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[WFRSP2] - Enemy within - Kampagne ABGESCHLOSSEN

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Phistomefel:
Ich glaube, man kann es gar nicht oft genug sagen: Das ist ein unwahrscheinlich genial geschriebenes Diary. Dickes Lob an euren Chronisten!

Drantos:
Schönen Dank  :)

Ich hab dich mal in unserem privaten Forum zitiert, damit der Gelobte auch von seinem Ruhm erfährt  ;D


cu Drantos

Drantos:
Nach diesem Lob, darf ein update nicht fehlen...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



38. How to kidnap a princess – Lektion 1 (Anfänger)

Während wir uns über die gebratene Sau hermachten, kam plötzlich Magnus aus den Ruhegemächern des Jagdschlosses geschlurft. Sein Schönheitsschlaf hatte nicht den erhofften Effekt erbracht, aber trotzdem gesellte er sich zu uns und berichtete, dass er bereits im Tagesverlauf mit den Dienern des Herzogs angereist war. So war unsere Gruppe wieder vollzählig, jedoch ging ein jeder einer anderen Tätigkeit nach. Einige versuchten sich auf dem Übungsplatz als Bogenschützen, andere nahmen an den Unterhaltungen bei Tisch teil. Bernard bereute vermutlich, letzteres getan zu haben, da Pavarotti die Prinzessin wenig subtil auf sein Empfehlungsschreiben für die Akademie der hohen Künste ansprach. Mit einem feuerroten Gesicht (Magnus blickte neidisch auf den neuen Hautton) nahm Bernard schließlich dankbar zur Kenntnis, dass Katarina seinem Wunsch nicht abgeneigt war. General Schwermut wetterte im Verlaufe des Abends mehrfach gegen die Steuer, die seine Verteidigungsmittel so arg geschwächt hatte. Answald erzählte den Pantherrittern ein paar Schauermärchen bezüglich unserer Anwesenheit in Middenheim. Da diese jedoch im Wesentlichen der Wahrheit entsprachen und der Argwohn seitens der Elitesoldaten stetig wuchs, kam ich kaum hinterher, seine Aussagen zu relativieren, um unsere Gruppe vor Kerker und Scheiterhaufen zu bewahren. Die finale Ablenkung von dem unangenehmen Gesprächsstoff kam schließlich in Form von Richard daher, der sich einem besonders großmäuligen Pantherritter im Faustkampf stellte. Zuerst drosch Richard kräftig auf seinen Gegner ein, jedoch wendete sich nach einer Weile das Blatt, und beinahe hätte der Ritter unseren Kämpfer mit einem Faustschlag niedergestreckt. Richard taumelte benommen zurück, landete aber schließlich einen glücklichen Treffer in den Wanst des Gegners, welcher selbigen wie ein Kartenhaus zusammenstürzen ließ. Der Respekt seitens der Pantherritter, wenn auch recht widerwillig, war ihm so sicher.

Wenig amüsant waren die arroganten Äußerungen Siegfried Prunkvolls; Answald war es bald zu viel des Gelabers, und er schnipste gekonnt eine Erbse in die aufgeblasene Fratze des Schwätzers. Erbost, weil sich der Schuldige nicht meldete (und alle, die es gesehen hatten, voller Schadenfreude schwiegen), erhob sich der Ewige Ritter von seinem Platz und stolzierte beleidigt ins Bettchen. Als sich dann auch Prinzessin Katarina und ihre Anstandsdame Hildegard Zimperlich zurückzogen, wurde die Feier noch ausgelassener, und nach der entsprechenden Menge Alkoholika nahmen selbst die feisten Bedienmäuschen recht ansehnliche Formen an. So kam es dann auch, dass kaum einer allein zu Bett ging und schließlich nur Bernard übrig blieb, um Wache zu halten. Dies gelang ihm auch für einige Stunden, aber schließlich ließen die Anstrengungen des Tages auch seine müden Äuglein zufallen.

Ein dumpfer Schlag von draußen weckte mich. Kurz darauf konnte man das Surren eines Pfeilhagels und die ersten Alarmrufe der Wachen draußen vernehmen. Halb angezogen stürmten wir aus dem Gebäude und in den Hof, wo die Wachsoldaten unter dem Kommando von Schwermut verzweifelt versuchten, den Angriff einer Horde Tiermenschen abzuwehren. Die ersten der Monster waren bereits über die Palisade geklettert, so dass Magnus eine Feuerwand erschuf, um sie aufzuhalten. Einige der Beastmen brachen jedoch durch, und es entbrannte ein heftiger Kampf. Die Feinde waren erheblich größer und stärker als die Exemplare ihrer Spezies, die wir bereits kannten. Answald wurde von seinem Gegner furchtbar verprügelt, und dem Tiermenschen, der sich mir entgegenstellte, konnte ich nur aufgrund meiner überlegenen Schnelligkeit ein paar gute Treffer verpassen. Ohne die Feuerstrahlen, die aus Magnus' Fingern schossen und viele der Angreifer rösteten, wäre die Verteidigungslinie innerhalb von Sekunden zusammengebrochen. Schreie erfüllten den Hof, und der Geruch von Blut und verbranntem Fell lag beißend in der verqualmten Luft. Hinter Magnus' Feuerwand bewegten sich die Schemen weiterer Gegner zuckend hin und her, sodass Bernard, der in den oberen Stockwerken Stellung mit seinen Schusswaffen bezogen hatte, kein klares Ziel erkennen konnte.

Plötzlich donnerte eine laute Explosion durch die Nacht und überdeckte alle Kampfgeräusche. Das Haupttor bog sich nach innen und brach schließlich unter der Gewalt einer enormen Druckwelle auseinander. Armgroße Holzsplitter flogen wie Schrapnelle durch die Luft, und mit einem schadenfrohen Lachen nahm ich zur Kenntnis, dass mein Gegner von den Geschossen durchsiebt und in Fetzen gerissen wurde. Jedoch sollte mir das Lachen schon bald im Halse stecken bleiben: Der Tiermensch, mit dem ich noch einen Augenblick zuvor gekämpft hatte, lag zwar verdreht und blutend zu meinen Füßen, der Hagel aus Trümmern vom gesprengten Tor indes war noch längst nicht vorbei! Neben mir brach Answald mit einem zerfetzten Bein schreiend zusammen. Mit aufgerissenen Augen und vermutlich wenig intelligentem Gesichtsausdruck sah ich sodann einen der massiven Stämme, an denen das Tor einst mit riesigen Scharnieren aufgehängt war, auf mich zufliegen. Dann wurde alles schwarz.

