Autor Thema: Doomstone - Basisregeln  (Gelesen 6973 mal)

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Offline Der Nârr

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Doomstone - Basisregeln
« am: 5.11.2011 | 18:34 »
Meine erste Rollenspiel-Rezension. Seid gnädig. Es kommt die Tage noch mal ein Update, da ich noch solitär einige Praxistests erfordern. Mit sich selbst zu Pokern ist komisch und ich hoffe, Montag an der Uni einen Kommilitonen überreden zu können, ein, zwei Duelle mit mir auszufechten.

Doomstone - der Name ist Programm, denn auf die Ankündigung des neuen Rollenspiels von Nackter Stahl (bekannt für Arcane Codex und Frostzone) hin zog sich ein wütender Sturm durch die Forenlandschaft, in dem Verlag und Spiel verdammt wurden: "Hängt sie höher" war das Motto, denn dem Skandalverlag, der die Spielerschaft polarisiert, wurden offener Plagiarismus und Ideenklau vorgeworfen. Mit Doomstone präsentiert Nackter Stahl nämlich ein neues Rollenspiel aus dem Weird-Western-Genre, das aufgrund eines Teasers bei Fans des Genre-Veteranen Deadlands ein mulmiges Gefühl hinterließ. Diese Vorwürfe mögen an anderer Stelle zu klären sein - hier möchte ich das Spiel einfach für sich betrachten.

Kommen wir zunächst zum Technischen: Der Verfügbarkeit und den Eigenschaften des PDFs. Die Basisregeln werden nicht in Buchform angeboten, sondern (derzeit?) nur als E-book auf drivethrurpg.com. Geplant ist offenbar eine PoD-Option über Drivethrurpg, daher kommt das Buch im Letter-Format daher. Das PDF ist vollfarbig und umfasst 91 Seiten. Leider hat man es versäumt, Lesezeichen zu setzen. Auch gibt es keine verlinkten Verweise im Text - schade, hier wurden Punkte verspielt. Ebenso ist das PDF nicht mit Layern versehen, so dass man beispielsweise für einen Ausdruck der Datei den Seitenhintergrund nicht abschalten kann. Der Preis beträgt nur €7,50 - durchaus fair.

Aufmachung und Layout sind wie von Nackter Stahl gewohnt sehr gut. Zahlreiche hervorragende Illustrationen in Farbe und schwarzweiß lockern den Text auf. Sämtliche Illustrationen stammen von einem Künstler, namentlich Che Rigas Rossié. Dadurch ist das Buch in einem einheitlichen Stil gehalten, was der Atmosphäre zugute kommt. Ein Seitenhintergrund erweckt den Eindruck, hier ein altes Buch mit vergilbtem Papier vor sich zu haben, auf dem Patronenhülsen, Pokerkarten und Pokerchips liegen, die für die passende Stimmung sorgen.
Das Textbild ist angenehm, allerdings gibt es keine Silbentrennung und daher kommen aufgrund des Blocksatzes manchmal arg lange oder kurze Wortabstände vor. Es wäre wünschenswert, hier würde, zumindest wenn die PoD-Option freigeschaltet wird, noch einmal nachgebessert. Wichtige Begriffe im Text werden fett hervorgehoben. Dies macht es leichter, bestimmte Stellen ausfindig zu machen, z.B. wenn man auf der Suche nach einer Regel ist. Der Fettdruck wird jedoch nicht so exzessiv eingesetzt, dass er störend wäre. Wenige Passagen wirken weniger perfektionistisch, so zum Beispiel die Ausrüstungsliste, die im Layout beinahe unfertig wirkt.
Leider ist das Lektorat schlechter ausgefallen als bei früheren Produkten des Verlags. Insbesondere Zeichensetzungsfehler treten immer wieder ins Auge, zum Teil wird englisch apostrophiert ("Holly's Spieler" statt "Hollys Spieler").

