Autor Thema: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP  (Gelesen 7835 mal)

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El God

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #25 am: 1.02.2011 | 13:41 »
Aber du hast zumindest den Dramatik-Charakter genau zu diesem Zweck angelegt. In den 20-30 Minuten, die du gebraucht hast, um ihn zu bauen, hast du ihn so gebaut, dass er Drama liefert und nicht so, dass er eine vollständige Simulation eines echten Lebewesens mit authentischem Hintergrund ist. Oder?

Ich bin daher auch geneigt, Pyromancer zu widersprechen: Vielleicht mag es "realistischere" Geschichten liefern, wenn man SIM spielt, aber die Art von Drama, die zumindest *ich* gern hätte, geht deutlich mehr in Richtung Theater oder Kino. Und auch da ist ein gezielt dramturgisch inszeniertes Stück reizvoller als ein Mitschnitt eines durchschnittlichen Tages. Und irgendwie schimmert mir da auch wieder die ARSige Selbsttäuschung durch, dass man bei Oldschool- oder Abenteuerspiel Charaktere nicht so anlegt, dass sie Drama erzeugen. Man akzeptiert zwar eventuell völlig zufällig generierte Figuren, hat dann aber als Spieler und SL immer noch die Interpretationshoheit, um "interessante" Situationen zu erzeugen. Beim Würfeldrehen bin ich aber voll bei dir. Das ist mit einem entsprechend aufgebauten System auch nicht nötig.
« Letzte Änderung: 1.02.2011 | 13:43 von Dolge »

Offline Joerg.D

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #26 am: 1.02.2011 | 13:47 »
Also die Charakterentwicklung mit der ganzen Gruppe hat 20 bis 30 Minuten gebraucht und Teylen hat einfach nur die Fragen auf dem Charakterbogen beantwortet, da sie das System nicht kannte.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Pyromancer

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #27 am: 1.02.2011 | 13:53 »
Ich bin daher auch geneigt, Pyromancer zu widersprechen: Vielleicht mag es "realistischere" Geschichten liefern, wenn man SIM spielt, aber die Art von Drama, die zumindest *ich* gern hätte, geht deutlich mehr in Richtung Theater oder Kino. Und auch da ist ein gezielt dramturgisch inszeniertes Stück reizvoller als ein Mitschnitt eines durchschnittlichen Tages.
Ich rede ja nicht davon, abendelang hexploration mit dem runterwürfeln von Zufallsbegegnungen und dem Ausspielen der Nachtwache zu verbringen.

Ich rede davon, dass für mich ein langfristig angelegtes Kampagnenspiel (gerne auch mit dramatisch ausgelegten Charakteren) zu größerem emotionalem Investment führt als wenn ich PtA-Macbeth spiele, wo von Anfang an klar ist, dass am Ende alle tot sind.

Offline Joerg.D

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #28 am: 1.02.2011 | 13:56 »
Du meinst also, das für dich Drama durch langfristige Investitionen in die Gesamtdynamik und Dramatik der Geschichte entsteht? Weil du eine Zeit der kontinuierlichen Entwicklung brauchst um dich in den Charakter und seine Gefühlswelt einzudenken?
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El God

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #29 am: 1.02.2011 | 14:04 »
@Pyromancer: PtA ist ein Sonderfall, wegen der sehr starken Strukturierung. Mit vielen Indies habe ich auch das Problem, dass sie nicht auf längere Kampagnen ausgelegt sind, da ich diese durchaus bevorzuge, einfach weil die emotionale Bindung zum Charakter mit der Zeit stärker wird. Ergebnisoffenheit gehört für mich zum Drama dazu - das fehlende Drehbuch ist ja der große Vorteil gegenüber Kino oder Theater.

Pyromancer

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #30 am: 1.02.2011 | 14:07 »
Du meinst also, das für dich Drama durch langfristige Investitionen in die Gesamtdynamik und Dramatik der Geschichte entsteht? Weil du eine Zeit der kontinuierlichen Entwicklung brauchst um dich in den Charakter und seine Gefühlswelt einzudenken?

