Medien & Phantastik > Hören

Gibt es nützlichen Fortschritt in der Musik?

<< < (3/6) > >>

Funktionalist:
Boah, Sorry, das hier wird grad möchtig OT.
Ich kennzeichen einfach mal alle Bereiche, die zum THema passen. Der Rest ist meist ziemliches Gerante. ::)


--- Zitat von: korknadel am 10.02.2012 | 08:30 ---Aus Deinem zweiten Post werde ich schon um einiges schlauer. Wobei Du da natürlich nichts anderes beschreibst als die Evolution von Kunst, wie sie schon immer vonstatten ging. Mir persönlich ist hier allerdings sehr wichtig, dass Evolution nicht im Sinne einer Entwicklung von primitiv zu Krone der Schöpfung zu verstehen ist, sondern quasi wertneutral einfach das Fortschreiten von Ideen und Formen und Ausdrucksmitteln bezeichnet. Beethoven ist nicht "besser" als Haydn, nur weil er die Wiener Klassik weiterentwickelt hat.

--- Ende Zitat ---

Jo, geht um eine Möglichkeit, wie Innovation entsteht.

Die breite Bewegung zu Neuem hin, die in einzelnen Milieus aber ohne Abschottung stattfindet habe ich im Restposten Drift gepackt, da ich mich ursprünglich nur auf den Ausverkauf der Subkultur und ihrer Ideen bei ihrem Auflösen im Maistream konzentriert hatte.


--- Zitat ---Was mich in diesem Sinne in Deinem zweiten Beitrag stört, ist, dass Du wertest oder sagst, wie es laufen soll. Ich sehe es als Teil des geschichtlichen Prozesses von Kunst, das gewisse Dinge auch wieder in Bedeutungslosigkeit versinken können, ungenutzt bleiben dürfen.

--- Ende Zitat ---

Das ist eine Notwendigkeit, da im Fokus der Menschen nur eine begrenzte Menge an Ideen Platz findet. Schön ist es, wenn alle möglichen anderen Ideen zur BEschäftigung aufbereitet auf den Zugriff warten und entsprechendes Engagement auch Beachtung finden kann.

Die Wertung rührt daher, dass ich Zugänglichkeit, also die Möglichkeit, sich der fortgeschrittenen oder abstrakteren Ideen kontinuierlich zu nähern als wichtig für den gesellschaftlichen Nutzen ansehe.

Dabei ist es im Grunde egal, ob eine Form verschwindet, wenn sie durch genug andere ersetzt wird. Es kommt nicht auf die einzelne Form an.

@Serialisten
Hier zeigt sich wieder, dass ich mit Begriffen um mich werfe, die gar nicht passen.

"Subkultur"... jaja. Meinen tue ich eine Clique von Produzierenden + Publikum, die sich abkapseln, um ihre IDee zu entwickeln oder aus welchen GRünden auch immer und in der dann die Idee reift.
Das Wort Clique ist hier durchaus im wissenschaftlichen Sinne zu verstehen. Die Mathematische Def, die Intuition und die Soziologische decken sich hier recht gut.

Die Schaffer der "Neuen Musik", die Motoren über die Drehzahl stimmten und so in Instrumente verwandelten, die Tonerzeuger mit 150 TÖnen je Oktave ersannen und lernten die zu spielen sind ein hervorragendes Beispiel für eine Clique, eher für viele Cliquen gemeinsamen Geistes. Allerdings wurde sie nie vom Mainstream eingeholt, sondern zerbarst in viele Richtungen, von denen die Serialisten eine der Einflussreichsten wurden.

Schönberg, noch bevor er sich der Zwölftonmusik hingab, schrieb dazu, dass er den unverfälschten Ausdruck suche. DIes ist nur durch ungewohnte Töne möglich und nur so lange, wie sie ungewohnt sind.
Der Widerspruch zur bestehenden Kultur gehörte hier zum Konzept. (z.B. das Stück "Verklärte Nacht")
Von einer Abkehr politisch verseuchter Tradition ist mir bei ihm nichts bekannt. An anderen Stellen schon.



--- Zitat ---Der Begriff der Subkulturen lässt sich natürlich nicht ohne Probleme auf den Großteil der Musikgeschichte anwenden. Denn je nach dem Ort, für den Musik geschrieben wurde, gab es zwar "Milieus", aber man würde diese nicht gerade mit dem assoziieren, was man heute Subkultur nennt: Kirche, Tanzsaal, Hof, bürgerliches Wohnzimmer, Konzertsaal, etc. Hier wird es vor allem mit dem Abgrenzungsgedanke schwierig. Finde ich zumindest.