Kommen wir nun zum Aufbau des Buches. Auf den ersten Seiten wird in aller Kürze das Konzept Rollenspiel erklärt und worum es sich bei Doomstone handelt. Danach geht es sofort in den Regelteil. Initiative, Aktionen, Proben, Kämpfe - es wird alles abgedeckt, was man von einem Rollenspielregelwerk erwarten würde. Insgesamt nimmt der Regelteil gerade mal 32 Seiten ein. Es folgt schließlich die Beschreibung des Hintergrundes mit 25 Seiten. Den Abschluss bildet all das, was noch fehlt: Einige Hilfen für den Spielleiter, Nichtspielercharaktere, Kreaturen, Archetypen und auch ein kleines Abenteuerszenario. Natürlich dürfen auch ein Index und ein Charakterbogen nicht fehlen.

Als nächstes wenden wir uns dem Setting zu. Doomstone spielt auf einem fremden Planeten und dort auf einem Kontinenten, Aruka, der ein wenig an Nordamerika erinnert - und der technologische Stand an die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aruka wird nicht nur von seinen Ureinwohnern bewohnt, die Geister verehren, sondern auch von Siedlern aus einem nicht näher beschriebenen Königreich, die an eine göttliche Mutter glauben. Aber Doomstone ist mehr als ein Wilder-Westen-Setting - Doomstone präsentiert dem interessierten Spieler das Konzept einer Parallelwelt: Den Jagdgründen, die von unserer Welt durch die Halbwelt getrennt sind. Die Halbwelt ist eine Art Alptraumwelt der Realität, in der die negativen Eigenschaften übersteigert sind. Die Jagdgründe sind eine Steigerung des ganzen, in der selbst Gebäude lebendig werden.
Die Welt von Doomstone liegt nun auf einem fernen Planeten, in dem ein besonderes Erz vorkommt, eben das Doomstone-Erz. Kommt dieses Erz in Verbindung mit Blut, wird die natürliche Barriere zwischen den Welten durchbrochen und ein Übertritt zwischen den Welten wird möglich. Nicht nur einzelne Personen, sondern auch ein größeres Gebiet kann mit der entsprechende Menge Erz und Blut in die Halbwelt oder sogar die Jagdgründe übertreten und sich so alptraumhaft verändern. Ein uralter Fluch eines untergegangenen Volkes, den Wanagi, hat sogar einzelne Orte für die Ewigkeit in Halbwelt oder Jagdgründe versetzt, so dass sie Quell von Monstern, Mutanten-Pflanzen und schlimmerem sind.

Das Sagen haben in der Welt von Doomstone mehrere Fraktionen, die jeweils auf ca. einer knappen halben Seite vorgestellt werden. Die Doomforge Corporation ist ein Megakonzern, der mit Mechs, den sog. Doomtitanen, gegen eine andere Fraktion, die Ravenfall Union, kämpft. Ihre Spezialeinheit sind die Vollstrecker. Ihr Hauptquartier haben sie in der Stadt Doomstone. (Ja. Doomstone ist Name des Spiels, des magischen Erzes und der Hauptstadt. Die jeweilige Bedeutung erschließt sich hoffentlich auch in dieser Rezension jeweils aus dem Kontext.)
Die Ravenfall Union ist keineswegs eine Gewerkschaft. Während die Doomforge aus Minenbaugesellschaften hervorging, ist die Ravenfall Union aus Eisenbahn- und Dampfmaschinenbaugesellschaften hervorgegangen. Statt Mechs haben sie frei fahrende Lokomotiven und Dreadwalker, statt Vollstrecker Rabenmädchen (warum zur Hölle keine Ravengirls?). Angesichts der Kürze der Darstellung wird natürlich keine der Fraktionen im Detail vorgestellt. Es fallen Namen und Begriffe, die kaum weiter ausgeführt werden, aber auf jeden Fall Eindruck machen und dazu anregen, hier selber weiterzumachen. Bündnisse und Feindschaften werden angerissen, Bosse erwähnt, Besonderheiten benannt. Die Fraktionen wirken so individuell und unterscheiden sich stark voneinander, obwohl die Grundstruktur immer recht ähnlich ist. Die Fraktionen bestehen auch keineswegs nur aus Firmen und Industrie. So findet sich mit den Ghostworld Nations eine Fraktion, die die Ureinwohner repräsentieren oder gar eine Armee, die vollständig aus Untoten besteht: Los Muertos. Oh, und natürlich haben sie auch einen eigenen Typus von Mech: Die Quakers, die sich in die Erde bohren können. Alle Fraktionen haben eigene Motive und Ziele, so dass man hiermit genug Material für eine Kampagne geliefert bekommt, die einen oder mehrere der Konflikte thematisiert.

