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[Dresden Files] Miami Files - Die Ritter von Miami (a.k.a. "Die schönen Männer")
Bad Horse:
Sehr schön. ;D
Timberwere:
Freut mich! :)
Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Dead Beat 2
Mierda. Es ist wieder eine Frau verschwunden. Und sie passt wieder ins Schema. Natürlich. Und es scheint, als wolle der verdammte Mistkerl es so aussehen lassen, als sei Edward der Täter. Cabrón.
Aber der Reihe nach.
Ich war massiv erleichtert, als sowohl Totilas als auch Edward heute Vormittag unversehrt, nur ein wenig übermüdet, im Dora's auftauchten. Edward hat wenig Erinnerungen an die vergangene Nacht, sagte er, nur an seine unbändige Wut und daran, unablässig gerannt zu sein, irgendwas verfolgt zu haben. Lustigerweise fand sich im Miami Herald eine kleine Meldung über den Vorfall: Vandalen seien nachts unterwegs gewesen und hätten in der Vorstadt Mülltonnen umgeworfen, vermutlich Jugendliche.
Als ich den Jungs dann von meinem Verdacht in Sachen Pace erzählte, hielten die mich zum Glück nicht für paranoid, mahnten aber zur Vorsicht. Totilas zum Beispiel warf ein, wenn es Pace wegen Dee sein könne, habe er ebensogute Gründe, warum Edward der Mörder sein müsse – immerhin sähen die Frauen vom Typ her auch Cherie ähnlich, die hat Edward kurz vor Beginn der Morde verlassen hat, und der Rest des Profils trifft (bis auf die Tatsache, dass er schwarz ist) ebenfalls auf Edward zu.
Wir kamen auf die Idee, Henry die Flugdaten der Zeiten kurz vor den Morden überprüfen zu lassen, ob vielleicht ein David Pace öfter mal in die Stadt gekommen ist. Falls Pace einen falschen Namen verwendet hätte, wäre das zwar keine Hilfe, aber immerhin mal ein Anfang.
Ehe Edward aber bei Henry anrufen konnte, rief der Edward an: Es sei eine weitere Frau verschwunden. Und ob Edward ihm vielleicht etwas zu sagen habe: Auch dieses neue potentielle Opfer habe nämlich einen polizeilichen Eintrag gehabt (wieder wegen irgendeiner vergleichsweisen Kleinigkeit, das Auto ihres Ex-Freundes demoliert oder etwas in der Art), und der Aufruf der Akte in der Polizeidatenbank sei von Edward gekommen. ¿Que demonios?
Nachdem Edward seinem Partner erstmal erklärt hatte, dass er das nicht gewesen sei, rückte Henry damit heraus, er habe Edwards Passwort öfter mal benutzt, um vorzugeben, dass Edward aktiv gewesen sei; außerdem habe er dessen Passwort regelmäßig alle drei Monate geändert, damit es nicht verfalle. Und er habe es hinter den Bildschirm gepappt, wo Edward es finden könne, wenn er es brauche. Dummerweise konnte es dort halt nicht nur Edward finden, sondern auch jeder andere, der davon wusste. Und dass es da hing, war ja nun nicht so schwer herauszufinden. Super. Wirklich super. Da musste Henry sich eigentlich auch nicht wundern, dass sich jemand anderes Zugang zu Edwards Account verschafft hatte.
Aber das muss er in Persona erklären. Henry ließ Edward von ihrem Chef ausrichten, er solle gefälligst seinen Hintern aufs Revier bewegen, und das klang nach einem Befehl, dem unser Kumpel besser sofort nachkommen sollte. Wir wollen uns nachher wieder treffen, wenn Edward genauer weiß, was Sache ist.
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Coléra. Lieutenant Book hat ihn bis auf Weiteres suspendiert. Alle beide sogar, Edward und Henry, wegen der Nachlässigkeit mit dem Passwort. Denn die Akten aller Opfer wurden kurz vor den jeweiligen Taten von „Edward“ abgerufen.
Auch Agent Pace war anwesend, und der hat Edward sehr eindringlich verhört. So, als sei der ein Verdächtiger in den Mordfällen. Oder als wolle Pace von sich selbst ablenken. Wobei, verdammt. Agent Pace kommt so leicht nicht an Edwards Passwort ran. Es wäre zwar nicht unmöglich, weil das Revier kein ausweisgesicherter Bereich ist, sondern man einfach reinmarschieren kann, aber Pace müsste sich schon sehr unauffällig reingeschlichen haben, wenn gerade niemand sonst da war. Nachts oder so. Aber trotzdem. So ganz aus dem Auge verlieren sollten wir Pace trotzdem nicht.