--- Ende Zitat ---
Ja, da hast du sicher recht.

Die Beispiele, die ich im Hinterkopf hatte, waren die wachsender Bewegungen, die unter anderem eine eigene Musik für sich herausbrachten. Die breite Masse hat dann die kulturelle Idee der BEwegung zerschlagen und Teile Assimiliert und andere verworfen.
Die Musik der Hippies findet sich jetzt in Gesangsbüchern der kirchlichen Jugend und als Stilmittel zur freien Verfügung.SIe ist immer noch assoziert, aber unbelastet.
Das Konzept der freien Liebe und partnerlosen Familiengemeinschaft in großen Gruppen hat sich nicht gehalten.

Die Jamaikaner nahmen Teile des Jazz und kreierten den Ska, die Brasilianer und Kubana lieferten den Nährboden für den Bossa Nova.
Beides Fälle, in denen eine ursprünglich unzugängliche Musik aufgenommen und verarbeitet wurde.
Die Form wurde erkannt, geschätzt und mit eigenen Inhalten gefüllt.

Dies geht auch außerhalb der rein musikalischen Qualität:
Ska-P singen in ihrem Ska über das Leben in Armut ohne Jobs oder Zukunft. Allerdings stammen sie aus Spanien und haben hier Ideen adoptiert und zu ihrer eigenen Musik verschmolzen.

Den Begriff Subkultur hatte aufgegriffen, weil mit meinem heimgebrauten Kulturfüllebegriff zusammen das ausdrückt, was ich meine. Eine Teilgruppe, deren akzeptierte Ideen von der Übrigen Gesellschaft verschieden sind.

Da die soziologische Subkultur oft auch mit einem eigenen Musikstil daherkommt (Punk, Hiphop, Black Metal...) lag die Verwendung eben nah.




--- Zitat ---Erschwert wird diese Betrachtung natürlich vor allem dadurch, dass der überwiegende Teil der erfassbaren Musikgeschichte nur die sogenannte E-Musik betrachten kann, weil die U-Musik bis ins 19. Jahrhundert hinein so gut wie nicht aufgezeichnet wurde.

--- Ende Zitat ---

Jetzt und im 20.Jhd hat sich das zum Glück geändert. Man kann auch die Spex lesen. Die dokumentiert das ganz gut. ;D
Die U-Musik wurde vor Allem inU-Medien aufgezeichnet. Die BravoHits sind ein sehr wertvolles Archiv der Popmusik und ihrer Entwicklung.

In früheren Zeiten war alles U-Musik außer Kirchenmusik und Etuden... Selbst Bachs Fugen und andere formale Knieschüsse waren Glasperlenspiele zur Belustigung und zum Zeitvertreib einer Elite. Aber vielleicht habe ich den Unteschied nie so recht verstanden.
Spätestens, wenn es um die Oper geht, seheich keinen Unterschied zum heutigen Musical. In Meyerbeers "der Prophet" kommt sogar ein Rollschuhtanz vor, der die Sönger so außer Atem brachte, dass sie kaum singen konnten.
Noch vor der Premiere gab es ein Cartoon in den Zeitungen, in dem einem ausgelaugtem Sänger auf Rollschuhen ein Handtuch gereicht wird mit der Bitte: "Ne transpirez pas, svp" (Lassen Sie nichts Durchsickern.)
Der König der Löwen in Hamburg würde vom Geist der Aufmachung her wunderbar dort hinein passen (wenn er sich an die damaligen Stilmittel halten würde( Kerkerszene, Wahnsinnsszene, Rettungsszene...5 Akte, Je nach Tradition gesungene Rezitative oder nicht, Themenauswahl).

Und sogar vor Meyerbeer, vor Erscheinen der großen (Volks)Oper, gab es mehr oder weniger zusammenhängende Musikvorführungen mit teils bunt zusammengewürfelten Stücken aus alten Singstücken/Hofopern/Volksliedern.

Über große Teile der U-Musik gibt es daher gute Quellen. Die private oder kleine Musik, die in Kneipen etc spielte die bleibt wesentlich unsichtbarer.



--- Zitat ---Wenn das so ist, halte ich Deine Aussage für falsch. Denn die Assoziation "nur Märchen" im Bezug auf die Zauberflöte ist eine Zuschreibung....Die ursprüngliche Aussage ist nie und nimmer "nur Märchen".
--- Ende Zitat ---
Nur Märchen ist allerdings keine Aussage einer Oper oder eines Buches oder...