Der Fokus des Settings liegt aber auf der Stadt Doomstone. Wir erfahren in der Beschreibung von Zeppelinen, der Allgegenwärtigkeit der Doomforge und qualmenden Schloten der Fabriken. In Doomstone sind sämtliche Fraktionen aktiv, so dass hier auch jegliche Konflikte schwellen und jederzeit hochkochen können. Wir erfahren hier - wiederum kurz und knapp auf nur wenigen Seiten - von den Aktivitäten der Fraktionen in der Stadt und ihren wichtigsten Vertretern. Ähnlich wie schon die Beschreibung der Fraktionen wird hier ein Ist-Zustand präsentiert, ein wahres Pulverfass, dass der Spielleiter nur zu entzünden braucht. Leider wurde darauf verzichtet, wenigstens eine grobe Stadt- und Umgebungskarte zu liefern. Dies ist ein gravierendes Manko.

Legen wir nun aber endlich mit den Regeln los, denn die haben es in sich. Gespielt wird hier mit Pokerkarten und dementsprechend heißt der Spielleiter in Doomstone auch "Geber". Neben den Pokerkarten werden Chips in drei Farben benötigt - und übrigens schadet es auch nicht, Poker-Kenntnisse mitzubringen.
Was zunächst schnell klar wird: Die Regeln sind für Spieler geschrieben, die nicht lange um den heißen Brei herum lesen wollen. Die erste Regel ist völlig kontextlos die Initiativeregel. Kein Überblick über die Regeln, um dann Details nachzuliefern, kein Oberkapitel "Kampf", nein, es geht direkt mit der Initiative los. Doomstone ist etwas für Spieler, die wissen, was sie wollen und das bitte früher als später. Das hat ein kleines Manko: Im Regelwerk werden Begriffe verwendet, bevor sie erklärt werden. Dafür wird jede Regel mit einem Beispiel erläutert. Außerdem bedienen sich die beiden Autoren einer sehr präzisen Sprache. Es mag merkwürdig klingen, aber ich habe bei Doomstone stärker als bei anderen Rollenspiel-Grundregelwerken eine "Spielanleitung" zu lesen. Ich finde es auch unheimlich angenehm, mal nicht die ganzen Fülltexte lesen zu müssen, die sich sonst in Rollenspielen finden. Leider wirkt das Regelwerk dadurch auch sehr unorganisiert. Allerdings fällt die fehlende Struktur kaum auf, da die tatsächliche Textmenge wirklich sehr gering ist und man ratzfatz mit den Regeln durch ist.

Ein Charakter verfügt über die zehn Fähigkeiten Behände, Charme, Cowboy, Eiskalt, Kämpfen, Schießen, Schlau, Schnell, Stark, Wachsam. Eines ist klar: Doomstone ist nichts für Realitäts- und Detailfanatiker. Die Fähigkeiten können einen Wert von 0 bis 5 haben, für jede Fähigkeit gibt es für jeden Wert eine passende Umschreibung. Leider sind die Begriffe nicht unbedingt alle intuitiv zu erschließen. So hütet man als Cowbowy keineswegs nur Kühe: Diese Fähigkeit drückt auch aus, wie gut man Schwimmen oder Springen kann oder wie fähig man als Goldgräber ist.
Desweiteren besitzt jeder Charaktere eine Rolle, die ihm Spezialfähigkeiten verleiht. Derer stehen acht zur Verfügung, vom Gesetzlosen über den Revolverhelden bis hin zum Zombie-Renegaten. Die Spezialfähigkeiten sind teils nur in Halbwelt oder Jagdgründen einsetzbar. So könnte ein Leichenbestatter im Diesseits beispielsweise seine Fähigkeit "Füllt die Friedhöfe" einsetzen, um aus dem Hinterhalt seinen Schaden zu verdoppeln. In der Halbwelt erhält er eine freie Aktion pro Runde, um Untote anzugreifen und in den Jagdgründen könnte er gar über die Fähigkeit verfügen, Verbündete zum Leben zu erwecken.
Name, Aussehen und Motivation darf der Spieler sich frei aussuchen, Ausrüstung wird mit Geld gekauft.
Desweiteren verfügt jeder Charakter über Lebenschips, die über seine Gesundheit entscheiden und Entwicklungschips, die er zum Pokern verwenden darf (d.h. als Einsatz in Proben, dazu unten mehr). Seine Goldnuggets können als Extra-Leben genutzt werden (wenn man eigentlich gestorben ist, kann man sich mit einem Goldnugget noch mal retten) oder in Entwicklungschips umgetauscht werden. Schließlich verfügt jeder einen gewissen Ruhm. Je höher dieser ist, desto mehr Wildcards erhält er, eine Art Joker, die er bei Proben einsetzen kann.

