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[Dresden Files] Miami Files - Die Ritter von Miami (a.k.a. "Die schönen Männer")
Timberwere:
--- Zitat von: Bad Horse am 31.03.2015 | 18:34 ---Für Edward und Roberto: Elenas Malblock war ihr Fokus. Das war kein magisches Dings, das sie kontrolliert hat. Natürlich könnt ihr die Verbindung interpretieren, wie ihr wollt, aber da ihr selbst Practitioner seid, wisst ihr auf jeden Fall, wie so ein Fokus funktioniert. :)
--- Ende Zitat ---
Cardo war ja bei Robertos zweiter, ausführlicher Beobachtung Elenas nicht dabei, erfuhr also nichts von deren Ergebnissen, und auch von Vanessa Grubers Analyse des Gesehenen bekam er nichts mit. Deswegen stellt es sich für ihn momentan noch so dar, als sei Elena von ihrem Malblock beeinflusst gewesen. Ich denke mal, sobald er sich von Elenas Bezauberei erholt hat, werden die anderen ihm vielleicht diese neuen Erkenntnisse im Nachhinein auch noch erzählen. :)
Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Proven Guilty 1
03. Mai
Padre en el cielo, ich danke dir. Ich danke dir! Es ist vorbei, die letzten Nachwirkungen abgeebbt. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie erleichtert ich bin.
Jack White Eagle und Ximena hatten mir nach meiner Rückkehr schon Mut gemacht und erklärt, dank des Rituals, das die Jungs abgezogen haben, müssten die Effekte des Fluchs irgendwann verschwinden, aber trotzdem. Es in der Theorie zu hören, schön und gut, aber die leise Angst, dass es eben nicht weggehen würde, blieb doch.
Und ich kann auch kaum meine Dankbarkeit darüber ausdrücken, dass Totilas nicht von dem Fluch betroffen war. Er bildete meinen Rettungsanker, meine Verbindung zu den Jungs, sorgte dafür, dass ich mir nicht ganz so verloren vorkam. Das werde ich ihm nie vergessen, aber ich bin unaussprechlich froh, dass die Dinge jetzt wieder zum Normalzustand zurückgefunden haben.
Ein bisschen seltsam war es natürlich dennoch, die Jungs zum ersten Mal wieder zu treffen, peinlich berührt und besorgt, dass wieder alles hochkochen könnte... aber nein. Es ist wirklich und wahrhaftig vorüber. Danke!
Edward hat sich inzwischen von Cherie getrennt. Das heißt... die Beziehung beendet hatte sie ja schon vor längerer Zeit, aber nun hat Edward ebenfalls einen Schlussstrich gezogen. Er führte ein kleines Ritual durch, um für sich von Cherie loszukommen, und er gab ihr das Buch wieder, das noch bei ihm gelegen hatte und das er in der Lodge von Kirsty McGregor hatte signieren lassen, darin die Halskette, die sie ihm einmal geschenkt hatte, als Buchzeichen.
Puh. Sich mit Magie von seiner Ex-Freundin loszusagen, ist natürlich harter Tobak... aber ich bin mir nicht sicher, ob es nicht tatsächlich so besser für ihn ist. Darüber reden wollte er noch nicht so recht, und ich werde ihn sicher nicht drängen, aber vielleicht hat er ja doch noch irgendwann das Bedürfnis.
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[es folgen diverse Einträge privater Natur, über Dates mit Dee, Unternehmungen mit Alejandra und der Familie, Treffen mit den Jungs etc.]
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19. Juli
Edward hat von Miss Gruber gehört. Man hat sie aus dem Krankenhaus entlassen, und sie ist wieder soweit beieinander, will jetzt aber erst einmal einen längeren Rekonvaleszenz-Urlaub irgendwo machen, wo sie nicht schon wieder in seltsame Vorgänge hineingezogen wird.
Am Crater Lake hatten sich die Jungs übrigens, als ich unter Elenas Einfluss stand und mich von ihnen fernhielt, etwas genauer mit Miss Gruber über die Gesetze der Magie und die Auswirkungen dessen, was geschieht, wenn man sie bricht, unterhalten können.
