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[WFRSP2] - Enemy within - Kampagne ABGESCHLOSSEN

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Drantos:
Wir haben Empire at War von MadAlfred gespielt. Empire in Flames hab ich vor ca. 20 Jahren mal gelitten und es war nicht so doll. Allerdings habe ich meine Ausgabe von EIF vor ein paar Jahren verliehen und nicht zurück bekommen.

Die Seitenzahl weiss ich gar nicht genau. Unser tapferer Walter hat zur Halbzeit mal ein Buch binden lassen. Das hat so um die 200 Seiten.


cu Drantos

Drantos:
Zwei- und vierbeinige Ratten erschweren die Heilung der Seuche. Zudem fabriziert Magnus noch einen unglaublichen Fehlschuss...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



30. Die Ratten und das Leichentuch

Das Brüllen ließ unsere Ohren klingeln wie die Glocken des großen Altdorfer Sigmartempels am Tag des Imperators. Ein riesiger Schatten erhob sich auf dem großen Felsen, und Steine bröckelten aufgrund der Erschütterungen auf uns herab. So schnell uns unsere Beine trugen, rannten wir zu dem hohlen Baum und verbargen uns in den Schatten im Inneren. Mucksmäuschenstill beobachteten wir, wie ein gestaltgewordener Alptraum vom Felsen hinuntersprang und mit einem lauten Krachen auf dem Schlachtfeld draußen aufkam. Das Monster war so groß wie ein Stadthaus, und seine sechs muskelbepackten Arme endeten in scharf aussehenden Klauen. Aus seinem Rücken wuchsen fledermausartige Flügel, und es war so hässlich wie Richards Spiegelbild in einem Jahrmarktszerrspiegel. Die Kreatur strahlte eine Hitze aus, die den Boden unter seinen mächtigen Füßen dampfen ließ und sofort eine dicke Schweißschicht auf unsere Gesichter zauberte. Nur Magnus schien sich wohlzufühlen. Doch noch schrecklicher war der Anblick des Kriegers, der die fürchterliche Kreatur als Reittier nutzte. Gehüllt in einen mit abartigen Runen beschmierten Panzer, hatte der Chaoskrieger anstelle eines Kopfes einen gehörnten Totenschädel auf den Schultern sitzen. Mit leeren Augenhöhlen ließ er seinen Blick über die Lichtung schweifen, während sich sein Ross an den Leichen auf der Lichtung satt fraß und hierbei keinen Unterschied zwischen Banditen und Tiermenschen machte. Nach unendlich erscheinenden Minuten stieß der Krieger einen harschen Befehl in einer gutturalen Sprache aus, und brüllend erhob sich das Monster mit seinen viel zu kleinen Flügeln mühelos in die Lüfte, um schließlich hinter den Baumwipfeln zu verschwinden.

Als wir es wieder wagten zu atmen, berichtete Magnus mit leiser Stimme, dass er über die Kreatur gelesen habe. Es handele sich um Krêgor den Blutdürstigen, einen Chaoschampion des Khorne. Er galt den Lehrbüchern nach als unbesiegbar, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendjemand mit einem Hauch klaren Verstandes diese Tatsache einer Prüfung unterziehen würde. Sein Reittier war wohl “nur” ein niederer Dämon. Wir ließen sicherheitshalber noch eine halbe Stunde verstreichen, ehe wir es wieder wagten, uns zu bewegen.

Die Durchsuchung des Baumstammes brachte eine eisenbeschlagene Truhe zum Vorschein. Das Schloss war eine besondere Arbeit: Mein Dietrich half mir wenig, galt es doch, eine Art Puzzle aus Abbildern von Morr, Verena und Shallya in der richtigen Reihenfolge zusammenzusetzen. So sehr ich mich auch mühte, es wollte nicht gelingen – immer schien ein Teil zu fehlen oder sich an einer völlig anderen Stelle zu befinden. Schließlich kniete Dema neben mir nieder, und mit zwei, drei geschickten Handgriffen hatte sie das Rätsel gelöst und der Deckel der Truhe öffnete sich mit einem lauten Klacken. Darin fanden wir, eingewickelt in eine Priesterrobe, eine Stahlkassette und ein vergilbtes Pergament. Magnus las vor, dass sich in dem Kästchen das Totentuch von Mutter Elsbeth befindet, welchem unglaubliche Heilkräfte innewohnen. Answald öffnete in seiner Neugier die Kassette und nahm das Tuch heraus, um es sich anzusehen. Doch kaum hielt er es in die Höhe, da schlossen sich all seine Verletzungen vom Kampf gegen die Tiermenschen innerhalb weniger Augenblicke wie von Geisterhand! In gleichem Maße jedoch schrumpfte das Tuch in sich zusammen, so da uns klar wurde, dass man damit wohl viele Krankheiten heilen kann, die Macht des Tuches aber sehr wohl begrenzt ist. Hiermit mussten wir am nächsten Tag dringend zurück nach Haffsig, um die Opfer der Seuche zu heilen! Rasch rafften wie die letzten Wertsachen aus der Räuberbeute zusammen (unter anderem fand Answald ein Fernglas, dessen fehlende Linse er durch eine ersetzen konnte, die er in Margritta von Wittgensteins Turm eingesteckt hatte) und bereiteten uns auf eine lange, dunkle Nacht vor. Diese sollte jedoch ereignislos verlaufen.

Am nächsten Morgen trat Bernard aus dem hohlen Baum hinaus ins Freie, um sich zu strecken und die Kälte der Nacht aus seinen Gliedern zu vertreiben. Doch kaum hatte er einen Schritt auf die Lichtung getan, da erscholl ein Surren in der Luft, und mit einem lauten Knall prallte ein Stein von Bernards Rüstung ab. Wer hatte ihn geschleudert? Hinter seinem Schild versteckt, wagte Bernard ein paar weitere Schritte hinaus, und wurde zur Belohnung von einem regelrechten Steinhagel eingedeckt. Zwischen den Toten der Schlacht des Vortages krochen unzählige Skaven umher und ließen schon ihre Schleudern mit einer neuen Ladung Kieseln durch die Luft wirbeln! Wir machten uns zum Kampf bereit, da erscholl eine laute Explosion, und aus einer dichten Rauchwolke trat ein Mann zwischen uns und die Angreifer, seinen Stab erhoben, die Robe flatterte im Wind, und mit wüsten Beschimpfungen vertrieb er die Rattenmenschen. Kaum war der letzte stinkende Fellfetzen im Gebüsch verschwunden, drehte sich der Mann um. Er stellte sich als Beloch aus Bretonnien vor. Er sei Magier des Grauen Ordens und auf der Suche nach Krêgor dem Blutdürstigen. Seine nachhaltige Wirkung auf die Skaven erklärte er damit, dass er unlängst den tödlich verwundeten Anführer der Ratten durch Zufall gefunden habe. Dessen Untergebene seien nun in dem Glauben, er habe den mächtigen Rattenkrieger eigenhändig erschlagen, und fürchten ihn seitdem. Zudem behauptete er noch, dass Ratten und Krêgor sich untereinander bekämpften, da sie Anhänger verschiedener Chaoskulte seien. Da Beloch ein vertrauenswürdiger Verbündeter zu sein schien, nahmen wir sein Angebot, uns zurück nach Haffsig zu begleiten, gerne an.

Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte! Wir waren erst wenige Minuten unterwegs, da spürte Richard, der das Schlusslicht in unserer Marschordnung bildete, ein starkes Brennen in seinem Unterarm. Verwundert blickte er auf seinen blutenden Arm, und schließlich nahm er auch den rattengesichtigen Meuchelmörder hinter ihm wahr, der verdutzt auf seine gift- und blutverschmierten Klingen glotzte und sich wunderte, warum Richard noch nicht tot umgefallen war. Richard stieß einen lauten Warnschrei aus, und schon raschelte es im Gebüsch. Die Skaven hatten uns aufgelauert und stürzten sich nun mit fast dreifacher Übermacht auf uns! Answald sprintete los, in der Annahme, da wir ihm folgen würden. Doch wir konnten uns nicht mehr aus dem Kampf lösen, da die Rattenmänner dann unsere ungeschützten Rücken nach Belieben hätten aufschlitzen können. Bis Answald seinen Irrtum bemerkte, fehlte seine Kampfkraft uns sehr.