Wie läuft das Spiel nun ab? In kritischen Situationen werden, wie im Rollenspiel üblich, Proben durchgeführt. Hierzu wird ein wenig gepokert: Der Spieler zieht zwei Karten + eine Anzahl Karten entsprechend seines Wertes in der betroffenen Fähigkeit. Der Gegner bzw. Widerstand zieht ebenfalls. Es dürfen nur zwei Karten auf der Hand behalten werden, der Rest geht wieder in den Stapel, aus dem sodann fünf Karten aufgedeckt werden. Nun gewinnt das höchste Blatt, d.h. die zwei Karten auf der Hand in Kombination mit drei der offen liegenden Karten.
Dieser Basismechanismus zieht sich durch das ganze Spiel und wird gewürzt damit, dass man nun natürlich auch Chips bieten kann. Damit ist es beispielsweise möglich, im Kampf den Schaden zu erhöhen.
Auf den ersten Blick wirkt das ganze sehr zäh. Für jede Probe eine Runde Texas Hold'em? Ne, is klar. Aber: Eine Probe löst hier einen Konflikt. Gerade durch das Bieten ist klar, dass man eine Verfolgungsjagd kaum in x kleine Proben unterteilen wird. Im Kampf kann man durch die Einsätze selber für einen schnellen Ausgang sorgen und man fängt hier mit dem Probensystem auch gerade in Duellen die bedrückende Atmosphäre ein, wie sie ein Western zu präsentieren vermag und überträgt sie tatsächlich auf die Spielregeln. Ob es sich tatsächlich im Spiel zu behaupten weiß, müssen jedoch Praxistests zeigen: Grau ist alle Theorie.
Im übrigen gibt es ein alternatives Würfelsystem. Dieses soll dazu dienen, das Spiel zu beschleunigen und ist denkbar einfach: Bei einer Probe wird jeweils für jeden Beteiligten ein w6 gewürfelt, das Würfelergebnis auf den Fähigkeitswert (bzw. die Schwierigkeit) addiert. Die Ergebnisse werden verglichen, der höhere Wert gewinnt wie bei einer normalen Probe mit Karten. Chips können dementsprechend ganz normal geboten werden. Witzig ist die Regel, dass die Würfel explodieren können, aber zum einen nur ein Mal und zum anderen der zweite Wurf nur zur Hälfte zählt (eine gewürfelte 6 und 4 ergeben also 8). Diese alternative Regel ist sicher ein nettes Gimmick für Spieler, die Doomstone einmal ausprobieren möchten, aber keine Pokerkarten haben oder par tout keine Spielkarten beim Rollenspiel haben möchten.