Aber dieser neue Vermisstenfall war erstmal wichtiger. Suspendierter Kumpel oder nicht, wir mussten da hin. Normalerweise gelten ja die bekannten 48 Stunden, die jemand verschwunden sein muss, aber weil ein Serienmörder umgeht und die Vermisste ins Schema passt, wurde diesmal sofort gehandelt. Am Haus des mutmaßlichen Opfers war also schon ein großes Polizeiaufgebot anmarschiert: Die Detectives Townsend und Caldwell, die Agents Pace und Rollins, Uniformierte, Spurensicherung. Da wollten wir uns lieber außer Reichweite halten, weil Edward ja gar nicht mehr offiziell hier sein durfte.
Aber in der Nähe des Hauses befand sich ein kleiner Park, wo Alex jemanden kannte. War ja klar. Aber hey. Es ist Alex. Sein Bekannter war natürlich ein Geist: ein alter Gärtner, der nach seinem Tod einfach weiterarbeitete. Mit diesem Geist redete Alex, fand aber auch nicht groß viel weiter heraus, als dass immer mal ein grauer Lieferwagen mit Vanguard-Logo in der Gegend herumfuhr. Wobei das natürlich auch keinen echten Hinweis darstellte: Auf jedem beliebigen grauen Lieferwagen lässt sich mit Leichtigkeit ein entsprechender Aufkleber befestigen, und andersherum gibt es da in der Gegend mit Sicherheit genug Objekte, die von Vanguard Security bewacht werden, so dass deren Wagen jedes Recht haben, dort herumzufahren.
Wie gesagt, wir blieben vorsichtshalber eher etwas weg von dem Haus, sondern beobachteten nur aus einiger Entfernung. Aber Edward ging mit seinen Kollegen reden und bekam immerhin heraus, dass die Spurensicherung am Tatort einige Haare von James Vanguard gefunden habe. Hah. Der Täter soll sich mal entscheiden, ob er Edward in die mierda reiten will oder Vanguard. Oder vielleicht denkt er sich auch nur, zwei Verdächtige sind besser als einer...
Da wir dort am Tatort nicht mehr wirklich viel tun konnten, fuhren wir ins Biltmore zu Totilas' Cousin Vin, dem Hacker. Der war, als wir ankamen, gerade mit irgendeinem Multiplayer-Spiel beschäftigt, aber allzu lange mussten wir zum Glück nicht warten, bis er Zeit für uns fand. Dummerweise wollte Vin nicht ohne jede Gegenleistung für uns herausfinden, ob Edwards Account gehackt worden ist und von wo aus die ganzen Zugriffe auf die Polizeidatenbank erfolgten. Er sei hungrig, erklärte er, und er könne sich nicht konzentrieren, bis er nicht etwas 'gegessen' habe. White Courts eben... Ich schlug vor, ihn mit Rollins, dem süchtigen FBI-Profiler, zusammenzubringen, aber so lange wollte Vin nicht warten, also erklärte Roberto sich schließlich dazu bereit.
Ich muss aber gestehen, ich sah nicht hin, als Vin Raith Roberto abknutschte. Oder war es andersherum? Jedenfalls sagte Vin hinterher zu, er würde sich an die Arbeit machen und uns informieren, sobald er Infos für uns hätte.
Natürlich wollen wir aber auch die Verschwundene finden. Das können wir nur nicht, solange alle Finderituale auf dieses blöde Lagerhaus deuteten. Wobei wir ja noch nicht mal wissen, wie das genau wirkt. Ob der Suchfluch wirklich alle Finderituale in der Stadt betrifft oder nur diejenigen, die sich auf die Morde beziehen, oder vielleicht nur all diejenigen, die von Edward gewirkt werden.
Aber wir kennen ja noch jemand anderen, der uns eventuell mit einem Suchzauber helfen könnte...
Also suchte Edward seinen Schlüssel per Ritual, bekam aber wieder nur die Lagereinrichtung zum Ergebnis. Daraufhin rief ich Ximena an und bat sie um Hilfe. Sie ist zwar keine Ritualspezialistin, aber dafür, dieselbe Suche noch einmal durchzuführen, würde es gerade noch reichen, meinte sie.
