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[WFRSP2] - Enemy within - Kampagne ABGESCHLOSSEN

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Drantos:
Zweiter Teil...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



33. Die Relativität der Ewigen Ruhe - Teil 2


Die großen Augen meiner Kameraden waren recht sehenswert, als ich das Vordertor aufstieß und im Laufschritt die Halle durchquerte, nur um aus der Hintertür wieder zu verschwinden. Zwischen zwei Atemzügen rief ich ihnen zu, dass ich einen Ritter Morrs auftreiben konnte, es jedoch zu einem kleinen Missverständnis kam. Kaum war ich um die Ecke gebogen, da stampfte schon der wutschnaubende Brandt in die Lagerhalle. Seine Laune besserte sich nicht, als er den zerschnetzelten Kadaver seines einstigen Ordensbruders Tankred auf dem Fußboden liegen sah. Mit einem wütenden Gebrüll stürzte er sich auf meine Kameraden in der stimmigen Annahme, dass sie ihn erschlagen hatten – die Vorgeschichte ließ sich unter den gegebenen Umständen verständlicherweise nicht aufklären. So flohen meine Freunde also vor dem wutschnaubenden Tempelritter und sprangen durch die Falltür in das Kellergeschoß, in der Hoffnung, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte und Brandt die wahren Feinde beim Anblick der Zeremonie als solche erkennt.

Als ich die Lagerhalle im Laufschritt umrundet hatte, sprang ich ebenfalls in den Kellerraum. Auf dem Gang standen zaudernd die beiden Stadtwachen, die beim Anblick von den furchteinflößenden Gegnern, die im Keller warteten, lieber den Fluchtweg absicherten, sollte sich der bereits tobende Kampf zu Ungunsten der Verbündeten entwickeln. Und der Kampf tobte bereits in vollem Gange: Brandt hatte erwartungsgemäß die Untoten und den abtrünnigen Burmund als die wahre Bedrohung erkannt und stand wild um sich hackend im tiefsten Getümmel. Zu Richards Füßen lagen bereits die zerschmetterten Knochen eines Skelettkriegers, und auch Answald trieb eine der Kreaturen mit mächtigen Axtschlägen vor sich her. Der fies grinsende Mensch, der neben Burmund stand, entpuppte sich unseren Befürchtungen entsprechend als Magier. Nach ein paar harschen Zauberformeln und Gesten hatte sich sein Haupt in einen bleichen Totenschädel verwandelt. Allerdings schien er keine rechte Kontrolle über seine Zauberkräfte zu besitzen, oder ein Dämon des Chaos hatte von ihm Besitz ergriffen, denn mit seinem gezackten Ritualdolch brachte er sich selbst wieder und wieder tiefe und stark blutende Schnittverletzungen bei, anstatt mit seinen Zaubern in den Kampf einzugreifen.

Ganz anders hingegen verhielt es sich mit dem Wesen, das einst Burmund war. Zwar baumelte der Wurm noch immer aus seinem Maul heraus, jedoch hielt dies ihn nicht davon ab, sich scheinbar ohne größere Anstrengung gegen die Angriffe von Richard und Brandt gleichzeitig zu wehren. Als es letzterem schließlich gelang, dem Verräter den Helm vom Kopf zu schlagen, witterte Richard seine Chance und begab sich in Reichweite des vermeintlich geschwächten Gegners. Diese Entscheidung sollte er jedoch bitter bereuen. Mit meinen eigenen Augen meinte ich zu sehen, wie der schwarz gerüstete Unhold seine Axt in den Leib unseres entstellten Kämpfers rammte, den Griff drehte und seine Waffe schließlich mitsamt einem Großteil von Richards Gedärm wieder aus der Wunde zog! Wie vom Blitz getroffen sank der Kamerad zu Boden. Brandt nutzte die Lücke in der Deckung Burmunds aus und ließ eine Vielzahl fürchterlicher Hiebe auf ihn niederprasseln. Jedoch blieb keine Zeit, den Kampf weiter zu beobachten oder sich um den niedergestreckten Richard zu kümmern, denn dem Magier war es mittlerweile gelungen, seine rebellierenden Zauberkräfte unter Kontrolle zu bringen. Strahlen aus kochendem Blut schossen aus seinen Fingern und trafen zischend den arglosen Answald, der noch immer in den Kampf mit den Skeletten verwickelt war. Um seine unheiligen Zauberkräfte aufzufrischen, griff der Magier hinter einen der Steintische und holte von dort einen der vier toten Leichendiebe hervor. Um diese Gegner mussten wir uns zumindest nicht mehr kümmern, hatten die Ritualteilnehmer ihre Handlanger offensichtlich schon selbst beseitigt! Doch die Erleichterung wich schnell wieder dem Grauen, als der Magier wie ein Vampir seine Zähne in den Hals des Toten schlug, um von dessen Blut zu trinken und so seine magischen Kräfte wieder zu stärken. Rasch sprang ich vor und rang mit dem Zauberer, um ihn von dem Wirken weiterer Sprüche abzuhalten. Es gelang mir, den Blutmagier festzuhalten. Ich spürte, wie er sich auf einen neuen Zauber konzentrierte, und rechnete schon damit, dass jeden Augenblick mein Fleisch brennend von den Knochen fallen würde. Doch plötzlich wurde die Luft von Kotgeruch erfüllt, als sich der Magier vor Anspannung in die Hose schiss, und im nächsten Augenblick prallte schon der Knauf von Brandts Schwert auf den Schädel des glücklosen Wurmes, der bewusstlos aus meiner Umklammerung zu Boden glitt. Dem Ritter war es schließlich gelungen, seinen ehemaligen Bruder in Stücke zu hacken, und aus den Augenwinkeln sah ich nur noch, wie der Kadaver Burmunds den langen Wurm auskotzte, der noch eine Weile auf dem Fußboden vor sich hinzuckte und schließlich zu dem Schleim zerfiel, der auch Brandts Rüstung bedeckte. Answald machte schließlich kurzen Prozess mit den letzten Skeletten, und der Kampf war vorbei.

Ein metallisches Scheppern ließ uns herumfahren. Neben Richard kniete Bernard und verband gerade die Wunde auf dessen Bauch. Seine Verletzung schien doch nicht so schwer gewesen zu sein, wie es zunächst den Anschein hatte, jedenfalls hatte unser Kämpfer schon wieder genug Kraft, die Axt des toten Burmund an sich zu ziehen und unter seinen Gürtel zu schieben. Brandt trat hinzu und verpasste der Leiche seines ehemaligen Kameraden einen herzhaften Tritt. Mit einem bösen Blick begutachtete er die Szene, insbesondere den verfaulenden Wurm, und räumte schließlich mit schallendem Gelächter ein, dass ich wohl recht gehabt habe. Der gefesselte Magier wurde samt dem Rest dieses Falles an die Sigmartempler übergeben, die von den beiden feigen Stadtwachen schließlich herbeigeholt wurden. Mit Brandt wurde vereinbart, dass wir am nächsten Vormittag Bericht bei Zimmermann erstatten würden (selbstverständlich nicht allzu früh am Morgen, da seine Heiligkeit lange zu ruhen pflege).

So begaben wir uns zurück in unsere Taverne, wo uns trotz der späten Stunde noch ein Bad bereitet wurde, um Blut, Kanalschlamm und Mutantenschleim von unseren Körpern zu waschen. Nach einem kühlen Bier zogen wir uns zurück für eine erholsame Nachtruhe. Am nächsten Morgen schlenderten wir zunächst durch die Stadt und erledigten einige Besorgungen, um dann am späten Vormittag zu den Gärten Morrs zu gehen. Der oberste Tempelritter, ein Hüne von mindestens sieben Fuß Körpergröße, empfing uns. Auch ein Troll hätte in der schwarzen Rüstung stecken können, so muskulös war die Statur des Mannes. Wir wurden zu Vater Zimmermann geführt, der erwartungsgemäß gerade ein Frühstücksbuffet verdrückte, dessen Menge eine Bauernfamilie für mehrere Wochen ernähren würde und dessen exquisite Speisen ich nur zur Hälfte benennen konnte. Ritter Brandt hatte bereits Bericht erstattet, und der Priester war voll des Lobes für unsere Arbeit. Allerdings würden wir uns nicht damit rühmen können, da die offizielle Version der nächtlichen Geschehnisse von der tatsächlichen in einigen Punkten abweichen würde. Den beiden tapferen Rittern Tankred und Burmund zu Ehren würde es ein Fest geben, da sie trotz der Verhexung durch einen Chaosmagier ihn und seinen Kult ausgelöscht und so die Stadt vor furchtbarem Unheil bewahrt blablabla...