Was bleibt nun? Mit Setting und Regeln sind nur gut die Hälfte der Basisregeln abgedeckt. Doomstone möchte aber, auch wenn es den Untertitel "Basisregeln" trägt, ein vollständiges, spielbares Rollenspiel sein. So finden wir noch einige Abenteuerthemen, die der Spielleiter als Anregung verwenden kann. Diese sind vielleicht nicht unbedingt innovativ (z.B. Eisenbahnbau sabotieren, Indianerüberfall, Viehtrieb), aber es ist nett, eine solche Übersicht zu erhalten. Für unerfahrene Spielleiter gibt es auch ein paar Tipps wie z.B. fair zu bleiben oder mit den Spielern zusammenzuarbeiten. Klasse sind Beispiel-Nichtspielercharaktere (Archetypen, z.B. Banditen, Deputy oder Marshall) inkl. langer Listen mit Beispielnamen (ausgezeichnet!) - muss man als SL schnell eine NSC-Rolle besetzen, findet man hier eine ausgezeichnete Spielhilfe. Das Monsterkapitel ist leider enttäuschend kurz. Die enthaltenen Viecher sind abgefahren und freakig (z.B. eine fliegende Vogelscheuche, die mit ihren Opfern um ihr Leben Poker spielt), aber leider sind es einfach viel zu wenig. Ich will mehr! Aber da muss man wohl auf die Royal Flush Edition warten. Zum Glück benötigt man ja nur wenige Spielwerte, so dass Monster selbst zu bauen kein Hindernis darstellt. Natürlich werden auch die Mechs vorgestellt, die von den Fraktionen ins Feld geführt werden und ich sage nur eines: Ich möchte einem Doomtitan mit Argmageddon-Kanone oder einem Hexoraptor nicht im realen Leben begegnen - und am liebsten auch nicht in meinen Alpträumen.
Das enthaltene Abenteuerszenario ist wirr geschrieben und erfordert eine gewisse Interpretation seitens des Lesers, um daraus einen spielbaren Abend vorzubereiten. Ein Meisterwerk der Kreativität ist es wahrlich nicht.

Fazit

Insgesamt ist mein Eindruck ziemlich gut. Auf der Plusseite stehen ein interessantes Regelwerk, ein geiles Setting und eine super Aufmachung. Das Parallelweltkonzept könnte auch gut aus einer düsteren Urban Fantasy entstammen. Ich meine - untote Mechanoiden, Stahlkolosse, Zombies und dabei noch coole Colts und Schießduelle, was will man mehr? Doomstone ist nichts, wenn man einfach mal ein wenig Clint Eastwood oder John Wayne spielen möchte und erst recht nicht ist es ein Pseudohistorisches Rollenspiel. Doomstone ist bunt und abgedreht, es steckt voller Ideen und Konflikte und das Konzept der Halbwelt und Jagdgründe liefert wirklich das Potential für total abgefahrenen, kranken Scheiß. Es ist für ein schnelles Spiel gedacht, bei dem Spielleiter und Spieler bereit sind, auch eigene Ideen einzubringen und aus dem, was sie hier geliefert bekommen, nach ihrem eigenen Doomstone zu graben.
Wer lieber trocken und ernst spielt und nicht zu viele Ideen und Bausteine in einem Spiel haben möchte, sollte vermutlich lieber die Finger von Doomstone lassen. Manch einer hat schon Probleme mit Dinosauriern auf Faerun. Hier hat man Dinosaurier im Wilden Westen. Untote Dinosaurier im Wilden Westen auf einem fremden Planeten. Untote mechanische Dinosaurier im Wilden Westen auf einem fremden Planeten, die durch die Kraft des Doomstone-Erzes angetrieben werden und ihre Energie aus einer alptraumhaft übersteigerten Metarealität erhalten. Wer damit nicht umgehen kann, ist falsch bei Doomstone. Sicher muss man nicht alle Ideen einbringen, die Doomstone liefert. Aber auch wenn man eine eher bodenständige Kampagne spielt, bewegt man sich ja immer noch in diesem farbenfrohen Setting. Und wie bodenständig kann man da schon bleiben?

Geringe Abstriche muss man jedoch im Lektorat machen. Oft fehlt es aufgrund der geringen Seitenzahl einfach an Details - ich hätte mir vor allem mehr Monster und mehr Mechs gewünscht. Außerdem hätte die Settingbeschreibung viel ausführlicher sein können, vor allem das Fehlen von detaillierten Karten für die Stadt Doomstone fand ich sehr schade. Einige Gebäudepläne und ein Kapitel über den technologischen Stand wären auch nicht verkehrt gewesen, zum letzteren muss man sich vieles ableiten (z.B. aus der Ausrüstungsliste). Ebenso hätte ich mir gewünscht, es gäbe neben einfachen Abenteuerthemen mehr Hinweise dazu, wie man überhaupt eine Gruppe anlegen könnte, da Doomstone offenbar durchaus klassische "Glücksritter auf der Suche nach Abenteuern" als Spielkonzept vorsieht, das ja nicht unbedingt typisch für Western ist. Größtes Manko ist aber vielleicht die schwache Struktur des Regelwerks. Als ich die Charakterrollen, die klar zum harten Regelteil gehören und bei der Generierung benötigt werden, nach Settingbeschreibung und nach den Monsterkapiteln fand, war ich höchst irritiert.

Für €7,50 Euro kann man meiner Meinung nach dennoch nicht meckern - vorausgesetzt, man ist bereit, noch ein wenig eigene Arbeit zu investieren und letzte Handgriffe anzulegen. Wer interessiert, aber noch unsicher ist, sollte vielleicht auf die angekündigte Royal Flush Edition warten. Diese soll umfangreicher sein (mehr Rollen, mehr Monster, mehr Mechs - hoffentlich auch viel, viel mehr Setting) - und wird dann wahrscheinlich zeigen, was Doomstone wirklich drauf hat. Ich vergebe trotz der Schwächen gute 3 von 5 Steinen der Verdammnis und hoffe, Doomstone schon bald testen zu können.
« Letzte Änderung: 5.11.2011 | 18:41 von Der Narr »
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Offline Roland

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Re: Doomstone - Basisregeln
« Antwort #1 am: 5.11.2011 | 20:49 »
Bei mir hinterlässt Deine Rezension den Eindruck, statt viel, viel mehr Setting sollte Nackter Stahl Arbeit ins Lektorat stecken (zu dessen Aufgaben üblicherweise ja nicht nur Rechschreibkorrektur gehört). Was Du so positiv als schnellen Einstieg in die Regeln wertest, könnte auch einfach  bedeuten, dass die Autoren keinerlei Struktur in ihren Text bringen konnten, was ja auch an anderen Stellen ein Problem zu sein scheint.
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Offline Der Nârr

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Re: Doomstone - Basisregeln
« Antwort #2 am: 5.11.2011 | 22:33 »
Ja, die Struktur des Regelwerks habe ich nicht umsonst als größtes Manko bezeichnet. Ich bin auch sehr verwundert darüber, da ich das Arcane-Codex-Grundregelwerk sehr übersichtlich und strukturiert fand und auch die Quellenbücher allesamt sehr strukturiert und wohl geordnet waren. Wieso das bei Doomstone nicht so gut geklappt hat, entzieht sich meinem Verständnis. Es ist ja nicht so, dass eine Grundstruktur vorhanden wäre: Erst ein paar allgemeine Sachen, dann die Regeln, dann das Setting, dann "Kram" wie SL-Hinweise und Abenteuer. So ist man es ja prinzipiell auch von anderen Rollenspielen gewohnt, mal steht halt das Setting vorne, mal die Regeln. Aber kaputt gemacht wird die Struktur eigentlich durch drei Dinge:
1. Es werden zum Teil Details vor allgemeinen Informationen vorgestellt, so z.B. erst die Stadtbeschreibung von Doomstone und dann die Beschreibung des Kontinents.
2. Die Kapitel sind zum Teil merkwürdig auseinander gerissen. So gibt es im Regelteil ein paar Tiere, Mechs und Bestien folgen dann viel später nach den Settingbeschreibungen. Die Rollen und ihre Spezialfähigkeiten stehen nicht im Regelteil, z.B. nach der Erklärung der Charaktererschaffung, sondern hinten im Settingteil. Das ist verwirrend und nicht nachvollziehbar.
3. Der eigentliche Regelteil ist in sich unstrukturiert. Eben wie in der Rezension beschrieben der Einstieg mit der Initiativeregel. Völlig unerwartet. Und dann wird Regel für Regel vorgestellt. Strukturierter wäre es sicher gewesen, dem Regelteil eine Übersicht voranzustellen und wichtige Begriffe zu klären.

Stilistisch hätte man sicher auch einiges besser machen können. Als Tiefpunkt empfand ich in der Hinsicht das Abenteuerszenario.

Dem Impressum zufolge waren der Herr und die Dame von NaSta nicht nur die Autoren, sondern haben auch das Lektorat gemacht. Da könnte der Hund begraben sein, ich meine, ein fertiges Rollenspiel-Buch MUSS man doch erstmal jemand anderem zu lesen geben, so von wegen Betriebsblindheit.

Vielleicht wurde angesichts des Zeitdrucks, den der Verlag sich selbst geschaffen hat, auch am Ende schlampig gearbeitet. (Wieso hat NaSta nicht einfach noch einen Monat gewartet? Es ist doch gerade erst Veruna raus.)