Kurze Zeit später rief Ximena zurück: Sie hatte zuerst ihre Rollenspielwürfel wiedergefunden und danach, bei einer zweiten Suche, Edwards Schlüssel. Also betrifft der Fluch wohl wirklich nur Edward, und so bat ich Ximena, uns auch bei der Suche nach der Verschwundenen zu helfen. Da wurde das Telefonat dann etwas seltsam, weil es mir so vorkam, als wolle Ximena in meinem Privatleben herumkramen. Aber was und wie zwischen mir und Dee läuft, das geht sie nun mal nichts an, verdammt. Und wenn sie findet, ich sei verklemmt... Grrrr. Soll sie doch. Egal. Es änderte nichts an der Tatsache, dass sie sich bereiterklärte, uns zu helfen, falls wir ihr irgendwas von der Vermissten beschaffen könnten. Was natürlich nicht legal wäre. Weswegen sie also gar nicht wissen wolle, wie.
Aber wir müssen dieser Tessa Cunningham helfen, oder wie sie heißt. Cumberlane. Dings. Also brauchen wir etwas von ihr. Also ist es nicht von Belang, ob es legal ist oder nicht. Ximena wird ihre Haare bekommen.
Nur zuerst rufe ich Dee an. Das wollte ich schon den ganzen Tag, kam aber vor lauter Aufregung nicht dazu.
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So. Mit Dee geredet und für morgen zum Frühstück verabredet. Ich wollte ihr aber nicht am Telefon sagen, dass ich Agent Pace verdächtige, irgendwie brachte ich das nicht über mich. Denn dazu möchte ich ihr lieber gegenübersitzen. Ich habe nämlich nicht die geringste Ahnung, wie sie reagieren wird, und falls sie mich der grundlosen Eifersucht bezichtigt, möchte ich das doch bitte in Persona von ihr hören und in Persona reagieren können. Aber ich habe Dee gesagt, sie solle vorsichtig sein. Das sei sie doch immer, erwiderte sie. Besonders vorsichtig, meinte ich. Und da hatte sie dieses Lächeln in der Stimme, als sie „mach ich“ sagte.
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Zurück von unserem kleinen Ausflug zu Tessa Cumberlains Haus. Mit Tessas Haaren. Es hat geklappt, aber ganz leicht war es nicht. Naja, zugegeben, es hätte leichter sein können, wenn wir gleich so schlau gewesen wären, wie wir am Ende waren. Aber es war auch sehr, sehr seltsam. Ich glaube, es wäre mir wesentlich lieber gewesen, wenn die erste Aktion geklappt hätte...
Wir – sprich Alex, Roberto und ich; Edward und Totilas wollten währenddessen mit Jack White Eagle reden – stellten sehr schnell fest, dass das Haus auch nachts von zwei Cops in einem Zivilfahrzeug beobachtet wurde. Und das Gelände war mit Band abgesperrt, also tatsächlich nicht legal zu betreten.
Aber ich war tagsüber Rhoda begegnet, Rhoda Waterson von dem Autorentreff auf der Con. Sie wohnt ein paar Straßen von Ms. Cumberlain entfernt, und sie war nachmittags schon ganz aufgekratzt wegen des Vorfalls. Jetzt rief ich sie an und bat sie um ein Treffen im nahegelegenen Park. Unauffällig. Dass sie das verdächtig finden könnte, das kam mir gar nicht in den Sinn.
Ich erklärte Rhoda, es gehe darum, die arme Ms. Cumberlain zu retten, und schlug vor, dass sie die beiden Cops ablenken könne, wenn sie ihnen Kakao brächte oder sowas. Rhoda meinte zwar, Mrs. Myers von nebenan habe den beiden früher am Abend schon mal Donuts bringen wollen, und die hätten sie abgelehnt, weil sie sowas nicht annehmen dürften, aber es würde ja schon reichen, wenn die beiden Beamten den Kakao nicht annähmen, aber durch das Gespräch mit Rhoda dennoch abgelenkt seien. Wir einigten uns auch darauf, dass sie unverrichteter Dinge kehrt machen würde, wenn die Dinge irgendwie brenzlig würden oder es so aussähe, als klappe das mit dem Aufmerksamkeit-Heischen nicht. Immerhin ist Rhoda eine ältere Lady, und ich wollte ihr keinesfalls irgendwelche Probleme machen. Nicht nur lese ich ihre Geschichten um die Miss Marple-artige Ermittlerin mit den übernatürlichen Fällen viel zu gerne, sondern Rhoda selbst ist einfach auch viel zu nett, um sie in Schwierigkeiten gleich welcher Natur zu bringen.