"Brauchen" ist ein zu starkes Wort - ich hab ja auch schon hinreichend dramatische One-Shots gespielt und geleitet.
An sonsten: Ja!

@Pyromancer: PtA ist ein Sonderfall, wegen der sehr starken Strukturierung. Mit vielen Indies habe ich auch das Problem, dass sie nicht auf längere Kampagnen ausgelegt sind, da ich diese durchaus bevorzuge, einfach weil die emotionale Bindung zum Charakter mit der Zeit stärker wird. Ergebnisoffenheit gehört für mich zum Drama dazu - das fehlende Drehbuch ist ja der große Vorteil gegenüber Kino oder Theater.
Dann sind wir uns denke ich soweit einig.

Offline Hotzenplot

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #31 am: 1.02.2011 | 14:10 »
Kurz: Drama ist für mich vor allem ein moralisches Dilemma mehrerer Konfliktparteien. Ich erzeuge es im Rollenspiel, in dem ich als SL den SC je nach Art und Charakter verschiedene "Individualquests" zuspiele, deren Weiterführung durch die Spieler erstens in Konflikte mit der Gruppe und zweitens mit sich selbst enden können. Außerdem natürlich auf einer Ebene darüber das Drama zwischen ganzen Konfliktparteien.
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #32 am: 1.02.2011 | 17:03 »
Ich unterscheide dramatisch, kleingeschrieben und gewöhnlich, als eine Eigenschaft der aus dem Spiel fließenden Handlung, wo man ein Gefühl bekommt, die Figuren wären echt und würden leben, man wirklich mit ihnen beginnt mit zu empfinden und gleichzeitig es Anlass gibt sich um diese Sorgen zu machen.
Dies wird meines Erachtens durch eine gewisse Zeit des Vertrautheitsaufbaus, einer vielschichtigen plastischen Darstellung von Char wie Umwelt und einer organisch erscheinenden Spielentwicklung gefördert.

Drama als offizielles Spielschlagwort sehe ich als den formellen Versuch durch Techniken oder aber auch einfach Appell an die externe Hoheit dieses Begriffs die oben genannten Zustände, aber oft auch nur jede beliebige andere interessant erscheinende, den Betreffenden emozional ansprechende Handlung, aber auch Eigenschaft (z.B. Rasanz einer Szene) aus Film und Fernsehen hart und schnell dem Spiel aufzuzwingen - und nach meinem Geschmack damit zumindest bei der Herstellung der obigen Zustände typischerweise zu scheitern.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #33 am: 1.02.2011 | 17:07 »
Was Drama ist, weiß ich auch nicht so genau. Aber ich weiß ganz genau, wie ich es erzeuge: ich spiele PtA! ;D
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Zitat von: 1of3
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Offline Joerg.D

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #34 am: 1.02.2011 | 17:13 »
"Brauchen" ist ein zu starkes Wort - ich hab ja auch schon hinreichend dramatische One-Shots gespielt und geleitet.

Du sagst also, das für dich Drama durch langfristige Investitionen in die Gesamtdynamik und Dramatik der Geschichte entsteht? Weil eine Zeit der kontinuierlichen Entwicklung es dir erleichtert, dich in den Charakter und seine Gefühlswelt einzudenken?

Trifft es das besser?

Es ist IMHO so, dass man bei genügend Flow in der Gruppe (z.B in der Runde mit Cara, Tinka und Oliof auf Großen) das Ziel auch schneller erreicht.

Bei Heimkampagnen hingegen erhält man von den Mitspielern in der Regel weniger Vorlagen und benötigt deshalb länger um sich einzufühlen.