Wenn ich Edward richtig verstanden habe, erklärte Vanessa es folgendermaßen: Die Seelen aller Menschen sind gewissermaßen in einem großen, magischen Netz miteinander verbunden. Und wenn man jemanden mit Magie tötet, dann reißt man dessen Seele aus dem Netz heraus und seine eigene gleich mit. Deswegen ist es Vanessa zufolge auch relativ gleichgültig, ob dieser Mord bewusst oder unbewusst geschieht, die eigene Seele ist damit – zumindest zu einem Stück – aus dem Netz entfernt, was es immer leichter macht, weitere Morde zu begehen.
Edward brachte das Gespräch dann noch darauf, ob es denn einen Weg gäbe, die Gesetze der Magie ungestraft zu brechen – er hielt seine Frage allerdings allgemein und sprach nur von „Gerüchten“, ohne Spencer Declan namentlich zu erwähnen – aber Vanessa kenne niemanden, der dazu in der Lage sei, sagte sie.
Mit Lila, Danny und Jeff, unseren drei jungen Autorenfreunden vom Crater Lake, sind wir übrigens weiterhin in Verbindung, gelegentlich jedenfalls. Eigentlich waren sie nach dem Tod der armen Edie ja zu viert, aber Colby hat das Öffnen seiner Sight an jenem Abend wohl gar nicht vertragen. Er verneine strikt, dass es das Übernatürliche gebe, und studiere jetzt Jura oder so etwas, und den Kontakt zu den anderen habe er so gut wie vollständig abgebrochen, erzählte Lila. Jeff hingegen verleugne das Übernatürliche zwar nicht, sei aber seit den Geschehnissen auf der Insel irgendwie deprimiert. Und Danny habe sich wieder gefangen. Er sei zwar immer noch überzeugt, dass Baumgeister zu seinen Vorfahren zählen, wolle aber wenigstens nicht mehr ständig in einem Blumenbeet stehen. Na immerhin.
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[über mehrere Monate verteilt folgen hier weitere regelmäßige Einträge mit privatem Inhalt]
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28. Februar
Spring Break. Oha. Meine eigene Studienzeit ist ja schon eine Weile vorbei, aber Yolanda sagte, sie wolle heute Abend mit ihren Kommilitonen auf eine Party am Strand gehen. Ich hoffe, sie ist vorsichtig, aber sie kann ja auf sich aufpassen. Ich selbst habe nichts groß geplant – sollte ich etwa langsam alt werden? Heh, ich hoffe doch nicht. Aber auf Besäufnisse am Strand kann ich gut verzichten, Dee klang auch nicht in der Stimmung danach, sich in den Spring Break-Wahnsinn stürzen zu wollen, und andere Mädels will ich gar nicht kennenlernen. Zumal der Spring Break doch sowieso nur eine Ausrede für sinnlose One-Night-Stands ist.
Dee war generell nicht nach Treffen heute abend, nicht mal für Kino oder essen gehen. Na dann. Mache ich mir eben einen gemütlichen Abend zuhause. Vielleicht komme ich ja ein wenig mit dem neuen Roman voran. Lustigerweise habe ich für den noch keinen Titel, auch wenn die ersten Kapitel, zumindest in der ersten Version, schon stehen, und ich eine recht solide Idee für den Handlungsbogen habe. Aber das kommt schon noch, denke ich.
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Nachdem Alejandra im Bett war, produzierte ich tatsächlich den größten Teil eines weiteren Kapitels, ehe das Telefon klingelte. Edward. Seine Polizeikollegen hatten sich eben bei ihm gemeldet, und es gab ein Problem. Beim Spring Break. Und gar nicht lange darauf, ich hatte gerade Mrs. Carver von nebenan zum kurzfristigen Babysitten gewinnen können, meldete sich mein Handy erneut. Diesmal war es Roberto, der gerade einen Anruf von Lila bekommen hatte. (Die hatte sich vor ein paar Tagen schon mal bei uns gemeldet, weil sie mit ihren Kumpels zum Spring Break nach Miami kommt. Treffen wollen wir uns auf jeden Fall, haben nur bislang keinen genauen Termin ausgemacht.) Es gebe ein Problem. Am South Beach. War ja klar.