Dummerweise nur kam es tatsächlich so, wie Rhoda es schon befürchtet hatte. Die beiden Polizisten lehnten ihren Kakao ab, und Roberto, der an einem geparkten Auto weiter hinten in der Straße für zusätzliche Ablenkung sorgen wollte, indem er dessen Alarmanlage auslöste, versagte bei dem Vorhaben. Alex hätte sofort gewusst, wo er draufhauen muss, damit der Alarm losgeht, aber der war der einzige von uns dreien, der wenigstens einigermaßen schleichen konnte, und so stand der parat, um Tessa Cumberlains Auto zu öffnen und dort einen persönlichen Gegenstand von ihr zu entwenden.
Mierda. Auf diese Weise ging es also schon mal nicht. Aber wir hatten... nein. Ich sage jetzt nicht 'zum Glück'. Dazu war das Ganze einfach zu seltsam. Aber es kam uns noch eine andere Idee. Oder genauer, Alex hatte die Idee. Er meinte, wenn Roberto sich als Frau verkleiden und mit einem von uns die Straße entlangflanieren würde, dann könnte das die beiden Polizisten vielleicht auch ablenken.
Ich will jetzt nicht wissen, wo Roberto auf die Schnelle die Frauenklamotten herhatte. Ich will vor allem nicht wissen, warum er sie auf unserem kleinen Ausflug mitgeschleppt hat, denn das hatte er mit Sicherheit nicht im Voraus geplant. Aber er kramte aus seiner Tasche eine Stola und einen Rock und ein paar hochhackige Schuhe heraus und war im Nu wie verwandelt. Und zwar wirklich verwandelt. Er war nicht einfach nur Roberto, der tat wie eine Frau, sondern es änderte sich wirklich alles: seine Haltung, seine Bewegungen, sein Mienenspiel. Nicht einfach 'tuckig', sondern weiblich. Völlig glaubhaft. Und richtig, richtig seltsam.
Alex ließ einen launigen Spruch los von wegen 'Roberta', aber Roberto erwiderte völlig ernsthaft: „Carmen“. Und es war wirklich so. Als ich da auf der Straße mit Ro Carmen entlangschlenderte, als seien wir ein verliebtes Pärchen, war ich nicht mit meinem Kumpel unterwegs, sondern mit einer fremden, attraktiven Frau. Madre mia, war das seltsam! Beinahe verstörend, wenn ihr mich fragt, Römer und Patrioten.
Aber all dieser Seltsamkeit zum Trotz klappte diese Aktion perfekt. Die beiden Polizisten waren von Carmen derart fasziniert, dass sie ihr minutenlang nachstarrten und Alex problemlos durch Ms Cumberlains Garten und in ihr Haus gelangen konnte und kurze Zeit später mit einer Haarbürste zurückkehrte. Den Diebstahl rechtfertigten wir unseren Gewissen über damit, dass die Spurensicherung mit ihrer Arbeit schon fertig war und wir den Einbruch für die gute Sache begangen hatten.
Dann brachten wir trotz der späten Stunde unsere Beute noch zu Ximena, die zwar erklärte, heute Abend nichts mehr damit anfangen zu wollen, aber versprach, sich gleich morgen früh daran zu machen.
Damit müssen wir wohl leben müssen, denn wenn Ximena sich übermüdet an die Suche setzen würde, käme vermutlich auch nichts Gescheites dabei heraus.
Bad Horse:
Armer Cardo.
Hängt mit Lykanthropen, Vampiren und Magiern herum und legt sich mit Feen an - aber wenn Roberto mal seine weibliche Seite rauskramt, freakt ihn das aus. ;)
Timberwere:
Oh. Ver. Dammt.
Es ist 10:40. Um 10:00 waren wir verabredet. Und Dee ist bisher nicht aufgetaucht. Bei ihr zuhause geht niemand ans Telefon. Ihr Handy ist ausgeschaltet oder in einem Funkloch.
Ich bin so ein verdammter Idiot! Ich hätte meinen Verdacht gegenüber Pace klar aussprechen müssen, statt mich in vagen „sei vorsichtig“-Andeutungen zu ergehen, nur weil ich Angst hatte, dass Dee mich am Telefon wegen meiner Eifersucht auslachen würde oder Schlimmeres.