« Letzte Änderung: 1.02.2011 | 17:21 von Joerg.D »
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Offline Joerg.D

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #35 am: 1.02.2011 | 17:17 »
Was Drama ist, weiß ich auch nicht so genau. Aber ich weiß ganz genau, wie ich es erzeuge: ich spiele PtA! ;D

Und was für Techniken sind da fürs Drama zuständig?
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Pyromancer

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #36 am: 1.02.2011 | 17:26 »
Du sagst also, das für dich Drama durch langfristige Investitionen in die Gesamtdynamik und Dramatik der Geschichte entsteht? Weil eine Zeit der kontinuierlichen Entwicklung es dir erleichtert, dich in den Charakter und seine Gefühlswelt einzudenken?

Trifft es das besser?

Ich würde einen Schritt vorher ansetzen. Drama braucht emotionales Investment, und das kann sich bei langfristig angelegtes Spiel eben einfacher aufbauen, als bei einem One-Shot. Gefühle brauchen Zeit!  ;)

Offline Joerg.D

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #37 am: 1.02.2011 | 17:30 »
Zitat
Gefühle brauchen Zeit!  Wink

Bei dem einem mehr, bei dem Anderen weniger....


Ich bin da denn auf deiner Seite.
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Offline Retronekromant

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #38 am: 1.02.2011 | 17:45 »
Zitat
Wenn mich das Geschehen nicht emotional berührt, dann ist es auch nicht dramatisch.
Die Frage ist also: Wie schafft man eine emotionale Verbindung zum Spielgeschehen?

Eine Antwort: Intensives Kampagnenspiel ohne Indy-Schnickschnack, ohne Würfeldrehen und ohne künstlich erzwungenen Spannungsbogen.

Es ist zumindest für mich ein spürbarer Unterschied, ob die "dramatische" Situation Charaktere beinhaltet, die eh dazu gebaut wurden, um in die Scheisse hineingeritten zu werden, in einem Spiel, in dem es genau und nur darum geht1 - oder ob es um langfristig aufgebaute Spielfiguren geht, die als Konsequenz von echten Entscheidungen und Ursache-Wirkungs-Prinzipien da stehen.

--

+1
uneingeschraenkte Zustimmung

Aus meiner Sicht.

Aber: Ich habe mal an einer Runde teilgenommen, wo man versucht hat eine dramatische Entwicklung mit neuen Chars innerhalb weniger Sessions zu "forcieren" (System war RuneQuest)
Das Ergebnis: Es bei mir zu keinem Zeitpunkt auch nur im Entferntesten eine wirkliche "Drama-Stimmung" (also emotionale Anspannung, Mitfiebern etc pp.) aufgekommen - obwohl die Handlung per se eigentlich sehr dramatisch war.
Dafür war mir mein Char und auch die Bindungen zur Spielwelt aber "innerlich" viel zu vage und "waynig", obwohl ich mich extra gut eingelesen hatte.
Bei anderen in der selben Runde hingegen ist das Konzept voll aufgegangen, und sie bekamen regelmäßig Gänsehaut ^^
Ist also wohl sehr individuell, wie man das so wahrnimmt !

Vielleicht ist es hilfreich, um das ganze auch in kürzerer Zeit hinzukriegen, wenn man das ganze sehr simpel hält. Das heißt keine komplizierten Charakterverflechtungen, interessante aber nicht verworrene Charakterzüge der Teilnehmer, insgesamt überschaubare Beziehungs-Karte etc
Aber z.b. wie hier angedeutet wird innerhalb einer einzigen Session mit neuen Charakteren "Drama" zu erzeugen, kann ich mir bei bestem Willen einfach nicht vorstellen.

« Letzte Änderung: 1.02.2011 | 17:57 von Retronekromant »
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #39 am: 1.02.2011 | 19:44 »
Voraussetzung für Drama sind Charaktere, die moralische und ethische Vorstellungen haben, und denen ihre Umgebung nicht egal ist. Charaktere, die selbst emotional in die Situation verwickelt sind.