Wir trafen uns an einem der großen Parkplätze am South Beach, wo wir auf den ersten Blick sehen konnten, dass am Strand das völlige Chaos ausgebrochen war. Etliche der Partygänger schienen völlig ausgerastet zu sein und schlugen mit Fäusten, Bierflaschen und sonstigen Gegenständen, die sie gerade zu fassen bekamen, aufeinander und auf die panische Menge ein. Ein Mädchen mit wildem Haar und noch wilderen Augen hatte sich einen Sonnenschirm geschnappt und prügelte damit auf die Umstehenden ein, ein junger Mann trat planlos um sich, während ein anderer die Hände um den Hals seines Gegenübers hatte und ihn heftig würgte, bis man ihn mit Gewalt von seinem Opfer trennte, und selbst dann hörte er nicht auf zu kratzen und um sich zu schlagen.
Irgendwo in dem Chaos fanden wir Lila und Danny unversehrt, aber aufgelöst, denn Jeff war einer von denjenigen gewesen, die derart durchgedreht waren. Man hatte ihn soeben ins Krankenhaus abtransportiert. Überhaupt waren überall Sanitäter und Polizeikräfte zur Stelle, die versuchten, die Betroffenen unter Kontrolle zu bringen und Ruhe zu schaffen. Große Eile schien geboten, denn so ziemlich jede Bahre, die ich sehen konnte, wurde im Laufschritt hoch zu den wartenden Krankenwagen getragen.
Lila und Danny sammelten Jeffs Hund Snowball ein, der oben bei den Autos an einer Parkuhr angebunden war, und folgten Jeff dann ins Krankenhaus. Wir hingegen beschlossen, der Spur der ausbrechenden Gewalt zu folgen, denn diese schien sich allmählich den Strand entlang nach Süden zu ziehen.
An einer Stelle, wo alles noch ruhig schien, hielten wir an. Und mussten tatsächlich nicht lange warten, bis ein junger Asiate, der sich eben noch im Gespräch mit seinem Date befand, urplötzlich sein Glas in der Hand zerdrückte und anfing, wild um sich zu schlagen. Das Mädchen, mit dem er da gestanden hatte, schrie auf und rannte davon, während wir uns auf ihn warfen, um ihn aufzuhalten.
Der junge Mann fühlte sich fiebrig-heiß an, und sein Kopf war hochrot. Wir hatten alle Mühe voll zu tun, um ihn niederzuringen, und im Verlauf des Kampfes schlug ich ihm derart auf die Nase, dass diese zu bluten begann. Edward, nicht faul, fing etwas von dem Blut auf, während wir den Jungen mit Mühe festhielten. Ebenso unvermittelt, wie er ausgeflippt war, sackte er dann plötzlich auch wieder zusammen. Einige Zuckungen, dann lag er still, und uns war klar: Er war tot. Auch die Sanitäter, die gleich darauf angerannt kamen, weil sich in diesem Teil des Strandes noch etliche weitere Vorfälle dieser Art ereignet hatten und die Helfer sich jetzt auf diesen Bereich konzentrierten, konnten nichts mehr für den Jungen tun.
Während die Leiche weggetragen wurde, ging ich Yolanda suchen. Es war gar nicht so leicht, sie in dem ganzen Aufruhr zu finden, denn zu den Durchgedrehten und den Rettungshelfern kam jetzt ein immer größeres Aufgebot an Polizisten, die neben ihren Versuchen, die Betroffenen unter Kontrolle zu bringen, auch Umstehende verhafteten bzw. zur Befragung mitnahmen. Ich hatte Yolanda eben gefunden und zu meiner Erleichterung festgestellt, dass ihr nichts zugestoßen war, als sie bemerkte, wie einer ihrer Freunde ebenfalls von der Polizei mitgenommen werden sollte. Da dieser Freund schwarz war, schritt Yolanda mit einer schneidenden Bemerkung von wegen Repressalien gegenüber der farbigen Bevölkerung ein – und wurde prompt ebenfalls zur Befragung aufs Revier gebracht.