Und jetzt hat er sie doch erwischt…
Natürlich ist das nicht bewiesen. Sie könnte auch im Stau aufgehalten worden sein oder sonstwas. Aber ich weiß es. Ich fühle es.
Nein. Nein nein nein. Bitte, nein.
Ich gebe ihr jetzt noch genau 5 Minuten. Und wenn sie bis dahin nicht aufgetaucht ist, schlage ich Alarm.
Santísimo padre en el cielo, bitte lass Dee nicht dafür büßen, dass ich so ein verdammter, egoistischer Idiot war… Lass es ihr gutgehen, bitte…
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10:49. Alex ist unterwegs. Klang völlig übermüdet, sagte etwas von einem weiteren Herzschlag. Damit muss Tessa wohl bereits tot sein. Oh verdammt.
Die anderen Jungs habe ich auch alarmiert. Treffen uns gleich alle bei Dee.
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13:56. Durchatmen. Edward und Ximena führen gerade ihr Suchritual durch. Das dauert ein bisschen; lange genug, um vielleicht ein paar Worte zu schreiben. Und wenn ich mich nicht ablenke, hänge ich ihnen nur über die Schulter und störe.
Als wir bei Dees Wohnung ankamen, waren ihre Nachbarn schon ein wenig besorgt, weil es so nach Ozon roch. Sie befürchteten ein Feuer und waren schon am Debattieren, ob sie nicht vielleicht die Feuerwehr rufen sollten. Aber sie erkannten Alex als Dees Bruder, und Alex hat einen Schlüssel, und so waren die Nachbarn relativ beruhigt und verschwanden wieder in ihren Wohnungen.
Drinnen roch es tatsächlich stark nach Ozon, und im Flur, mit Abstrahlung ins Wohnzimmer, sah es aus, als sei eine Bombe eingeschlagen. Naja, nicht ganz so schlimm wie eine Bombe, aber Edward erkannte das als einen Ward, der ausgelöst hatte. Klar, Dee ist ja Ward-Spezialistin. Dummerweise hatte das aber offensichtlich den Eindringling nicht abgehalten, denn Dee war tatsächlich verschwunden und es gab über den ausgelösten Ward hinaus auch weitere Spuren eines Kampfes.
Natürlich nahmen wir etwas mit, anhand dessen Edward sie würde finden können. Dee ist in dieser Hinsicht zwar deutlich vorsichtiger als die arme Tessa Cumberlain, ihre Haarbürste war also sorgfältig gereinigt, aber sie durch das Auslösen ihres Wards aus dem Schlaf gerissen und dann sofort aus ihrer Wohnung entführt worden war, fand Alex doch ein, zwei Haare auf ihrem Kissen.
Übrigens, Römer und Patrioten: Ja, Edward. Der war doch gestern Abend noch mit Totilas raus zu den Sunny Places gefahren, weil er mit Jack reden wollte. Mit Jack reden… und sich etwas *hust* entspannen, wo er eh schon suspendiert ist. Aber er erzählte Jack auch von seinem Suchfluchproblem, und Jack meinte, es gäbe da so ein indianisches Reinigungsritual, das man mal ausprobieren könnte, um den Fluch von ihm zu nehmen. Was wieder mal eine nackige Nacht in der Schwitzhütte bedeutete, aber das kannten Edward und Totilas ja nun schon.
Das Ergebnis: Edwards ganze schöne hanfinduzierte Entspannung war wieder flöten, aber dafür hatte das Schwitzritual tatsächlich den Suchfluch von ihm genommen, und er kann wieder andere Dinge finden als nur den blöden Lagercontainer.
Ehe er das Ritual aber starten konnte, rief Ximena an und verkündete, sie habe die Person gefunden, die wir sie anhand der Haarbürste von gestern Abend hatten suchen lassen. Tessa. An die arme Tessa hatte ich ja beinahe nicht mehr gedacht. Sie – Ximena wusste ja nicht, dass die Arme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits tot war – befinde sich in diesem gerade im Bau befindlichen Einkaufszentrum in Doral.
