Fauna auf unserem Oberdeck lauthals ausgelacht hatten, bearbeiteten Richard und ich den sturen Answald, endlich den blöden Gaul loszuwerden; auf der Flucht vor einer Chaosmagierin, einem geprellten Baron und einem Chaoskult war es nicht von Vorteil, wenn man überall auffiel wie ein vierarmiger Mutant im Sigmartempel. Als es unserem Holzkopf nicht gelang, das Tier an einen der Bauern zu verscherbeln, schnappte sich Richard den Gaul und wir verkauften ihn zu einem angemessenen Preis an einen Pferdehändler in der Stadt, während Answald schmollend beim Schiff zurückblieb und die Pferdeäpfel vom Deck auflas, die sich im Tagesverlauf angesammelt hatten.
Auf dem Rückweg zum Hafen wurde mir plötzlich meine Krücke zur Seite weggerissen, und ich schlug hart auf dem Straßenpflaster auf: Ein hünenhafter Straßenschläger auf der Suche nach Streit hatte mir meine Gehhilfe weggetreten! Unbeholfen wie ein Käfer versuchte ich mich aufzurappeln; doch bis ich wieder auf wackeligen Beinen stand, hatte Richard schon kurzen Prozess mit dem Halunken gemacht: Dieser zog ein Kurzschwert, um Richards Eingeweide auf dem Platz zu verteilen. Jedoch hatte dessen Streitkolben schon den Brustkorb des Angreifers zerschmettert, und der Raufbold fiel zuckend in den Staub, wo er noch einige Augenblicke lang blutigen Schaum spuckte und sich schließlich nicht mehr rührte. Ein feiner Pinkel, der das Schauspiel beobachtet hatte, applaudierte ob der Leistung Richards. Er stellte sich als Herbert Grasmeier vor und suchte im Auftrag von Freiherr von und zu Grotelschachteln nach einem guten Kämpfer, der die körperlichen Auseinandersetzungen des Freiherrs an seiner statt ausfechten würde. Richard lehnte dankend ab, doch Herbert wollte im "Goldenen Hahn" warten, falls er es sich anders überlegt.
Warten kann er da lange - am nächsten Morgen legten wir ab und dümpelten einen weiteren ereignislosen Tag reikaufwärts. Abends legten wir in Hexenberg an. Der Wirt der Taverne "Hexenhammer" erzählte uns so dies und das, aber am wichtigsten war die Tatsache, dass Etelka vor einer Woche hier gewesen war! Sie reiste Richtung Altdorf und war wohl auf der Suche nach uns; wir flunkerten, dass wir auch flussabwärts reisen und in Mittelbach auf Etelka warten würden, falls sie wieder hier vorbeikommt.
Der nächste Tag brachte uns zum Örtchen Ostwald. Die Weinhänge an beiden Seiten des Ufers versprachen einen feucht-fröhlichen Abend mit viel Wein und Schnaps. Doch von letzterem hatte unsere doch eigentlich bislang recht zuverlässige und kompetente Besatzung etwas zu viel intus: lauthals stritten sich der alte Ben und Pieter von Eicke und konnten sich nicht darauf einigen, ob das Dorf sich am West- oder am Ostufer befindet. Abwechselnd stießen sie sich vom Ruder weg und rissen das Steuerrad nach links und rechts. Unser Schiff schlingerte wild von einer Flussseite zur anderen. Falls wir jetzt an den Uferklippen zerschellen, hat es wenigstens etwas Gutes: Die Reise nach Burg Wittgenstein hat sich dann nämlich erledigt!
Drantos:
Der heutige Bericht stammt aus der Feder von Magnus, da der eigentliche Chronist Sickert verhindert war und behandelt den letzten Abschnitt der Reise nach sowie die Ankunft in Wittgendorf...
Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Death on the Reik" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.
21. Wahnsinn oder Schwachsinn...
Auf der Weiterreise zur Burg Wittgenstein, nach kurzen Zwischenstopps in Ostwald und Brandenburg (bekannt durch den Lieblingsbrandwein des Imperators), machten wir in dem kleinen Ort Schöningen halt. Das Dorf mit ca. 20 Häusern und der einzigen Gaststätte mit dem vielsagenden Namen „Gasthaus der tausend Stimmungen“ liegt ca. eine halbe Tagesreise von Wittgenstein entfernt. Außer der Gastwirtin Gertie befanden sich noch zwei einheimische alte Säcke in dem zentrale Anlaufpunkt Nummer Eins (Nummer Zwei liegt schon im nächsten Ort).
