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Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...

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Bitpicker:
Der Unterschied ist der von Conan und Herr der Ringe. High Fantasy (oder Sword & Sorcery)-Welten entsprechen eher dem Conan-Vorbild: eine zweidimensionale Welt ohne nennenswerte Geschichte, in der ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Kulturen nebeneinander her existiert, ohne dass irgendeine Homogenität festzustellen wäre. Die Gegenwart dieser Welt kommt nirgendwo her und geht nirgendwo hin.

Der Herr der Ringe ist ein Ausnahmebeispiel, was mit ein Grund ist, warum das Werk zur Weltliteratur zählt. Hier gibt es eine Geschichte, eine spürbare und schlüssige Vergangenheit. Das macht Mittelerde schon ungleich komplexer als die Welt von Conan.

Aber die wahre Welt ist nochmal um einige Potenzen komplexer. Nehmen wir einmal an, in einer High Fantasy-Welt stünde ein Volk davor, vom Festland auf eine große Insel auszuwandern, weil auf dieser Insel eine Art Bürgerkrieg herrscht und das Volk von einer Seite in diesem Krieg gebeten wurde, als Söldner auszuhelfen. Wahrscheinlich ist die Präsentation die: homogenes Volk A reist auf Insel und unterstützt homogenes Volk B bei dem Kampf gegen homogenes Volk C. Alle Völker lassen sich in einem kurzen Abschnitt beschreiben, mit etwas Glück ist C ein Volk von Orks, B von Elfen und A von Zwergen, was jede weitere Charakterisierung unnötig macht.

Dieselbe Situation, reale Welt, ca. 450 u. Z.: Die Angeln, Sachsen und Jüten (drei verwandte, aber unterschiedliche Völker mit ähnlichen Dialekten) werden von den römisch beeinflussten, aber von den Römern im Stich gelassenen Briten nach England gerufen, um beim Kampf gegen die Pikten und Scoten zu helfen. Dabei sind die Briten in sich gespalten, weil sie einerseits römisch christianisiert und kultiviert wurden und andererseits in entlegeneren Regionen noch heidnisch sind. Die Römer haben sie verlassen, weil sie woanders größere Probleme haben, die nicht zuletzt von britischen Emporkömmlingen auf dem Festland verursacht wurden. Allein auf dieser Ebene gibt es schon so facettenreiche Interaktionen, dass man ganze Bücher darüber schreiben kann.

Mich faszinieren solche historischen Zusammenhänge wesentlich mehr als die zweidimensionale Darstellung, die schon aus Platzgründen in einem rein fantastischen Rollenspiel unumgänglich ist. Aber es ist ungleich mehr Arbeit für alle Beteiligten, sich darin zurecht zu finden.

Robin

Jestocost:
Man könnte Fantasy mit einfachen Mitteln schon so richtig fies machen:

1. Keine Übersetzungszauber
2. Viele Sprachen
3. Die wenigsten können lesen oder schreiben bzw. überhaupt andere Sprachen sprechen...

Und sobald die Charaktere ihr Heimatdorf verlassen, verstehen sie nur noch Bahnhof..

Und ich plädiere dafür, dass wir eine Website mit historischen Settings aufmachen...

Lord Verminaard:

--- Zitat ---Und mit dem Wissen über eine Kultur: Ein oder zwei Geschichtsbücher, dann vielleicht noch ein historischer Roman über die Zeit und man müsste doch schon genug Material haben...
--- Ende Zitat ---

Ich kenne kein Geschichtsbuch, in dem was über die Kulturen drinsteht, das für die Darstellung eines solchen Charakters im Rollenspiel nützlich wäre. Herrscher, Politik, Waffen, Bauwerke, Kriege, Schlachten, vielleicht noch Kunst und Wirtschaft, ganz vielleicht noch Gesetze (wenn es ein richtig umfangreiches Geschichtsbuch ist). Wie das tägliche Leben aussah, was die Menschen aßen, wie sie miteinander umgingen, was ihnen wichtig war, woran sie glaubten, wie ihr Menschenbild aussah, wie ein typischer Tagesablauf, wie ein Wohnhaus/-zelt, eine typische Familie, Kleidung, Haartracht, Hierarchien, welche Berufe es gab usw. usf., auf all diese wichtigen Fragen findet man in keinem Geschichtsbuch eine Antwort. Leider.


--- Zitat ---Und ich plädiere dafür, dass wir eine Website mit historischen Settings aufmachen...
--- Ende Zitat ---

400 A.D. wird kommen! Ich weiß noch nicht wann, aber es wird kommen... 8)

Jestocost:
@Lord Verminard.

Vielleicht sollte man nicht die Historiker fragen, sondern die Volkskundler. Die beschäftigen sich nämlich genau mit dem Thema, wie das einfache Volk gelebt hat.

Bitpicker:
Es gibt durchaus Bücher über das Leben des normalen Volkes in diversen Perioden der Geschichte. Man muss nur manchmal recht lange danach suchen. Vom Reader's Digest Verlag habe ich eine Buchserie mit diesem Thema (z. B. 'Alltagsleben im Mittelalter', auch China, Römer, Griechen, Steinzeit, Ägypten usw.) und beim Weltbild Verlag habe ich einmal eine Box mit fünf Büchern gekauft, die das private Leben von den Römern bis heute abhandeln.

Ansonsten findet man oft entsprechende Fachbücher (allerdings selten für Laien geschrieben) in Uni-Bibliotheken.

Robin

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