Zum Glück waren die Skaven sehr schwache Gegner. Der erste Angreifer sprang von einem Baum hinab und versuchte wohl, mich mit seinem Gewicht zu Boden zu reißen. Doch mit einem kräftigen Hieb traf ich noch im Fluge seinen Brustkorb, und die Wucht seines Falles wurde ihm zum Verhängnis: Die gesamte Brust des Rattenmenschen platzte unter meinem Schlag auf, und Organe und Gedärme regneten in einem roten Blutschauer zu Boden. Der Gegner war tot, bevor er auf der Erde aufschlug. Ein Großteil der Ratten hatte es auf Bernard abgesehen. Scheinbar wollten sie ihm das Grabtuch Elsbeths abnehmen, welches er in seinem Bündel trug! Magnus reagierte rasch. Wild gestikulierend stieß er zischende Silben aus, und plötzlich ward Bernard von einem Kreis aus lodernden Flammen umgeben. Quiekend sprangen seine Gegner mit angesengtem Fell zurück. Während einige vergeblich versuchten, den Feuerring zu durchbrechen, suchten sich andere einfach neue Gegner. So sah ich mich plötzlich vier Feinden gegenüber, jedoch behinderten sie sich in ihrem Eifer, ihre rostigen Klingen in meinen Leib zu stoßen, derart gegenseitig, dass ich in aller Seelenruhe dem nächsten Gegner seinen pelzigen Schädel einschlagen konnte. Während Richard und der Rattenassassine sich wie zwei Raubtiere umrundeten und eine Schwäche in der Deckung des jeweils anderen suchten, sie jedoch nicht fanden, brüllte Magnus neue Silben in seiner magischen Sprache. In seiner Hand loderte plötzlich das allseits beliebte und gefürchtete Flammenschwert. Doch noch während er sich umwandte, um dem nächstbesten Skaven damit den Pelz zu verbrennen, vollzog Belochs Körper eine unheimliche Wandlung: Klauen wuchsen aus den Ärmeln seiner Robe hervor, und sein Gesicht verzerrte sich zur Fratze eines Raubtieres: Er war in Wahrheit ein Magier der Bestienlehre und steckte mit den Rattenmenschen unter einer Decke! Mit donnernder Stimme befahl er: “Tötet den Magier!” und sprang Magnus an, um seinen Teil zur Erfüllung des Vorhabens beizutragen.

Derweil erscholl vom hinteren Teil unserer Schlachtreihe ein Poltern und Scheppern, als würde ein Sack mit Kochgeschirr einen steilen Berg hinunterrollen. Dem Assassinen war es mittlerweile mehrmals gelungen, Richards Deckung zu durchbrechen. Jedoch prallten die kurzen Klingen seiner Meuchelwerkzeuge wieder und wieder von der starken Rüstung unseres Kämpfers ab, der jeden Misserfolg des mittlerweile verzweifelt aussehenden Skaven mit einem lauten Lachen und furchbaren Grinsen seiner entstellten Visage quittierte. Derweil war es mir gelungen, den dritten Gegner niederzuschlagen. Zudem wurden die Schlachtreihen nun furchtbar durcheinandergewirbelt, da Answald sich mit wild schwingender Axt ins Kampfgetümmel stürzte. Die Freunde, seinen Kampfstil bereits gewohnt, duckten sich stets im rechten Moment, wenn die schwere Axt heransauste; die Feinde versäumten dies und bezahlten hierfür gar fürchterlich: Der erste Hieb Answalds trennte dem erstbesten Skaven den Arm an der Schulter ab, doch noch bevor das zerfetzte Glied den Boden berührte, ward dem zweiten Gegner mit einer geschickte Rückhand von Answald das Bein abgeschlagen. Quiekend sanken die Getroffenen zu Boden und verströmten einen unangenehmen Geruch aus den Drüsen an ihren Schwanzwurzeln: Der Duft der Angst!

Magnus derweil setzte sich verzweifelt gegen die Angriffe des Verräters zur Wehr. Mit einem lauten Krachen hieb er schließlich sein Flammenschwert auf den Schädel des Bestienmagiers und zog ihm einen qualmenden Scheitel. Benommen taumelte Beloch zurück. Hastig ließ er seine Finger durch die Luft tanzen, und plötzlich schrumpfte sein Leib zusammen. In einen Raben verwandelt, schlug er verzweifelt mit den Flügeln und versuchte, in die Baumwipfel zu fliehen. Grinsend formte Magnus zwei Feuerbälle zwischen seinen Händen. Diese Geschosse hatten ihr Ziel noch nie verfehlt! Es wurde eiskalt im Umkreis von zehn Metern, als unser Magier sämtliche Wärme der Umgebung entzog und seine Feuerkugeln mit der so gewonnen Hitze fütterte. Raureif bildete sich auf dem Waldboden, und mit einem lauten Wort der Macht schleuderte Magnus die tödlichen Geschosse auf den Raben, der wie eine lebendige Tontaube herumflatterte. Doch voller Unglauben mussten wir mit ansehen, wie sich der Vogel im letzten Moment zur Seite warf. Zwar regnete es versengte Federn, doch mit nacktem und qualmendem Vogelhintern gelang es Beloch schließlich, sich über dem dichten Blätterdach der Baumwipfel in Sicherheit zu bringen. Die Skaven, derart eindrucksvoll ihres Anführers beraubt, flohen quiekend in die Büsche. Der Kampf war vorüber.

Rasch eilten wir zurück nach Haffsig. Im letzten Moment konnten wir die verzweifelten Dorfbewohner davon abhalten, die Taverne samt der verseuchten Insassen in Brand zu stecken. Answald, Bernard und Dema gingen mit dem Grabtuch Mutter Elsbeths hinein. Der Mann, den die Skaven hier abgeladen hatten, war bereits tot und würde uns leider keine Informationen mehr geben können. Die übrigen Kranken jedoch, obwohl bereits im Endstadium der Krankheit, konnten vollständig geheilt werden. Als das Tuch während der Anwendung weiter und weiter schrumpfte, fiel plötzlich ein Brief aus seinen Falten. Hieraus ging hervor, dass das Grabtuch von einem gewissen Emil Tolzen gestohlen worden war! Er hatte im Traum die Pest gesehen und auch, wie sie schließlich den Imperator dahingerafft hätte. Daher habe er das Tuch mit seinem schnellsten Kurier nach Haffsig geschickt, um die Pest im Keim zu ersticken – der Zweck rechtfertigt schließlich die Mittel!

Nachdem Dema die Kranken mit dem Tuch geheilt hatte, nahmen wir die Reste an uns. Wir bewahrten ihr Geheimnis, da sie ja schon viel Gutes für die Bevölkerung getan hatte. Die Belohnung, die die Dorfbewohner zusammengekratzt hatten, lehnten wir ab, mit der Auflage, dass Dema davon ihre Ausbildung als Heilerin “vollendet”. Von unserer Großzügigkeit überwältigt, boten uns die Dorfbewohner ein weiteres Geschenk an: Ein kleines Häuschen mit einem Stück Land, etwas außerhalb von Haffsig. Im Gespräch stellte sich heraus, dass es zuletzt dem Obstbauern Thomas Nix gehörte. Dieser war unter mysteriösen Umständen vor einer Weile gestorben. Nach und nach stellte sich heraus, dass alle ehemaligen Bewohner des Hauses, und derer gab es viele, eines mehr oder weniger natürlichen Todes gestorben waren. Hierzu passte es auch, dass der Müller des Dorfes uns zwar bereitwillig zu dem Horrorhaus führte, sich jedoch beharrlich weigerte, es mit uns zu betreten.