Nachdem Bernhard die arme Gastwirtin mit einer Goldkrone zu einer Plauderei überreden wollte und damit ihre volle Aufmerksamkeit erlangt hatte, war die arme Gertie einfach überfordert mit dieser riesigen Summe.
Sie erzählte von einem Handelsschiff, welches gestern passierte und dass die Besatzung von einer Leiche erzählte, die sie aus dem Fluss gefischt hatten. Die Leiche sei von Klauen zerfetzt und ein wahrlich grausamer Anblick gewesen.
Nach einem kargen Mal und der bombastischen Stimmung in diesem 5 Sterne Haus übernachteten wir auf unserem Schiff und nahmen am nächsten Morgen die Reise Richtung Wittgendorf, welches kurz vor der Burg Wittgenstein liegt, wieder auf.
Nach ca. 2-3 Stunden Fahrt kam uns ein Schiff entgegen, auf dessen Deck uns eine Person gewunken hatte und laut gerufen hatte. Eine kurze Abstimmung über die weitere Vorgehensweise ergab, dass wir dem anderen Schiff signalisierten am Ufer anzulegen, um zu kommunizieren und um möglichst nicht an Land zu gehen, da hier doch schon die gefährliche Zone beginnt.
Bertram Dampfer, der Kapitän des Schiffes „Maria Borger“, fragte uns, ob wir einen Arzt dabei hätten, da zwei seiner Kameraden erkrankt seien. Insgesamt besteht die Besatzung aus vier Personen (Er, der Kapitän; seine beiden Söhne Rainer und Karl und sein Angestellter Hans). Erkrank sind Hans und Karl, wobei das für uns keinen Unterschied machte. Bernhard stritt zwar ab, kein ausgebildeter Arzt zu sein, erklärte sich aber bereit, sich mal die Kranken anzuschauen. Beide hatten die gleichen Symptome: Schweiß auf der Stirn, Fieberwahn, Unwohlsein und kreidebleich. Also nicht arbeitsfähig. Eine genauere Untersuchung unseres Meisterarztes deckte auf, dass beide eine merkwürdige Kennzeichnung (einem Biss gleich) im Nacken hatten. Sofort tat sich der Verdacht eines Vampirbisses auf und die beiden Nichtkranken wurden untersucht und für gesund befunden. Eine intensive Befragung zur Ursachenforschung ergab, dass die Fracht u.a. aus einer ominösen Kiste besteht, die sich seit 2 Tagen im Laderaum befindet. Ein weiteres Indiz, da die Erkrankungen genau mit Aufnahme dieser Kiste einher gingen.
Der Kapitän gab an, diese Kiste für 75 GK für einen gewissen Graf Orlok zu transportieren und er wüsste nicht, was sich in der Kiste befindet. Eine genaue Betrachtung eben dieser ergab, dass sie zwar versiegelt war, aber auch locker die Ausmaße eines Sarges inne hatte (2,5m x 2,5m x 1,0 m). Wir baten die beiden gesunden Schiffsmitglieder die Kiste doch zu öffnen, wenn sie keine Bedenken hätten. Die Angst war aber bei beiden immens groß, sodass erst eine Argumentationshilfe von Magnus herhalten musste, dass Sie bei Weiterfahrt eben dann alle erkrankt werden.
Entsprechend unseren Erfahrungen aus Sagen, Legenden und Geschriebenen wollten wir die Kiste lieber erst auf Deck und bei Tageslicht öffnen, um auf Nummer Sicher zu gehen. Richard lud vorsichtshalber seine Kanonen mit den vorhandenen Silberkugeln, schließlich kann es nicht schaden.
Mit Mühe, Androhung von Gewalt bei den unfreiwilligen Helfern und viel Kraftaufwendungen wuchteten wir die Kiste an Deck. Die beiden Heimscheißer erklärten sich bereit, die Kiste von der Seite zu öffnen, wenn sie dann fluchtartig sich zurückziehen dürften. Gesagt getan: die beiden öffneten die Kiste und rannten was das Zeug hielt, während unsere Truppe vor der Kiste bis an die Zähne bewaffnet standen und gleich losschlagen wollten.