Dagegen tun konnte ich erst einmal nichts, aber ich war auch froh, dass meine Schwester damit aus der direkten Gefahrenzone kam. Inzwischen war unter den Polizeikräften die Parole ausgegeben worden, dass der Strand von Zivilisten zu räumen war, und dabei halfen wir dann, sobald Edward seinen Kollegen gegenüber unsere Gegenwart erklärt, um nicht zu sagen verteidigt, hatte.
Während wir noch da am Strand versuchten, ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen, bemerkte Roberto seine beiden ganz speziellen Freunde, Sir Kieran und Edelia Calderón, die, offensichtlich noch immer ein Paar, das Treiben aus einiger Entfernung stirnrunzelnd beobachteten. Edward hingegen sah Antoine, der gerade dabei war, sich unauffällig vom Ort des Geschehens abzusetzen. Edward rief bei ihm an, aber Antoine drückte das Gespräch unbeantwortet weg. Daraufhin versuchte Roberto es von seinem Handy aus ebenfalls, und diesmal wurde tatsächlich abgehoben – aber es war ein Fremder am Apparat, nicht der Fae. Alex ging den Jungen suchen und nahm ihm das Handy wieder ab – oder genauer, das Handy ließ er ihm zwar, löschte aber alle Daten und entfernte die Karte daraus.
Als die Aufräumarbeiten dann soweit beendet waren, riefen wir bei Lila an. Es dauerte eine Weile, bis sie ans Telefon ging, und als sie es tat, klang ihre Stimme erstickt und verweint. Jeff hatte es nicht geschafft, war im Krankenhaus gestorben.
Roberto bot Lila sofort an, dass sie bei ihm übernachten könne, was diese dankbar annahm. Jeffs Hund Snowball hingegen kam für die Nacht bei Edward unter. Der kann sich ja mit Hunden verständigen – was heute Abend und unter diesen Umständen sicherlich nicht sonderlich angenehm für ihn ist.
Oh, und heute Abend ist noch etwas Seltsames passiert. Nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was da sonst so abging, aber trotzdem. Am Strand waren auch Edwards Kollegen, Salvador Herero und Suki Sasamoto, anwesend. Sie sahen sich die Tatorte an, halfen Leuten aus dem Wasser. Und irgendwann murmelte Herero geistesabwesend etwas von wegen „Irgendwas an der Sache riecht fishy.“ Woraufhin Suki Sasamoto ihren Partner anfuhr, was das denn bitte heißen solle. „Na komisch halt“, erklärte Salvador. Was Suki aber nicht besänftigte. „Fische riechen nicht komisch!“ Hmmm. Sollte Herero da etwa einen wunden Punkt getroffen haben? Edward schnupperte und stellte unter den ganzen Menschendüften wie Shampoo, Duschgel und Deodorant tatsächlich einen leichten Geruch nach Fisch fest. Ob die gute Detective Sasamoto etwa eine Nixe ist? Oder eine Halbnixe oder so etwas?
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Mierda. La cabezonería de mi hermana! Ich bin heute morgen gleich zu Yolanda, wollte mich natürlich vergewissern, dass sie gut nachhause gekommen war. Aber ganz offensichtlich war sie noch gar nicht zuhause gewesen. Ich fuhr also zum Polizeirevier am South Beach, wo ich mit ein wenig Freundlichkeit erreichte, dass Yolanda gleich befragt werden würde, anstatt erst als Letzte drangenommen zu werden, weil die Beamten dank ihres Geredes von Repressalien auf stur geschaltet hatten.
Meine Schwester jedoch war völlig indigniert, dass Leute im Anzug (Hemd und Hose, bitte, ich renne doch an einem ganz normalen Tag nicht im Anzug rum!) und mit einem bekannten Gesicht nur die Promi-Karte ausspielen müssten, um eine Vorzugsbehandlung zu kassieren. Also nein, sie würde sich als Letzte befragen lassen, wie jede andere normale Bürgerin auch, und sie würde auf ihren Kumpel warten, vielen herzlichen Dank. Und damit setzte sie sich demonstrativ wieder auf die Bank, verschränkte die Arme und beachtete mich nicht weiter. Woraufhin ich nichts weiter machen konnte, als zu verschwinden. Na dann fahre ich jetzt eben zu den Jungs. Mal hören, wie es denen heute vormittag so ergangen ist.