Das Märchen ist erster Linie eine Formvorgabe und selbst die erfüllt das Stück nicht hundertprozentig, da es kein so richtiges Gutes und Böses gibt.

Das geht aber an dem Punkt vorbei, den ich bei Dir herauslese:
Alte Geschichte mit einer beabsichtigten Wirkung benötigen Übersetzungsarbeit.
Einem Publikum, das nicht die netsprechende Bildung hat, die damals verwendeten Symbole zu verstehen kann dadurch geholfen werden, dass man an ihrer Stelle bekannte Symbole einsetzt.
An dieser Stelle hilft die drastische Inszenierung dem neuen Publikum, Zugang zu finden.

Der Weg passt schon, der Druck auf die Regisseure ihr skandalgeiles Publikum zu befriedigen sorgt in meinen Augen allerdings nicht dafür, dass die Idee zugänglicher wird.
Das Stück ist im Original ja nicht unzugänglich. Seine Geschichte funktioniert ja in der Regel und muss durch Musik und Inszenierung nur noch gestützt werden.
Der Regisseur hat jetzt das Problem, dass er sich selbst als RiesenEGO nur in einem der dienenden Bereiche austoben darf... naja, dürfte.

Das Bild, was mir vorschwebt ist hier nicht, die historisch korrekte Aufführung und auch kein "einzig richtiger Weg" (sondern nur ein BEdürfnis, so etwas noch mal sehen zu dürfen).
Es ist die Darbietung des Stückes für ein heutiges Publikum. Das alte Bühnenbild der Zauberflöte stand stellvertretend für eine direkte, bescheidenere Herangehensweise.
Ich möchte hier die Bescheidenheit sehen, die z.B. Ronja Räubertochter jedes Weihnachten wieder auf die Mattscheiben bringt, während das Hollywoodprinzesschen längst vergessen ist.
Wenn Elemente übersetzt werden müssen, damit sie verstanden werden können, dann ist dies sogar Pflicht für Regisseur. Zumindest sollte das Material hier zur Verfügung gestellt werden.
Die Strapse tragende Königin der Nacht, die in Gesten Tamilo eine ihrer drei Dienerinnen stundenweise verkaufen will passt vielleicht noch entfernt zur Rolle.
Die Zombieorgie samt Geburt eines Babieskelettes und wortwörtlichem Skullfuck sperrt sich mir irgendwie, wenn es um den fliegenden Holländer geht. Das war purer Effekt.
Gerade so ein Stefan Soltesz (Aalto Theater in Essen) geht mir damit dermaßen auf den Zeiger, aber er brauchthalt den Appluas älterer Frauen mit Stola, den man nur bekommt, wenn andere ältere Frauen mit weinrotem Jackett pikiert den Saal verlassen.
Dieses ganze Klassikgenre ist so ein inzestöser Haufen an musikalischer Stagnation und aufmerksamkeitsheischendem leeren nachgeklimper immer gleicher Töne.

Vielleicht wird es Zeit, dass neue Opern aus neuen Librettos geschrieben werden und dem Zwang unterliegen Geld einzuspielen.... verdammt, das sind Musicals und die meisten sind schlecht. Ich glaube das Problem liegt hier bei mir.




--- Zitat ---Frag mich nicht mehr, wo und wann und wer, aber es gibt Inzenierungen von U-/Pop-Regisseuren. Ich kann mich erinnern, mal im Rolling Stone etwas über eine Ring-Inszenierung gelesen zu haben von irgendeinem ... keine Ahnung mehr, der Typ war jedenfalls kein "Klassiker".

--- Ende Zitat ---
Könnte erfrischend sein.

Funktionalist:

--- Zitat von: Bordfunker am 10.02.2012 | 11:06 ---Zuallererst hatte ich Mühe das Geschrieben für mich zu strukturieren.

--- Ende Zitat ---
sorry.

@Rollen von Kunst inder Gesellschaft/Trade-offs ihrer Förderung und Anwendung

Da steckt gar kein großer Widerspruch drin. ;D

Die Bottum-up Perspektive hatte ich jetzt gar nicht mehr im Blick...
Die Richtung, über die ich hierauf gestoßen wurde war ungefähr diese:

"Was ist schlimm daran, wenn eine Kultur in einer anderen aufgeht?"
Oder spezieller, wenn die Musik einer SUbkultur ihr entrissen wird und sie so ihre Identität teilweise verliert?

Hat die Gesellschaft einen Nutzen davon, oder ist der  Prozess rein destruktiv?