Meine Bewusstlosigkeit kann nicht lange angehalten haben. Wie durch ein Wunder hatte mir der Baumstamm nicht den Schädel zertrümmert, sondern nur eine riesige Beule inklusive pochender Kopfschmerzen verursacht. Auch Answald schien Glück im Unglück gehabt zu haben, er rappelte sich gerade wieder - trotz des blutenden Beines, das aber zum Glück doch nicht allzu schwer verletzt war - wieder auf. Die Verteidiger von den Palisaden waren hinab geklettert, um den durch das zerstörte Tor strömenden Beastmen Paroli zu bieten. Da erschütterte eine zweite, kleinere Explosion das Anwesen, diesmal von der Rückseite des Jagdschlosses. Dies war zwar beunruhigend, aber es konnte keiner der Kämpfer entbehrt werden, um die Rückfront zu sichern. Dies wurde aber auch gar nicht nötig; ein quäkendes Horn ertönte, und die Angreifer zogen sich schnaubend und brüllend zurück. Zeitgleich kam auch der heldenhafte Ritter Prunkvoll aus dem Gebäude gestürmt, ungeschickt mit dem Schwert herumfuchtelnd und überzeugt davon, dass die Feinde aufgrund seiner bloßen Anwesenheit die Flucht ergriffen hatten. Die Überlebenden des Gemetzels im Hof rückten gerade geschlossen und mit grimmigen Gesichtern vor, um dem feigen Schwätzer die Leviten zu lesen, da kamen Pavarotti und Prinzessin Katarina aus dem Gebäude. Die Tiermenschen, welche durch die Rückseite des Anwesens eingedrungen waren, hatten die Anstandsdame Hildegard Zimperlich entführt! Offenbar war die Prinzessin Ziel des Anschlages. Da für Beastmen jedoch ein Mensch aussieht wie der andere, hatten sie sich die falsche Frau geschnappt.

Es wurde festgestellt, dass die Explosion auf der Rückseite von Schwarzpulver verursacht wurde, diejenige am Tor allerdings magischen Ursprungs war. Weil Tiermenschen zwar dafür bekannt sind, wahllos Menschen zu fressen und zu töten, jedoch nicht dafür, Angehörige der Oberschicht zu entführen, musste jemand anders dahinter stecken. Sollte der Irrtum bei der Entführung bemerkt werden, wäre ein weiterer Angriff wahrscheinlich. So kam es auch, dass jedes Mitglied der Truppe eine Fackel in die Hand gedrückt bekam und ein Gewaltmarsch nach Middenheim durch den nächtlichen Wald durchgezogen wurde. Katarina machte sich große Sorgen um ihre Zofe und bat uns schließlich, sie aus den Klauen der Feinde zu retten. Ein dämliches Unterfangen, doch was sollten wir tun? Wir drehten es so, dass der wie immer noch dummschwätzende Siegfried Prunkvoll uns begleiten musste, wollte er nicht sein Gesicht verlieren. Ein Stück Kanonenfutter, das wir bei Bedarf zwischen uns und unsere Feinde schubsen konnten, würden wir bei diesem Selbstmordkommando gut gebrauchen können. Answald ortete die Spur der Entführer, und sodann ging es auf in Richtung Nordosten, immer weiter weg von Middenheim. Unter der „Führung“ von Siegfried drangen wir immer tiefer in den Wald vor. Nach einer Stunde zerriss ein grauenhafter Schrei die Stille der Nacht. Die Quelle des Schreis fanden wir kurze Zeit später: Ein gigantischer Tiermensch lag tot neben einem Baum, offenbar grausam zu Tode gefoltert. Die tiefen Wunden in seinem Körper wurden laut Magnus durch Metallmagie verursacht. Mit einem unguten Gefühl im Bauch rieb ich meine Narben, wo mich die Silberpfeile Etelka Herzens durchbohrt hatten. Hier bestand doch hoffentlich kein Zusammenhang?

Nach einer weiteren Stunde verlor sich die Fährte unserer Feinde an einem Fluss. Answald watete lange flussauf und -ab, bis er schließlich die Stelle gefunden hatte, an der die Verfolgten dem Wasser entstiegen waren. Wir beschlossen, die restliche Nacht zu ruhen, um bei Tage der Spur weiter zu folgen. Siegfried wollte die Sache zwar hinter sich bringen und weiter marschieren, allerdings wurde ihm der Wert seiner „Führungsposition“ verdeutlicht und erklärt, wessen Regeln in der Wildnis gelten. Noch während er diese für ihn ungewohnte Situation verarbeitete, wurde seinem aufgeblähten Ego der nächste Hieb versetzt, als wir ihn davon in Kenntnis setzten, dass er sich an den Wachschichten beteiligen müsste. Ich hielt mit ihm gemeinsam die erste Wache, und abgesehen von ein paar gemurmelten Beleidigungen wechselten wir kein Wort.

Kaum hatten wir uns schlafen gelegt, da weckte uns Bernard auf. Er hatte einen Geruch wahrgenommen, der uns allen bekannt vorkam: Goblins! Die kleinen Biester versuchten, uns einzukreisen. Zum Glück konnte man ihre unbeholfenen Schleichversuche leicht hören, da sie sich auch ein gelegentliches irres Kichern aufgrund der Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf nicht verkneifen konnten. Diese Vorfreude wurde ihnen jedoch recht schnell geraubt. Magnus bat uns ungerührt, ein wenig zusammenzurücken. Noch während Siegfried fragend aus der Wäsche schaute, beeilte sich der Rest, Magnus' Wunsch Folge zu leisten, und in dem Moment, als die kleinen Unholde mit rostigen Schwertern und gezackten Dolchen aus dem Gebüsch heraus auf uns zustürzten, murmelte unser Magier seine Formel. Ein Ring aus Flammen umschloss plötzlich unser Lager, und einige der Angreifer konnten ihren Ansturm nicht mehr rechtzeitig abbremsen. Vor Schmerz und Schreck quiekend zog sich das Goblinrudel in die Dunkelheit zurück, und den Rest der Nacht hatten wir Ruhe.