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Auf der Polizeistation war, wie nicht anders zu erwarten, nach der ganzen Aufregung gestern die Hölle los gewesen: Sergeant Book wütend, und zwar richtig wütend, aufgebrachter, als Edward ihn je gesehen hat, sagte er. Der alte Polizist schimpfte lautstark auf Pan und schickte Edward dann los, herauszufinden, was da vor sich gehe.
Im Intranet der Polizei werden bei wichtigen Fällen so genannte „Datenräume“ eingerichtet, gesonderte Bereiche, in denen die ermittelnden Beamten alle Informationen über den jeweiligen Fall zusammentragen können. Auch für die Ereignisse der gestrigen Nacht ist ein solcher Datenraum eingerichtet worden, sagte Edward, aber da der Fall derzeit nicht beim SID, sondern beim Drogendezernat liegt, hat Edward zunächst keinen Zugang darauf. Den wollte sein Partner für ihn beantragen; Henry ist immerhin sehr effizient in diesen administrativen Dingen, wie wir alle wissen.
Statt dessen fuhr Edward heim und untersuchte das Blut des durchgedrehten Studenten. Er stellte fest, dass der junge Asiate betrunken gewesen war und etwas Scharfes gegessen hatte, außerdem ließ sich eine Droge in dem Blut nachweisen (welche genau, das konnte Edward mit seinen Mitteln allerdings nicht sagen). Und es gab da irgendeine magische Komponente, die Edward aber auch nicht näher bestimmen konnte.
Roberto hatte inzwischen auch Danny einen Schlafplatz bei sich angeboten, solange er und Lila in der Stadt sind, und sich mit den beiden auch nochmal eingehender über die Ereignisse des vorigen Abends unterhalten, genauer gesagt über Jeff. Der hatte ja letztes Jahr auf Wizard Island einen Nervenzusammenbruch erlitten und war anschließend in Therapie gekommen. Diese Therapie hatte er aber abgebrochen, die unterschiedlichsten Drogen ausprobiert, aber nichts schien wirklich zu helfen. Über den Nervenzusammenbruch an sich war er zwar hinweg, aber er wirkte niedergeschlagen, und nichts konnte ihn aufmuntern. Über seine Erlebnisse, über das, was er auf der Insel mit seiner Sight gesehen hatte, redete er nicht, und es kam Lila und Danny so vor, als könne er nicht darüber reden, als gebe es irgendeine Magie, die ihn daran hindere.
Jeffs Kindheit muss wohl sehr schwer gewesen sein, mit Kinderheim, Pflegefamilie, dergleichen, aber auch darauf konnte oder wollte er nie näher eingehen.
Nach Miami waren die drei Freunde nicht nur wegen des Spring Break gekommen, sondern auch, weil sie hier in der Stadt mit einem Magier in Kontakt gewesen seien, den sie vielleicht hatten treffen wollen. Der sei aber jetzt nicht in der Stadt, sondern abgetaucht, weil er Ärger habe, aber er habe einen Ort erwähnt, einen Buchladen. Richard sei sein Name gewesen.
Oha. Richard? Richard Raith etwa? Genau der. Und das war nun ein Name, mit dem in diesem Zusammenhang keiner von uns gerechnet hatte. Aber gut, gerade nicht zu ändern, denn erstens haben wir derzeit andere Dinge um die Ohren, und zweitens ist Totilas' Vater ohnehin im Moment untergetaucht und wird nicht ohne Weiteres zu finden sein. Aber das ist definitiv eine Information, die wir keinesfalls aus den Augen verlieren sollten.
So auf den neuesten Stand gebracht, fuhren wir zum South Beach, weil Alex nachsehen wollte, ob der Junge vielleicht einen Geist hinterlassen hatte. Und das hatte er tatsächlich. Er – Mike war sein Name – konnte erst gar nicht recht verstehen, dass er tot sein sollte, und als die Tatsache dann zu ihm durchdrang, war er natürlich erst einmal fassungslos. Aber er sprach bereitwillig mit uns.