Ich würde den Punkt aber auch nicht überbewerten. Es gibt auch andere Rollenspiele, die chaotisch sind. Wichtiger ist, ob Doomstone inhaltlich punkten kann. Das Setting ist sicher nicht jedermans Sache und überhaupt sollte man allein von der Materialfülle her nicht zu viel erwarten. Auf dem Titelblatt steht "Basisregeln" und das sollte man wohl auch ernst nehmen. Hier wird eine Grundlage, eben eine Basis geschaffen. Man bekommt keine 20 Seiten Hintergrundgeschichte, keine 50 Seiten Länderbeschreibungen oder 40 Seiten Fraktionen. Das Setting ist halt auf ein paar Seiten gepresst.

Es gab ja die Vermutung oder Kritik, dass es sich nur um eine Bezahl-Quickstart-Version handele. Das sehe ich nicht so. Sicher gibt es Quickstart-Sets, die zumindest von der Regelseite ähnlich "vollständig" sind, dann beinhalten sie aber kein Setting (z.B. Gurps Lite oder die SW-Testdrive-Fassung). Andere sind normalerweise regelseitig so stark eingeschränkt, das damit normales, eigenständiges Spielen kaum möglich ist (z.B. HEX Quickstart, Buffy-Quickstart u.a.). Auf mich wirkt das ganze eher wie so ein kleines Indie-Game. Wie dicht und umfangreich war schon die Settingbeschreibung von InSpectres ;). Ich könnte mir auch vorstellen, dass das Setting ein gutes Wargame hergeben könnte.
« Letzte Änderung: 5.11.2011 | 22:44 von Der Narr »
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Offline Ghostrider

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Re: Doomstone - Basisregeln
« Antwort #3 am: 5.11.2011 | 22:57 »
90 Seiten Text für 7,50 ist übrigens nicht gerade preiswert, zumal die PDF keine Möglichkeit besitzt, die Hintergründe auszuschalten.

BTW: IANAL, aber:
Sie sollten das Wort "Mech" entfernen/umändern, denn dieses ist mWn von Catalyst rechtlich geschützt, und könnte Schwierigkeiten machen.
« Letzte Änderung: 5.11.2011 | 23:01 von Ghostrider »

Offline Der Nârr

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Re: Doomstone - Basisregeln
« Antwort #4 am: 6.11.2011 | 07:20 »
Soweit ich weiß, sind BattleMech und 'Mech geschützt, aber nicht Mech. Aber das soll nicht mein Problem sein.

Ich habe den Preis mit deutschen PDF-Produkten von Ulisses Spiele und Midgard Press verglichen und finde ihn aufgrund dessen fair. Natürlich hätte Doomstone noch günstiger sein können, es hätte aber auch teurer sein können. Ulisses lässt sich z.B. schon Hefte für Pathfinder mit 32 Seiten Umfang 8,95 Euro kosten und für 7,50 bekommt man gerade noch ein DSA-Abenteuer wie Der Händler mit 50 Seiten Umfang und das in schwarzweiß. Womit hast du Doomstone verglichen, dass du zu dem Schluss kommst, dass 7,50 "nicht gerade preiswert" sind? Natürlich gibt es Produkte, die noch günstiger sind, aber man muss hier mal die Verhältnisse auch zu den teureren im Blick behalten. Letzten Endes muss aber jeder selber entscheiden, wie er die Preise beurteilt. Für das, was man geboten bekommt, finde ich jedenfalls 7,50 fair. Ein fairer Preis bedeutet für mich übrigens nicht, dass es sich um ein Super-Schnäppchen handelt, sondern, dass der Preis angemessen ist und ich gerne bereit bin, ihn zu zahlen, ohne groß darüber nachzudenken. Ich habe mir halt auch überlegt, wie teuer so ein Heft wohl gedruckt wäre und ich schätze, unter 20 Euro käme man (verglichen mit anderen Nackter-Stahl-Produkten) nicht davon. Aber die Diskussion um Preise für PDFs wäre hier offtopic.
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ErikErikson

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Re: Doomstone - Basisregeln
« Antwort #5 am: 10.11.2011 | 21:17 »
Interessante Rezension. Und mutig, so gegen den Strom zu schwimmen.