Stellte sich nur die Frage, ob wir ohne weitere Suche gleich dorthin fuhren, in der Annahme, dass Dee auch dort sei, oder ob Edward doch nochmal unabhängig suchen sollte. Wir entschieden uns für letzteres, aber Edward alleine kam irgendwie nicht durch. Vielleicht hatte er zu wenig magischen Wumms in das Ritual gelegt, oder der Fluch hing ihm doch auf andere Weise noch nach, keine Ahnung. Jedenfalls baten wir Ximena um weitere Hilfe, die sie ein wenig grummelnd zwar, aber zusagte – und ich saß wie auf glühenden Kohlen, bis sie endlich bei uns war, auch wenn es netto gar nicht so lange dauerte. Alex natürlich auch, aber der ließ es sich nicht so sehr anmerken. Zumindest glaube ich, dass man es mir mehr anmerkte als ihm, auch wenn ich mir alle Mühe gab.
Jedenfalls ist Ximena jetzt hier, und sie und Edward haben beschlossen, sich mit ihrem Ritual diesmal mehr Zeit zu lassen, mehr Kraft hineinzupumpen, und dann sollte es mit Ximenas Unterstützung doch gehen. Aber es dauert halt. Ergo dieser Schrieb, zwecks Ablenkung.
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Gut dass sie eine eigene Suche durchgeführt und sich nicht darauf verlassen haben, dass wir Dee am selben Ort finden würden wie Tessa. Denn das Ritual mit Dees Haaren führte nicht nach Doral, sondern in ein altes, zum Abriss freigegebenes Lagerhaus am Hafen. Dem näherten wir uns mit der entsprechenden und angemessenen Vorsicht, aber es schien tatsächlich niemand dort zu sein. Also rein, natürlich.
Im Keller fanden wir dann eine versperrte Tür, die mit einem Ward gesichert war, wie Edward schnell herausfand. Einem Ward, der ziemlich übel in die Luft gehen würde, wenn man ihn auslöste. Edward analysierte eine Weile daran herum, aber er ist kein Ward-Spezialist. Es gelang ihm nicht, die magische Sicherung zu deaktivieren, und es ist Vollmond. Irgendwann riss ihm schlicht die Geduld. Er knurrte etwas von "Geht in Deckung, Jungs!", und dann hieb er einfach auf das Schloss.
Nicht mit der bloßen Hand, wohlgemerkt. Ich habe es noch gar nicht erwähnt, glaube ich, aber Edward hat sich vor ein paar Monaten einen magischen Handschuh gebaut. Und ja, ich weiß, wie das klingt. Aber er hat den wohl irgendwie so verzaubert, dass er einen Teil seiner Stärke speichert, oder ihm zusätzliche Stärke verschafft, oder irgendwie sowas. Und mit diesem Ding haute er jetzt auf das Schloss ein.
Und der Ward explodierte. Wir anderen waren ja wie befohlen in Deckung gegangen, aber Edward wurde von der Wucht des magischen Ausbruchs voll erwischt und gegen die Wand geschleudert. Ich konnte regelrecht hören, wie seine Rippen brachen.
Aber die Tür war offen, und ich achtete kaum auf Edward, der sich hinter mir schon wieder mühselig aufrappelte: schwer angeschlagen, aber noch nicht außer Gefecht. Statt dessen stürmte ich in den Raum - und hörte Dees Stimme von irgendwo außer Sicht: "Cardo, HALT!"
Irgendwie gelang es mir, sofort zum Stehen zu kommen. Aber Totilas war direkt hinter mir, und dem gelang es nicht. Er prallte also voll in mich hinein und schubste mich nach vorne - direkt in einen Ward hinein, der jetzt natürlich ebenfalls hochging. Eine magische Explosion, und ich wurde heftig durch den Raum geschleudert. Dem Himmel sei Dank prellte ich mir nur die Schulter dabei, und ich glaube, das lag auch mit an der Kevlar-Weste. Edward hatte vor dem Losfahren nämlich darauf bestanden, dass ich seine Kevlar-Weste anziehe. Er meinte, ich bräuchte sie nötiger als er, und außerdem wollte er sie nicht tragen. Er sprach es zwar nicht aus, aber ich weiß, dass Cherie ihm das Ding geschenkt hat. Und es jetzt anzuziehen, würde im Moment wohl einfach noch zu schmerzhafte Erinnerungen wecken.