Am nächsten Morgen folgten wir weiter der Fährte der Entführer. Nach einigen Stunden wandte sich Answald kreidebleich zu uns um und erklärte mit Blick auf den Waldboden, dass wir uns wohl mitten im Revier der Tiermenschen aufhalten. Er erklomm sodann einen Baum. Von hier aus hatte er einen wunderbaren Blick auf diverse Beastmen-Patrouillen, die um unsere Position herumschlichen, sowie auf eine kleine Lichtung, zu der auch die Fährte führte. Darauf standen ein Obelisk und ein Altar, überzogen mit einer Kruste, bei der es sich nur um geronnenes Blut handeln konnte. Answald versuchte sich näher heranzuschleichen, was ihm gründlich misslang. Jedoch schienen seine Bewegungsmuster denen einer Wildsau zu gleichen, die durchs Unterholz bricht, zumindest schöpfte keine der Patrouillen Verdacht. Answald entdeckte hinter dem Altar einen Höhleneingang, in den die Spur der Entführer hineinführte. Ein furchtbarer Gestank nach Schweiß, Blut und dreckigem Fell kam aus der Tiefe hinaufgeweht. Answald winkte uns heran. Nach einer Rede Siegfrieds, die selbst für ein Detlev-Sierk-Schauspiel zu abgedroschen gewesen wäre, entschlossen wir uns, den Feinden in ihre Höhle zu folgen. Und dies ist sollte auch der Moment sein, in dem der Ritter Prunkvoll für unsere Gruppe von Nutzen sein würde. Grinsend beobachtete ich, wie meine Kameraden ebenso wie ich zur Seite und nach hinten traten, um schließlich den entsetzt dreinblickenden Siegfried immer näher auf den Höhleneingang zuzudrängen...

Drantos:
Ein "Prunkvolles" Ende...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



39. Leichenteile pflastern ihren Weg

Der Ewige Ritter Siegfried Prunkvoll sah die Entschlossenheit in unseren Augen. Er tat einen tiefen Atemzug, und mit einer schwülstigen Rede auf den Lippen schritt er voran in die Höhle der Tiermenschen. Das Rappeln und Scheppern seiner schimmernden Rüstung wurde von den Wänden des Ganges verstärkt und zurückgeworfen, und plötzlich kamen uns Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee war, den Maulhelden voran zu schicken. Die Zweifel wurden bestätigt, als uns aus der Dunkelheit das Brüllen aus mindestens fünfzig Monsterkehlen entgegen schallte. Die gehörnten Silhouetten der Tiermenschen, die auf uns zu rannten, verschwanden in letzter Sekunde hinter Magnus' Feuerwand, und wir traten hastig die Flucht zurück auf die Lichtung an. Aber auch hier wurden wir bereits erwartet. Eine der Patrouillen war zur Höhle zurückgekehrt, und wir liefen ihnen geradewegs in die behaarten Arme. Zum Glück waren die Monster ebenso überrascht wie wir. Unsere Waffen machten kurzen Prozess mit den Gegnern, und selbst Prunkvoll überzeugte wider Erwarten mit seiner Schwertkunst, indem er den größten der Feinde niederschlug. Ohne nennenswerte Gegenwehr überwanden wir die Patrouille, und Answald führte uns rasch durch das Unterholz fort von der Höhle. Doch obwohl er unsere Spuren so gut es ging verwischte, wurden wir von den uns verfolgenden Tiermenschen gewittert. An einem kleinen Bach trennten wir uns, und Answald versuchte, die Verfolger von der Gruppe fort zu locken. Wir vereinbarten einen Treffpunkt auf einem in Sichtweite liegenden Bergrücken und rannten weiter, während Answald zurück blieb. Das Ablenkungsmanöver gelang offenbar, denn wir wurden nicht weiter verfolgt.

Erst als die Dunkelheit schon hereingebrochen war, stieß Answald wieder zu uns. Die Tiermenschen hätten ihn beinahe geschnappt, aber mit knapper Not war es unserem Waldmenschen gelungen, ihnen zu entkommen. Die vier mehr oder weniger stark mutierten Anführer mitgerechnet, waren uns etwa drei Dutzend der Beastmen auf den Fersen. Wir verkrochen uns in einer kleinen Höhle und verbrachten dort eine ereignislose Nacht. Am nächsten Morgen entschieden wir nach einer kleinen Diskussion, ob die Zofe Zimperlich überhaupt noch am Leben ist, es noch einmal mit der Höhle zu versuchen. Der Umstand, dass die relativ große Gruppe der Tiermenschen in den Wäldern nach uns suchte, konnte nur von Vorteil für uns sein – zumal es Answald gelang, uns sicher an den Verfolgern vorbeizuführen.

Nach wenigen Stunden standen wir wieder auf der Lichtung. Answald überraschte uns, indem er einen genialen Plan ersann, wie wir nun am besten vorgehen sollten. Ich schlich in die Höhle hinab, um die Lage zu erkunden. An einer Kreuzung standen zwei Wachen. Obwohl ich mich lautlos wie ein Schatten bewegte, nahmen mich die scharfen Sinne der Tiermenschen wahr. Eine der Wachen kam grunzend auf mich zu. Rasch eilte ich zum Ausgang und berichtete von dem Verfolger. Um jeglichen Lärm zu vermeiden, sprach Magnus seinen Zauber der Stille. Kaum hatte die letzte Silbe seinen Mund verlassen, da tauchte auch schon der gehörnte Schädel der Wache am Höhleneingang auf. Answald ließ einen Pfeil von seiner Bogensehne schnellen, der jedoch in dem dicken Schädelknochen des Monsters steckenblieb, ohne das Biest niederzustrecken. Noch während der Tiermensch sich darüber wunderte, dass er seinen eigenen Schmerzensschrei nicht hören konnte, sprang Richard vor und tötete die Kreatur mit drei blitzschnellen Axthieben. Meine Kameraden schleiften die Leiche in ein Gebüsch, und ich schlich erneut in die Höhlen. Doch schon nach wenigen Metern kam mir der verbliebene Wächter entgegen, und er hatte Verstärkung dabei! Rasch eilte ich wieder zurück zu meinen wartenden Freunden. Da sich die Taktik bewährt hatte, sprach Magnus widerwillig erneut seinen Zauber. Er hätte wohl lieber in gewohnter Manier mit Feuerstrahlen und -bällen um sich geschossen, aber der Lärm hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt; außerdem sollte er in den kommenden Tagen noch genug Gelegenheit zum Zündeln bekommen.

Der Anführer der vier Tiermenschen schien cleverer als der Rest zu sein, ihm fiel sofort die unnatürliche Stille auf, als er aus der Höhle trat. Doch da schnappte unsere Falle schon zu. Siegfried überraschte uns erneut, als er eines der Monster mit wenigen Schwerthieben erlegte. Richard kümmerte sich um den Anführer und trennte diesem nach kurzem Kampf das Bein vom Rumpf. Der hünenhafte Tiermensch stürzte zuckend zu Boden und verblutete dort rasch. Die beiden übrigen Kreaturen wandten sich um und versuchten zu fliehen, um die übrigen Krieger des Rudels zu alarmieren. Ich nutzte die ungedeckte Rückseite meines Gegners und zertrümmerte ihm mit meinem Streitkolben den Schädel. Answalds Rivale bekam durch dessen mächtige Axt eine tiefe Wunde im Bein zugefügt, schaffte es aber dennoch beinahe, sich in die Höhle zurück zu flüchten. Wieder war es Richard, der den Beastman mit blitzenden Klingen zurück in die Hölle schickte, die ihn ausgespuckt hatte.