Ich würde fast sagen, dass Charaktere sich für echtes Drama auch entwickeln und verändern können müssen, aber das ist jetzt reines Bauchgefühl. Daher sind grob gezeichnete Charaktere fürs Drama auch nicht schlechter geeignet als Charaktere mit ellenlanger Hintergrundgeschichte.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #40 am: 1.02.2011 | 20:14 »
Drama ist für mich das Maß, in dem sich im Rollenspiel gefällte Entscheidungen und Situationsentwicklungen hin zu einem Resultat auswirken können.
Je gravierender die mögliche Auswirkung, desto dramatischer ist die Ausgangssituation.
Dabei kann sich die Auswirkungen auf Einzelne Schicksale oder eben auch globale Situationen beziehen.
Wichtig ist auch, dass der Ausgang ungewiss ist.

Prinzipiell, in dem sich die Entscheidungen der SCs gravierend auswirken, die Auswirkungen nicht vorhersehbar sind, es im Rollenspiel um für die SCs oder die Umgebung wichtige Dinge geht und keine Elemente den SCs dir Show stehlen oder die getroffenen Entscheidungen entwerten.
Hohes Dramapotential hat zB auch die Notwendigkeit in einer wichtigen Entscheidung zwischen zwei Optionen das geringere Übel zu wählen ohne dass man weiss, ob dieses sich wirklich als das kleinere Übel erweist.

Sehe ich ähnlich. Mit Drama verbinde ich bedeutsame Entscheidungen der Spieler über das Vorgehen ihrer Charaktere, Würfelwürfe und Konsequenzen. Alles andere ist nur Geschichte.
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #41 am: 1.02.2011 | 20:21 »
Ja, aber "bedeutsam" erreicht man nicht nur darüber, dass gleich das ganze Schicksal der Galaxis auf dem Spiel steht - sondern dadurch, dass etwas auf dem Spiel steht, das dem Charakter etwas bedeutet.

Noch dramatischer wird es, wenn der Charakter vor einer Wahl steht, bei der er in beiden Fällen irgendetwas für ihn Bedeutsames verliert. Solche Situationen kann man aber nie 100%ig planen - sonst landet man schnell in der RR-Falle.
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #42 am: 1.02.2011 | 20:34 »
Ja, aber "bedeutsam" erreicht man nicht nur darüber, dass gleich das ganze Schicksal der Galaxis auf dem Spiel steht - sondern dadurch, dass etwas auf dem Spiel steht, das dem Charakter etwas bedeutet.

Noch dramatischer wird es, wenn der Charakter vor einer Wahl steht, bei der er in beiden Fällen irgendetwas für ihn Bedeutsames verliert. Solche Situationen kann man aber nie 100%ig planen - sonst landet man schnell in der RR-Falle.

In beiden Punkten stimm ich Dir voll zu. Insofern ist Drama sicherlich nicht zu 100% vorherplanbar. (Allerdings glaube ich, dass man nach ein paar Spielabenden Situationen vorausahnen kann, wo der Spieler vor einer für seinen Charakter wichtigen Entscheidung steht, und ggf. auch abschätzen kann, welche Spieler an sowas überhaupt Spaß haben.)
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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #43 am: 1.02.2011 | 20:44 »
Zitat
Ja, aber "bedeutsam" erreicht man nicht nur darüber, dass gleich das ganze Schicksal der Galaxis auf dem Spiel steht - sondern dadurch, dass etwas auf dem Spiel steht, das dem Charakter etwas bedeutet.

Nicht unbedingt dm Charakter, sondern viel mehr den Spielern (durch ihre Charaktere).

Ganz stumpf gesprochen wäre Drama erst mal jede Form des Plotablaufs, der bei den Beteiligten starke Gefühle auslöst, und diese Gefühlsbildung als wesentlichen sinngebenden Teil der Beschäftigung auffasst. Sprich das Drama ist erst mal Selbstzweck.
Um Drama zu erzeugen, bedient sich der Spielleiter (wie sonst auch) des Mittels der Manipulation der Gefühle seiner Mitspieler. Man versucht, die Mitspieler stark emotional einzubinden und ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Verbindung zwischem dem Spieler herzustellen; dies erfolgt sowohl durch die persönliche Eingebundenheit des Spielers in die Gruppe und das entsprechende Gruppengefühl und die damit verbundene Nähe als auch über die üblichen Stilmittel der Literatur zur Erzeugung von Spannung, emotionalem Engagement, etc. Je nach Stilrichtung und Genre sind tatsächlich billige und einfache Mittel (tote Kinder, Sonnenuntergänge, Jump Scares...) relativ einfach auch fürs Rollenspiel umzusetzen.

Und im Zweifelsfall fällt man eben immer au Chandler's Law zurück.
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #44 am: 1.02.2011 | 21:39 »
Ich persönlich verbinde "Drama" schlichtweg mit der Kunst, eine Geschichte zu bauen, die die Spieler (Charaktere) mitreißt. Das Gegenteil dazu wäre für mich das Dungeon Hack, indem Event X durch Anwesenheit der Charaktere am Ort Y getriggert wird und das, sagen wir mal, "mechanistische" Problemlösen im Vordergrund steht. Das kann auch nett sein, spricht aber ein anderes Bedürfnis und daher auch andere Spielertypen an.

Ich denke auch, dass das Genre Rollenspiel nicht kompatibel ist mit dem Konzept der großen Gefühle, die hier von einigen als Drama-Element genannt wurden. Bestimmt aber gibt es einige Regeln, die für das (aristotelische) Drama genauso gelten wie für ein Rollenspiel-Abenteuer, z.B. Funktion des Prologs, Bedeutung des auslösenden Moments (@Mentor: das ist das, was du dir wünschst), Plotpoints, Struktur, das Verhältnis Protagonist-Antagonist etc.

Gleichwohl ich die Mehrzahl meiner Abenteuer so baue, muss ich aber sagen, dass mehr Drama im o.a. Sinn leider auch oft mit mehr Railroading einher geht. Die hohe Kunst ist vermutlich, hier von allem das richtige Maß zu finden. Wenn's jemand hat, bitte ich um das Rezept. :)
www.aceofdice.com - mehr Abenteuer, weniger Vorbereitung | Destiny Dungeon | Destiny Beginner | Flucht von Valmorca | Portal | Araclia | Destiny Space

Offline Terrorbeagle

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #45 am: 1.02.2011 | 23:09 »
Zitat
Ich denke auch, dass das Genre Rollenspiel nicht kompatibel ist mit dem Konzept der großen Gefühle, die hier von einigen als Drama-Element genannt wurden.

Da sich dies nicht wirklich mit meinen Erfahrungen deckt würde ich gerne den Gedankengang hinter dieser Aussage sehen. So kann ich das nicht ganz nachvollziehen.
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Offline Naldantis

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #46 am: 1.02.2011 | 23:43 »
Scrandy:

Bist Du nicht der Meinung, dass persönliche Dramen ein hervorragender Grund sind um die Charaktere der Spieler in gewalttätige Konflikte zu stürzen? Dramen also der Motor für das Eskalieren von Konflikten sein kann und man sie im Rollenspiel deshalb gut mit dem gamistischen Aspekt vernetzen kann?

nur mal meine 2 Cent:
Sicher geht das gut, ABER wenn die Spieler weitreichende Kontrolle haben und die Charaktere nenneswerten Einfluß, dann wird deren Bestreben sein, Drama wie hier definiert zu verhindern, d.h. eben im Endkampf die just geheiratete Prinzessin NICHT in der Schußlinie und bereit zu Geiselnahme zu halten oder auf Enwor den fertigen Todesstern zu erwarten, einen Saboteur im Bunker zu haben, UND genug Sprechstoff für die Bunkertür mitzuführen UND pontemkinsche Kreuzer für die Raumschlacht am Start zu haben; also das Drama bei einem 'fairen' SL gar nicht erst stattfindet.
Das führt dann zu der Konstellation, in der der SL 'schummeln' darf, um Drama zu erszeugen, aber von ihm auch eine gesetzte 'faire Chance' bzw. 'eingeräumtes Happy-End' notfalls mittels Deus-ex-machina erwartet wird.
 

Offline Teylen

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #47 am: 2.02.2011 | 00:57 »
Aber du hast zumindest den Dramatik-Charakter genau zu diesem Zweck angelegt. In den 20-30 Minuten, die du gebraucht hast, um ihn zu bauen, hast du ihn so gebaut, dass er Drama liefert und nicht so, dass er eine vollständige Simulation eines echten Lebewesens mit authentischem Hintergrund ist. Oder?
Ich habe den Charakter in der Dramatik Runde nicht bewusst auf den Aspekt des Drama hin angelegt.
Ich war dazu viel zu unsicher und nervös. Einerseits weil es meine erste Rollenspiel Convention überhaupt war, andererseits weil ich mit dem System fast gar nicht vertraut war und letztlich habe ich bis dahin auch fast keine Tisch-Rollenspiel Erfahrung.

Nunja, und da habe ich den Charakter, neben der Verteilung der Werte, in der Gestaltung an einer Film / Musical Figur orientiert. Also so Pi-mal-Daumen. Wobei ich auch noch großzügig Hilfe seitens Jörg und so den Mitspielern beanspruchte.
Insofern war der Charakter weder im besonderen Maß simulationistisch angelegt, noch dramaturgisch ausgefeilt.

Ähnliches gilt für die anderen beiden Charaktere.
Der eine, wer meine Diarys liesst Mice aus der der Sabbat Runde, war durchaus so gestaltet das ich den Hintergrund für, nach meinen Ansprüchen authentisch halte. Davon abgesehen hatte ich bei der Gestaltung des Charakter die Prämisse vor Augen das der richtig etwas drauf haben sollte und so cool sein wie Tank Girl. Die Tank Girl Comics haben viele Qualitäten, aber Drama zählt wohl kaum dazu. ^^

Der andere Charakter war eine VtM Brujah die bis zu dem dramatisch genialen Abend eher durchschnittlich war, wenig wirklich bemerkenswert und "fremderstellt".


Insofern, was imho die Charakter Erschaffung bei Dramatik abhebt, und wo ich denke das es den letztlichen Effekt am zuträglichsten war, war imho weniger das Charakter Design als solches, als die Fragen welche sich an die Erwartungen des Spielers richteten.
Weniger wegen dem was ich dort genau angab, wobei ich denke das es eher half ^^;, sondern weil dort seitens der Spieler recht klar die Erwartungen abgefragt werden konnte und Jörg dann entsprechend darauf eingehen bzw. damit umgehen konnte.

Ansonsten war bei allen drei Situationen als verbindendes Objekt die Stimmung vorhanden. Also sowohl Inplay als auch Outplay. Im Fall des Sabbat Charakter auch innerhalb der Spielrunde sehr auf eine bestimmte Szene fokussiert.

(Mehr zum Thema wenn ich mehr Zeit habe ^^; )
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Offline Dimmel

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #48 am: 2.02.2011 | 09:01 »
Es wurde schon gesagt, ich will es aber nochmal vertiefen: es muss etwas auf dem Spiel stehen. Und es sollte den Spieler auch klar sein, welche Konsequenzen ihr Handlen hat, oder haben könnte. Ich finde deshalb, dass im Generellen die Spieler die Spielwelt kennen. So können sie abschätzen, wie ihr Handeln sich auswirken wird.

.... Oder eben doch irgendwann erkennen, dass niemand mehr die Auswirkungen abschätzen kann! Was auch sehr dramatisch werden könnte.