Doch Eile mit Weile….
In der Kiste befanden sich zwei Särge – ein großer und ein kleinerer. Wir entschlossen uns, erst den größeren zu öffnen und bereiteten uns auch entsprechend waffenstrotzend vor.
Mit einem lauten Quietschen öffneten wir den Sarg und genau in dem Moment öffnete sich hinter unserem Rücken unbemerkt auch der zweite Sarg. Während wir gegen das übermächtige Vampirmonster im großen Sarg mit allem feuerten, was wir aufbieten konnten, fiel uns die Vampirbraut von hinten an und riss auch gleich mit einem gezielten Klauenhieb die Kehle von Richard auf, sodass auch keine göttliche Gnade ihn retten konnte und er gurgelnd über die Reling in die Brühe stürzte. Kaum entdeckten wir, Bernhard und Magnus (Answald und der Sickert waren in unserem Schiff unter Deck und gingen anderen wichtigen Arbeiten nach: WC schruppen und Löcher in die Luft starren) die Gefahr, hatte der große Vampir auch schon Magnus mit einem gezielten Schwerthieb das Herz durchbohrt, obwohl er vorher mehrere Feuerbälle abbekam. Sobald sich unsere Reihen weiter lichteten, musste Bernhard leider auch trotz heftigem Widerstand die Segel streichen und wurde getötet. Als die beiden auf unserem Deck verbliebenen schwer gestressten Kameraden an Deck kam, wurden sie von einer Meute Mutanten, die dem Vampirkönig unterstanden niedergestreckt und verspeist…. Kurz gesagt, wir haben es vergeigt…
Als Magnus dann aus seinem Traum erwachte, während er das Tagebuch schrieb, konnte er die oben dargestellten Gedanken mit einem Grinsen im Gesicht verdrängen und die Tatsachen niederschreiben:
Die beiden Vampire konnten widerstandslos einer nach dem anderen niedergestreckt werden, indem sie bei Tageslicht ihrem Schicksal entgegen eilten und zu Asche zerfielen. Diese Asche und die zertrümmerten Särge wurden in den Fluss gestreut.
Damit der Kapitän aus seinen Fehlern lernt und den treuen Dienern des Imperiums entsprechend eine Aufwandsentschädigung darbietet, wurde er überzeugt, dass die 75 GK eine angemessene Summe für die Beseitigung seines Problems seien. Das Geld wurde entsprechend abgenommen und in die Gemeinschaftskasse verbucht.
Anschließend setzten wir unsere Reise vor und gingen dann ca. 30 Fußminuten vor Wittgendorf an Land, um zu Fuß uns an das Dorf zu pirschen. Vor Wittgendorf fing die Vegetation an, sich zu verändern, seltsame Gewächse und mutierte Tiere (z.B. Riesenameise mit 2 Köpfen) wurden gesichtet. Am Dorfrand konnten wir das Dorf einsehen, welches einen sehr jämmerlichen und heruntergekommenen Eindruck hinterließ. Es gab einen Haufen verfallener Holzhäuser, die ungeordnet aufgestellt waren. In den Straßen konnten abgemagerte und ausgemergelte Gestalten rumschlurfend gesehen werden. Bei vielen fehlten entsprechende Körperteile. Bernhard war so von dem Anblick angewidert und erschrocken, dass er beinahe die Flucht angetreten hätte. In der Mitte des Ortes lag das besterhaltene Gebäude, welches wohl einen Gasthof darstellte. Im Hof des Gasthofes standen 6 Personen in Vollrüstungen und eine Dame saß auf einem Schimmel. Sie befragten die Einwohner wohl mit eindeutigen und grundsoliden Argumenten und richteten danach entsprechend auch gleich die Befragten hin. Die Reiterin erinnerte an ein Bild aus dem Signalturm und könnte die Gräfin Wittgenstein sein. Danach ging die Gruppe mit einem Gefangenen Richtung Burg.
Wir gingen dann zu einem halbwegs intakten Gebäude am Dorfrand, welches sich als verfallener Sigmar-Tempel zu erkennen gab. Innerhalb dieses Tempels konnten wir ein Gespräch mit einem Einheimische führen, welches aufgrund des doch sehr eingeschränkten Antwortverhalten des Betroffenen Magnus schnell zu einem typischen und gerechten Verhaltensmuster beinahe getrieben hätte: wegbrennen wenn’s nix kostet… der Typ hat eh nur patzige Antworten gegeben, aus dem Maul gestunken und war einfach nur Unkraut auf 2 Beinen und dem Imperium nicht würdig.