Nachdem auch diese Kadaver versteckt waren, schlichen Answald und ich voran in die Höhle, während uns unsere Kameraden in einigem Abstand folgten. An der Kreuzung bogen wir zunächst ab, kehrten jedoch rasch wieder um. Der furchtbare Gestank, der in der Luft lag, sowie das lauter werdende Brüllen aus vielen Kehlen legte die Vermutung nahe, dass die Lagerhöhle der Tiermenschen voraus liegen musste. Um die Vielzahl der Gegner zu meiden, erforschten wir nun einen der anderen Gänge. Aus einer Kammer, an der wir vorbei kamen, drang ein Gestank von Fäulnis und Verwesung, der selbst meinen gestählten Sinnen arg zusetzte und mir die Tränen in die Augen trieb. In dem Raum waren die Leichen verschiedenster Rassen in allen denkbaren Stadien der Verwesung übereinander gestapelt. Ein kurzer Überblick verriet uns aber, dass Hildegard Zimperlich nicht darunter war. Nach einer Biegung führte der Gang an zwei Türen vorbei. Hinter einer der Türen vernahmen wir leises Wimmern. Die Tür war von außen abgeschlossen – vermutlich war hier das Gefängnis! Magnus sorgte wieder dafür, dass uns keine Geräusche verraten würden, und ich knackte das Schloss. Bernard ging voran in den Raum, und wir folgten ihm. Auf den ersten Blick lagen hier nur Unrat und Lumpen umher. Als sich einige dieser Lumpen jedoch bewegten, stellten wir erschrocken fest, dass es sich dabei um Gefangene handelte, die an den Wänden festgekettet waren. Es handelte sich um sechs Zwerge und vier Menschen. Doch noch bevor wir sie befreien konnten, verrieten uns die aufgerissenen Augen und stummen Schreie der Unglückseligen, dass etwas nicht stimmte. Wir fuhren gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wir ein riesiger, muskulöser Troll aus der gegenüberliegenden Tür stapfte und ohne zu zögern einen Schwall übelriechender Säure auf Richard spuckte. Der Stillezauber hatte die Geräusche des Monsters überdeckt, so dass er sich unbemerkt nähern konnte. Von der kochenden Haut Richards stiegen kleinen Rauchfahnen auf, und seine Kleidung und Rüstung begannen, sich aufzulösen. Wären nicht schon die Brandnarben gewesen, hätte die ätzende Flüssigkeit sein Antlitz zerstört; so allerdings änderte sich lediglich die Farbe der getroffenen Hautpartien von feuerrot zu schleimigem weiß. Der schreckliche Anblick ließ mich vor Angst erstarren, und auch Answald erschreckte sich gehörig, denn fast hätte der Pfeil, den er hastig auf den Troll abschoss, Siegfried Prunkvoll in den Hintern getroffen. Richards Gegenangriff verursachte tiefe Wunden im Fleisch des Feindes, und auch der Ewige Ritter verletzte die Kreatur schwer. Doch begannen die Wunden des Trolls langsam, sich zu schließen, und die Hiebe seines mannsgroßen Knüppels ließen Richard zurücktaumeln. Doch wie schon zuvor auf der Lichtung erinnerte sich unser Kämpfer an die alte Regel: „Ein Gegner der nicht stehen kann, kann nicht kämpfen!“. Er ließ sich auf die Knie fallen und schmetterte seine Axt wieder und wieder gegen die ungepanzerte Kniescheibe des Monsters, bis schließlich dessen Unterschenkel in hohem Bogen davonsegelte. Das grünschwarze Blut des Trolls schoss in einem armdicken Strahl durch den Raum und benetzte alle Anwesenden mit einem stinkenden Film, doch diese Wunde war zu viel für den Gegner, und er schlug lautlos auf dem Höhlenboden auf.

Nachdem wir unsere Gesichter grob vom Trollblut gereinigt hatten, befreiten wir die Gefangenen von ihren Ketten. Die Zwerge erzählten uns, dass sie Handwerker aus Middenheim seien. Als sie die Stadt aufgrund der eingeführten Steuern verließen, wurden sie in den Wäldern von den Tiermenschen entführt. Unsere Befürchtungen wurden nun von den weiteren Erzählungen der Zwerge bestätigt: Die Magierin Etelka Herzen hatte die Beastmen mit faulen Zaubern unter ihre Kontrolle gebracht. Gemeinsam mit ihren Söldnern, unter ihnen ein mit Schusswaffen behangener Wahnsinniger namens Fleischer, hatte sie die Zwerge gezwungen, die Höhlen auszubauen, während die vier gefangenen Holzfäller wohl als Proviant für die Anführer der Tiermenschen gedacht waren. Während der Bauarbeiten mussten die Zwerge auch eine Art Notausgang fertigen, durch den man in ein Höhlensystem gelangt, das bis zu einem geheimen Ausgang in den Mittelbergen führt. Wir beschlossen, dem Gang weiter zu folgen (er führte laut den Zwergen an Etelkas Gemächern vorbei zu dem Notausgang), doch dann machten die Zwerge den Fehler und erwähnten die Höhle des Anführers der Tiermenschen, welche an der Kreuzung nahe des Höhleneingangs lag. In Answalds Augen glomm plötzlich die Gier auf, und er bestand darauf, dass er in diesen Raum zurückgehen wolle, um den Beastmanboss auszurauben. Selbst von den logischen Argumenten, dass Tiermenschen zum einen selten etwas von Wert besitzen und er zum anderen die gesamte Gruppe einem unnötigen Risiko aussetzen würde, ließ sich die Raffsucht nicht aus seinen Gedanken vertreiben. Und bei einem derart dummen Plan war auch Siegfried Prunkvoll sofort Feuer und Flamme und schlug sich auf die Seite Answalds. So liefen beide den Gang zurück – um nach nur wenigen Augenblicken zurückzukehren. Erwartungsgemäß hatten sie außer Dreck, Unrat, Tiermenschdung und einem angefressenen Zwergenkadaver nichts in der Höhle entdecken können.