So beeindruckt war Zimmermann von unserer Arbeit, dass er uns neben vereinbarten dem Lohn noch weitere Ehren zukommen ließ. Zwei Einladungen wurden an uns ausgehändigt. Die erste betraf eine in einer Woche stattfindende Jagd, bei der wir den ältesten Sohn des Grafen, seine Tochter sowie seinen elfischen Jagdmeister Alavendril kennenlernen würden. Die zweite Einladung bezog sich auf ein unmittelbar bevorstehendes Ereignis: Noch am Abend sollten wir am Hof des Grafen speisen, auf einer Feier, die der gräfliche Leibarzt Pavarotti veranstaltete. Dort wolle man sich mit uns über einen Ring unterhalten, welcher vom Finger eines Nekromanten geschnitten wurde. Ich weiß ja nicht, wer außer Magnus etwas davon verstehen könnte, aber ich bin gespannt, ob die kulinarischen Köstlichkeiten des Hofes mit denen des Morrtempels mithalten können. Zwar wurde uns mitgeteilt, dass bei dieser Feier das Tragen von angemessener höfischer Kleidung Pflicht sei, aber ich habe schon einige Ideen, wie ich die Kosten dieser speziellen Verkleidung wieder unter Ausnutzung derselben hereinholen kann...

Drantos:
Unsere Streiter schließen Bekanntschaft mit der Haute-volée Middenheims...



Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



34. Party @ Pavarotti

Wie allseits bekannt zu sein schien, handelte es sich bei dem herzoglichen Leibarzt Pavarotti um einen Lebemann, der auch Wein und Weib nicht abgeneigt war. Seinetwegen wären die höfischen Kleider nicht nötig gewesen, jedoch hätten andere Gäste der Feier Anstoß an nicht angemessenen Gewändern nehmen können. So irrten wir stundenlang durch die Straßen Middenheims, bis wir endlich einen Laden aufgetan hatten, in dem wir geeignete Klamotten erwerben konnten. Wegen des anstehenden Karnevals waren zwar alle Schneider recht beschäftigt, und unser knapper Zeitplan machte die Sache auch nicht günstiger. Richard konnte gleich zum Anpassen eines Gewandes dableiben, wir übrigen (mit Ausnahme von Magnus, der je bereits angemessene Kleidung sein Eigen nennt) sollten im Laufe des Tages erneut vorbeischauen, um zu erfahren, ob etwas Passendes aufzutreiben war. So trennten sich hier unsere Wege, und jeder versuchte, die Wartezeit mehr oder weniger sinnvoll zu nutzen.

Answald verkrümelte sich in ein nobles Badehaus, wo er die Spezialwäsche inklusive Innenreinigung, Politur und Unterbodenwäsche buchte.

Bernard trieb über einige Umwege seine Bögenhafener Kräuterhexe Elvyra auf und genoss ein ähnliches Programm wie Answald, allerdings zum Nulltarif, ohne Badewasser und unterstützt von Kräuterinfusionen, die seine Pupillen drei Tage später noch tellergroß wirken ließen. Dem Bett kaum entstiegen und mit einer Latte in der Hose, die sich dank den Tränken des Kräuterweibes noch einige Stunden lang halten sollte, suchte er im Anschluss noch die Akademie der hohen Künste auf. Hier erkundigte er sich über seine Weiterbildung zum Arzt, wobei sich sehr schnell herauskristallisierte, dass dies auf legalem Wege erschreckend mühsam werden würde. Ein seltenes Buch jedoch, dass er auf unseren Reisen ergattern konnte, könnte ihm unter Umständen den Eintritt in die Akademie ermöglichen.

Ich hingegen musste die Erfahrung machen, dass ich mittlerweile wohl ganz schön abgerutscht bin und mich sehr zum Negativen verändert haben muss; die gammligen Halunken in der Spelunke zur „Ersoffenen Ratte“ jedenfalls schienen mich für einen feinen Pinkel zu halten. Es bedurfte meines gesamten Charmes und Schimpfwortvokabulares, um aus einem der Halsabschneider ein paar Informationen herauszukitzeln. Also eigentlich nur zwei Infos, nämlich dass der Pavarotti zwar schon ab und an in verschiedenen Edelbordellen absteigt, aber ansonsten ein ganz dufter Kerl ist. Zudem scheint der einzige Grund, dass er am Hofe des Herzogs angestellt ist, dessen Sohn zu sein. Wie bei den inzestverseuchten Adeligen oft zu beobachten, ist wohl auch der Thronfolger nicht viel mehr als ein sabbernder Idiot. Bezüglich des letzten Wittgensteins wusste der Ganove auch nichts zu berichten, aber ich trug ihm auf, sich ein wenig umzuhören und mir morgen Bericht zu erstatten.

Meine Mühen hätte ich mir sparen können, fand Magnus doch an der Akademie der Magier dasselbe heraus. Zwar waren Janna Eberhauer und Albrecht Hellseher nicht zugegen, aber ein anderer Magier gab gerne Auskunft. Neben dem sabbernden Idioten hatte der Herzog noch den unehelichen Sohn Heinrich und die Tochter Katarina. Da sein Weib verstorben war und so kein weiterer Erbe mehr dazukommen würde, könnte es zu Problemen kommen, wer denn im Fall dass der Herzog stirbt die Thronfolge übernehmen soll.

Um standesgemäß beim Palast vorfahren zu können, mieteten wir uns eine Kutsche. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir den Palast. Hier führte uns ein Diener in einen kleinen Speisesaal. Ins erste Fettnäpfchen waren wir durch unseren pünktliche Ankunft schon getreten: Wir waren die ersten Gäste! Trotzdem begrüßte uns nach einigen Minuten der Gastgeber herzlich. Ein Riese von einem Mann, mit schwarzem Bart und tileanischem Akzent, entpuppte sich der Leibarzt als lustiger und intelligenter Vogel, der unseren Bernard auch sogleich in eine Fachsimpelei verwickelte, die solange andauerte bis sich die übrigen Gäste endlich dazu hinabließen, auf der Feier zu erscheinen. Zunächst kam Ralane Lafarel, der elfische Hofbarde. Zunächst schien dieser ein überhebliches Arschloch zu sein, jedoch konnte er nicht nur gemeine Spitzen austeilen, sondern steckte sportlich fair auch die entsprechenden Konter weg. Als nächstes gab sich Albrecht Hellseher die Ehre, der in Magnus sofort einen der seinen erkannte und mit ihm die hohen Künste der Magie diskutierte. Vater Zimmermann polterte als nächstes zur Tür hinein und stopfte sich auch direkt einige Tabletts der umherstehenden Knabbereien in den Rachen, bevor er die umstehenden Gäste begrüßte. Eine solche Leckerei blieb ihm beinahe im Halse stecken, als Hildegard Zimperlich, die Anstandsdame der Prinzessin, knurrend und mit gefletschten Zähnen den Saal betrat. Ihr Schützling, Katarina Todbringer, folgte ihr auf dem Fuße. Somit war die Runde vollständig, und Pavarotti bat seine Gäste zu Tisch. Hier sollte eine mehrstündige Fressorgie folgen, während der allerhand Smalltalk betrieben wurde.

