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Begründungen für Regeln

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Phex:
Hallo,

aus aktuellem Anlass dachte ich, ich mach hier mal einen derartigen Faden auf. Ab und zu erscheinen mir einzelne Gurpsregeln merkwürdig, aber bei näherem Hinsehen und Nachdenken ergeben sie dann plötzlich doch völlig Sinn. Und gerade weil ich festgestellt hab, das Gurps meistens weiter denkt als ich, würde ich mich über die Begründung für ein paar Regeln freuen, die ich bis jetzt nicht ganz logisch finde. Wer mag, kann hier seine eigenen kleinen Fragen auch gerne reinschreiben.

Ganz spontan:

1.) Angriffe auf die Trefferzone Face: Macht es Sinn, dass der Wundmodifikator sich nicht verändert, und wieso verändert er sich ausgerechnet für cor-Schaden? Für Skull liegt der Modifikator für alle Schadensarten bei x4, aber man trifft ja eigentlich in beiden Fällen den Großraum Kopf. Diese Unterscheidung erscheint mir unlogisch.

2.) Heilung: Bei bei einer gewöhnlichen Verletzung kann zuerst Bandagiert werden, falls diese blutet (+1 HP, 1 Minute), und danach kann direkt erste Hilfe (+ ca. 1d HP, ca. 20 Minuten, je nach TL) geleistet werden. Die weitere Regeneration geschieht danach durch natürliche Regeneration (maximal +1 HP/Tag) evtl. unterstützt durch einen Arzt (+ ...HP, je nach TL). Mein Problem ist nun: dadurch erhält man ja Durchschnittlich in der ersten halben Stunde nach einer Verletzung bis zu ca. 5 HP zurück (selbst bei TL 5, bei dem erste Hilfe wohl aus provisorischem Zusammenflicken besteht), was ja recht viel ist, und danach dauert die Heilung sehr lange, ohne Arzt meistens 1-2 Wochen, in denen man oft nicht mal 1 HP am Tag bekommt. Wie ist diese superschnelle Heilung durch erste Hilfe zu begründen? Macht das medizinisch überhaupt Sinn?

YY:
Zu 1.

Ich finde das schon akzeptabel so.
Das Gesicht ist zu großen Teilen erst mal nicht lebenswichtig*, und bei den Wundmodifikatoren gehts ja durchaus um direkt lebensbedrohliche Sachen ("vitals", Schädel, Hals usw.).
Insofern passt der Faktor von 1 mMn erst mal.

Andererseits ist das Gesicht vergleichsweise empfindlich, weil weich, gut durchblutet und voller Nerven - da kann man mit einem corrosion-(Flächen-)Angriff wie dem klassischen Säure-ins-Gesicht-Schütten schon beträchtlichen Schaden anrichten.

Ob der Faktor 1,5 für corrosion-Angriffe unbedingt sein muss oder ob man ihn andersrum nicht auch für z.B. burn-damage vergeben könnte, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Ich finde ihn, wie gesagt, nachvollziehbar, da die Trefferzone face explizit "außenliegende Weichteile" (Wangen, Nase, Ohren) betrifft.



*Man betrachte sich einmal Lazarettbilder aus dem Ersten Weltkrieg, wie sie z.B. in "Krieg dem Kriege" zu finden sind - wenn man sich das antun will.



Zu 2.

Klar, im Glücksfall bekommt man 5-6 HP zurück und hat evtl. die ganze Verletzung direkt nach dem Verbinden rein regeltechnisch schon überstanden.
Das ist dann aber auch eine recht harmlose Fleischwunde, die von einem kompetenten Sani versorgt wurde - da ist sonst wirklich nicht mehr viel zu machen (also weder möglich noch nötig).


Es gibt ja aber noch ganz andere Verletzungen, z.B. eine lasting crippling injury.
Mit einem ganz schnell passierten Verlust von 6 HP ist man an der Hand, je nach Gesamt-HP auch am Arm, direkt dabei mit schweren Verletzungen, die auch gerne mal per definitionem 1d6 Monate brauchen zum Heilen, unabhängig von verlorenen HP - oder es muss halt operiert werden...



Anderer Fall, diesmal mit HP: Ein Lungendurchschuss (=vitals) mit einem handelsüblichen Sturmgewehr in 5,56x45 mm.

5d6 pi mal 3,5 (Erwartungswert) =  17,5 (wir sind mal nicht so und sagen runde 17 :) ).
Jetzt verdreifachen wir das Ganze wegen der Lokation - macht satte 51 Punkte und bringt einen Normalverbraucher mit 11 HP auf -40 HP.
Von einer geglückten Stabilisierung gehen wir einfach mal aus, sonst hat sichs eh erledigt  ;)

Jetzt haben wir aber den Salat...Blutung stoppen und "richtige" Erste Hilfe (TL 8  mit etwas Glück beim Wurf) bringt unsere arme Sau auf  (-40 +1+6=) -33 HP.