Wir folgten dem Gang weiter in die Tiefe. Türen führten in vier Kammern, welche augenscheinlich von den Söldnern Etelkas als Unterkunft genutzt wurden. Hier konnte Richard sich wieder mit Kleidung versorgen, denn seine Klamotten waren durch die Trollkotze mittlerweile fast vollständig aufgelöst. Sonst fanden wir nichts von Wert. Das sollte sich jedoch ändern, denn einige Meter weiter den Gang entlang fanden wir endlich die Gemächer Etelkas. Das Schloss der Tür war leicht geknackt, jedoch verpasste mir die magische Falle, mit der es gesichert war, ein paar schmerzhafte Verbrennungen an den Fingern. Doch die Durchsuchung des edel und teuer eingerichteten Zimmers brachte eine Anzahl an Juwelen und wohl gefüllten Goldbörsen hervor, die den Schmerz rasch vergessen machten. Weitere Genugtuung verschaffte mir die Entdeckung von Etelkas Vorrat an Parfüm und Schminke: Ersteres wurde vergossen, letzteres mit Verdauungsendprodukten „angereichert“. Die Hausherrin würde ihre helle Freude haben, sollte sie hierher zurückkehren! Bernard fand noch einige Phiolen mit Heiltränken sowie einen Glaskolben, der einen orange-roten Trunk enthielt, dessen Wirkung jedoch nicht vorherzusagen war. Im angrenzenden Vorratsraum (den die ausgemergelten Befreiten innerhalb von Sekunden beinahe leerfraßen) fanden wir Spuren, die darauf schließen ließen, dass Hildegard Zimperlich hier festgehalten wurde. Also waren wir auf der richtigen Spur! Die Zwerge öffneten uns die Geheimtür in den Nottunnel, und mit den geretteten Gefangenen im Schlepptau verließen wir die Höhlen der Tiermenschen.

Wir folgten den unterirdischen Gängen in Richtung der Mittelberge. Ab und an fand Answald die Spuren von etwa vier bis fünf Leuten, die unlängst hier entlanggegangen waren; ihren Vorsprung schätzte er auf etwa zwei Tage. Das Öl unserer Lampen begann knapp zu werden, als wir schließlich nach einer Tagesreise den Ausgang der Höhlen erreichten. In einer Entfernung von etwa sechzig Meilen konnte man den Faustschlagfelsen sehen. Answald entdeckte nach einer Weile auch einen schmalen Pfad, der in die entsprechende Richtung zu führen schien, sowie die Spuren derer, die wir verfolgten. Wir reisten einen ereignislosen Tag, und auch des nachts blieben wir unbehelligt. Am Mittag des zweiten Tages meinte Answald, dass wir wohl die Hälfte des Weges geschafft hatten. Abends schlugen wir wieder unser Lager auf, aber im Gegensatz zum Vortag sollte es nicht so ruhig bleiben.

Während meiner Wache hörte ich plötzlich ein zischendes Geräusch. Es gelang mit noch, mich zur Seite fallen zu lassen, da sauste auch schon ein rostiges Krummschwert an der Stelle durch die Luft, wo noch Augenblicke zuvor mein Hals war. Eine Gruppe riesiger Orks hatte sich in unser Lager geschlichen! Laut brüllte ich, um meine schlafenden Kameraden zu wecken. Schlaftrunken rappelten die sich auf, während ich verzweifelt versuchte, mir meinen Gegner vom Leib zu halten. Wieder und wieder krachte mein Streitkolben auf die dicke Rüstung des Orks, ohne jedoch viel mehr als ein paar Beulen in dem Metall zu verursachen; im Gegenteil schien jeder Treffer den Angreifer nur noch wütender zu machen. Auch Siegfried geriet in arge Bedrängnis. Wie wir ja bereits alle schon vermutet hatten, war er ohne seine schimmernde Rüstung nur ein Schatten seiner selbst verglichen mit den Kämpfen der letzten Tage; wieder und wieder sanken die schartigen Orkklingen in sein Fleisch, und schon nach wenigen Momenten blutete er aus einem Dutzend Wunden. Auch Answald taumelte noch schlaftrunken umher, und er vermochte seine Gegner nicht wie üblich mit seiner Axt zu spalten, und der erschöpfte Bernard hatte sich noch nicht einmal von seinem Lager hochgerappelt. Lediglich Richard, der mit mir Wache gehalten hatte, trieb die Orks mit blitzschnellen Hieben vor sich her, und Magnus hielt nach ein paar hastig gemurmelten Zauberformeln sein flammendes Schwert in den Händen. Doch so beeindruckend die lodernde Klinge in der Dunkelheit auch aussah, es gelang ihm nicht, die Orks damit in die Flucht zu schlagen. Richard erinnerte sich an den Trick, den er bei den Tiermenschen angewandt hatte. Anstatt die starken Panzerungen anzugreifen, mit denen die Orks ihre Körper schützten, schlug er gezielt auf die schwächeren Arm- und Beinschienen ein. Schon nach kurzer Zeit hüpften einbeinige Feinde durchs Lager und waren leichte Beute, während andere ihre Nacken entblößten, als sie versuchten, ihre abgetrennten Waffenarme wieder aufzuheben. Bernard, der seinen Geist auch endlich von den Schleiern der Träume befreit hatte, sprang Magnus zur Hilfe, der von allen Seiten bedrängt wurde. Er konnte nicht sehen, dass auch Siegfried seine Hilfe hätte gebrauchen können. Von einem Knüppel am Kopf getroffen, strauchelte der Ewige Ritter zu Boden. Als er sich gerade wieder aufrappelte, musste er feststellen, dass sein Gegner die Kampftaktik Richards studiert hatte. Mit einem triumphierenden Grunzen ließ er seinen Säbel niedersausen, und in hohem Bogen flog der abgetrennte Schildarm Siegfried Prunkvolls in die dunkle Nacht hinaus. Ungläubig starrte der Held von Middenheim auf den Stumpf seines Armes, aus dem das Blut in pulsierenden Fontänen hinausschoss, um im trockenen Erdreich zu versickern. Dann brachen seine aufgerissenen Augen, und leblos sank der Leichnam des Ewigen Ritters von Middenheim, Siegfried Prunkvoll, zu Boden.

Das gehässige, rasselnde Kratzen, das sich den Weg aus dem stinkenden Maul des Rittermörders bahnte und wohl die orkische Version eines Lachens darstellen sollte, endete abrupt, als Richard wie ein Berserker durch das Lager tobte und einen Angreifer nach dem anderen in blutige Fetzen hackte. Auch Answald war es mittlerweile gelungen, sich den Schlaf aus den Augen zu blinzeln, und gemeinsam mit Bernard schaltete er die Gegner aus, die Richard ihnen übrig ließ. Auch sie hatten sich die Taktik unserer narbengesichtigen Kampfmaschine angeeignet, und in einem Regen aus schwarzem Orkblut und abgetrennten Körperteilen wurden unsere Feinde immer weiter zurückgedrängt. Die Rüstung meines Gegners war mittlerweile von meinen Hieben rundherum verbeult und zerkratzt, aber es war mir nicht gelungen, einen entscheidenden Treffer zu landen; zu beschäftigt war ich damit, den heftigen Angriffen des Orks auszuweichen. Da drang plötzlich vor meinen Augen das Blatt von Richards Axt aus dem Brustkorb des Monsters aus. Eingeweide und Teile des Rückgrates spritzten durch die Luft, als Richard seine Waffe aus dem Rücken des Orks herausriss. Schwer atmend sahen wir uns um. Der Kampf war vorbei. Ein Kichern aus dem Gebüsch am Rande unseres Lagers ließ uns noch einmal herumfahren, und wir konnten gerade noch einen Blick auf einen Goblin erhaschen, der – genüsslich auf dem Arm Siegfried Prunkvolls herumkauend – in der Dunkelheit verschwand. Eine Verfolgung des Monsters war aber zu gefährlich, und so ließen wir die Kreatur mit ihrer Beute von dannen ziehen und begannen damit, unsere Wunden zu säubern und zu verbinden.