¡Gracias a Dios! Dee war unversehrt. Sie hatte sich zwar trotz Vorwarnung durch den Ward an ihrer Wohnung nicht gegen ihre Entführung wehren können, und es war dem Entführer gelungen, sie zu betäuben, aber sobald sie in dem Raum zu sich gekommen war, hatte sie ihre Fesseln gelöst, einen eigenen Ward aufgebaut und sich hinter der Tür versteckt, als sie jemanden kommen hörte. Wenn wir es nicht gewesen wären, sondern der Kerl, hätte er eine böse Überraschung erlebt. Wer der Täter gewesen sei, habe sie allerdings nicht sehen können, sagte Dee. Ich weiß, wer es ist, erwiderte ich, und erklärte ihr meinen Verdacht und die Gründe dafür. Aber Dee war trotzdem nicht überzeugt. Sie war mehrere Jahre mit Pace zusammen, erklärte sie, und sie würde ihn vermutlich auch erkennen, wenn er eine Maske trüge, und der Entführer sei ihr einfach nicht wie Pace vorgekommen. Aber Edward sei es definitiv auch nicht gewesen, den hätte sie ebenfalls erkannt. Und der Kerl war ein Weißer, soviel sei sicher.
Wir halfen Edward nach draußen und riefen ihm erst einmal einen Krankenwagen. Denn sein rasselnder Atem hörte sich überhaupt nicht gut an - ich bin zwar kein Arzt, aber das klang fast so, als habe eine gebrochene Rippe seine Lunge durchbohrt.
Kurz darauf ging der Rummel los. Die Spurensicherung rückte an. Uniformierte Cops rückten an. Agent Pace rückte an. Und Dee - die mir nach der ganzen Aktion nicht mal auch nur die Hand geschüttelt hatte - flog ihm mit einem "Oh David!" förmlich um den Hals, klammerte sich regelrecht an ihn.
Grrrrrrrr. In dem Moment war ich sehr froh, dass ich kein Lykanthrop bin wie Edward.
Dee machte sich dann doch irgendwann von Pace - der bei ihrer Zurschaustellung von Zuneigung völlig überrascht geschaut hatte - los und machte ihre Aussage. Dass sie ihren Entführer eben nicht erkannt habe, aber dass sie Detective Parsen ausschließen könne, weil der Täter definitiv weiß gewesen sei. Wir anderen wurden natürlich auch verhört, einzeln und dann nochmal gemeinsam. Erstaunlicherweise tauchten Detective Caldwell und Detective Townsend die ganze Zeit über nicht auf, so dass Agent Pace der einzige Zivilbeamte vor Ort blieb. Selbst als Edward nach einer Weile wiederkam - es ist zum Glück immer noch Vollmond, das heißt, seine regenerativen Kräfte hatten sofort angeschlagen, und seine Verletzung war zwar noch vorhanden, aber nicht mehr bedrohlich - waren seine beiden Kollegen immer noch nicht da. Agent Pace erwähnte etwas davon, dass die beiden Detectives vermutlich James Vanguard auf der Spur seien, aber Edward - dem gegenüber sich Pace jetzt deutlich freundlicher und kollegialer verhielt - hatte kurz einen ganz seltsamen Ausdruck im Gesicht. So, als wolle er etwas sagen, halte sich aber zurück.
Endlich waren die Vernehmungen vorüber, und wir durften gehen. Pace fragte Dee, ob er sie irgendwo hin bringen könne, aber sie - ¡Gracias a Dios! - lehnte ab. Statt dessen fanden wir uns alle sechs zu einem Kriegsrat zusammen.
Ich weiß nicht, ob sie es sagte, weil sie ganz genau wusste, wie ich mich bei ihrer Umarmung von Pace gefühlt hatte, oder weil sie einfach sachlich Bericht erstatten wollte, aber Dee erklärte, sie habe Pace aus einem ganz bestimmten Grund umarmt. Und zwar habe sie ihren Entführer bei dem Kampf in ihrer Wohnung an der Seite verletzt, und zwar so schwer, dass er das wohl nicht so schnell abschütteln könne. Wenn Pace also eine entsprechende Verletzung gehabt hätte, hätte sie das vorhin gemerkt. Aber das hatte er nicht, und so sei sie sich jetzt eben so gut wie sicher, dass er wirklich nicht der Täter sei.
Was Edward auf seinen eigenen Verdacht brachte. Denn die Tatsache, dass Townsend und Caldwell nicht aufgetaucht waren, hatte ihn auf einen ganz neuen Gedanken gebracht: Wer kennt ihn gut und weiß, wie man ihn linken kann? Wer hat ständigen Zugang zu seinem Computer und damit auch zu dem Passwort hinter dem Bildschirm, ohne dass es auffällt, wenn er sich im Revier aufhält? Richtig. Detective Caldwell. Der gute alte skeptische Detective Caldwell mit der Hasenpfote.