Davon kann der gute Mann - je nach HP-Würfen und Kompetenz/Ausstattung des behandelnden Arztes- locker 2-3 Wochen im Krankenhaus liegen.


Fazit:
Ein reiner HP-Verlust ohne Sondereffekte in Größenordnungen, die mit einem guten First-Aid-Wurf erreicht werden können, stellt keine sonderlich schwere Wunde dar und kann daher mit etwas Glück recht schnell wieder in Ordnung sein - im Extremfall direkt nach dem Verbinden.

"Richtige" Verletzungen brauchen aber doch ziemlich lange zum Ausheilen, insbesondere ohne (guten) Arzt.  

Eulenspiegel:
zu 2)
Wenn du schonmal eine tiefe Schnittwunde hattest, wirst du feststellen:
Es macht einen extrem großen Unterschied, ob du mit der tiefen Schnittwunde offen herumläufst oder ob jemand die Wunde desinfiziert und verbunden hast.
Es macht aber keinen so großen Unterschied, ob du die Stichwunde heute erhalten hast oder vor 2 Tagen.

Ich finde es daher durchaus nachvollziehbar, dass die Behandlung einer Wunde den gleichen Effekt hat wie eine Woche natürliche Heilung. (Bei schweren Wunden. - Bei leichten Wunden bringt eine Verarztung imho weniger.)

OldSam:

--- Zitat von: Phex am 25.07.2010 | 11:23 ---1.) Angriffe auf die Trefferzone Face: Macht es Sinn, dass der Wundmodifikator sich nicht verändert, und wieso verändert er sich ausgerechnet für cor-Schaden? Für Skull liegt der Modifikator für alle Schadensarten bei x4, aber man trifft ja eigentlich in beiden Fällen den Großraum Kopf.

--- Ende Zitat ---

Die für den menschlichen Organismus wirklich gefährlichen bzw. beeinträchtigenden Treffer am Kopf entstehen ja normalerweise durch Erschütterung (oder gar Verletzung) des Gehirns (jetzt erstmal von Schmerzeffekten abgesehen), das ist AFAIK der Hauptgrund für den x4-Multiplikator beim Schädeltreffer - beim Gesicht wird dieser Aufprall durch die "weiche Hautschicht" gedämpft, was das Gesicht verunglimpft, allerdings nicht so viel impact auf das Gehirn überträgt.
Neben den schon genannten Gründen warum das Gesicht vom "Schädel" getrennt betrachtet wird, ist IMO hier der Rüstungs-Aspekt entscheidend: Helme sind ja historisch und auch in der Moderne im Gesichtsbereich offen oder schwächer geschützt, um die Sicht möglichst wenig einzuschränken. Hier liegt der große Vorteil eines Gesichtstreffers, auch ohne Multiplikator, nämlich dass i.d.R. kein Rüstungsschutz vorhanden ist.
Was in dieser simplen Betrachung des Gesichts (quasi als "weiche Fläche") natürlich stark vernachlässigt wird, sind spezielle Angriffspunkte wie die Nase oder das Kinn, welche selbstverständlich besondere Effekte mit sich bringen sollten (etwa die Knock-Out-Chance bei Kinntreffern etc). In Bezug darauf kann ich das Martial Arts Sourcebook empfehlen, weil dort die Hit Locations noch diesbezüglich erweitert werden, ausserdem auch für Gelenktreffer u.a.

Und: Wenn ich mich richtig erinnere werden im MA auch optionale Regeln für spezifischere, bzw. detailliertere/ realistischere Auswirkungen von Verletzungen behandelt (hab's aber grad nicht vorliegen), das könnte Dich also vielleicht auch in Bezug auf die 2. Frage interessieren...

Madis:
Zur Heilung wurde ja schon alles gesagt.

Ich will aber noch kurz etwas zu der Trefferzone Face anmerken: Wir hatten am Freitag in unserer Runde eine doofe Situation, in der ich jemandem mit einem Jagdgewehr aus kurzer Distanz mitten ins Gesicht geschossen habe. Eigentlich müsste man denken: Dem fliegt gleich die Rübe vom Kopf, aber Essig is'!
Bei diesem Schuss gibts lediglich großer Löcher in der Wange, "ausgeschlagene" Zähne und kompletten Kieferverlust. Mit Reden ist da nicht mehr, aber der arme muss mit der fiesen Wunde weiterleben. Wir haben uns das so erklärt, dass das Opfer fluchs den Lopf zur Seite gedreht hat. Das ganze ist also ein probates Mittel, um jemandem zum Schweigen zu bringen.

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