Drantos:
Ein "heißer" Abgang...


Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Power behind the Throne" aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler.



40. Ein Feuerwerk...

Schon bald graute der Morgen. Wir blickten uns erschöpft in unserem verwüsteten Lager um. Schließlich ruhten alle Blicke auf dem verstümmelten Leichnam Siegfried Prunkvolls. Die Männer, die wir aus den Fängen der Tiermenschen gerettet hatten, trauerten lautstark um den Helden ihrer Stadt. Sie hatten ihn nicht als den überheblichen Wichtigtuer, der er war, kennengelernt wie wir, und trotz seiner unsympathischen Art musste man ihm für sein Verhalten in den letzten Tagen schon ein wenig widerwilligen Respekt zollen. Daher beschlossen wir auch, die Strapazen auf uns zu nehmen und seine sterblichen Überreste mit nach Middenheim zu nehmen. Allerdings mussten wir ihn hierfür noch herrichten; da er bei dem Kampf gegen die Orks keine Zeit mehr gefunden hatte, seine schimmernde Rüstung anzulegen, durfte man jetzt seine Feinrippunterhose mit Eingriff, Bremsstreifen hinten und gelben Flecken auf der Vorderseite bewundern. Wir hüllten Siegfried in seine Rüstung und kaschierten den fehlenden Arm, indem wir sein Schild auf der fraglichen Stelle platzierten. Eine Trage wurde gebaut, und sodann setzten wir unseren Weg in Richtung Warrenburg fort.

Die Spur von Etelka und ihrer Bande verlor sich einige Meilen vor dem Dorf der Halunken und Halsabschneider. Um jedem Konflikt mit den Gesetzlosen aus dem Wege zu gehen, machten wir einen weiten Bogen um Warrendorf. Zur Mittagszeit erreichten wir den Fuß des Faustschlags. Mit dem Lift fuhren wir hinauf in die Stadt; hierbei wunderten wir uns über den bürokratischen Irrsinn, dass die Leiche Prunkvolls vom Liftführer als Last deklariert wurde und so das zehnfache an Beförderungsentgelt kostete im Vergleich zu einem lebendigen Passagier. Oben angekommen, verabschiedeten sich die geretteten Männer und Zwerge dankbar. Nachdem die Wachen an Lift und Stadttor nach Etelka und ihren Begleitern befragt wurden – keiner hatte sie gesehen – begaben wir uns zum Palast. Hier wurden wir von einem Trupp Pantherritter empfangen. Die Trauer ob des Dahinscheidens von dem Ewigen Ritter seitens der Soldaten hielt sich sehr in Grenzen. Auch wurde unser Bericht angezweifelt, in dem wir die Tatsache erwähnten, dass Prunkvoll ehrenvoll im Kampf gefallen ist. Uns konnte es letztlich egal sein; wir hatten unseren Teil mit Übergabe des Toten getan, und nun galt es Kräfte und Informationen zu sammeln, um endlich den Verbleib der Anstandsdame Hildegard Zimperlich aufzuklären.

Wir stürzten uns in die brechend vollen Straßen der Stadt – der morgen beginnende Karneval warf seine Schatten voraus – und brachten unsere Ausrüstung und Kleidung wieder auf Vordermann. Ein Besuch bei Elvyra brachte keine Erkenntnisse über den Trank, den wir in Etelkas Kammer gefunden hatten, sie empfahl aber einen Alchemisten, der dies herausbekommen könnte. Auf dem Rückweg konnte man an dem Platz von Goebbels' Haus nur noch einen Trümmerhaufen sehen; laut einer Nachbarin war es vor zwei Tagen unter mysteriösen Umständen in sich zusammengestürzt. Ein durch die Straßen eilender Bote der Kommission für Handel und Kommerz wusste jedoch zu berichten, dass Goebbels nicht zu Schaden gekommen war, noch gestern wurde er mit seinem Sekretär Franz Christoph Becker gesehen. Während die übrigen Kameraden ihre von der Reise ausgezehrten Körper in dem bereits erprobten Halblingslokal mit Unmengen an Gänsefleisch vollstopften, schnappte ich mir Richard. Wir gingen in die verrufeneren Stadtteile, und schließlich fand ich eine Spelunke mit den entsprechenden Zeichen über dem Eingang. Hier machte ich schließlich den Halunken Josef das Wiesel ausfindig, der mir nach der entsprechenden klimpernden Motivation berichten konnte, dass Etelka vor zwei Tagen in Warrenburg Unterschlupf gefunden hatte. Sie hatte mit ihren vier schwer bewaffneten Schlägern ein Haus im Nordwesten der Stadt besetzt. In ihrer Begleitung war eine alte Frau, geknebelt und in Fesseln, bei der es sich um eine verrückte Hexe handeln sollte. Das musste Hildegard Zimperlich sein! Richard und ich begaben uns zurück zu unserer Taverne, wo wir unseren vollgefressenen Kameraden nach ihrer Rückkehr die neuen Infos unterbreiteten. Das Ziel für den nächsten Tag stand somit fest: Auf nach Warrenburg!