Im Tempelinneren lag auf einem Altar ein Buch, welches Magnus entziffern konnte. Es handelte von den Legenden Sigmars und dass hier eine heilige Waffe aus damaligen Zeiten als Hinterlassenschaft in einer verborgenen Krypta verblieben sein sollte. Nach intensiveren Studium und lauten Vorlesen für die Unwissenden Nichtlesenden fragte mich auf einmal eine Stimme in meinem Kopf, ob ich bereit wäre, die Ursache für das Chaos zu finden, die das Land bedroht und eben dieses zu beseitigen. Nach mehreren Testversuchen und immer wieder der gleichen Frage in meinem Kopf beantwortete ich sie mit „ja“ und erhielt eine Segnung von Sigma. (+10 gegen Furcht).
Damit die Kameraden auch eine solche Segnung erlangen konnten, mussten sie den Text mir laut nachsprechen und konnten sich dann gesegnet fühlen…
Nach intensiver Suche in dem Gebäude und zahlreicher Gänge und Türen unterhalb des Gebäudes konnte tatsächlich die geheime Krypta gefunden werden. Voller Ehrfurcht wurde der darin aufgestellte Sarg geöffnet und ein Skelett vorgefunden. Auf dem Skelett lag ein Schwert, welches in einer prachtvollen juwelenverzierten Schwertscheide steckte. Dieses musste das besagte und Sagen umwobene Schwert sein. Nachdem sich die Kameraden gegenseitig ansahen, „erbarmte“ sich Bernhard, das Schwert der Leiche zu entnehmen. Ob es die Gier oder einfach Unachtsamkeit war, kann man hinterher nicht mehr sagen, aber bei dem Entreißen des Schwertes, zerbrachen dann auch noch mehrere Finger des Skelettes…
Das Schwert trägt den Namen Barrakul „Hoffnung der Berge“ und in ihm schlummern so einige Kräfte. Die Unauffälligkeit dieser Waffe und das Sträuben von Bernhard, diese aus den Händen zu geben, wird uns sicherlich noch die ein oder andere böse Überraschung bescheren…
Drantos:
Chronist Sickert meldet sich zurück und weiss von einem Dorf voller degenerierter Elendsgestalten zu berichten. Geheimnisvolle Fremde schleichen durch die umliegenden Wälder und eine Einladung zum Abendessen sorgt für Verwirrung...
Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Death on the Reik" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.
22. Das Dorf der Verdammten
Noch während die anderen bewundernd das hässliche Protzschwert in Bernards Hand angafften, als sei es die juwelenbesetzte Kriegswaffe von Karl-Franz persönlich, wurde das Kribbeln in meinem gebrochenen Bein immer stärker. Angefangen hatte es, als wir die seltsamen Worte nachsprachen, die Magnus uns vorgelesen hatte. Aber noch bevor ich mir Sorgen um diese Tatsache machen konnte, wich das Kribbeln einer wohltuenden Wärme, und nach vorsichtigem Probieren stellte ich fest: Das Bein war wieder geheilt und voll belastbar! Freudestrahlend sog ich die nach Verwesung stinkende Kryptaluft in meine Lungen, erinnerte mich an mein Zuhause und hörte schließlich Bernard zu, der die Inschrift unter dem Grab, das er soeben geschändet und beraubt hatte, laut vorlas. Das Schwert in Bernards Händen gehörte einst Siegfried von Kesselring. Der Boden, auf dem der Tempel steht, war einst ein Schlachtfeld, auf dem Sigmar persönlich gekämpft (und selbstredend gewonnen) hatte. Zu seinen Ehren wurde der Tempel errichtet und durch Siegfried allein gegen eine Horde Tiermenschen verteidigt, bis Verstärkung eintraf. Leider erlag er anschließend seinen Verletzungen und wurde, wie es einem imperialen Helden gebührt, gemeinsam mit seinem Schwert zur ewigen Ruhe in die Krypta gebettet. Also ewig zumindest bis zu dem Moment, als eine Gruppe Vandalen den Sarg zertrümmerte, die Knochen des Verblichenen brach und verstreute, um an das Schwert zu gelangen und dieses schließlich zu stehlen...