So erfuhren wir, dass der Jagdmeister des Hofes, der Elf Alavendril, einst vom Herzog vor einer wilden Orkhorde gerettet wurde. Aus Dankbarkeit bot er von da an seine Dienste dem Hofe an. Nachdem wir unsere Geschichte von dem Auftrag des Morrtempels und den Leichendiebstählen zum Besten gegeben hatten, drehte sich das Gespräch recht bald um die Strafsteuern für Magier und Zwerge. Lafarel behauptete, er habe gegen diese Steuer gestimmt. Aber schon bald unterbrach Prinzessin Katarina das Gespräch, unter dem wenig glaubwürdigen Hinweis, dass derartige politische Dinge nichts für eine fröhliche Feier seien. Wir nutzten die Anwesenheit all der feinen Pinkel, um uns nach dem verbliebenen Wittgenstein zu erkundigen. Abgesehen von der einstigen Familie im Gruselschloss am Reik kannte niemand eine solche Person. Die Prinzessin konnte sogar mit Gewissheit sagen, dass in den Adelskreisen keine Person mit diesem Namen existiert. Schließlich schnappte sich Lafarel seine Klampfe, zupfte die Saiten und trällerte einige Melodien. Das Schlimmste befürchtend, stellten wir aber erleichtert fest, dass die Darbietung des Langohres recht erträglich war.

Nach dem Essen nahm uns Vater Zimmermann auf die Seite und rückte mit der Sache heraus, wegen der wir überhaupt hierhergekommen waren. Er zeigte uns einen unscheinbaren Silberring mit einem Saphir. Diesen habe der Kaufmann Rudolf Hartwig aus der Messinggasse als Opfergabe dem Tempel überlassen, nachdem dieser ein verstorbenes Familienmitglied beerdigt hatte. Zimmermann hatte das Gefühl, dass mit dem Ring etwas nicht stimme. Seine feinen Sinne als Priester des Morr ließen in vermuten, dass dieser Ring etwas mit Nekromantie zu tun haben könnte. Wir ließen das Schmuckstück einmal reihum gehen. Magnus' Augen wurden kurz glasig, und er teilte uns mit, dass dem Ring keinerlei Magie innewohne. Meine Augen wurden gierig, und ich konnte erkennen, dass der Ring wohl so um die fünfzig Goldkronen wert sein müsse. Bernard brach mit seinen ungeschickten Fingern den Edelstein aus seiner Fassung, und darunter erkannten wir das Symbol der Magierakademie. Auf der Innenseite des Ringes war noch der Name Klaus Gürtelrose eingraviert. Wir sagten Zimmermann zu, dass wir versuchen werden, genaueres über den Ring und seinen ehemaligen Besitzer herauszufinden.

Die Feier war noch recht ausgelassen und die Gäste allesamt sehr angenehm. Für einen Moment knickte die Stimmung ein, als wir Pavarotti über des Herzogs kranken Sohn ausfragen wollten. Er sagte, er dürfe nicht darüber sprechen, und wollte dies auch nicht. Jedoch sollte der peinliche Moment nicht lange anhalten, und schon bald feierten wir fröhlich weiter. Answald versuchte vergeblich, die Hofdame Zimperlich anzubaggern; an die Prinzessin traute er sich offenbar nicht heran. Schließlich hatten die Damen genug gefeiert und verabschiedeten sich von den übrigen Gästen. Kaum hatten sie den Saal zu einer Tür verlassen, da öffnete sich das gegenüberliegende Portal, und ein ganzer Schwung zugänglicherer Damen gesellte sich zu den Feiernden. Die betrunkenen Nutten verteilten sich gleichmäßig auf die anwesenden Herren und waren auch gerne bereit, die Nacht über zu bleiben (Pavarotti hatte uns angeboten, in seinen Gästezimmern zu nächtigen). Klatsch und Tratsch war aus ihnen keiner herauszubekommen, nur einige vage Andeutungen, dass Ar-Ulric den gesamten Bestand der Hofdamen schon mehrfach durchgepimpert haben soll. Um meine Kasse ein wenig aufzubessern, ließ ich einige Besteckteile in meinen Umhang gleiten, allerdings hatte mich das elfische Schlitzohr beobachtet, so dass ich meinen Raubzug auf eine spätere Stunde verschieben musste.

Die Nachtruhe sollte auch nach einigen Stunden kommen. Die Gäste gingen entweder heim oder verbrachten, so wie wir, die Nacht in einem der vielen Gästezimmer. Ich schlich mich noch einmal zurück in den Saal. Hiermußte ich über den schnarchenden und splitterfasernackten Pavarotti steigen, der – umringt von drei selig schlummernden Nutten – mitten im Raum vor sich hinschlummerte. Ein wenig Besteck und eine Kristallglasflasche, alles mit dem herzoglichen Wappen versehen, verschwanden in den Innentaschen meines Mantels. Am nächsten Morgen reisten wir ab und waren zwar um wenige Informationen, dafür aber um einige gesellschaftliche Kontakte reicher.

Magnus begab sich mitsamt dem Ring zur Akademie der Magier. Janna Eberhauer erkannte den in den Ring gravierten Namen. Ein Magier des Grauen Ordens hatte vor sechzig Jahren Schande über die Akademie gebracht, als er sich an den verbotenen „Künsten“ der Nekromantie versuchte. Er wurde hierbei überrascht, schaffte es zu fliehen und war seitdem verschwunden. Richard und ich begaben uns in die „Ersoffene Ratte“. Das fiese Antlitz des Riesen schien den Lumpen dort ein wenig mehr Respekt einzuflößen als mein Auftritt am Vortag. Dem Wirt knallte ich die Kristallglasflasche aus dem Festsaal Pavarottis auf den Tisch. Obwohl er lautstark meckerte, dass ich ihm Diebesgut mit dem höfischen Wappen andrehen wolle, sackte er die wertvolle Karaffe samt dem wohlschmeckenden Inhalt sogleich ein. Rattengesicht, mein sympathischer Gesprächspartner, konnte mir bezüglich des letzten Wittgensteins auch nur berichten, dass es einen solchen Mann nicht gebe. Hatte Gotthard etwa seinen Namen geändert, bevor er nach Middenheim zog? Als Entschädigung für seine Dienste warf ich dem Halsabschneider die beiden Besteckteile hin, die ich nachts zuvor gestohlen hatte. Ein recht cooles Geschenk, wie ich fand – er allerdings betrachtete die wertvollen Esswerkzeuge, als handele es sich dabei um giftige Schlangen. Als ich ihn dann noch fragte, ob er etwas über Kulte der unaussprechlichen Götter wisse (unser letzter Anhaltspunkt bezüglich Gotthard von Wittgenstein), warf er die teuren Bestecke von sich und ergriff Hals über Kopf und mit eingezogenem Schwanz die Flucht.

Wir haben also noch viel Arbeit vor uns... wo fangen wir am besten an?

Drantos:
Wie die Gruppe eine Gürtelrose erfolgreich behandelt und sich dadurch den Dank der Magiergilde sichert...



Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



35. Späte Strafe

Da die Spur zu Gotthard von Wittgenstein kalt zu sein schien, machten wir uns über einen anderen Feind Gedanken. Etelka Herzen hatte Middenheim zum Ziel; ob sie mittlerweile angekommen war? Ich legte meinen teuren Fummel an und klapperte die Stadttore ab, um die Wachen zu befragen. Und siehe da, das Sprichwort „Kleider machen Leute“ hat tatsächlich einen wahren Kern! Die wachhabenden Offiziere der Torwachen, welche mich früher mit Fußtritten aus ihrer Stadt gejagt hätten, scharwenzelten kriechend und schleimerisch um meine Knie herum, nachdem ich mit in die Luft gereckter Nase und arroganter Stimme mein Anliegen vorgetragen hatte. Und wir hatten Glück, aufgrund ihres markanten Äußeren erinnerte sich einer der Wächter nach unserer Beschreibung, dass Etelka in Begleitung von zwei Leibwachen etwa drei Wochen zuvor sein Tor durchschritten hatte. Als mögliche Anlaufpunkte nannte er uns noch die beiden Edeltavernen Grafs Riposte und Prospect. Unsere Nachforschungen dort verliefen allerdings auch wieder im Sande; niemand dort konnte sich an Etelka entsinnen. Answald konnte sich mit diesem Rückschlag nicht abfinden. Wutschnaubend und mit finsteren Blicken patrouillierte er zwischen den beiden Gasthöfen hin- und her, bis ihn schließlich die misstrauischen Stadtwachen vertrieben.