Früh am nächsten Tag brachen wir auf und wanderten in die Halunkenstadt. Richard schritt voran und brachte es trotz all der Verbrennungen und Verätzungen in seinem Gesicht fertig, eine bedrohliche Miene aufzusetzen, sodass uns die kriminellen Einwohner Warrenburgs mieden und in ihren Hauseingängen verschwanden, sobald wir in Sichtweite kamen. Das fragliche Haus war rasch gefunden, Josef das Wiesel hatte es gut beschrieben. Allerdings wäre ein Angriff bei Tage sehr riskant gewesen, denn das Gebäude machte einen soliden und leicht zu verteidigenden Eindruck. Eine List musste her, und wir ersannen auch sogleich einen herrlichen Plan. Etelka hatte Hildegard offiziell als Hexe deklariert. Das wollten wir gegen sie nutzen! Wir fertigten eine schriftliche Botschaft im Namen der Bewohner Warrenburgs an, in der zu lesen war, dass eine Gruppe Hexenjäger Wind von Etelkas Gefangener bekommen hatte nun auf dem Weg von Middenheim hierher sei. Da man keinen Ärger im Ort wünschte, wurde Etelkas Gruppe in unserem Brief aufgefordert, gefälligst zu verschwinden. Da nur eine Straße durch den Ort führte und es wenig wahrscheinlich war, dass sie den Templern Sigmars entgegenreiten würde, wollten wir Etelka ein paar Meilen nördlich von Warrenburg auflauern. Mit Ausnahme Anwsalds eilten wir schon einmal voraus, um unseren Hinterhalt vorzubereiten. Answald wickelte die Botschaft um einen Ziegelstein und schleuderte sie mit viel Schmackes durch eines der Fenster auf der Gebäudefront. Anschließend versteckte er sich rasch in einem alten Schuppen in Sichtweite. Zwar drang kein Schmerzensschrei aus dem Inneren des Hauses, aber trotzdem stürmte nur wenige Sekunden später ein erzürnter Söldner mit einer riesigen Donnerbüchse in den Händen auf die Straße. Als er den Steinewerfer nicht mehr erblicken konnte, verschwand er wieder im Haus, kam allerdings nach wenigen Minuten in Begleitung eines zweiten Schlägers wieder hinaus. Beide verschwanden in der Stadt und kehrten nach einer Weile mit einem alten Pferdekarren wieder zurück, welchen sie in die Scheune bugsierten. Answald hatte genug gesehen und eilte unserer Gruppe hinterher zum Hinterhalt.

Nur wenige Minuten später hörten wir in unseren Verstecken das Quietschen von Etelkas Fuhrwerk. Die Magierin saß neben einem der Söldner auf dem Kutschbock, und zwei weitere ihrer Mietlinge flankierten den Wagen auf jeder Seite. Die Ladefläche des Wagens war mit einer Plane verdeckt und nicht einsehbar. Der mit Pistolen, Gewehren und Pulverhörnern behangene Mann, bei dem es sich nur um den berüchtigten Fleischer handeln konnte, ging mit irrem Blick voran. Plötzlich riss er eine seiner Flinten hoch – wir dachten schon, er hätte uns entdeckt. Allerdings richtete er die Waffe nicht in Richtung der Büsche, in denen wir uns verbargen, sondern auf die Karawane, welche aus Norden entgegenkam. Ein halbes Dutzend Kohleschürfer reisten mit schwer beladenen Mulis gen Middenheim. Zwar waren diese Augenzeugen nicht wirklich erwünscht, trotzdem nutzten wir die Ablenkung, die sie boten, und griffen in diesem Moment an. Wie verabredet galt unsere erste Salve der verhassten Etelka Herzen. Nur zu gut erinnerten wir uns an die furchtbaren Verletzungen, die ihre magischen Silberpfeile zu verursachen in der Lage waren. Wie eine Nervenkranke zuckte sie auf dem Kutschbock herum, als die Bolzen und Pfeile einer nach dem anderen in ihrem Körper einschlugen. Das Zucken endete jedoch schlagartig, als ein knappes Dutzend armdicke Feuerstrahlen aus den Fingerspitzen Magnus' schoss und ihren Körper in ein flammendes Inferno verwandelte. Es war geglückt, unsere verhassteste Feindin war vernichtet!

Allerdings waren wir bei der Wahl unserer Mittel ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Zwar brannten die pfeilgespickten Überreste Etelkas lichterloh, nur galt selbiges auch für den halben Karren! Der Söldner neben Etelka war durch die Wucht des magischen Angriffs brennend vom Kutschbock geschleudert worden und wälzte sich im Straßengraben, und das Pferd verfiel panikartig in einen rasenden Galopp bei dem Versuch, vor seinem eigenen brennenden Schweif zu flüchten. Während meine Kameraden die Söldner Etelkas weiter bekämpften, hastete ich dem Gespann hinterher, das sich schaukelnd und lodernd auf die völlig entsetzten Bergarbeiter zubewegte. Auch hinter mir zuckten erneut Flammen durch die Luft, und die Todesschreie von zwei Söldnern hallten durch die Luft und endeten in einem knisternden Gurgeln. Während des Laufens blickte ich über meine Schulter zurück. Magnus stand hoch aufgerichtet und mit qualmenden Fingerspitzen auf einem kleinen Hügel. Fleischer feuerte seine Donnerbüchse auf den Magier ab, und trotz der Entfernung spickten einige Schrapnelle dessen Leib. Doch die heißen Splitter schienen Magnus' Kräfte nur noch weiter anzuheizen, und laut seine arkanen Formeln brüllend deutete er mit beiden Händen auf den Schützen. Die Feuerstrahlen schlugen in den Leib des Söldners und ließen den Mann zu einem Häuflein Schlacke zusammenschmelzen. Doch da zerriss eine gewaltige Explosion die Überreste Fleischers – die Flammen hatten sein Arsenal an Schusswaffen sowie die Pulvervorräte entzündet! Die Druckwelle der Explosion ließ selbst mich noch trotz der Entfernung straucheln, und ich wendete meine Aufmerksamkeit wieder auf das brennende Fuhrwerk, dem ich hinterher lief. Die Bergleute standen mit aufgerissenen Mündern auf der Straße und wussten nicht, welchem der vielen lodernden Infernos sie ihre Aufmerksamkeit widmen sollten. Mittlerweile stand der gesamte Karren samt Gaul in Flammen. „Tötet das Pferd!“ rief ich den Männern entgegen, und tatsächlich gelang es einigen der Männern, ihre Armbrüste zu spannen und mit zitternden Händen auf das brennende Höllenross zu richten, das kreischend auf sie zuraste. Die Geschosse gaben dem angeschlagenen Tier den Rest, und in einem Funkenregen überschlug sich das gesamte Gespann. Der verkohlte Körper der gefesselten und schreienden Hildegard Zimperlich wurde von der Ladefläche geschleudert und blieb dampfend und mit verrenkten Gliedern neben der Straße liegen.