Außer einem Loch in der Wand, welches sich als ein mit Klauen gegrabener Tunnel entpuppte, befand sich in der Krypta nichts mehr von Interesse. Da niemand das Verlangen verspürte, durch das Lehmloch in Richtung Friedhof zu kriechen, durchsuchten wir nun den Rest des Tempels. Außer einem durchwühlten und zertrümmerten Schlafraum sowie einer Küche, in der ein Rudel Ratten bis zu unserem Eintreffen genüsslich ein paar Menschenknochen abgenagt hatte, fand sich eine verschlossene Metalltür. Das Schloss hätte eigentlich kein Problem darstellen sollen, aber so geschickt ich auch meinen Dietrich im Schloss hin- und herbewegte, die Tür wollte einfach nicht aufspringen! Bernard schließlich kam auf des Rätsels Lösung: Er schüttelte den teilnahmslos in der Ecke herumstehenden Magnus kräftig durch, griff ihm nach Ausbleiben einer Reaktion in die Robe und holte schließlich einen runenverzierten Schlüssel hervor, welchen sich unser Magier zuvor im Altarraum heimlich und ohne ein Wort zu sagen eingesteckt hatte. Hiermit gelang es auch gleich, die magisch verschlossene Tür zu öffnen.
Sie führte in ein Arbeitszimmer mit einer kleinen Bücherei. Hier waren auch Aufzeichnungen über Wittgendorf und seine Geschichte zu finden. Während der Rest von uns Wache hielt, widmete sich Bernard dem Studium der auffälligsten Dokumente und brachte die folgenden Tatsachen in Erfahrung: Aufzeichnungen über Dagma von Wittgenstein und seine Expedition vor ca. zweihundert Jahren endeten mit der Beobachtung, dass der Verrückte schließlich alleine und mit einer Bleikiste zurückkehrte, welche dem Transportbehältnis auf unserem Schiff ziemlich genau geglichen haben dürfte. Vor hundert Jahren noch war Wittgendorf bekannt für seine hochwertigen Weine; die Ernten waren reich, das Leben in Wittgendorf war geprägt von Gesundheit und bescheidenem Wohlstand. Anschließend fiel eine Jahresernte komplett aus und der Wein wurde sauer; die kommenden Jahre erholte sich Wittgendorf kaum von diesem Rückschlag, die Lage verschlechterte sich von Jahr zu Jahr bis heute. Vor zwei Jahren wütete ein unnatürliches Unwetter über der Burg. Blitze zuckten von der Turmspitze in den Himmel, und es regnete eine Woche lang schwarzes Wasser. Seitdem ging es mit Wittgendorf richtig bergab. Das Getreide und die Weinstöcke mutierten und brachten unnatürliche Früchte hervor, Mutationen bei Mensch und Tier traten vermehrt auf, und Seuchen suchten die Bevölkerung heim. Die Aufzeichnungen endeten vor etwa einem halbes Jahr; dies dürfte dem Zeitpunkt entsprechen, als der hiesige Priester seinen bizarren Unfall mit der Tempelspitze hatte.
Draußen begann es so langsam zu dämmern. Erst jetzt teilten mir meine Kameraden mit, dass sie unser Schiff an das gegenüberliegende Ufer gesandt hatten und scheinbar niemand der Mannschaft konkrete Instruktionen gegeben hatte, was das Abholen unserer Gruppe betrifft. Da es zu riskant war, im Dunkeln im Wald zu übernachten, und wir das Dorf und seine merkwürdigen Bewohner zunächst meiden wollten, beschlossen wir, die Nacht im Arbeitszimmer hinter der magischen Tür zu verbringen. Diese schien zumindest einen gewissen Schutz zu versprechen. Das Wesen, das die halbe Nacht von außen an der Tür kratzte, gelangte zumindest nicht ins Innere - die furchtbaren Schreie und Laute aus dem Wald, vor denen selbst ein Tiermensch ängstlich geflohen wäre, drangen jedoch sehr wohl bis in unser Refugium. Trotzdem fanden wir in der Nacht einigen Schlaf und verließen das Arbeitszimmer am nächsten Morgen unbehelligt.