Der Rest stattete Rudolf Hartwig in der Messinggasse einen Besuch ab, um herauszufinden, woher er den Nekromantenring hatte. Sein Laden war schnell gefunden, war er doch der einzige Tonwaren- und Porzellanhändler in der Straße. Seine Angestellte führte uns zu einem gramgebeugten Mann, der Beim Anblick des Ringes beinahe in Tränen ausbrach. Bereitwillig teilte Hartwig uns mit, dass er den Ring von einer stinkenden Lumpensammlerin namens Elisa für einen sehr günstigen Preis gekauft hatte. Kurz vor dem Tod seiner Frau als Geschenk für sie angeschafft, fand er es nur passend, den Ring bei der Beerdigungszeremonie wegzugeben.

Elisa war schnell gefunden, die Beschreibung Hartwigs bezüglich ihres Geruches weit untertrieben. Schnell stellte sich heraus, woher Geruch und Silberring stammte: Als Grabräuberin verdiente Elisa ihr Geld. Die Seufzerklippen, von denen die weniger wohlhabenden Toten der Stadt hinabgeworfen werden, waren ihr Arbeitsplatz, und das Tagwerk zwischen den meterhohen Leichenhaufen hinterließ eben seine Spuren. Den Silberring erkannte sie wieder, sie habe ihn von einem abgebrochenen Finger am Fuße der Klippen gezogen. Nachdem wir mit ein paar Groschen vor ihrer Nase herumgewedelt hatten, versprach die Alte, uns am nächsten Morgen zu dem Ort hinzuführen.

Während Bernard eine relativ erfolglose Runde durch die Stadt absolvierte, wobei er weder Pavarotti noch Elvyra antraf und auch in der Akademie nicht richtig voran kam, wollten Magnus, Richard und ich es uns einmal richtig gut gehen lassen. Als bestes Restaurant am Platz wurde uns das Halblingslokal „Zur Gans“ empfohlen. Unterwegs sammelten wir Answald ein, der zwar - mittlerweile in seinem feinen Gewand unterwegs - der unerwünschten Aufmerksamkeit der Wachen entging, bezüglich Etelka und Konsorten aber nicht weitergekommen war. Dem Namen des Lokales entsprechend nahmen wir die Empfehlung des Hauses, eine riesige fette Gans, und verdrückten mit Mühe und Not eine Portion, die eigentlich für die doppelte Anzahl von Gästen gedacht war. So köstlich und reichhaltig war das Mahl, dass es uns gar nicht wunderte, als uns beim Hinausgehen der dicke Priester Zimmermann entgegenkam, welcher auch gleich als Stammgast begrüßt und in ein separates Zimmer gebracht wurde, in dem schwitzende Bedienstete soeben eine gesamte gebratene Gänsefamilie auf den massiven Tisch wuchteten. Zurück in unserer Taverne foppten wir noch ein wenig Bernard, dass er dieses köstliche Mahl verpasst hatte. Zwar behauptete er, sein aus Brot und Käse bestehendes Abendbrot sei mindestens genauso lecker gewesen, und redete zudem noch wirres Zeug von Arterienverstopfung und Cholesterinspiegeln (so ein Blödsinn, Spiegel werden aus Zinn und Quecksilber gemacht, nicht aus Cholesterin!), aber ein wenig neidisch war er sicherlich doch.

Am nächsten Morgen begaben wir uns zur Liftplattform; die paar Silberlinge, die der Transport über den Flaschenzug kostete, sollten uns nicht stören, denn das Gedränge an den verstopften Toren sowie der lange Fußmarsch hätten uns zu viel Zeit gekostet. Elisa war auch fast pünktlich, und so standen wir nur wenig später am Fuße des Faustschlagberges. Während Bernard fluchend seine vollgekotzten Stiefel im hohen Gras reinigte – ihm war entweder der Transport auf der schaukelnden Plattform nicht bekommen, oder es fehlte ihm einfach an einem anständig mit Gans gefüllten Magen – schlug sich Elisa in die Büsche. Die Lumpensammlerin führte uns eine zeitlang durch das Unterholz. Wir genossen den Duft des Waldes - bis sich das Leichenfeld unter den Seufzerklippen aus einiger Entfernung olfaktorisch ankündigte. Trotz der relativen Kühle hier unten im Schatten des Berges entwickelten die Haufen aus zerfetzten Leichen, die überall herumlagen, unvermeidlicherweise einen gewissen Geruch. Auffallend war, dass trotz der vielen Leichen in sämtlichen Stadien der Verwesung eigentlich mehr Kadaver den Boden hätten bedecken müssen. Vermutlich gibt es in dem angrenzenden Wald sehr viele wohlgenährte fleischfressende Tiere (und andere Wesen).

Zu eben diesem Wald führte uns Elisa. Die Bäume standen etwa dreißig Meter von den Klippen entfernt – nahe genug, dass noch einige zerbrochene Leichen in ihren Wipfeln schaukelten. Unter einem Baum deutete sie auf den Boden. Hier hatte sie den Ring gefunden! Answald suchte den Boden ab; entgegen aller Wahrscheinlichkeit fand er auch rasch eine bedeutsame Spur. Neben Elisas Schlurfspuren erkannte er die Abdrücke von Klauen, welche zurück zum Berg führten. Brabbelnd und schimpfend verzog sich die alte Lumpensammlerin zurück zum Lift, während wir gebannt dem kriechenden Answald folgten. Unser Waldmensch meinte sogar erkennen zu können, dass der Spurenverursacher zwar groß, aber gleichzeitig auch sehr dürr gewesen sein müsse. Konzentriert und mit nach unten gewandtem Blick näherte sich Answald den Büschen am Fuße der Klippe, und sah so auch nicht, wie sich deren Äste plötzlich bewegten. Man sagt im Frühling ja bekanntlich „die Büsche schlagen aus“. Diese hier taten es unabhängig von der Jahreszeit, und ehe jemand eine Warnung rufen konnte, hatten die kräftigen Ranken Answald eingewickelt und versuchten, das Leben aus ihm herauszupressen. Wir sprangen unserem Kameraden zu Hilfe, aber auch nach uns schlugen die Äste aus. Gemeinsam gelang es uns jedoch recht bald, die Ranken zu zertrennen und den lebenden Busch zu Mulch zu zerhäckseln. Japsend und mit hervorgequollenen Augen lag Answald auf dem Boden und teilte uns mit, dass die verfolgte Spur vor der Felswand des Berges enden würde.

Verblüfft wurden wir nun von Magnus. Er blickte den Berg eine Weile an, trat schließlich vor – und steckte seinen Arm in den massiven Fels! Ein nützlicher Zauber, der einen durch Stein greifen lässt, dachte sich der Rest der Gruppe. Aber Magnus belehrte uns rasch, dass er eine Höhle gefunden habe, deren Eingang von einer optischen Illusion verborgen wird. Und tatsächlich, einer nach dem anderen durchschritten wir die Felswand und fanden uns in einem Tunnel wieder. Das Licht vom Eingang reichte nur wenige Meter weit, aber wir konnten erkennen, dass der Gang sich nach wenigen Metern gabelte. Laternen wurden entzündet, und wir verfolgten zunächst den Gang zur Rechten. Eine natürliche Höhle folgte recht bald, mit Tropfsteinen an Boden und Decke. Geborstene Kisten, Fässer und ähnlicher Unrat bedeckten den Boden. Außer einem kleinen Fläschchen mit grüner Flüssigkeit darin fand sich jedoch nichts Brauchbares. In einer Wand führte ein kurzer Gang in einen Anschlussraum. Während Bernard den Rückweg absicherte, wagten wir anderen uns ein Stück weiter vor.