Mittlerweile hatte sich der letzte überlebende Söldner ergeben, und Bernard kam herbeigerannt, um Hildegard zu versorgen. Als ich seinen Gesichtsausdruck sah, wusste ich aber, dass er hier an die Grenzen seiner Heilkunst gestoßen war. Sollten die Strapazen der vergangenen Tage etwa vergebens gewesen sein? Wollten wir nach Middenheim zurückkehren, nur um einen weiteren Leichnam innerhalb von nur zwei Tagen bei Hofe zu präsentieren? Nein, das durfte nicht sein! Wir erinnerten uns an das Leichentuch Mutter Elsbeths, das noch immer in einem unserer Bündel schlummerte und darauf wartete, seine heilenden Wunder zu vollbringen. Dies war die Gelegenheit! Rasch kramten wir den eitrigen Lumpen hervor und rieben den Körper Zimperlichs damit ab, und tatsächlich, ein Funke Leben muss noch in dem Leib gewesen sein, denn die schlimmsten Wunden schlossen sich in dem Maße, wie das Tuch zusammenschrumpfte, und mit einem tiefen Atemzug setzte sich die Anstandsdame der Prinzessin plötzlich auf. Für die Bergleute war dieser Anblick zu viel. Nach all dem Feuer und den Explosionen konnten sie nicht verkraften, dass eine Totgeglaubte plötzlich wieder zum Leben erwacht, und panisch flohen sie in Richtung Warrenburg, wobei sie die Götter lautstark um Schutz vor den Nekromanten anflehten, für die sie uns hielten. Wir bedeckten die Blöße Hildegard Zimperlichs mit einem Umhang – die Flammen hatten ihre Kleidung vernichtet, und der Anblick schmerzte in unseren Augen – und reisten gen Middenheim, um die Zofe bei ihrem Schützling abzuliefern und den gefangenen Söldner seiner gerechten Strafe zuzuführen.

Die Dankbarkeit der Geretteten hielt sich sehr in Grenzen, und ihre üble Laune führte uns in Versuchung, das Werk Etelkas zu vollenden und sie im Wald „verschwinden“ zu lassen. Wenigstens war ihre Wut von Nutzen, als wir zu der langen Schlange am Stadttor kamen. Schimpfend und prügelnd bahnte sich Hildegard einen Weg durch die Menge, verscheuchte auch die Torwachen mit Beleidigungen, die selbst Richard die Schamesröte in das vernarbte Gesicht trieben, und sogar die Pantherritter am Palasttor zogen sich wie geprügelte Hunde vor der keifenden Alten zurück und waren froh, als Prinzessin Katarina auftauchte, um ihre Zofe zu bändigen. Katarinas Dankbarkeit war da schon größer, auch wenn wir zunächst nicht viel mit den Belohnungen anfangen konnten, die sie uns überreichte. Jeder von uns erhielt zwei Einladungen zu gesellschaftlichen Großereignissen während des Karnevals – zum Einen für die Oper „Der Barbar von Sevilla“ am übernächsten Abend, zum Anderen für ein Gartenfest im Palastgarten. Bernard erhielt zusätzlich endlich sein Empfehlungsschreiben für die Akademie der hohen Künste, wo er auch sogleich hineilte und sich für die in zwei Wochen stattfindenden Prüfungen registrieren ließ. Da der Tag noch nicht vorüber war, stromerten wir auf der Suche nach ein paar weiteren Infos durch die Stadt. Magnus brachte bei der Kommission fHKuS in Erfahrung, dass Goebbels alle Termine der Woche abgesagt hatte und niemand seinen Aufenthaltsort kannte. Eine gefälschte Nachricht für den Sekretär Becker ermöglichte die Verfolgung des Boten zu dessen Stadthaus. Nach einigen Stunden Wartezeit verließ Becker sein Haus, und Magnus sprach ihn an. Jedoch wusste auch Becker nur, dass Goebbels erst nach dem Karneval wieder erreichbar sein würde. Allerdings wurde nun offenbar, dass die Opernkarten auch für uns Kulturbanausen einen gewissen Wert besaßen: Goebbels, ein Freund der Opernmusik, würde vermutlich dort sein, so dass wir eventuell wieder seine Spur aufnehmen konnten.

Am darauffolgenden Tag begann der Karneval. Die Straßen waren voller feiernder Menschen, und der Geruch von Feuerwerk und Gebratenem lag in der Luft. Da das Kapitel Etelka Herzen abgeschlossen war und wir in Sachen Goebbels / Wittgenstein erst am nächsten Abend wieder aktiv werden konnten, wollten wir uns wieder unseres eigentlichen Auftrages widmen und ein wenig bezüglich der Ränke um die Sondersteuer herumschnüffeln. Ar-Ulric hatte unverständlicherweise für die Steuer gestimmt und bei unserem Besuch vor einigen Tagen sehr zerstreut gewirkt. Also gingen Bernard und ich zum Ulrictempel und baten um eine Audienz. Man erinnerte sich an uns, und wir wurden vorgelassen. Da es uns mittlerweile nicht entgangen war, dass die Middenheimer die direkte Art und Weise bevorzugen, kamen wir auch gleich zur Sache. Mit Verweis auf unsere guten Taten der letzten Tage boten wir Ar-Ulric an, auch ihm unsere Hilfe zukommen zu lassen, wenn es denn etwas gäbe, das ihn bedrückt. Nach etwas Herumdrucksen rückte der oberste Priester schließlich mit der Sprache heraus. Er gestand, dass er erpresst werde. Es existierten Schriftstücke, die ihn belasten würden; die Gerüchte am Hofe, dass er Beckenkontakt mit so ziemlich jeder Hofdame hatte, könnten etwas mit dieser Erpressung zu tun haben. In einem Brief wurde er vor zwei Monaten aufgefordert, eingehenden Anweisungen zu folgen, sonst würden die belastenden Schriften veröffentlicht. Einige Tage später kam eine Frau, die sich als Elise Kaltblütig vorstellte, zu Ar-Ulric. Sie trug ihm auf, der umstrittenen Steuer zuzustimmen; in einigen Wochen sollte er im Gegenzug die fraglichen Dokumente erhalten. Da sich die Frau mit Kapuze und Umhang regelrecht verschleiert hatte, fiel ihre Beschreibung recht dürftig aus. Trotzdem sagten wir zu, unser Möglichstes zu tun. Ar-Ulric gab uns noch weitere Anhaltspunkte bezüglich der Abstimmung über die Steuern. So waren sich die drei Gesetzesschreiber bezüglich ihrer gemeinsamen Stimme uneins, stimmten dann aber doch für die Steuer. Außerdem war auch der Champion des Grafen, Dieter Schmiedehammer, für deren Einführung, was genauso ungewöhnlich war wie die Entscheidung Ar-Ulrics. Vielleicht würden uns diese Informationen ja weiterhelfen.

Verwirrt verließen Bernard und ich den Tempel Ulrics. So viele neue Spuren, und so wenig Ideen, wie man das neue Wissen ausnutzen konnte. Ach, wie wunderbar einfach ist doch das Abschlachten von Tiermenschen und Orks im direkten Vergleich zu den politischen Ränken und Intrigen!

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