Vor der Tempelpforte stießen wir beinahe mit einem Mann zusammen. In seinem relativ feinen Anzug sah der wohlgenährte Kerl so ganz anders aus als die hiesigen Dorfbewohner. Er stellte sich als Jean Russeau vor, Arzt des Dorfes und Leibarzt der von Wittgensteins. Über den misslichen Zustand der Bevölkerung befragt gab er an, dass vor zwei Jahren giftige Substanzen in die Umgebung gelangt seien und er deren Auswirkungen mit einer selbst kreierten Medizin zu bekämpfen versuche. Bereitwillig händigte er uns eine Flasche mit einer rosafarbenen Flüssigkeit aus, zu deren Inhaltsstoffen und offensichtlichen Nebenwirkungen er sich jedoch ausgiebig ausschwieg. Ein Hauptbestandteil schien Alkohol zu sein, so dass wir die Flasche wohl dringend vor Ben verstecken sollten. Die recht merkwürdige Begegnung mit dem sogenannten Arzt gipfelte in einer Einladung zum Abendessen am folgenden Tage. Im Hause des Arztes in der Dorfmitte könnten wir, so wir denn wollten, gemeinsam mit ihm, der Baroness von Wittgenstein sowie einer unbestimmten Anzahl weiterer Personen dinieren. Nachdem wir Dankbarkeit vortäuschend zugesagt hatten, verschwand der komische Kauz in Richtung Dorfplatz und begann, Fläschchen seiner "Medizin" an die abgewracktesten der Gestalten zu verteilen, die dort herumwankten.
Während Answald sich die Zeit mit der Tinktur des Doktors und wenig aufschlussreichen Tierversuchen vertrieb (laut Bernard würde alleine der enthaltene Alkohol letale Auswirkungen auf die Kleinlebewesen haben, die Answald für seine Experimente benutzte), fassten wir den Entschluss, am nächsten Abend die Abwesenheit der Hausherrin und zumindest einiger Gefolgsleute zu nutzen und in die Burg einzubrechen. Die Zwischenzeit wollten wir mit mehr oder weniger unauffälligen Erkenntnisgewinnungsmaßnahmen nutzen. Zunächst versuchten wir, die Straße zur Burg auszukundschaften. Wir umgingen das Dorf - und standen schließlich vor dem kleinen, aber tiefen und rasch dahinfließenden Flüsschen, das auch das Dorf in zwei ungleiche Hälften teilte. Da Schwimmen riskant und unkomfortabel wäre, begann Answald, die Komponente "unauffällig" vorerst aus unserem Vorgehen herauszusubtrahieren und mit seiner Streitaxt einen am Uferrand stehenden Baum zu fällen. Der Lärm lockte erwartungsgemäß einige der zerlumpten Gestalten aus dem Dorf an, die scheinbar bei der Medizinausgabe von Russeau gepennt hatten; sie schwankten am gegenüberliegenden Ufer umher und warfen der Flasche mit der rosa Plörre, die an Bernards Gürtel baumelte, gierige Blicke zu. Ich konnte das schelmische Grinsen auf Answalds Gesicht gerade noch erkennen, als er das Holz des Stammes in einem anderen Winkel bearbeitete, die Schlagzahl erhöhte und vielsagend zu der breiten Baumkrone hinaufsah. Um die armen Tölpel aus dem Dorf vor einer innigen Bekanntschaft mit letzterer zu bewahren, hob ich unauffällig einen Stein auf, schnappte mir die Flasche und winkte mit ihr in Richtung der Penner aus dem Dorf. Als alle Blicke gierig auf dem Gefäß ruhten, schleuderte ich den Stein über den Fluss in ein fernes Gebüsch, und die Gestalten taumelten grunzend hinterher und waren nicht mehr gesehen.
Nur Sekunden später stürzte der Baum krachend auf die andere Uferseite, und wir spazierten flugs hinüber und durch das Unterholz in Richtung Burgstraße. Doch plötzlich beschlich uns ein ungutes Gefühl: Wir wurden verfolgt und beobachtet! Schemenhaft konnten wir zwischen den Bäumen Gestalten erkennen, unter Ihnen auch eine Frau. Sie trugen Kleidung, die mit der Umgebung zu verschmelzen schien, und hielten Langbögen in den Händen. Bernard sprach sie an, erhielt als Antwort aber nur unverhohlene Drohungen und den Befehl, sofort den Wald zu verlassen. Als dann das Geräusch gespannter Bogensehnen die Aufforderung unterstrich, beschlossen wir, der freundlichen Bitte lieber Folge zu leisten. Unsere Situation mit einer zu erobernden Burg samt waffenstarrender und vermutlich chaosmagischer Besatzung, einem riesigen Klumpen Warpstone sowie einem ganzen Dorf voller zwielichtiger Gestalten war bereits suboptimal, da konnten wir gerne darauf verzichten, uns die Pelze von ein paar irre gewordenen Waldschraten mit Pfeilen spicken zu lassen.
Wir kehrten zurück zu der zur Burg führenden Straße (die weder irgendwelche Besonderheiten noch Versteckmöglichkeiten aufwies) und gingen schließlich wieder ins Dorf. Hier prügelten sich einer der heruntergekommenen Dorfbewohner und ein räudiger Straßenköter um einen stinkenden Knochen; als der arme Mann zu verlieren drohte, versetzte ich der Töle einen herzhaften Tritt, sodass sie quietschend das Weite suchte. Die Dankbarkeit des Dorfbewohners hielt sich allerdings in Grenzen. Er verschwand mit seiner stinkenden Trophäe in einer der Baracken, um dort mit seiner Familie (Rudel? Herde??) die Delikatesse zu verspeisen. Kaum war der Penner verschwunden, kam eine heulende junge Frau auf uns zugelaufen. Im Arm hielt sie ein Bündel, aus dem es schwach wimmerte. Ihr Kind sei krank, wir sollten ihr bitte helfen. Bernard warf einen Blick in das Bündel auf ihrem Arm - und rannte kreidebleich hinüber in die Taverne. Als die verdeckenden Tücher verrutschten, kam ein Wesen zum Vorschein, das mehr Ähnlichkeit mit einem Käfer hatte als mit einem Säugling; dunkle chitinartige Haut und Facettenaugen konnten wir noch wahrnehmen, bevor die Frau das Tuch wieder hochschlug. Als ich meine Fassung wiedergewonnen hatte, machte ich mich daran, die Frau davon zu überzeugen, dass diese Missgeburt dringend verbrannt werden müsse. In diesem Moment tat die Kreatur jedoch ihren letzten Atemzug, und wir ließen die junge Mutter in ihrer Trauer zurück.
Bernard hatte derweil die Taverne "Sternschnuppe" erreicht und den trantütigen Wirt dazu gebracht, ihm ein geistreiches Getränk auszuschenken und ein Ei zu servieren. Der Wein jedoch war orangefarben, das Ei hatte eine grüne Schale und die Hühner im Hof, die es gelegt hatten, wackelten mit durchschnittlich drei Köpfen und scharrten mit jeweils mindestens fünf Füßen im Dreck herum. Aus naheliegenden Gründen rührte keiner von uns die lokalen Leckereien an. Die wenigen heruntergekommenen Gäste kippten die von Bernard spendierte Saalrunde gerne, waren jedoch auch keine brauchbaren Informationsquellen. Der Wirt wurde gebeten, uns Zimmer freizuhalten, falls unerwarteterweise Gästescharen den Laden stürmen sollten.
Ich wollte mich noch auf dem Friedhof ein wenig umsehen; der unterirdische Gang unter dem Tempel schien genau in diese Richtung zu führen, und mich interessierte es, was wohl am anderen Ende zu finden sei. Die anderen begleiteten mich - ob leider oder zum Glück, kann ich schlecht sagen. Das Mausoleum in der Mitte des Totenackers weckte mein Interesse, also schritt ich in diese Richtung. Answald ging derweil in Richtung einer Gruppe, die ich für Trauernde hielt, die um ein frisches Grab herumstanden. Doch plötzlich erscholl in meinem Rücken der ohrenbetäubende Knall von Answalds Donnerbüchse. Als ich mich umdrehte, sah ich noch die Körperteile der Getroffenen in einem rotbraunen Nebel aus Blut und zerfetzten Eingeweiden umherfliegen. Rasch schritt ich zu Answald hinüber, um dem Narren die Meinung zu sagen, da sah ich den Grund für sein Handeln: Der Grab war geöffnet worden, und scheinbar hatten die Gestalten ein wenig von der etwa ein Jahr alten Leiche genascht.