Aber zuerst wollten wir uns doch noch den Ort ansehen, an dem Ximena die entführte Ms. Cumberlain gefunden hatte. Draußen bei dem Mall-Rohbau in Doral suchten wir ein wenig herum, um den Ort genauer zu lokalisieren, ehe Edwards feine Lykanthropennase tatsächlich den bekannten Geruch seines Kollegen Mark erschnupperte, der vor noch gar nicht allzu langer Zeit hier gewesen sein musste. Wir folgten der Duftspur hinunter in den Keller, wo Caldwell wieder mit Ammoniak gearbeitet hatte, um hinter sich aufzuräumen. Und dort, in einem Raum am Ende eines langen Ganges, der wohl irgendwann mal für Lagerungszwecke von Einzelhandelsgütern bestimmt sein wird (und ja, ich druckse gerade wieder einmal herum, das ist mir durchaus bewusst), fanden wir…
Madre de Dios. Ich kann die Worte kaum zu Papier bringen.
Fanden wir Tessa.
Wie den anderen Opfern war ihr das Herz herausgeschnitten worden. Wie bei allen späteren Opfern war kaum Blut zu sehen. Doch, Dios en el cielo, perdónanos, Tessa lebte. Wenn man es denn "leben" nennen kann… Sie bewegte sich, sie röchelte, sie kratzte mit den Fingernägeln schwach an der Tür. Aber sie hatte offensichtlich ihren Verstand verloren, denn sie wimmerte nur noch inkohärent, und ihre Augen stierten nur stumpf und leer vor sich hin.
Wir waren alle völlig fassungslos. Ich weiß nicht, wie lange wir nur dastanden und mit offenem Mund auf die arme Frau starrten. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, aber vermutlich waren es doch nur einige Sekunden, bis wir uns fassten und Tessa schleunigst dort heraustrugen und einen Krankenwagen riefen: hektische Aktivität angesichts des Unfassbaren. Die Sanitäter des Krankenwagens, der einige Minuten später eintraf, waren ebenso geschockt wie wir, doch Totilas trieb sie geradezu besessen zur Eile und Sorgfalt an.
Und dann war der Krankenwagen fort, und Totilas brach zusammen. Mitten auf dem Platz vor dem, was bald die neueste Mall Miamis sein wird, ging er in die Knie. Rief laut "Nein!" und "Sei ruhig!", und erst, als er selbst sich antwortete - in seiner eigenen Stimme, aber mit einem ganz anderen Tonfall, ganz anderer Betonung und ganz anderer Wortwahl, wurde uns klar, dass Totilas gerade mit seinem Dämon kämpfte. Und am Verlieren war.
Natürlich… Natürlich war von uns allen Totilas am meisten betroffen. Von uns allen ist er der einzige, der weiß, wie es ist, das Herz herausgerissen bekommen zu haben. White Court oder nicht, Madre de Dios, so etwas zu erleiden… und nicht daran zu sterben, sondern zu überleben, um den Preis, dass die eigene Ziehmutter sich für einen opfert… Natürlich musste dieses Trauma jetzt wieder ganz akut in ihm aufbrechen.
Und natürlich machte sein verdammter Dämon sich Totilas' Schwäche zunutze. Er redete auf seinen Wirt ein, heizte die Erinnerungen noch mehr an, tat alles, damit Totilas die Kontrolle verlieren und sich auf die ungehemmte Jagd nach Beute begeben würde…
Totilas kämpfte. Er, der sich normalerweise so eisern unter Kontrolle hat, kämpfte mit all seiner Macht, aber gegen die Stimme seines Dämons kam er in diesem Moment nicht an. Wir mussten hilflos mitansehen, wie er da kniete und zitterte und seinem Dämon mit immer brüchigerer Stimme antwortete, aber es würde nicht mehr lange gutgehen, und wir konnten nichts, rein gar nichts tun… bis Edward eben doch etwas tat. Mit einem Fluch trat er zu unserem Freund und küsste ihn, ließ sich von dem Dämon freiwillig einen Teil seiner Kraft entziehen, damit der unseren Freund endlich in Ruhe ließ.
Edward will gleich noch bei Henry anrufen, ob der vielleicht weiß, wo Mark Caldwell wohnt, aber erst muss Totilas sich noch etwas erholen, und Edward selbst sich auch. Wir sitzen gerade beim Essen, warten eben noch auf die Rechnung, und danach dann das Telefonat.
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Caldwell hat Henry
sitzen im Auto, Alex fährt
¡Padre santo, socorre!
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