--- Zitat ---Ich hoffe ich habe mit meiner eher praktischen Denkweise diese Diskussion ned entzaubert.Ich denke und lese weiter mit.  :)

--- Ende Zitat ---
;d


--- Zitat ---Edith: Gibt es eine Gruppe ohne gemeinsames Merkmal? Nö...oder?

--- Ende Zitat ---
Genauso wenig, wie es einen perfekten Menschen geben kann, denn er scheitert am "unperfekt sein". Jedes Mitglied einer Gruppe ist schon durch seine Mitgliedschaft in der Gruppe ausgezeichnet, die er mit den anderen teilt.




[/quote]

Bordfunker:
Ich würde gerne wissen, wie Deine Oper aussieht, werter Mensch hinter einer erfundenen Figur.   ;)  Wie sie aussähe, wenn Du sie machen dürftest und alles hättest, was benötigt würde. :)

Funktionalist:
@Bordfunker
Sie wäre ein Flop.
;D

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Es wäre ein Musical. Das heißt, es würde allgemeinverständliche Bildsprache und Musik verwenden.
Es wäre mir wichtig, dass die Musik dabei sehr wirkungsorientiert ist. So sehr ich Richard Strauss mag, so ungeeignet ist dieser Ansatz für etwas, das einen Erziehungs/Hinziehungs/Anbiederungsansatz verfolgt. So frei, wie Phil Collins im Disney's Tarzan den Song "Thrashing the camp" zusammengebastelt hat, sollte die Musik hier auch verwendet werden.
Ruhig könnte hier auch Sampling/Dub imitiert werden, da es ein bereits bekanntes Muster ist und innerhalb klassischer Muster (overtüre,Arie, Duett,...) für eine Wiedererkennung sorgt.
Die Instrumentalisierung ist per se nicht wichtig. Da gibt es keinen Grund, an dieser Stelle zu schocken.

Ziel ist es, mit der Musik eine Art Albumkonzept zu verfolgen, das das Ohr für eine Vielzahl von Stilmitteln öffnet. Der Besuch des Musicals gibt Bilder und erste Ohrwürmer. Andere Lieder sind etwas sperriger und sollen erst zünden, wenn sie das zweite oder dritte Mal gehört werden.
Die Geschichte soll hierbei die Motivation bieten, die zu tun.
So entspräche die Bühnenversion, die die Wege der Schauspieler auf der Bühne mit extratakten berücksichtigt oder für gesprochene Parts abschwillt und wieder anhebt nicht der Albumversion, die extrem auf hörbarkeit zugeschnitten wäre.

Ach ja, den Librettisten würde ich wahrs. Casten. >;D



@topic
Mich wundert es, dass die Plünderung von Subkulturen durch den Maistream einfach so abgenickt wird.

Wie Bordfunker oben schrieb, gibt es in Musik etc. Meinungsführer und Machtgefüge, hauptberufliche Trendsetter etc.
Diese erhöhen das Tempo, mit dem neue Ideen/Ausdrucksformen wahrgenommen und geschätzt werden.

Gefühlt würde ich sagen, dass sie mit einer Taschenlampe ständig neues in unmittelbarer Nähe anleuchten und alles nur dorthin sieht, das wieder abgedunkelte sofort wieder vergisst. Na, wer kennt noch Boyz2Men oder east17? :gasmaskerly:

Eine ruhigere Entwicklung, die etwas anarchischer, ungerichteter szenelokaler ist, würde mir besser gefallen.
Sie hötte auf der gleichen Menge an Menschen mehr Vielfalt und an den Berührungspunkten der Leute mehr Austausch.

Im Idealfall treiben sie eine riesige Langmasser auf brieter Front durchs Meer und nicht eine Reihe kleiner Ausläufer, die totgetrampelt werden und dann wieder verschwinden.

Phänomene wie Björk lassen mich hier allerdings immer mal wieder hoffen.

Bordfunker:

--- Zitat von: DestruktiveKritik am 11.02.2012 | 11:48 ---@Bordfunker
Sie wäre ein Flop.

Phänomene wie Björk lassen mich hier allerdings immer mal wieder hoffen.

--- Ende Zitat ---
Ersteres gäbe es zu beweisen, aber ich denke auch, daß es ein Flop wäre. Was nicht heißt, daß ich Spass dran hätte da mitzubasteln. :)

beim zweiten stimme ich Dir einfach zu. Björk war und ist einfach toll http://www.youtube.com/watch?v=htobTBlCvUU

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln