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Annahmen zu D&D-Spielern - Eine Hypothese
Teylen:
--- Zitat von: Teylen am 20.03.2012 | 12:08 ---Wobei ich es eher so verstehe [..]
--- Ende Zitat ---
Damit beziehe ich mich auf mein Verstaendnis, der Aussage, des Eingangspots.
Das heisst ich bin nicht der Ansicht das D&D Spieler aufgrund von Vampire oder DSA [oder der Forge / Indie Welle] Komplexe bekommen haben und sich deswegen fuer die eigene Spielweise schaemen.
Nur als Anmerkung.
Windjammer:
--- Zitat von: Feuersänger[N/A] am 18.03.2012 | 15:13 ---Nö sorry, das ist mir zu blöd. Ich hab schlicht keine Zeit, mich durch fünf verschiedene seitenlange Diskussionen auf ebensovielen Webseiten zu wühlen, ohne überhaupt zu wissen worauf das ganze hinauswill.
--- Ende Zitat ---
Dann versuche ich es. Verlinkt wurden Justin Alexanders überarbeitete Version von "Keep on the Shadowfell" und Zak Smiths Rezension zu "Slaying Stones".
Ausgangspunkt ist also das Kaufabenteuer, wie es während der 4. Edition gehandhabt wurde, und das wie fast nichts sonst die Erwartungshaltung suggeriert, wie man ein Spielerlebnis mit dieser Edition handhabt.
Das Problem dabei läßt sich am einfachsten dadurch veranschaulichen, dass das Format der Abenteuer den - rein örtlichen - Ausgangspunkt der SC während der Begegnung festlegt, sowie dass die Begegnungen starr vorgegeben werden. Zak sagt dann etwa: und was, wenn meine Spieler gar nicht diesen Eingang wählen, sondern versuchen, über das Dach in das Gebäude zu gelangen, und die Monster von oben - aus sicherer Distanz - fertigzumachen?
Lustiges Beispiel, denn gerade das ist mir letzten Sonntag passiert. Gespielt wurde Revenge of the Giants, Steading of the Hill Giant (2009). Dort ist in der Tat ein Kamineingang vorgesehen. Über den - zusammen in Kombination mit einem arkanen Trampolin (Artificer Daily) - haben die SC gleich mal einen ganzen vorgefertigten "Encounter" aus sicherer Distanz von oben kaputtgemacht, und haben im Gegenzug gerade mal 3 TP Schaden erlitten. Erst als sie sich in das Steading hineingelassen haben, verlagerte sich die Spielprozedur zum üblichen (und es kam beinahe zum TPK).
Auf Enworld wurde diese Diskrepanz unlängst als der Unterschied zwischen "Kampf als Krieg" und "Kampf als Sport" erläutert. Bei ersterem versuchen die SC, die Bedingungen des Kampfes größtmöglich zu ihren Gunsten zu variieren. Die Betonung liegt auf dem strategischen. Das Beispiel mit dem Kamin veranschaulicht das: die SC wären ja richtig blöde, durch die Eingangstür der Hügelriesenburg zu stolzieren, und dann ganz brav die Begegnungen, eine nach der anderen, zu absolvieren - meine Güte, man könnte dabei ja Schaden einstecken, oder sogar draufgehen! - Ganz anders wenn man die 4E als taktischen Sport betreibt: in der linken Ecke vier SC, in der rechten Ecke "Team Monster", alles sehr schön ausbalanziert, und den Sieg trägt davon, wer sich taktisch besser verhält, nicht wer im vorhinein strategisch besser organisiert war.
Das Problem mit der Präsentation der 4. Edition ist, dass sie in den Kaufabenteuern ausschließlich "Kampf als Sport" betreibt. Die Abenteuer sind nicht so geschrieben, dass die Spieler jemals strategischen Freiraum im Umgang mit der lebendigen Spielwelt entwickeln. Die Abenteuer sehen ja schließlich sogar vor, wo sich die SC zu Begegnungsbeginn befinden - die spielerische Freiheit beginnt also erst mit dem Initiativewurf. Und das hat mit dem klassischen D&D, das sich seit jeher über (zumindest anteilweise) "Kampf als Krieg" definierte, nur mehr wenig zu tun.
Meiner Meinung nach haben das die Wotzies eingesehen. Ich empfehle wärmstens die Neuauflage der bereits erwähnten Hügelriesenburg, in einer Dungeon-Ausgabe vor ein paar Monaten. Chris Perkins hat eine neue Konvertierung dieses AD&D-Klassikers geleistet - eines Abenteuers das man, im Original, als Spieler nur über die strategische Komponente überleben kann. Perkins' Konvertierung löst sich erstmals vom üblichen ("Delve"-)Format der 4E-Kaufabenteuer, also von der vorgefertigten Aufbereitung von Begegnungen. Gezeigt wird ein Gewölbe auf zwei Ebenen, genannt werden die groben Aufenthaltsorte der Monster, wie sich diese grob verhalten. Aber auf welchem Kästchen sich wer wann wo befindet - ob jetzt Team Monster oder unsere SC - das entsteht im freien Spiel.
Meiner Meinung nach entfaltet die 4. Edition erst dadurch ihr volles Potenzial. Dieses Potenzial hatte man fast vier ganze Jahre lang verschenkt, indem man trotz extrem großer negativer Reaktion auf "Keep on the Shadowfell" an dem stupiden taktischen Heruntergekloppe festhielt, wie man es in der RPGA und den "Living Forgotten Realms" praktizierte.
Der Thread-Ersteller geht irrig in der Annahme, dass dieses stupide Heruntergekloppe dem eigentlichen Spielverlangen der US-amerikanischen Spielerschaft entspricht, diese aber zu verklärt sind, zu verstehen wie sehr sie sich danach sehnen, wenn sie es sich nur eingestehen könnten. Das ist Unsinn. Natürlich stimmt es, dass in gewissen Kontexten wie dem schon erwähnten "Organized Play" - oder von mir aus, auch Conventions - eine Eindämmung der strategischen Komponente positiv dazu beiträgt, das Spielerlebnis - nicht zuletzt: zeitlich - fest einzugrenzen. Aber warum man Eingrenzungen dieser Art am heimischen Spieltisch haben wollen sollte (drei Hilfsverben), wo man doch alle Zeit der Welt hat, bleibt mir schleierhaft.
Abschließend bleibe ich bei meiner These, dass, wenn die Kaufabenteuer der 4. Edition ein freieres Spiel präsentiert hätten, anstatt die übelsten Vorurteile gegenüber dieser Edition geradezu zu untermauern, dann würden wir jetzt nicht von einer 5. Edition sprechen. In dieser Hinsicht hat mir übrigens der eingangs erwähnte Justin Alexander kürzlich zugestimmt. Gleich wie er bleibe ich sehr skeptisch, ob es WotC gelingt, in Zukunft freiere Abenteuer - und damit: ein freieres Spielerlebnis - zu vermitteln. Die letzten Arbeiten von Chris Perkins sind ein erster Lichtblick: die Entwicklung hier zu verfolgen dürfte spannend bleiben.
Grimnir:
Lieber Windjammer, mir ging es da ähnlich wie Feuersänger. Daher vielen, vielen Dank, dass Du die Diskussionen so konzise und nachvollziehbar aufbereitet hast. Insbesondere auch die Gegenüberstellung von "Kampf als Sport" und "Kampf als Krieg" trifft in meinen Augen sehr genau den Punkt. Gerade dieser Sportansatz, die Ausblendung der strategischen Ebene, ist ja damals zum Erscheinen der 4. Edition auch im Hofrat-Forum heftig kritisiert worden.
Wenn in neueren Abenteuern die strategische Ebene stärker berücksichtigt wird, bleibt ja zu hoffen, dass das in der nächsten Edition auch einen regeltechnischen Niederschlag findet. Das ist einer meiner Wünsche an die neue Edition.
La Cipolla:
--- Zitat ---Abschließend bleibe ich bei meiner These, dass, wenn die Kaufabenteuer der 4. Edition ein freieres Spiel präsentiert hätten, anstatt die übelsten Vorurteile gegenüber dieser Edition geradezu zu untermauern, dann würden wir jetzt nicht von einer 5. Edition sprechen.
--- Ende Zitat ---
Denkst du wirklich, so viele alteingesessene Spieler lesen die Kaufabenteuer? Meiner Erfahrung nach ist das eher was für Leute, die das Spiel noch nicht so gut kennen (und die sind afaik ja durchaus nicht so negativ auf D&D4 angesprungen wie die Fans). Ich denke, dein Punkt ist durchaus richtig, aber ebenso wie der Punkt des Threaderstellers viel zu extrem. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen diesen ganzen kleinen Problemen, die D&D4 heruntergezogen haben - viele davon in der Präsentation des Spiels.
Samael:
Ich bin der Ansicht, dass der Einfluss von Abenteuern auf die Rezeption und den Erfolg eines Mainstream-RPGs gemeinhin unglaublich unterschätzt wird. Pathfinder etwa gäbe es ohne regelmäßige, qualitativ zumeist mittelmäßig bis gute Module und den monatlichen AP heute nicht mehr, davon gehe ich aus.
Ich denke auch, dass der Regelkern der 4E nicht hauptverantwortlich für ihr Scheitern war, sondern die Präsentation des Spiels auch und gerade in Setting und Modulen.
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