So sahen wir uns allein ein wenig um. Neben dem Wohnhaus standen eine Scheune und ein kleiner Schuppen. Alles in allem war das Anwesen zwar in keinem Top-Zustand, aber es handelte sich auch nicht um eine Ruine. Die fünf Morgen Land, die zum Hof gehörten, waren mit Kirsch- und Apfelbäumen bewachsen. Der Schuppen war ebenso leer wie die Grube unter dem darin montierten Donnerbalken, und in der Scheune stand ein Fass mit Apfelcidre, von dem sich jedoch keiner zu kosten wagte. Die Eingangstür des Wohnhauses brauchte einen kräftigen Tritt, bevor sie aufging, und im Inneren konnte man erkennen, dass das Dacht an mehreren Stellen undicht war. In einem dunklen Nebenraum fanden wir eine Kellerklappe, die mit einem rostigen Schloss gesichert war. Diesen Raum hatte wohl seit Ewigkeiten niemand mehr betreten. Was mochte sich darunter wohl verbergen?

Das Schloss war rasch aufgebrochen, und eine schmale Treppe führte in einen muffigen Keller, dessen Fußboden mit einer knöcheltiefen Schlammschicht bedeckt war. In einer Ecke lag ein Haufen Lumpen. Genauere Nachschau ergab, dass sich darin ein Skelett befand – das Skelett eines Skaven, wie Bernard mit großen Augen feststellte. Die Knochen schätzte unser Arzt in spé auf ein Alter von etwa hundert Jahren. Die eine Hand hielt einen gekrümmten Dolch, die andere war angekettet. Sowohl Kette als auch Dolch wiesen komischerweise keine Alterungserscheinungen auf. Kein Wunder, stellte Magnus, nachdem wir ihn herbeizitiert hatten, doch fest, dass magische Runen der gehörnten Ratte, der Gottheit der Skaven, in das Metall beider Gegenstände geritzt waren. Neugierig verfolgten wie die Kette, um festzustellen, wohin das andere Ende führte. Nach etwas suchen und Schlamm schippen fanden wir schließlich eine Metalltür im Fußboden unter dem Schlamm. Kein Schloss und kein Riegel waren an dieser Luke zu sehen, und trotzdem schien sie fest verschlossen. Magnus bemerkte schließlich eine magische Rune, die in der Luft über der Tür schimmerte. Mit einigen wohlplatzierten Feuerstrahlen und -bällen war dieses recht bald entfernt, und die Tür polterte in den unter ihr liegenden Schacht hinunter.

“Närrischer Magier!” zischte eine Stimme aus dem Off, während das Poltern und Scheppern des Lukendeckels auf dem Weg hinab immer leiser wurde. Nach endlos scheinenden Minuten schließlich hörte man ganz schwach den Aufprall. Der Schacht musste schier unendlich tief sein! Magnus brachte einen Dreckklumpen zum Leuchten und warf ihn dem Deckel hinterher. Die glatten Wände des Schachtes reflektierten das Licht, bis es schließlich nur noch ein winziger Punkt war, den man mit bloßem Auge kaum noch erkennen konnte. War auch kein Grund sichtbar, so konnte man nach angestrengtem Lauschen ein fernes Krabbeln und Quieken vernehmen. War dies etwa der Zugang zu einer der unterirdischen Höhlen, die die Brutstätten der Skaven miteinander verbanden? Wir konnten kein Risiko eingehen, also schnappte ich kurzerhand die Kellertür und verdeckte mit ihr den Schacht. Zur Sicherheit legten wir noch ein paar Steine darauf, und schon schien es sehr unwahrscheinlich, dass ein Rattenmensch auf diesem Wege die glatten Tunnelwände hinauf und an der Tür vorbei hinausgelangen würde. Answald, der den heutigen Tag noch nicht mit einem seiner legendären Supereinfälle bereichert hatte, warb für seine Idee, den Fluss Delb in den Keller unseres Hauses umzuleiten und so den Schacht zu fluten. Da die realistischen Argumente meiner Kameraden und mir nicht auf fruchtbaren Boden stießen (selbst die Tatsache, dass der Imperator den Delb als stark genutzten Flußschifffahrtsweg bestimmt nicht in irgendeinen Keller umzuleiten gedachte), ließen wir Answald gemeinsam mit ein paar verdutzt aussehenden Dorfbewohnern zurück, um die Herstellung des Kanals vom Delb zum Haus zu beginnen. In schätzungsweise einem Jahr dürfte das Werk vollbracht sein. Die Zeit bis dahin gedachte ich zumindest anders zu verbringen. Ein Anfang wäre schon mal ein schönes frisches Bier in der Haffsig'schen Taverne...


Die Feuerbälle verfehlten den Verräter Beloch, weil dieser einen Schicksalspunkt besaß. Das Gesicht unseres Magiers, als ich ihm erzählte, dass die Feuerbälle ihr Ziel verfehlt hatten, war bühnenreif  ;D

Ich hatte eigentlich vor, sowohl den Khorne Champion, als auch Beloch noch mal auftauchen zu lassen, aber das ist im Verlauf der Kampagne irgendwie verschütt gegangen.

Drantos:
Der Chronist Salter Wickert war an diesem Tage leider indisponiert, so dass wir uns an der etwas wirren schriftstellerischen Inkontinenz unseres schlichten Holzfällers Answald erfreuen dürfen...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



31. Auf göttlichem Weg ins Verderben nach Middenheim

Isch nix schraiben cönnen aber nix anderen es machen. Darumm Answald wischtische Aufgabn haben Abenteurer für den Nachweldt hiar aufsuschriben.
(nach weiteren Korrekturen der gebildeten Gruppenmitglieder Magnus und Bernhards ist dieser folgende Bericht lesbar gemacht. Die Arbeit dafür war größer, als den Bericht selber zu schreiben! Wir lassen Answald nie mehr in das Abenteuertagebuch kritzelt!)

Nun, wie sollen wir uns entscheiden. Gehen wir frei unserer Wege und genießen unseren Reichtum und freuen uns eines guten Lebens, oder entscheiden wir uns Eine oder sogar mehrere Aufgaben zu erledigen, in die wir in letzter Zeit uns dummerweise eingemischt haben?!
Da wäre z.B. Etelka Herzen, die uns mit Ihrer Chaosmagie Pfeile in den Arsch und andere Körperteile schießen möchte.
Oder vielleicht den merkwürdigen Geheimbund, der Salter Wickert verfolgt, endlich mal abschütteln, wie eine Ameise einen Elefanten abschüttelt, oder umgekehrt.
Bernhard drängelt ständig, dass er etwas zu dem Sigmarschrein Platz des schimmernden Felsens bringen will und wir dort zuerst vorbeischauen sollen.
Mein Favorit ist ja die Kiste Blüchers und den Brief dazu, die wir in Kemperbad bekommen haben schnell zu ihrem Adressat in Middenheim bringen sollten, schnell die paar hundert Goldstücke kassieren und wieder verschwinden.
Magnus nörgelt die ganze Zeit schon hochnäsig, dass sein Auftrag der wichtigste sein und wir kleines Gewürm die Tragweite der Dinge nicht überblicken würden. Alles Humbug, ich glaube die viele Zauberei hat ihn dem Chaos näher gebracht, denn wer gegen die Ulricfanatiker in Middenheim, Etelka und das gesamte Chaos, was dort herrscht vorgehen will, kann sich auch genauso in einen Wasserfall stellen und wollen, dass das Wasser an seinen Händen wieder abprallt und den Berg nach oben fließt. Das geht nur durch Zauberei oder Chaos. Sobald ich herausgefunden habe, mit was er das erreichen will stehe ich hinter ihm und verhindere seinen sicheren Tod oder ramme ihm gleich meine Axt in den Rücken.
Ach ja, da war noch die selbst auferlegte Aufgabe den letzten Wittgenstein zu töten.
Naja über unsere unsinnigen Taten brauch man nicht lange überlegen, es könnte genauso gut noch andere Gruppen geben, die in dieser oder anderen Welten sich so tölpelhaft in Abenteuer wirft… ähm… habe ich mal jemanden sagen hören.
Desweitere interessiert es mich, ob wenn wir Richards Haut vom Gesicht ziehen würden und dann ihm das heilende heilige Tuch darauf legen würde, ob sein Gesicht dann wieder wie früher aussehe?!

Auf der Reichsstraße nach Middenheim kommen uns viel zu viele Zwerge entgegen. Habe ich irgendwas verpasst und es gibt hinter uns in einem Wirtshaus Freibier oder vor uns eine Maschine von den Zauberern entwickelt, die Gold in Stroh verwandelt?
Mir machen da viel mehr die Hexenjäger Angst, die hier in der Nähe wohl einem ganzem Dorf mit einem Inferno Feuer unter ihren chaoslästerlichen Hintern gemacht haben, so sagen zumindest die Reisenden, die uns begegnen.
All diese tristen Gedanken sind wie „weggeblasen“, als wir das Gasthaus Zum Linsengericht 2 Tage vor Middenheim erreichen. Das mag an den sonderbaren Winden liegen, die hier in der Gegend wehen, oder viel mehr daran, dass Linsensuppe mein Leibgericht ist, weil meine Mutter früher immer die beste Linsensuppe der Welt gemacht hat. Mein Herz springt vor Freude und wird nur kurz von den schönen üppigen Brüsten der Schankmaid im Wirtsraum aus dem Takt gebracht, weil es bei dem Anblick der ersten Linsensuppe, die mir vorgesetzt wird wieder, vor Freude wieder heftig zu schlagen anfängt.
Bernhard quetschte mit seiner freundlichen und spendablen Art erst die Zwerge des Nachbartisches aus und lässt sich dann mit seiner spendablen Art von der Schankmaid ausquetschen, DIE GANZE NACHT!!! Er sah morgens sehr ausgelutsch… ich meine ausgelaugt aus. Für ihn hatte sich die Fahrt also schon gelohnt, jetzt muss nur noch Richard an seine tollen Waffen kommen, Magnus seinen Willen bekommen und Salter…. Ja was will Mark… ääh Salter eigentlich, der ist heute so Still und sagt überhaupt nix, will nix, verzieht keine Miene…. na Hauptsache er fährt unseren Wagen.
Das rumpeln des Wagens hilft übrigens ungemein die letzten Linsentopfausdünstungen aus dem Darm zu bekommen und man bekommt kein Bauchweh wegen Blähungen. Die Erkenntnis habe ich unserem müden Arzt als guten Tipp mitgegeben, dass er anderen Mensch in Zukunft bei so was besser helfen kann.
Als wir uns dem Schrein „Platz des schimmernden Felsens“ nähern, erkennen wir, dass auf einem schimmernd polierten Marmorblock ein Sigmarzeichen war, dass jetzt zerstört wurde und ein Wolfszeichen des Ulrickultes. Misstrauisch gehen wir den Weg zum Tempel der inmitten einer leeren großen Lichtung steht und siehe da, das Schicksal findet uns natürlich. 8 gepanzerte Elitekrieger des Sigmarkultes patroulieren vor dem Tempel. Einer der Ritter meint nur, dass zurzeit eine Privatmesse dort abgehalten wird und dass wir bei den ansässigen Priestern in dem Haus hinter dem Tempel uns solange beherbergen sollen. Auf dem Weg dorthin erblicken meine wachsamen Augen einige seltsame Spuren, aber wie immer interessiert meine Nase die anderen Ignoranten nicht. Meine Nase hat mich noch nie im Stich gelassen! Aber wer aus Fehler nicht lernt, muss eben wieder von Answald aus der Klemme geholfen bekommen. Natürlich ist hier was faul und sogleich verspielen die Anderen den Überraschungseffekt unsererseits, in dem sie laut an die Tür klopfen. Wenigstens fällt der Groschen als von drinnen Laute einer geknebelten Person zu hören sind. Durch unser seltsames Verhalten aufgeschreckt kommen zwei der Sigmarstreiter zu uns. Jetzt gilt es keine Zeit zu verlieren und ich laufe mit Richard um das Haus um einen Einstieg auszumachen. Der nächste Fensterladen zerbirst in kleine Stücke unter zwei Axthieben und unter Armbrustdeckung Richards stemme ich mich über den Fenstersims ins Dunkel, rolle mich über den Boden den möglichen Klingen ausweichend, schlittere über etwas glitschiges und komme trotzdem gewandt mit meiner Axt in der Hand feste auf meinen Füßen zum stehen. Alle Sehnen angespannt und reglos sondiere ich Bewegungen im Raum. Im Schein der durch das Fenster tritt sehe ich zwei weit aufgerissene Augen eines Ulricpriesters der wie ein Packet verschnürt geknebelt auf seinem Bett liegt. Einen winzigen Augenblick dauert es da haben sich meine Augen soweit an das Schummerlicht gewöhnt, dass ich die vier ruchlosen Gestallten, die sich aus den Ecken des Raumes auf mich zu bewegen, erkenne. Hätte ich den Rufen vor der Tür von Magnus nachgegeben die Tür zu öffnen, dann säßen mir die Klingen jetzt wohl schon im Rücken.
Die Gestalten gehen mich mit Kampfgeschrei an, aber mein Brüllen ist lauter.
Sie bedrängen mich mit ihren Klingen, aber meine Axt ist größer.
Sie schlagen schnell nach mir, aber ich bin schneller…
harharhar
Sie sollen nur kommen mein inneres Tier wird ihnen schon das fürchten lehren.
Richard schießt surrende Bolzen in den Raum und bekommt einen Moment später Besuch eines aus dem Fenster springenden Irren Wolfspaktierers den er mit Leichtigkeit niederstreckt, da er ihm seine Kehle zum aufschlitzen gerade zu entgegenstreckt. Auch meine Gegner bekommen einen tödlichen Hieb nach dem anderen, der ihnen das Fell von ihren monströsen Körpern reißt. Erst bei späterem Licht ist zu erkennen, dass es Ulrikfanatiker sind, die mit Fell bewachsene Haut besitzen. Einer der Sigmarritter sprengt mit seinem Morgenstern praktisch die Tür und bevor die letzten Holzsplitter den Boden berühren liegt sein erstes Opfer schon in seinem eigenen Blut. Die anderen beiden sind dann aber schon meiner Axt zum Opfer gefallen. Als ich aus der Tür schaue und mir das klebrige Blut aus dem Gesicht wische sehe ich, wie unsere Gruppe sich gegen eine Horde weiterer Fanatiker stürzt. Doch auch hier beweisen die Sigmarkrieger vollendetes Kampfgeschick und mähen förmlich die Reihen der Abtrünnigen wie eine scharfe Sense durch saftiges Gras. Die Herausforderung besteht noch in den 5 Priestern die am Waldrand stehen und mit eisigen Zaubern die Luft zu Eis gefrieren lassen. Die Feuergeschosse Magnus brennen sengend in die Pelze, das mächtige Barakul Bernhards trennt ein Körperteil nach dem anderen von den Rümpfen und meine zielgenau geschossenen Pfeile treffen ein ums andere mal zwischen den Kampfreihen hindurch ihr Ziel. Eine mächtige Explosion zerreißt die Fenster des Tempels und wirft uns alle zu Boden. Sogleich rennen alle Sigmarkrieger zum Tempel, um ihrem Patriarch zur Hilfe zu eilen. Richard klettert klugerweise gleich durch eines der Fenster und öffnet den Kriegern das Tor, so dass sie den Verräter im Inneren gleich ein Ende setzten können. Richard erzählt zwar etwas von Flammenkreisen und mächtigen Zauberbarrieren, die Yorri den XV. Großtheogonist des Imperiums umgeben haben, aber von solchen Sachen möchte ich lieber nichts verstehen. Zumindest sah ich drei tote verräterische Priester noch in dem Tempel liegen nachdem die Schlacht geendet hatte.
Seine Heiligkeit aus Altdorf schien Wickert erst mit jemand anderem zu verwechseln und eine belustigende Bemerkung über ihn zu machen, weil er aussähe wie ein Adliger, den er kenne. Weiß der Teufel, was Wickert alles angestellt hat um wo alles seine Verwandten ihre Finger im Spiel haben. Großzügig erweise stellt Yorri der XV. Bernhard ein Schreiben aus, das ihn dazu berechtigt Barakul zu führen und obendrein dürfen wir eure Heiligkeit einmal um einen Gefallen bitten, wenn wir in Not sind. Nie hätte ich es mir träumen lassen, dass ich den Obersten der Feuermagieregilde einmal zu Gesicht bekomme, geschweige denn die 2. wichtigste Person des Reiches Yorri den XV. einmal persönlich treffe. Sigmar muss ein wohl gesonnenes Auge auf unsere Gruppe geworfen haben.
Nach diesem wundervollen Ereignis begeben wir uns wieder auf den Weg nach Middenheim, in die Stadt der hohen Magier- und Zwergensteuer. Zwei Tage noch und wir sind dort. Das ist das erste mal, dass ich in Middenheim bin und ein wenig aufgeregt bin ich schon. In 2 Wochen soll dort ja auch Karneval sein, das dürfte Richard gefallen, da kann er sich eine Maske aufziehen und es fragen nicht ständig die Leute, warum er das macht. In Middenheim angekommen werden wir erstmal unseres hart verdienten Goldes erleichtert, weil die Passagen Unsummen kosten, besonders für Magnus. Dafür ist der Ausblick auf die Stadt, die auf einem Felsplateau gebaut ist und in die mehrere steile Straßen über hohe Brücken führen, atemberaubend. Die Middenheimer sind jedoch triste und verschroben ernste Leute. Es ist wirklich Zeit, dass hier Karneval etwas Stimmung rein bringt. Jetzt aber zuerst mal zu der Adresse wo wir diese verdammte und schwere Kiste loswerden können und gegen Gold eintauschen. An der besagten Adresse von Herrn Scharlach, einer wirklich versifften Gegend, angekommen ist das Haus verrammelt und verriegelt. Ein Siegel des Ulrickultes verweht den Zugang.
Hacke ich jetzt hier erst alles in Stücke und frage danach??? Denke ich mir. Da spricht uns aber auch schon eine verschrobene Nachbarin an, dass die alle von Hexenjägern abgeholt und verbrannt wurden wegen Ketzerei. Ich weiß was Besseres! Ich hacke erst die Alte in Stücke, dann das verriegelte Haus und brenne alles nieder. ICH WILL MEIN GOLD FÜR DIESE SCHEIß KISTE! Egal von wem! Nur die kräftigen Arme von Richard und die guten Worte von Bernhard halten mich zurück unüberlegtes zu tun und wir besinnen uns nun, was wir nun machen. Vielleicht finden wir ja Hinweise in dem Brief und der Kiste. Sollen wir sie wirklich öffnen? Fragen wir mal Wickert…

Drantos:
Einbruch in einen dämonischen Sex-Shop und die Gründung eines Abrissunternehmens gingen Hand in Hand...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



32. Es ist was faul in Middenheim...

Mit grimmigem Blick auf Kiste, Haus und Nachbarin drehte Answald seine Axt in den Händen hin und her. Er würde doch wohl nichts Unüberlegtes tun? Bevor er sich dazu entschließen konnte, die Vorgenannten in Stücke zu schlagen, lockten Bernard und Richard ihn mit der Aussicht auf ein kühles Bier fort zu unserer Taverne. Hier schleppten wir die Kiste auf unser Zimmer und brachen den Deckel auf. Der Inhalt war enttäuschend: Eine Muschel, ein Hundeschädel, ein verschlissenes Pilgergewand, ein Trinkbecher aus Metall und eine leere Schwertscheide waren alles, was sich im Inneren der übermäßig stark ausgepolsterten Kiste befand. Der Brief Blüchers war auch nicht sonderlich aufschlussreich; hierin stand lediglich, dass sein Schwiegervater Oldenhaller ihm den Krempel beschrieben hatte und es ihm zufällig gelang, den Plunder für die Gesellschaft des Herrn Scharlach zu besorgen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Utensilien scheinbar an einen Chaoskult adressiert waren und dessen Mitglieder von den Hexenjägern verbrannt wurden, erschien es uns das Beste, den Ramsch zu vernichten, was wir auch taten. Die Initialen „HP“ in dem zerfetzten Gewand prägten wir uns jedoch ein.

Im Schankraum genehmigten wir uns ein paar kühle Getränke und etwas zu essen. Bernard plauderte ein wenig mit den anwesenden Gästen, darunter Zwerge und einheimische Handwerker. Der Klatsch und Tratsch, den er hierbei aufschnappte, brachte uns nur bedingt weiter. Interessant war lediglich die Nachricht, dass der Imperator scheinbar an einer schweren Krankheit leide, genaueres hierüber war allerdings auch nicht in Erfahrung zu bringen. So warteten wir auf die Dunkelheit, um dem Haus der Scharlachs einen weiteren Besuch abzustatten.

Nachdem uns der Weg in die Hoffenstraße in immer dunklere Teile der Stadt führte, fiel mir bald auf, dass wir von den üblichen Halunken und Halsabschneidern verfolgt wurden. Plötzlich erscholl ein Schrei von der Spitze unserer Gruppe. Einen Angriff vermutend stürzten wir nach vorne – um Richard dabei zuzusehen, wie er sich aus der Gosse wieder aufrappelte. Das Blut, welches seinen Körper bedeckte, war zum Glück nicht sein eigenes. Es gehörte zu der Leiche mit der frisch aufgeschnittenen Kehle, welche dort im Rinnstein vor sich hin blutete. Die Gelegenheit nutzend hob ich den Kopf des Toten an, drehte ihn in die Richtung unserer Verfolger und rief ihnen eine eindeutige Warnung zu. Von nun an konnten wir unseren Weg mehr oder weniger unbeobachtet fortsetzen.

Am Haus der Scharlachs angekommen mussten wir feststellen, dass die vernagelten Türen und Fenster nicht ohne Lärm zu öffnen waren. Während die anderen Schmiere standen, schlich ich mich in den Hinterhof. Auch die Rückseite des Hauses war vernagelt. Allerdings schienen die Bohlen vor den Fenstern im Obergeschoß nicht ganz so dick zu sein. Nachdem meine Kameraden sich auch in den Hof geschlichen hatten, erklomm ich einen Fenstersims. Nun konnte ich die Latten nach und nach losrütteln und herunterreichen. Als das Fenster freigelegt war, huschten Magnus und ich ins Innere des Hauses. Richard, Bernard und Answald blieben zurück, da ihre Rüstungen für die Kletterpartie zu behindernd waren.

Die Räume in diesem Stockwerk – Wohn- und Schlafzimmer – waren allesamt von den Hexenjägern durchwühlt und das Mobiliar zertrümmert. Auch in der Kerzenwerkstatt im zweiten Obergeschoß hatten die Templer ordentlich gewütet. Eine Leiter führte hinauf zur Dachbodenluke. Hier gähnte uns ein leerer Raum mit einer zentimeterdicken Staubschicht auf dem Boden entgegen – und das machte uns misstrauisch. Kein Haushalt ließ so einen Raum ungenutzt! Magnus kroch ein wenig weiter – und sein Kopf verschwand plötzlich! Er gestikulierte mir zu folgen, und plötzlich standen wir beide in einem Raum, der um ein vielfaches größer war, als der eigentliche Dachboden hätte sein dürfen. Ich blickte mich um und sah zurück zur Luke in die Werkstatt. Um ihren Rand herum waren Runen in den Boden geritzt. Der leere Spitzboden war nur eine magische Illusion! Magnus untersuchte die Runen und erklärte, es handele sich um Chaos-Schriftzeichen des Slaneesh-Kultes. Diese Entdeckung verursachte bei mir nicht mehr das Entsetzen, wie sie es noch vor einem Jahr getan hätte. Zu oft schon waren wir in jüngster Zeit den Anhängern dieser dunklen Götter begegnet. Als wir den Docht unserer Laterne etwas höher drehten, um uns im Raum umzusehen, trat das vorhin noch ausgebliebene Entsetzen jedoch umso stärker zutage. Der Raum glich dem Lager vom alten Aashauer aus Nuln. Nur hatte der Metzger lediglich die stinkenden Reste von Tierkadavern auf seinen Fleischhaken hängen. Hier allerdings mussten unsere aufgerissenen Augen schier endlose Reihen von menschlichen Leichenteilen sehen, die an der Decke fröhlich vor sich hin baumelten. Und fröhlich ist das Stichwort: Die aufgespießten Köpfe der armen Tölpel, die hier für unaussprechliche Rituale sterben mussten, schienen allesamt glücklich und mit einem Lächeln auf ihren Gesichtszügen gestorben zu sein!

Die Szene erinnerte an den Altarraum auf der einstigen Burg Wittgenstein, wo sich die Kultisten auch in einer Mischung aus Agonie und Verzückung auf dem Fußboden wanden. Und wie auch dort geschehen, nahm ich plötzlich in der Nähe des im hinteren Bereiches stehenden Altares eine Bewegung wahr. Gerade noch konnte ich Magnus darauf aufmerksam machen, da trat ein Wesen auf uns zu, dessen Haut die Umgebung widerzuspiegeln und ansonsten aus Schatten zu bestehen schien. Als sich die Kreatur zwischen den umher baumelnden Körperteilen hindurch auf uns zubewegte, konnte ich ein Grinsen nicht unterdrücken: Auch jetzt hatte ich das Gefühl, diese Szene bereits erlebt zu haben, denn die Gestalt glich dem Angreifer aus dem Wittgenstein'schen Altarraum in vielen Punkten: Halb Mann, halb Frau, dazu noch eine Prise Teufelshörner und Geißfuß sowie ein langer, gezackter Schweif am Hintern. Mit einem müden Lächeln erinnerte ich mich, wie einfach Richard und ich das Dämonenwesen damals erschlagen hatten, und griff lässig meinen Knüppel ein wenig fester, als die Kreatur mit einem schrillen Schrei auf uns zustürzte. In aller Seelenruhe holte ich aus, hieb dem Angreifer mit aller Kraft auf den Schädel – und prallte erschrocken zurück. Mein kräftiger Hieb hatte keinerlei Schaden verursacht, sondern war einfach abgeprallt wie von einem strohgefüllten Kartoffelsack! Auch Magnus muss ziemlich erschrocken gewesen sein, denn mit einem lauten Furz entlud sich sein Darminhalt in seine Hosen, und zu dem Blut- und Fäulnisgestank, der uns umgab, gesellte sich nun auch noch der Duft von Magierexkrementen. Aber zeitgleich loderte das allseits gefürchtete Flammenschwert in Magnus' Hand auf, und die Kreatur wich vor seinem ersten Hieb zurück. Ich versuchte einen weiteren Hieb, war allerdings nicht erfolgreicher als zuvor, sondern musste nun meinerseits den blitzschnellen Gegenangriffen des Dämonen ausweichen. Magnus nutzte die Gelegenheit und ließ sein Flammenschwert wieder und wieder auf das Monster hinab sausen. Während ich versuchte, das Monster abzulenken (was gar nicht so einfach war, da es meine Versuche, es festzuhalten, mit übermenschlicher Kraft abschüttelte), fand die brennende Klinge immer wieder ihr Ziel. Mit einem glücklichen Treffer öffnete Magnus schließlich den Leib der Kreatur, und glühende Eingeweide fielen auf den Fußboden, während der Dämon einen markerschütternden Schrei ausstieß. Weitere Hiebe des Feuerschwertes gaben ihm den Rest, und er sank zu Boden. In einer Pfütze aus schwarzem Blut lag der Dämon dort einen Moment, bis die Konturen seines Körpers schließlich zerflossen. Das Blut begann zu dampfen, und nach wenigen Augenblicken war von unserem Angreifer nicht mehr übrig als ein dunkler Fleck auf dem Boden.

Als wir wieder zu Atem gekommen waren, nahmen wir den Altar genauer in Augenschein. Er bestand aus schwarzem Stein, und aus seiner Oberfläche ragten gezackte und mit Widerhaken versehene Stäbe, deren genauere Funktion wir uns kaum vorzustellen wagten. Dazu passend brummelte Magnus irgendwas davon, dass der Altar lebe und sich von Blut und Lust ernähre. Schaudernd wollte ich mich schon abwenden, da deutete Magnus auf ein Amulett, welches über dem Altar hing. Es sah wertvoll aus... Rasch holte ich meine Angelschnur hervor, und nach ein paar Würfen hielten wir das Schmuckstück in den Händen. Magnus verstaute es in seiner Robe, und wir begaben uns zurück zur Luke. Als ich schon fast unten war, drehte sich Magnus über mir noch einmal um. Sein Vorschlag, den unheimlichen Altar mit ein paar Feuerbällen zu zerstören, hörte sich vernünftig an. Also ließ Magnus seine magischen Geschosse auf den Stein prasseln, der zunächst dunkelrot glühte und schließlich zu schmelzen begann. Als der Altar plötzlich mit einem lauten Knall zersprang, begann die magische Dachkammer sich aufzulösen. In letzter Sekunde gelang es Magnus, hinunter in die Werkstatt zu springen. Jedoch hatte die Vernichtung des Altares in der Illusionswelt hinter der Luke auch Auswirkungen auf das Hier und Jetzt. Mit einem lauten Zischen saugte das entstandene Vakuum in der Dachkammer jeden Staubkrümel in sich auf, und nach einem lauten Schlag, der unsere Ohren klingeln ließ, wurde das gesamte Dach vom Gebäude weggesprengt!

Unten hörten wir unsere Kameraden fluchen, als sie verzweifelt versuchten, in dem Regen aus geborstenen Dachschindeln nicht allzu viele Trümmer aufs Hirn zu bekommen. Magnus und ich verließen Rasch das Gebäude und gesellten und zu den Kameraden im Hof. In den umliegenden Häusern wurden Kerzen und Laternen entzündet, und aufgeregte Stimmen wurden laut. Rasch verließen wir das Haus, den Hinterhof und die Hoffenstraße. Obwohl in diesem Stadtteil die Wachen rar sind und wenige Fragen gestellt werden, wollten wir nicht mit dieser spektakulären Aktion in Verbindung gebracht werden. Während wir durch die Gassen zurück zur Taverne hasteten, berichteten wir Answald, Bernard und Richard von unseren Erlebnissen. Auf unserem Zimmer nahmen wir das Amulett etwas näher in Augenschein. Magnus konnte jedoch nur erkennen, dass es sehr alt und ebenso mächtig war. Welchen Zweck es erfüllte, war nicht erkennbar. Abgesehen von ein paar entfernten Stimmen, die draußen über das explodierte Hausdach im Nachbarstadtteil diskutierten, verlief der Rest der Nacht ruhig.

Am nächsten Tag begaben wir uns zur Akademie der Magier. Anders als in Altdorf unterhielt nicht jede Sparte ein eigenes Gebäude, sondern alle magischen Zweige fanden sich in einer Art Gesamtschule. Ohne die komplizierten Anmeldeprozeduren, die wir sonst gewohnt waren, brachte man uns recht rasch zu Janna Eberhauer, bei der es sich zu unser aller Überraschung um eine sehr junge und mindestens ebenso ansehnliche Frau handelte. Wir sprachen mit ihr über die derzeitige Lage Middenheims. Janna erklärte, dass der Großherzog seit dem Tod seiner Ehefrau vor einem Jahr nicht mehr derselbe sei. Alles sei ihm gleichgültig, seit eine seltsame Krankheit die Herzogin dahingerafft hatte. So habe er das Steuerdekret, welches den Magiern extrem erhöhte Steuerbelastungen aufbürdete, so leichtfertig unterschrieben als handele es sich lediglich um ein Grußschreiben an einen ungeliebten Verwandten.

Interessant war ebenfalls die Ratsverhandlung, in der das Steuerdekret mit einer knappen Mehrheit beschlossen wurde. Der Rat des Herzogs besteht aus siebzehn Personen. Neben ihr selbst und Albrecht Hellseher als Vertreten der Magierakademie zählten zu den Beratern unter anderem der Hofkanzler, die Prinzessin Katerina samt ihrer Anstandsdame Zimperlich, des Herzogs Champion Dietmar Schmiedehammer, der elfische Hofbarde Lafaray, drei hochrangige Offiziere der Middenheimer Armee, die Hofdame Emanuelle Schlagen, der Hofarzt Pavarotti sowie drei Gesetzesschreiber. Das erstaunliche war, dass eine einzelne Stimme die Entscheidung brachte. Diese Stimme gehörte dem ebenfalls dem Rat angehörenden obersten Ulricpriester Ar-Ulric. Mit seiner Entscheidung, dem Steuerdekret zuzustimmen, hatte sich Ar-Ulric aber selbst geschadet. Albrecht Hellseher sei mit Schaum vor dem Mund aus der Versammlung gestürmt, und nicht wenige waren erstaunt, dass er, da bekannt als Choleriker, Ar-Ulric nicht auf der Stelle zu einem Häuflein Asche verbrannt hatte. Da uns Janna keine weiteren interessanten Hinweise mehr geben konnte, wurden wir von ihr mit dem Versprechen entlassen, dass wir uns bei Problemen jederzeit an sie wenden könnten.

Unser Weg führte uns als nächstes zum Ulrictempel, da wir ja den Brief des Großen Theogonisten Sigmars noch zu übergeben hatten. Während wir darauf warteten, dass ein Lakai uns bei Ar-Ulric ankündigte, bestaunten wir die heilige Flamme des Ordens, die neben einer riesigen Ulricstatue angeblich seit über eintausend Jahren ununterbrochen dort brennt. Schließlich führte man uns zu Ar-Ulric. Nachdem er das Siegel des Briefes genauestens studiert hatte, meinte er abwesend, dass dieser Brief vermutlich einen Bürgerkrieg verhindert habe. Allgemein schien er jedoch recht abgelenkt zu sein, und er erklärte seine gewichtige Aussage auch nicht weiter. Fahrig und sichtlich in Gedanken wimmelte er uns schließlich halbherzig ab, jedoch nicht ohne uns zu bitten, doch möglichst bald bei dem Morrpriester Albrecht Zimmermann vorzusprechen. Sprachs, und ließ uns hinauswerfen.

Komischer Kauz. Und so eine verwirrte Gestalt soll in einer der wichtigsten Positionen der Stadt gut aufgehoben sein? Nun ja, ist ja nicht so, also hätten wir nichts zu tun. Den letzten Wittgenstein ausfindig und anschließend kaltmachen, selbiges mit Etelka Herzen, die Verschwörung hinter der Schwächung Middenheims aufdecken... Aber was solls, dann eben auf zu den Gärten Morrs...


Den Einbruch in das Haus der Scharlachs musste ich komplett improvisieren. Ich hätte nie damit gerechnet, dass si so etwas vorhaben. Naja, man lernt nie aus  :D

Drantos:
Störung der Totenruhe in zwei Teilen(Zeichenbeschränkung)...



Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



33. Die Relativität der Ewigen Ruhe - Teil 1

Da es kein großer Umweg war, begaben wir uns zu den Gärten Morrs. Magnus begleitete uns nicht; da ihn Friedhöfe immer so depressiv machen würden, wollte er sich lieber ein wenig in seine Bücher verkriechen. Die beiden Wachen am Eingangstor in schwarzer Rüstung würdigten uns keines Blickes. Im Tempel führte uns ein junger Priester zu Vater Zimmermann, dem Vorsteher des hiesigen Ordens. In dessen Räumen angekommen, musste ich kurz darüber nachdenken, ob nicht Priester der rechte Beruf für mich wäre: Das üppig eingerichtete Arbeitszimmer des Abtes war prall gefüllt mit wertvollen Möbeln, Kunstgegenständen und dicken Teppichen. Der Tisch aus seltenen Dschungelhölzern quoll über mit erlesenen Speisen, und der fette Zimmermann schien dieses Festmahl nicht zu unseren Ehren aufgefahren zu haben, sondern seiner Leibesfülle nach zu urteilen täglich zu genießen. Immerhin lud er uns dazu ein, auch einen Happen zu uns zu nehmen, und kauend mit halbvollem Mund nuschelte er nach einiger Zeit endlich aus, warum er uns habe kommen lassen.

Er hatte Ar-Ulric gebeten, nach einer Gruppe Ausschau zu halten, die einen delikaten Auftrag für den Tempel Morrs erledigen könnte. Seit etwa acht Monaten verschwanden Leichen aus den Gräbern und Mausoleen des Friedhofes. Mittlerweile waren siebzehn Kadaver abhanden gekommen. Da eine Grabstelle innerhalb der Gärten Morrs aufgrund des akuten Platzmangels nicht gerade ein Schnäppchen ist, hatte die Middenheimer Kundschaft mittlerweile damit begonnen, ihre Verblichenen nach Altdorf zu bringen, um zu gewährleisten, dass die Ewige Ruhe ihrer Toten diesen Namen auch verdient. Um das Ansehen (und die Einnahmen) des Tempels besorgt, bat uns Vater Zimmermann, diese Taten aufzuklären.

Neeeiiin, Leichendiebe – zu was für Schandtaten die Menschen doch bereit sind... Während Bernard und Answald die Unterlagen und Aufzeichnungen des Tempels unter die Lupe nahmen (den Beitrag unseres Axt schwingenden Philosophen und Schriftgelehrten zu dieser Arbeit mag sich ein jeder selbst ausmalen), nahmen Richard und ich den Friedhof in Augenschein. Ein Hauch von Nostalgie wärmte mir mein Herz, als ich auf dem Totenacker umher schlurfte. Die sauberen Kieswege führten an prunkvollen Gräbern und Gruften vorbei. Allerdings konnte von Begräbnissen im eigentlichen Sinne hier nicht die Rede sein, da aufgrund des felsigen Untergrundes die Grabstellen recht flach ausfielen. Eine Beerdigungszeremonie ging gerade zu Ende, und ich beschloss, die frisch verschlossene Gruft zu „inspizieren“, während Richard draußen Schmiere stand. Das schwere Schloss sprang rasch auf, allerdings lohnte sich die Mühe nicht – die Grabplatte des Verblichenen war zu schwer, um an seine Grabbeigaben zu gelangen. Nun war der Zeitpunkt gekommen, mich ein wenig an den Kontrahenten zu rächen, die mir in meiner Schaffensphase in Nuln oft das Leben schwer gemacht hatten: Wir stiefelten zurück zu Zimmermann, und ich zeigte ihm durch das Fenster die offenstehende Gruft. „Kein Wunder, dass hier Leichen verschwinden!“, raunzte ich ihn an. Grinsend hörte ich dann mit einem Ohr der Standpauke zu, die der für die Gruft verantwortliche Priester sich abholen durfte, während Bernard und Answald uns ihre Ergebnisse aus dem Aktenstudium präsentierten. Auffällig war, dass nur relativ frische Leichen gestohlen wurden. Maximal zwei Tage lagen zwischen Begräbnis und Exhumierung. Ansonsten hatten die Leichen nichts miteinander gemein; Handwerker und Adelige, Männer und Frauen, Junge und Alte, es ließ sich kein Muster erkennen. Nur eine Überschneidung ließ sich belegen: Bei jedem Diebstahl hatten die Tempelritter Burmund oder Tankred Nachtwache. Aber ein Ritter Morrs, der sich an Leichenklau beteiligt? Das schien doch sehr ungewöhnlich. Mit einem Rabenamulett des Morr von Zimmermann ausgestattet, verließen wir den Tempel, um den Friedhof des nachts ein wenig zu überwachen.

Aus dem Dienstplan der Wachen ging hervor, dass unter anderem Tankred diese Nacht die erste Wache versehen würde. Der strömende Regen prasselte auf die Straßen nieder. Answald und ich wollten uns zunächst auf das Gelände schleichen und dort ein wenig Ausschau halten, jedoch wurden wir noch am Zaun entdeckt und mussten rasch die Beine in die Hand nehmen. Noch während wir in einer Seitengasse mit Bernard und Richard unser weiteres Vorgehen beratschlagten, kam Bewegung auf: Tankred sprach mit dem einfachen Soldaten, der mit ihm den Zaun bewachte, und schickte ihn unter einem Vorwand in eine der vielen Gassen. Kaum war der Soldat verschwunden, stieß der schwarze Ritter einen leisen Pfiff aus. Daraufhin schlichen vier Gestalten aus den Schatten zu ihm und wurden von Tankred über den Zaun bugsiert. Also steckte der Ritter doch mit den Leichendieben unter einer Decke! Gewissheit erlangten wir, als der Soldat von seinem Streifengang wiederkam und Tankred ihn mit einem Dolchstich ins Herz begrüßte. Ohne einen Laut ging der arme Tropf zu Boden, und Augenblicke später kamen die vier Gestalten, zwei schlaffe Körper schleppend, wieder zurück zum Zaun. Kaum hatten sie den Zaun überwunden, verschwanden sie in den Schatten der Gassen. Rasch verfolgten wir sie. In unserem Rücken hörten wir noch, wie Tankred brüllend den Alarm auslöste. Doch darum konnten wir uns nicht kümmern. In einem Kanalschacht verschwanden die Leichendiebe soeben mit ihrer Fracht, und wir folgten ihnen hinab. Die Ganoven bemerkten uns nicht, und so folgten wir ihnen ein gutes Stück stadteinwärts.

Schließlich entstiegen die Männer dem Kanal in einer ruhigen Gasse und verschwanden in einer dunklen Lagerhalle. Answald lief um das Gebäude herum und erkannte den Sudetenweg. Am Vordereingang prangte ein Schild mit zwei gekreuzten Holzstämmen. Derweil lauschte ich an der Hintertür. Man konnte einige Schläge und ein Scharren vernehmen, als würden Kisten verschoben. Schließlich kroch ich durch eines der Fenster in das stockdunkle Gebäude und fiel auch gleich gehörig auf die Nase. Nach etwas Tasten fand ich auch die Tür, und wir standen bald im Licht einer Kerze im Lagerraum. Ein paar feuchte Fußspuren führten zu einem Kistenstapel, vor dem einige Kratzspuren auf dem Boden erkennbar waren. Zwar konnte ich (wohl gewöhnungsbedingt) nichts wahrnehmen, aber meine Kameraden beschwerten sich über penetranten Leichengeruch. Answald schließlich öffnete die vorderste Kiste – und stieß plötzlich einen gurgelnden Schrei aus! Eine Klaue war aus der dunklen Kiste herausgeschossen und hatte sich in Answalds Kehle gekrallt. Mit aller Kraft ließ ich meinen Knüppel auf den Ghoul niedersausen und zertrümmerte das faulende Fleisch und die morschen Knochen seiner Schulter. Mit dem lose an seinem Hals baumelnden Monsterarm, dessen Klauen sich noch immer an seiner Kehle festhielten, holte Answald aus und spaltete die Kreatur mit seiner Axt in der Mitte. Schwarzer Schleim und geronnenes Blut spritzten in alle Richtungen, aber die Gefahr war gebannt. Wütend riss Answald das abgetrennte Glied des Türschieberzombies von seinem Hals und versetzte der Kiste einen kräftigen Tritt. Diese zerfiel in ihre Einzelteile und offenbarte eine Bodenluke, die in den Keller der Halle zu führen schien.

Unter der Falltür führte eine Leiter in einen dunklen Raum. Ich kletterte voran. Ein angrenzender Gang öffnete sich nach wenigen Metern in eine große Höhle. Der Anblick, welcher sich dort bot, hätte einem zärter besaiteten Mann das Blut in den Adern gefrieren lassen. Auf zwei steinernen Tischen lagen die beiden gestohlenen Leichen. Daneben stand, bewacht von vier Skelettkriegern, ein in schwarze Rüstung gehüllter Ritter Morrs, vermutlich Burmund, und... tat etwas mit den Toten. Seinen Kopf hatte er ins Genick geworfen, und aus seinem geöffneten Mund ragte ein schlangenartiger Wurm, der die Länge und den Durchmesser eines kräftigen Männerarmes hatte. Der Wurm lutschte einer der Leichen soeben das Fleisch von den Knochen. Ein Mensch in schwarzem Umhang stand diabolisch grinsend daneben. Die vier Leichenräuber mussten auch noch irgendwo sein, allerdings konnte ich von meiner Position nicht die gesamte Höhle einsehen. Ich berichtete den Kameraden von meinen Beobachtungen. Da wir gegen diese Übermacht keine Chance hatten, beschlossen wir, uns vorerst zurückzuziehen.

Doch noch während wir die Leiter in die Lagerhalle hinauf emporstiegen, rumpelte das schwere Schloss des Eingangstores, und Ritter Tankred betrat die Lagerhalle. Er kam nach seinem Schichtende nun wohl zur Fütterung! Answald stürmte schreiend mit erhobener Axt auf den Gegner zu. Während die anderen ihm folgten, verkeilte ich die Falltür mit meinem Brecheisen. Answald hatte derweil schwer mit dem Gegner zu kämpfen; ein lauter Schmerzensschrei kündete von der schweren Wunde, die das Schwert des schwarzen Ritters in sein Bein schlug. Glücklicherweise waren Bernard und Richard rasch zur Stelle. Richard holte aus und spaltete den Helm samt dem darunter liegenden Gesicht, sodass ein Blutregen aus dem zerborstenen Visier spritzte. Doch der Hüne ließ sich hiervon nicht beeindrucken und kämpfte weiter. Auch als Bernard ihm mit Barrakul einen Arm abschlug und der aus dem Stumpf hervorspritzenden Blutfontäne gerade so ausweichen konnte, ging der Feind noch nicht zu Boden. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die Kameraden vereint das Leben aus dem Körper des verräterischen Ritters heraus geprügelt hatten. Als dessen Leichnam schließlich auf den Boden klatschte, kotzte er noch den Riesenwurm aus, den ich bei seinem Genossen im Keller gesehen hatte.

Flugs stopfte ich das mutierte Schlangending in meinen Sack und machte mich auf den Weg zum Morrtempel, um diesen Beweis vorzulegen und mit Verstärkung zurückzukehren, während meine Kameraden die Bodenluke bewachten. Es gelang mir recht gut, den Stadtwachen auszuweichen, jedoch verließ mich mein Glück am Eingangstor zu den Gärten Morrs. Der wachhabende Ritter – sein Name war Brandt, wie sich später herausstellen sollte – ließ sich von dem Rabenamulett, welches Zimmermann uns gegeben hatte, nicht beeindrucken. Auch sonst muss es in unserer Kommunikation zu diversen Missverständnissen gekommen sein; jedenfalls fand ich mich plötzlich in der Situation wieder, dass Brandt mit seiner Armbrust auf meinen Kopf zielte und nicht gewillt schien, sich durch Worte vom Betätigen des Abzugs abbringen zu lassen. Und wenn Worte nicht mehr helfen, müssen Taten folgen. Um meine Geschichte und die Dringlichkeit des Handelns zu unterstreichen, warf ich ihm mit einem entsprechenden Hinweis den Sack mit den „Beweismitteln“ zu. Sein nervöser Zeigefinger zuckte, aber die Ablenkung mit dem Sack hatte funktioniert und der Bolzen flog haarscharf an meiner Rübe vorbei. Leider hatte sich der fleischige Wurm während des Marsches zum Tempel in einen zähen, übelriechenden Schleim verwandelt. Dieser bedeckte nun Kopf, Gesicht und Rüstung des Tempelritters großflächig. Klümpchen des verfaulten Fleisches spritzten aus dem Munde Brandts, als er wüste Flüche ausstieß. Mit hasserfülltem Blick und gezogener Waffe stürzte er auf mich zu, einige Wachsoldaten auf seinen Fersen. Ich drehte mich um und gab Fersengeld. Die Gruppe meiner Verfolger wurde immer größer, als sich, von dem lauten Gebrüll angelockt, einige Stadtwachen der wilden Hatz anschlossen. Nun ja, es ist beim Morrtempel zwar nicht so gelaufen wie geplant, aber nichtsdestotrotz hatte ich nun eine große Gruppe Krieger versammelt, die es zum Lagerhaus und den abartigen Ritualen darunter zu führen galt! Leider fehlte es den meisten meiner Verfolger an ausreichender Puste. Im Sudetenweg waren es schließlich nur noch der permanent recht fantasievolle Drohungen und Beleidigungen ausstoßende Ritter Brandt und zwei japsende Stadtwachen, die hinter mir her rannten...

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