Nachdem wir das Grab mit den Überresten des ursprünglichen Insassen sowie den Fetzen seiner Essensgäste gefüllt und notdürftig zugescharrt hatten, ging es weiter Richtung Mausoleum. Doch kaum hatte ich die Hand nach der verrosteten Gittertür ausgestreckt, da flog die Pforte auf, und drei Gestalten sprangen auf uns zu! Unter ihnen befand sich auch der nicht ganz koschere Kerl, mit dem Magnus am Vorabend eine solch innige Freundschaft geschlossen hatte. Von dem plötzlichen Angriff überrascht, gelang es mir nur knapp, den ersten Hieben auszuweichen. Richard machte derweil in gewohnt effizienter Weise Hackfleisch aus dem ersten Gegner, indem er ihm in einem Regen aus Blut und Muskelfetzen das Bein abtrennte. Nachdem ich mich von der Überraschung erholt hatte, schlich ich mich rasch in den Rücken des zweiten Feindes und zertrümmerte ihm das Rückgrat, so dass er zuckend vornüberfiel und röchelnd in einer Pfütze seines eigenen schaumigen Blutes erstickte. Auch Bernard probierte seine neue Klinge aus und stach sie dem verbliebenen Gegner mitten ins Herz. Mit Mühe gelang es ihm, dem armdicken Blutstrahl auszuweichen, der aus der Brust des Getroffenen auf ihn zuspritzte. Letztlich hatte sich die Mühe aber nicht gelohnt: Außer den (leeren) Särgen einiger von Wittgensteins und wichtiger Dorfbewohner fand sich nur der Tunneleingang zum Tempel im Fußboden.
Da wir von den Freaks in Wittgendorf fürs Erste die Nase voll hatten, beschlossen wir, die Burg von der anderen Seite her auszukundschaften. Da eine Umrundung der Burg durch den Wald wegen dessen geheimnisvollen Bewohnern ausschied, begaben wir uns ans Flussufer und winkten und fuchtelten mit den Armen, bis unsere betrunkene Besatzung endlich übersetzte und uns wieder aufnahm. Wir passierten die Burg, und an ihrem Fuße sah ich hinter Flechten verborgen einen Höhleneingang. Wir beschlossen, diesen am nächsten Tage im Morgengrauen auszukundschaften. Derweil legten wir ein Stunde Fußmarsch von der Burg entfernt an und schlichen uns durchs Unterholz. Answald, der erfahrene Waldläufer, schlich sich die letzten Meter alleine zur Burg vor, kam jedoch mit schlechten Nachrichten zurück: Die Klippen, auf denen die Burg errichtet wurde, sind nicht erklimmbar, und auch war kein alternativer Eingang erkennbar. So kehrten wir enttäuscht zum Schiff zurück und verbrachten dort die Nacht.
Aber auch der nächste Morgen war nicht besser. Von der Dämmerung und Nebel geschützt, ruderten wir zu dem verdeckten Höhleneingang, während unser Flussschiff die alte Anlegestelle anfuhr. Die versteckte Höhle war zwar größer als erwartet, jedoch auch keine Hilfe. Ein riesiges, schmiedeeisernes Gitter versperrte den Eingang, der groß genug für ein Flussschiff gewesen wäre. Es gab keine Möglichkeit, hineinzugelangen. Answald war durch die vielen Rückschläge derweil so verzweifelt, dass er seinen Verstand langsam aber sicher zu verlieren schien. So reichten die von ihm geschmiedeten Pläne nun von einer Geiselnahme der Baroness zu Wittgenstein bis hin zu dem Vorschlag, das massive eiserne Gitter mit unserem fragilen hölzernen Flussschiff einzurammen. So kehrten wir vorerst zu dem neuen alten Plan zurück, bei Dunkelheit in die Burg zu schleichen. Wir mieteten ein Zimmer in der Sternschnuppe, von dem aus man den Weg zur Burg und das Haus von Russeau beobachten konnte.
Da wir noch fast den ganzen Tag zur Verfügung hatten, beschlossen wir, uns noch ein wenig mit den wenigen halbwegs normalen Dorfbewohnern zu beschäftigen; vielleicht sollte es uns ja doch noch gelingen, ein paar Verbündete zu finden...
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