Wir waren noch nicht weit gekommen, da erscholl eine grauenhafte Stimme: „Wer wagt es, meine Ruhe zu stören?“ In den Lichtkreis unserer Laternen trat ein ausgemergelter Kuttenträger, das Gesicht nicht viel mehr als eine Totenfratze. Der Lichmeister streckte eine dürre Klaue in unsere Richtung und sprach weiter: „Mein Ring! Gebt ihn mir, oder ihr seid des Todes!“ Noch während ich bezweifelte, dass uns die Kreatur am Leben lassen würde, sollten wir den Ring aushändigen, begriff ich: Vor uns stand das, was aus Klaus Gürtelrose geworden war! Der abtrünnige Magier reckte seine Arme in die Höhe und begann, arkane Worte auszustoßen. Grünes Feuer sammelte sich in seinen Augen. Rasch riss ich die Armbrust in die Höhe und feuerte einen Bolzen ab, der jedem Gegner den Oberschenkelknochen hätte zerschmettern müssen. Das Geschoß riss jedoch nur einen Klumpen fauligen Fleisches vom Bein und richtete ansonsten keinerlei wahrnehmbaren Schaden an. Zur Vergeltung ließ Gürtelrose grüne Blitze aus seinen Augen schießen, die zuckend in die Körper von Magnus und Richard einschlugen und dort schwere Verbrennungen verursachten. Wütend stürmte Richard vor und ließ furchtbare Hiebe auf den dürren Magier niederprasseln. Doch die Schläge zeigten keinen Erfolg, im Gegenteil: Mit einem gurgelnden Lachen verspottete uns unser Feind ob seiner Unbesiegbarkeit. Ich wollte mich schon umwenden und fliehen, da ein solcher Gegner zu mächtig war. Doch da hörten wir Bernard von hinten rufen, dass der Fluchtweg von einer Horde Zombies versperrt werde. Meine verzweifelten Gedanken wurden unterbrochen von murmelndem Singsang. Gürtelrose zauberte wieder, und das grüne Glühen seiner Augen glomm erneut auf. Doch auf der anderen Seite sprach auch Magnus seine Zauberformeln. Um die Wette sponnen die beiden Magier ihre Sprüche, und als die grünen Blitze schon aus den Augenhöhlen des Lichs zu springen schienen, donnerten krachend die roten Feuerstrahlen aus Magnus' Handflächen in den Körper unseres Feindes. Wie Zunder entzündeten sich die brüchige Robe und das darunter liegende, ausgetrocknete Fleisch des untoten Magiers, und in einer grellen Stichflamme zerfiel sein Körper zu nichts außer einem kleinen Häuflein rauchender Asche. Im gleichen Moment brachen die Zombies im Gang, welche Bernard schon beinahe erreicht hatten, wie Marionetten zusammen, deren Fäden durchgeschnitten wurden. Die Kräfte, die sie bewegt hatten, waren versiegt. So ausweglos unsere Situation noch vor wenigen Sekunden aussah, so erstaunt waren wir nun über den plötzlichen und spektakulären Sieg.

Außer einer Laterne, zwei Büchern und einer Spruchrolle (die sich aufgrund ihres eindeutig nekromantischen Inhaltes sofort in Ascheform neben ihren einstigen Besitzer gesellte) hatte uns Gürtelrose nichts hinterlassen. Sein Tagebuch verriet uns, dass er nach seinem Verrat vor sechzig Jahren von einem Chaoskult aus der Stadt geschmuggelt wurde (den verschütteten Fluchttunnel fanden wir ebenfalls hier im Raum) und im Laufe der Jahre zu einem Untoten mutierte. Wir spuckten noch einmal auf das Aschehäuflein und erkundeten den Rest der Höhlen. In einer Ecke lag noch ein zuckender Körper. Sollte einer der Zombies den Tod seines Meisters etwa „überlebt“ haben? Vorsichtig näherten wir uns dem faulenden Körper – und wurden trotzdem völlig überrascht, als die Brust des Leichnams in einer Fontäne aus Schleim und geronnenem Blut explodierte und eine sechs Schritt lange Schlangenkreatur daraus hervorsprang und auf uns zu schoss. Das Maul war gespickt mit dolchlangen Zähnen, von deren Spitzen grünes Gift troff. Nur eine handbreit vor meiner Nase schnappten die Fänge zu. Doch ein zweites Mal kam das Wesen nicht zum Zuge: Eines anständigen Kampfes gegen den Magier beraubt, sanken nun die Klingen von meinen Freunden und mir in das Fleisch der Kreatur, und wenige Augenblicke später war das Monster standesgemäß zerschnetzelt und wir traten wieder hinaus ins Tageslicht.

Per Aufzug ging es zurück zur Stadt, wo wir dem Tempel des Morr und der Magiergilde Bericht erstatteten. Von Vater Zimmermann bekamen wir neben seinem Segen und einem Stück Kuchen noch ein wertvolles Artefakt in Form eines Stoßspeeres, welcher auch sofort seinen Platz am bereits überladenen Waffengürtel Richards fand. Die Runen am Griff der Waffe sollen angeblich Untote vertreiben und ähnliche tolle Eigenschaften haben.

Da vertraue ich doch eher der Belohnung, die uns Janna Ebenhauer für unsere Dienste zukommen ließ. Neben Ruhm und Ehre verschwand eine stattliche Anzahl Goldkronen in unseren Taschen – damit lässt sich doch schon eher etwas anfangen!

Drantos:
Wenn ein Name mal wieder Programm ist...



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36. Der letzte Wittgenstein

Answald war noch immer wie besessen von dem Gedanken, endlich Etelka Herzen zu finden und auszuschalten. Seine erstaunlich gute Idee, ihre Fährte über ihren hohen Parfümverbrauch in den örtlichen Drogerien wieder aufzunehmen, scheiterte leider daran, dass keines der aufgesuchten Geschäfte ihre Sorte zu führen schien. Was sollten wir jetzt tun? Wir entschieden uns, weiter nach unserem zweiten Feind zu suchen: Gotthard von Wittgenstein. Wir nahmen den Brief an seine Schwester noch einmal genau unter die Lupe, und siehe da, ein Wasserzeichen war, kaum zu erkennen, in das Papier gepresst. Es zeigte ein Schatzkästchen, welches unser Gastwirt auch sogleich als Zeichen der Kommission für Kommerz, Handel und Steuern identifizierte. Die herzögliche Behörde in der Geldstraße im Geldmundviertel war sodann unser nächstes Ziel.

Zunächst fiel uns die Kinnlade herunter, als wir das riesige Amtsgebäude und die Vielzahl von Menschen sahen, die dort ein- und ausgingen. Das alles erinnerte an Ameisen, die in ihren Bau hinein- und herauskrabbelten. Wie sollten wir hier jemanden finden, den wir noch niemals gesehen hatten und dessen Aussehen uns völlig unbekannt war? Wir konnten nur hoffen, dass jemand die Schrift auf dem Briefpapier identifizieren konnte, und zu diesem Zweck betraten wir den Bau und hielten dem erstbesten Schreiberling den Brief unter die Nase. Der Sesselfurzer hatte allerdings keinen so rechten Sinn danach, unser Anliegen zu bearbeiten, und ließ uns durch die Hauswache hinauswerfen. Immerhin bekamen wir heraus, dass der Leiter der Kommission ein gewisser Goebbels ist. Magnus wollte aber nicht so leicht aufgeben. Nachdem wir die verfänglichen Stellen im Brief geschwärzt hatten, betrat er erneut das Kommissionsgebäude. Allerdings schnappte er sich diesmal gleich einen der höherrangigen Beamten, die von einer kleinen Empore aus ihre Schreiber beaufsichtigten. Der Amtmann namens Schinkel schien wohl bereits Bekanntschaft mit Albrecht Hellseher und dessen übersichtlichem Geduldsfaden gemacht haben, da er zur Sicherheit diskret einen Trupp der Stadtwache herbeiholen ließ, nachdem Magnus seinem Temperament und seiner Schwefeldrüse freien Lauf gelassen hatte. Jedoch kam es zu keinen Gewalttätigkeiten, und wir erhielten das Ergebnis, das wir uns gewünscht hatten: Ein Kollege Schinkels erkannte die Schrift in dem Brief als die des Amtsleiters Goebbels! Nun kannten wir die neue Identität Gotthard von Wittgensteins. Zudem erfuhren wir, dass Goebbels alias Gotthard momentan nicht in der Stadt sei und am Wochenende an der Jagd des Herzogssohnes teilnehmen werde.

Richard fiel auf, dass Schinkel einen Boten lossandte, kurz nachdem Magnus sein Gespräch mit ihm beendet hatte. Ich verfolgte den Mann bis zu einem unscheinbaren Stadthaus nahe der Händlergilde, wo er die Botschaft einem Diener namens Adolf übergab. Sollte es etwa so einfach gewesen sein, auch den Wohnsitz des letzten von Wittgensteins zu finden? Ich kehrte zurück zu meinen Kameraden, berichtete kurz, und mit einem kleinen Trick verwickelte ich den buckeligen Adolf anschließend in ein kleines Gespräch, bei dem sich herausstellte, dass es sich tatsächlich um das Haus des Gesuchten handelte.

Wir beschlossen, dem Haus in der Nacht einen etwas eingehenderen Besuch abzustatten. Während meine Freunde in einer nahe gelegenen Taverne warteten, machte ich mich mit Dietrich und Brecheisen ausgerüstet auf den Weg. Nur Answald wollte nicht stillsitzen und warten; er stürmte mit Rüstung und gezückten Waffen durch die dunklen Straßen und rief hierbei abwechselnd „Ich suche den Krieg!“ und „Rettet mich vor den Untoten!“ Eine derartige Ablenkung konnte für meine Pläne nur gut sein, und schon bald stand ich unbehelligt vor Goebbels' Haus. Das Schloss der Haustür sprang wie von selbst auf, und das Schnarchen Adolfs aus dem Nebenraum tönte gleichmäßig weiter. Im Erdgeschoß würde der Hausherr nicht wohnen, daher erklomm ich direkt das obere Stockwerk. Neben dem leeren Gästezimmer war eine verschlossene Tür. Sogleich machte ich mich daran, das Schloss zu knacken, doch der rasche Erfolg an der Haustür hatte mich unvorsichtig werden lassen. Zwar gelang es mir sehr rasch, das doch recht komplizierte Schloss zu öffnen, allerdings übersah ich die Falle, welche im Mechanismus verbaut war. In dem Moment, in dem die Tür aufsprang, fühlte ich einen stechenden Schmerz in der Hand. Eine Giftnadel hatte sich in mein Fleisch gebohrt! Und die Wirkung des Giftes war auch nicht von schlechten Eltern. Sofort wurde mir übel, und ein immenser Druck schien auf meinem Kopf und meinem Brustkorb zu lasten. Ich erkannte noch, dass sich hinter der Tür ein Arbeitszimmer verbarg, dann wankte ich wie ein Betrunkener zur Taverne, wo meine Freunde warteten.

Einen schönen Schrecken bekamen sie, als ich bleich wie eine Leiche und mit schweißnassem Gesicht in den Gastraum stolperte! Mit gepresster Stimme erstattete ich Bericht und ließ mich dann zurück zu unserem Gastraum leiten. Das Letzte, woran ich mich erinnern konnte, war Bernard, der meinen Unterarm aufschnitt, um das Gift aus den Adern zu entfernen. Als ich wieder zu mir kam, kehrten die Kameraden gerade zurück. Sie hatten die geöffneten Türen im Hause Goebbels ausgenutzt und sich an meiner statt ein wenig dort umgesehen. Magnus hatte im Arbeitszimmer unter anderem einen versteckten Tresor entdeckt und anhand von Schriften, die auf dem Schreibtisch lagen, die Übereinstimmung von Goebbels und Wittgenstein noch weiter untermauert. Zudem war es gelungen, im Empfangsraum im Erdgeschoß die Nachricht der Kommission (in der tatsächlich nur stand, dass sich Fremde nach Goebbels erkundigt hatten) auszutauschen. Answald indes war noch immer nicht zurückgekehrt; vermutlich hatte er sich mal wieder irgendwo den fleischlichen Gelüsten hingegeben.

Am nächsten Morgen wurden wir von furchtbarem Geschrei geweckt. Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass die Knechte eine zerlumpte Gestalt, die versucht hatte ins Haus zu gelangen, fürchterlich verdroschen. Grinsend amüsierte ich mich über das Schicksal des Tölpels, als plötzlich der Gastwirt ganz aufgeregt seine Knechte verscheuchte und den Penner ins Haus geleitete. Neugierig gingen wir hinunter in den Schankraum. Hier stellte sich heraus, dass die zerrissene und verbeulte Gestalt der verschollene Answald war! Die Knechte hatten ihn wegen seinem desolaten Äußeren nicht erkennen können. Er schwieg sich beharrlich aus über den Grund seines miserablen Zustandes; ich vermute ja, dass er die Nacht in der Kammer einer besonders eifrigen Domina verbracht hat und seine Rüstung und Waffen als Pfand dort lassen musste, weil er mal wieder abgebrannt war. Bernards Vermutung, dass ihn die Stadtwache aufgegriffen und vermöbelt hatte, erschien mir unwahrscheinlich; die Ordnungshüter hätten Answald nicht mal dann so übel zugerichtet, wenn er sich der Festnahme widersetzt hätte.

Den Tag verbrachten wir damit, Goebbels' Haus zu beobachten. Viel tat sich nicht, nur morgens lief der aufgeregte Adolf zum nächsten Wachhäuschen und gab den nur gering interessiert scheinenden Gardisten zu Protokoll, dass in der Nacht wohl eingebrochen wurde. Da aber nichts weggekommen war, unternahmen die Wachen nichts. Bernard verbrachte den Vormittag bei Pavarotti, wo sie über den debilen Sohn des Herzogs diskutierten. Wegen seines Empfehlungsschreibens empfahl der Leibarzt, beim Jagdausflug die Prinzessin zu fragen, sie sei diesem Anliegen mit Sicherheit wohl gesonnen.

Wir beschlossen, des Nachts wieder in Goebbels' Haus einzubrechen und ihm dort aufzulauern. Magnus wirkte seinen Stillezauber, und ohne einen Laut standen wir flugs in der Küche, wo auf einer Pritsche der alte Adolf vor sich hin schnarchte. Noch während wir überlegten, wer die besten Knoten binden kann, zog Magnus grinsend die Handschellen aus seinem Umhang, die wir einst dem berüchtigten Kopfgeldjäger Adolphus Kuftu abgenommen hatten. Ich bin mir sicher, dass Answald beim Anblick der Fesselwerkzeuge wohlig zusammenzuckte. Auch Adolf zuckte zusammen, als die Handschellen zuklickten, allerdings nicht wohlig. Eine alte Socke im Mund sorgte für die nötige Ruhe, und schon machten wir uns über den Rest des Hauses her.

Aufgrund meines Missgeschickes vom Vortag war ich vorsichtig geworden – zurecht, wie sich herausstellte. Jedes Schloss im Hause war mit einer üblen Falle gesichert! Der Tresor enthielt zwei schwere Amtsketten und einen Siegelring, die Schreibtischschubladen ein paar Schriftstücke und ein Medaillon aus Kristall, bei dessen Anblick Magnus bleich wurde. Zwar sei das Schmuckstück nicht magisch, jedoch ginge von ihm eine unheimliche Ausstrahlung aus, vergleichbar mit der des Nekromantenringes von Klaus Gürtelrose. Die Tür zum Schlafzimmer hatte keine offensichtliche Falle, war aber auch gesichert. Nur durch Zufall entdeckte ich das Kontaktgift am Türgriff, und Magnus neutralisierte es mit einem kurzen Flammenstrahl. Im Gegensatz zum Rest des Hauses war das Schlafzimmer opulent und dekadent ausgestattet, und frivole Bilder waren an die Wände gemalt. Im Kleiderschrank hingen einige wertvolle Gewänder, welche Bernard einsackte. In der Truhe am Fuß des großen Himmelbettes befand sich eine Stahlkassette. Das Schloss widersetzte sich all meinen Bemühungen, weder Dietrich noch Brecheisen vermochten den Deckel zu öffnen. Richard hob sich beinahe einen Bruch, als er die Kassette herauszuheben versuchte – sie war mit dem Boden verschraubt. Kurzerhand hebelten wir das schwere Behältnis aus seiner Verankerung, um anderswo unser Glück damit zu versuchen.

Unten rief Answald plötzlich, dass er in der Vorratskammer eine Kellerluke entdeckt hatte. Verborgen unter Kartoffelsäcken und anderen Vorräten war die Falltür zunächst schwer zu erkennen. „Worauf wartest Du, Answald?“, fragte ich. „Mach die Luke auf und lass uns sehen, wohin sie führt!“

Drantos:
Auf einen Einbruch folgt ein lustiger Jagdausflug...



Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



37. Des Giftmörders Gnadenfrist

Laut gähnend verkündete Magnus, dass ihn der vergammelte Keller unter der Luke nicht interessiere. Seine Äuglein reibend schlurfte er zurück zu unserer Taverne, um sich seinen dringend nötigen Schönheitsschlaf zu holen. Da wir uns nun einsam fühlten, banden wir den buckeligen Adolf los, damit er uns bei der Falltür Gesellschaft leistet. Die interessierten Fragen, die wir ihm stellten, wurden ausnahmslos mit gequirltem Bullshit beantwortet. Zur Belohnung durfte der Alte sich an der Luke versuchen, bekam sie aber nicht auf. Kein Wunder - Answald entdeckte den Riegel, der die Falltür verschloss. Zudem entdeckte er mit seinem Daumen den Giftdorn, der daran befestigt war, als er versuchte, ihn zurückzuschieben. Das gehässige Grinsen in Adolfs Gesicht wurde ihm aus selbigem herausgeprügelt, nachdem Bernard das Gift aus Answalds Adern entfernt hatte. Nun konnte unser Holzfäller einen ähnlich schönen Verband an seinem Arm präsentieren wie ich. Nur waren wir hinsichtlich der Falltür keinen Schritt weitergekommen – so sehr wir auch am Griff zerrten, die Luke wollte nicht aufspringen! Richard knurrte dem Alten sehr anschauliche Beschreibungen der Dinge entgegen, die er mit ihm zu tun gedenke, sollte er nicht endlich mit der Sprache herausrücken. Eine wirre Geschichte mit einem Schmugglergang zum Kanal und einem Riegel auf jeder Seite der Luke veranlasste uns, mittels Brecheisen den Öffnungsvorgang zu beschleunigen. Als die Falltür krachend aus ihrer Verankerung sprang, konnte ich meine Kameraden gerade noch zurückdrängen, so dass niemand von der Giftgaswolke verletzt wurde, die aus dem Schacht darunter emporschoss. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten wurde Adolfs hässliche Visage noch weiter verbeult, da sich das hässliche Grinsen wieder auf seine Züge geschlichen hatte.

In der Hoffnung, dass der Bucklige die Erwähnung weiterer Giftfallen nicht ebenfalls „vergessen“ hatte, stieg ich die in die Wand geschlagenen Stahlkrampen etwa fünfzig Fuß in die Tiefe hinab. Eine natürliche Felsspalte, mit Werkzeugen erweitert, führte zweifelsohne dem Middenheimer Kanalsystem entgegen, wie meine allerhand Leid gewohnte Nase protestierend mitteilte. So kam es auch, dass meine Augen etwas tränten, als ich die drei hüfthohen Tunnel erreichte, welche vom Gang abzweigten. Trotz dieser Sichtbehinderung konnte ich eine Gestalt in einem der Tunnel erkennen, welche sich quiekend aus dem Schein meiner Laterne zurückzog. Auch wenn die Ratten Middenheims größer wären als die anderswo – mittlerweile erkenne ich einen Skaven wenn ich ihn sehe. Ich verzichtete auf eine ausgedehntere Untersuchung der Gänge, kletterte zurück zu meinen Freunden, und wir verrammelten die Luke so gut es ging.

Nachdem Adolf noch allerhand unbrauchbaren Schwachsinn aus seiner Futterluke sprudeln ließ, stopften wir ihm sein Lügenmaul mit einer stinkenden Socke und banden ihn wieder an seiner Bank fest. Wir wollten weiterhin Gottfried alias Gotthard auflauern. Inzwischen begann es draußen zu dämmern. Die Haushälterin, welche angeblich am Morgen kommen sollte, wollten wir an der Haustür abfangen und wieder nach Hause schicken. Doch solange Bernard auch den Türdiener spielte, außer einem Haufen Boten kam niemand an die Haustür, und so waren wir es bald leid und öffneten gar nicht mehr. Wir warteten die beiden folgenden Tage, aber es passierte – Nichts. In der Nacht vor der Jagd waren wir uns sicher, dass unser Ziel nicht mehr auftauchen würde, und wir verließen unseren Posten. Sicherheitshalber schlich ich noch einmal zurück und sorgte dafür, dass Adolf uns nicht beschreiben kann, falls sein Meister vor der Jagd doch noch heimkehren sollte.

Während Answald, Richard und ich uns für die kommenden Anstrengungen der Jagd ausruhten, eilte Bernard noch einmal bei Elvyra vorbei. Am nächsten Morgen brachen wir kurz vor Sonnenaufgang auf, um pünktlich beim vereinbarten Treffpunkt am Schloss zu sein, da kam uns ein bleicher Bernard entgegen. Sein Atem ging pfeifend und rasselnd, als habe er die schlimmste Erkältung der Welt. Mit wütendem Gesichtsausdruck berichtete er, dass er Elvyra das aus dem Schrank in Goebbels' Haus stibitzte Kleid geschenkt hatte. Er selbst habe den Herrenanzug anprobiert. Doch schon nach kurzer Zeit wurden ihre Leiber von Hustenkrämpfen geschüttelt, und Bernard fand die Rückstände eines rosafarbenen Atemgiftes auf den Kleiderkrägen. Zwar konnte er Elvyra und sich selbst retten, jedoch wird das pfeifende Atemgeräusch seiner Lungen wohl niemals mehr ganz weggehen. Nun stellte sich jedoch die Frage: Für wen hatte unser wittgenstein'scher Giftmischerfreund die feinen Klamotten eigentlich gedacht?

Nach einem kleinen Umweg an den Ställen vorbei, wo wir einige Wertgegenstände in unserem Karren verstauten, begaben wir uns zum Palast des Herzogs. Jagdmeister Alavendril wartete bereits. Nach und nach trudelten auch die übrigen Teilnehmer ein. Neben dreißig Soldaten und fünf Pantherrittern würden Pavarotti, Prinzessin Katarina samt Zofe Zimperlich, der Barde Ralane Lafarel und der Herr der Stadtverteidigung, General Johann Schwermut an der Jagd teilnehmen. Als besonderes Highlight begleitete uns noch der „Ewige Ritter“ Middenheims, der in eine schimmernde Plattenrüstung gehüllte Siegfried Prunkvoll, welcher außer mit seinem debilen Äußeren auch mit seinem dummen Geschwätz dafür sorgte, dass ihn eigentlich alle Anwesenden mieden. Gottfried Goebbels, so erfuhren wir, würde vor den Toren der Stadt zu uns stoßen. Nachdem auch die Jagdhelfer samt ihrer Hundemeute eingetroffen waren, ritten wir los.

Während des Rittes zum Treffpunkt versuchten wir, den anderen Jagdteilnehmern ein paar Informationen zu entlocken. Goebbels war laut Ralane vor einigen Jahren in die Stadt gekommen und wie ein Komet innerhalb eines halben Jahres zum Leiter der Kommission aufgestiegen. Wirklich leiden könne ihn kaum jemand, aber aufgrund seiner mächtigen Position in der Stadt werde er trotzdem respektiert. Auch Pavarotti, der auf seinem riesigen Kaltblut alle anderen Reiter um einen halben Meter überragte, hatte nicht viel für den „humorlosen kleinen Wurm“ übrig. Doch als das Gespräch auf die giftgetränkte Kleidung kam (wobei die Beschreibung der Gewänder die Bezeichnung „giftgetränkt“ nicht enthielt), erkannten Pavarotti und Frau Zimperlich, dass es sich bei einer derartigen Farbkombination um die Farben der Todbringers, also der Herzogsfamilie, handelte. Somit war wohl klar, dass die Klamotten für Katarina und ihren Halbbruder Heinrich gedacht waren.