Gruß Dimmel

Offline Megan

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Re: Drama, was ist es genau und wie erzeugt ihr es im RSP
« Antwort #49 am: 2.02.2011 | 10:26 »
Ich finde Scrandys Zusammenfassung eigentlich sehr gelungen. Was den Charakterbau angeht sehe ich folgendes:

- Man kann durchaus mit einem Charakter Drama erleben, der nicht speziell dafür gebaut wurde, in den wenig Zeit investiert wurde usw.. Wichtig ist, dass sich spätestens im Spiel ein Angriffspunkt findet, durch den man den Charakter in eine dramatische Situation manvrieren kann. Dabei kann der SL eine gute Idee haben, oder der Spieler selbst oder ein Mitspieler. Das ist eignetlich egal, solange der Spieler des Charakters bereit ist, sich darauf einzulassen und Lust auf Drama hat.

- Ein auf Drama ausgelegter Charakter, der schon mit Konfliktpotential ausgestattet ist (sei es durch eine klare Ausrichtung der Persönlichkeit, durch seine Beziehungen zu den anderen Charakteren oder durch seinen Stand innerhalb der Spielwelt), wird in der Regel leichter in ein dramatisches Spiel einzubinden sein, als einer, der dies nicht ist, denn für letzteren muss ja erst ein Angriffspunkt gefunden werden.

- Ein Charakter, der über längere Zeit (Kampagne) aufgebaut wird bietet den Vorteil, dass man sich schon besser in ihn hineingefühlt hat und mit ihm schon so manches durchlebt hat, wodurch natürlich die Bindung des Spieler zum Charakter stärker wird, was wiederum das emotionale Einfühlen erleichtert/erleichtern kann. Die Frage, die ich mir stelle ist: Betreibt man dann in der Zeit, wo der Charakter quasi noch keinen Hintergrund hat reines Abenteuerspiel? Was, wenn man von Anfang an Drama haben will?


Zuletzt noch was zum dramatischen Spielen allgemein: Ich persönlich mag es nicht besonders, Drama allzulange mit demselben Charakter zu spielen. Das fühlt sich dann nämlich tatsächlich sehr soapig an: "Und dann trifft ihn erneut ein Schicksalsschlag und die unglückliche Liebe wird fortgesetzt und wieder stirbt ein Familienmitglied und er muss eine schwere Entscheidung treffen, die wiederum üble Konsequnzen nach sich zieht und dann trifft ihn erneut ein Schicksalsschlag usw." Das lutscht sich aus, finde ich. Ich persönlich mag es, wenn eine Geschichte gezielt auf einen zentralen Konflikt zusteuert, der alle Charaktere im Endeffekt irgendwie persönlich trifft und sie zwingt, schwere Entscheidungen zu treffen und sich ggf. weiterzuentwickeln. Dabei kann das ganze in ihnen angelegte Drama gerne "aufgebraucht" und die Charaktere "verbrannt" werden. Danach kommt eine neue Geschichte mit neuen Charakteren und neuem Potential - das Leben ist kurz und es gibt soooo viele Geschichten zu erzählen. :)

Achja und ich bin auch nicht der Meinung, dass man zwangsläufig emotional involviert sein muss, wenn man Drama spielt. Manche wickeln sowas sehr gerne eher auf der Metaebene ab und sind sich des Dramas bewusst und schüren es, das sich da in den Geschichten abspielt, würden aber niemals auch nur annähernd das fühlen (und auch nicht wollen), was ihr Charakter grade fühlt, also z.B. weinen, weil sie so ergriffen sind. Da sehe ich wieder die Parallele zum Theater: Wer würde bei Iphigenie auf Tauris schon wirklich emotional mitfiebern? Hier nähert man sich dem Drama auch eher künstlerisch. Ich denke, so kann man auch rollenspielerisch Drama betreiben - mir persönlich macht das aber nicht halbsoviel Spaß, wie wenn ich gefühlsmäßig drinhänge. ;)