Nach einem Zweimeilenritt in nordöstliche Richtung erreichten wir das Dorf Warrenburg. An jeder Ecke lungerten Halsabschneider und Tunichtgute herum, und von unseren Begleitern erfuhren wir, dass es sich bei dem Ort um eine mehr oder weniger rechtsfreie Zone handele. Passend zum Rest der Einwohner, stand Goebbels/Wittgenstein auf dem Marktplatz. Seine vier gemieteten Leibwachen verkrümelten sich, sobald er in die Obhut der herzoglichen Soldaten übergeben war. Goebbels wurde uns vorgestellt; Bernard erlaubte sich den Schabernack und steckte den Ring mit dem Wappen der Wittgensteins, den wir im Schloss der beinahe ausgerotteten Familie gestohlen hatten, auf den Finger. Die Gesichtszüge des Schurken entgleisten gehörig, aber noch hatte er sich in der Gewalt. Auch als Bernard behauptete, den Ring für ein paar Silberlinge von einem Trödler gekauft zu haben und einen gehörigen Klumpen Speichel auf das Wappen rotzte, um den Ring dann an seinem Hosenbein zu polieren, schaffte es der letzte Wittgenstein trotz puterrotem Kopf und pochender Adern auf der Stirn, nicht vollkommen die Kontrolle zu verlieren.

Goebbels stotterte der Prinzessin gegenüber noch etwas von einem Empfang, den er ihr zu Ehren während des Karnevals veranstalten wolle. Dies war vermutlich der Moment, in dem er seine Giftkleider weitergeben wollte; das hatte sich nun ja erledigt. Sodann gesellte er sich zu Siegfried Prunkvoll. Das Pärchen passte sehr gut zusammen, und die beiden Arschkrampen verstanden sich auch so gut, wie man es von einem derartigen Menschenschlag erwartet. Sodann ritten wir weiter, bis wir auf eine Waldlichtung kamen. Hier war durch herzogliche Diener ein Buffet errichtet worden, an dem sich die Jagdgesellschaft stärken konnte. Auch war Gelegenheit für ein wenig Smalltalk. Da die Aktion von Bernard und dem Ring so gut angekommen war, suchten wir das Gespräch mit Goebbels, um noch ein wenig herumzustänkern. Zu seiner Person und Vergangenheit befragt, vermied er brauchbare Aussagen; dafür erzählten wir umso mehr von den spannenden Reisen, die wir in letzter Zeit unternommen hatten. Insbesondere die Schifffahrt auf dem Reik war Thema unserer Reiseberichte. En Detail erzählten wir von dem hässlichen Schloss in der Flussbiegung, das ja glücklicherweise unlängst eingestürzt war, und von dem qualvollen Tod, den seine Bewohner wohl erlitten hatten. Es war eine wahre Freude, dem Anschwellen von Goebbels' Hals zuzusehen. Seine Gesichtsfarbe wechselte munter zwischen Aschfahl und Purpur hin und her, und seine Antworten presste er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. Zur Krönung präsentierte ich Goebbels noch eine Flasche von dem Branntwein, den ich aus dem Keller der Burg Wittgenstein gestohlen hatte. So kam ich auch um den (vermutlich vergifteten) Weinhumpen herum, den er mir andrehen wollte. Einige weitere subtile Beleidigungen später stießen wir mit der Brühe an; es brannte wie Hölle in meiner Kehle, aber auch Gottfried schmeckte der Tropfen aus der Heimat vermutlich nicht wirklich. Mit ein paar gemurmelten, vagen Drohungen stakste er schließlich wie eine Marionette mit Besenstiel im Arsch zu unseren Gastgebern, und schließlich ritt er in Begleitung von zwei Wachen zurück in Richtung Middenheim. Unter dem Vorwand eines plötzlich aufgetretenen Unwohlseins (wobei dieses Unwohlsein nicht zwangsläufig vorgetäuscht war) hatte er sich entschuldigt und seine Teilnahme an der Jagd für beendet erklärt. Unsere Chance, den letzten Wittgenstein im Rahmen eines bedauerlichen Jagdunfalles aus dem Weg zu räumen, war nun vertan, aber den Spaß war es definitiv wert! Außerdem soll auch Magnus noch seine Gelegenheit bekommen, Gotthard ein wenig zu piesacken. Wir beschlossen, nun erst einmal die Jagd zu genießen und uns später um unseren Feind zu kümmern. Zudem wäre es unangenehm aufgefallen, hätten auch wir uns von der Gesellschaft verabschiedet.

Kaum war Goebbels mit seinen Wachen im Wald verschwunden, besserte sich die Stimmung innerhalb der Jagdgesellschaft erheblich. Mit Ausnahme von Siegfried Prunkvoll vermisste ihn keiner. Der Ewige Ritter verbreitete noch ein wenig arrogantes Geschwätz, jedoch konnte keiner der Anwesenden konkrete Heldentaten aufzählen, die der Großkotz vollbracht haben wollte. Dass er weder etwas weiß oder kann, stellte Siegfried unter Beweis, als die Treibjagd losging. Seine dürftigen Reitkünste veranlassten sein Pferd zum Scheuen, als es auf einen kleinen Bach zuritt. Siegfried stieg besonders prunkvoll Kopf voran über den Pferdehals ab und landete mit Haupt und Oberkörper im Bachbett. Seine wild rudernden Arme fanden auf dem schlammigen Untergrund keinen Halt, und nach einer Weile stiegen auch keine Blubberbläschen mehr von seinem Helm zur Wasseroberfläche. Von den Jagdhelfern schien es keiner besonders eilig zu haben, den Mann aus dem Wasser zu ziehen, der sie fortwährend als Pöbel und niederes Gesindel beschimpft hatte. Als die zuckenden und strampelnden Bewegungen seiner Arme und Beine immer verzweifelter wurden, erbarmte sich Bernard schließlich und schlenderte gemächlich zum Bach, wo er Siegfried an den Beinen packte und ihn derart aus dem Bachlauf zerrte, dass noch recht viele Kiesel und Schlammklumpen in schmerzhaften Kontakt mit der Visage des Ewigen Ritters kamen. Nachdem Siegfried einige Algen und einen gehörigen Schwall Wasser ausgespuckt hatte, wies er die Schuld an diesem Missgeschick sogleich seinem Pferd zu. Auch die Rettung durch Bernard sei selbstverständlich unnötig gewesen. Pavarotti teilte dem Spinner mit, dass er ein Idiot sei, und lachend setzte die Gesellschaft ihren Weg fort.

[Kurze Zeit später erschreckten alle ganz fürchterlich. Mit einem lauten Donnerhall riss der Himmel auf, und aus der dahinter liegenden Dunkelheit polterte die Stimme eines Gottes: „Das ist so gemein! Keiner kann meine NPCs leiden! Und dann klaut ihr meinen Charakteren auch noch ständig die Sachen, die sie für ihre Plots brauchen!“ Noch weitere Beschwerden brüllte der zornige Gott, doch die waren kaum noch zu vernehmen, da sich der Riss in der Wirklichkeit wieder schloss, und schon wenige Momente später schien wieder die Sonne vom Himmel, und die Jagd ging weiter.]

Die Treiber hatten mittlerweile eine Wildsau gestellt. Richard, der in der Spitzengruppe mitritt, wurde die Ehre zuteil, das Tier zu erlegen. Mensch und Sau lieferten sich einen erbärmlichen Kampf; etliche Male stach unser Narbengesicht daneben, obwohl die Sau keinen Platz zum Ausweichen hatte. Dem Tier wiederum gelang es nicht, den doch recht stattlichen Leib des langsamen und ungelenken Richards mit ihren scharfen Hauern aufzureißen. Doch schließlich gelang es Richard, von einer kleinen Anhöhe aus auf die Sau hinabzuspringen und sie mit seiner Saufeder auf dem Waldboden festzupinnen. Höflicher Applaus folgte, und das Abendbrot war gerettet.

So zog die Gesellschaft zu einem kleinen Jagdschloss, wo die Sau gebraten und noch allerhand Smalltalk getrieben wurde. Als die Bettruhe anstand, stellten wir – trotz der sehr professionellen Bewachung durch die herzoglichen Soldaten – eigene Wachen auf. Wer weiß, ob der todgeweihte Giftmischer aus dem Hause Wittgenstein bei uns auftaucht in der irrigen Annahme, er könne sein miserables Leben doch noch irgendwie verlängern?

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