Ja, er hatte eine Droge genommen, die er von einer jungen Frau mit brauner Haut und leuchtend grünen Augen erhalten hatte: rötliche Kristalle, die man in einer Pfeife rauchte. Und kurze Zeit darauf sei er unglaublich wütend geworden. Mehr wusste er nicht mehr.
Alex ließ Mikes Geist in seinen Körper, damit der Junge eine letzte SMS an seine Familie schreiben konnte, dann öffnete er dem Jungen ein Portal, damit der Geist hindurchgehen und Ruhe finden konnte.
Wo wir aber schon mal am Strand waren, bot es sich an, als nächstes Pan und seinem Hof einen Besuch abzustatten, wo Roberto in seiner Rolle als Titanias Richter von den versammelten Sommerfeen sofort Platz gemacht bekam. Da fällt mir ein: Unser Roberto hat einen neuen Mantel – auf der Rückfahrt vom Crater Lake letztes Jahr hat er den aus San Francisco mitgebracht. Dieser Mantel muss wohl früher mal Valentino Liberace gehört haben, und anscheinend hat er tatsächlich magische Eigenschaften, denn er wechselt das Aussehen je nach Anlass. Und egal, wie schrill und bunt das Ding auch jeweils gerade sein mag (sprich sehr, in den meisten Fällen), er wirkt immer genau dem jeweiligen Anlass angemessen. Auch diesmal in Pans Palast. Ich kann gar nicht beschreiben, wie, aber der Mantel war golden und mit Pailletten besetzt und wirkte dennoch sehr würdevoll und richterlich.
Zuerst trafen wir auf Sir Anders, der uns, bzw. Roberto, gleich fragte, ob wir denn auch an dem Turnier teilnehmen würden. Was für ein Turnier, wollten wir natürlich gleich wissen. Tjosten auf Surfboards, war Sir Anders’ wenig amüsierte Antwort. Diese glorreiche Idee habe Colin Pan in den Kopf gesetzt, und der Sommerherzog habe diesen Vorschlag seines ersten Ritters sofort begeistert aufgenommen.
Nachdem Roberto erklärt hatte, dass er nicht die Absicht habe, sich auf ein Surfboard zu stellen und darauf mit Lanzen herumzufuchteln, fragten wir Sir Anders nach den Drogen, die am letzten Abend am Strand in Umlauf gebracht worden waren. Der wusste aber nur von Antoine als einzigem, der für den Sommerhof Drogen in den Umlauf bringe – und dieselbe Antwort erhielten wir auch von Sir Kieran und Pan selbst, als wir mit denen sprachen. Die hohen Sidhe wie Kieran und Anders mögen Pan und seine Ausschweifungen nicht sonderlich, war aus ihren Aussagen herauszuhören, aber wirklich weiterhelfen konnten sie uns nicht. Nur dass es wohl einen Zwist zwischen Pan und Antoine gegeben habe, erwähnten sie nebenbei. Auch Pan blieb herzlich gelassen, zog sich vollkommen auf den Standpunkt zurück, dass Roberto als Titanias Richter das schon alles klären werde, und empfahl uns, Antoine zu finden. Als wir den Sommerherzog auf den Streit mit Antoine ansprachen, meinte er nur, er habe Antoine angewiesen, ihm zu sagen, wo er sein „Zeug“ her beziehe, aber der habe sich geweigert.
Timberwere:
Nachdem in Pans Palast fürs Erste nichts groß weiter herauszufinden war, wollten wir – sprich Alex – mit Jeffs Geist reden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser hier zurückgeblieben war, war laut Alex nämlich ziemlich groß. Im Krankenhaus fanden wir ihn nicht, dafür aber am Strand (hätten wir uns ja eigentlich denken können). Dort war nach den gestrigen Ereignissen übrigens nicht nur Jeff zu finden, sondern anscheinend jeder einzelne an den Folgen dieser seltsamen Drogen gestorbene Geist. Wobei – von den ca. 60 Toten waren etliche schon weitergegangen, aber ein Teil der Geister war noch am Strand anwesend.
Als Alex Jeff fand und ansprach, wusste der schon, dass er tot war. Auch er hatte diese roten Kristalle geraucht, wie alle Geister hier. Dann sei ihm plötzlich richtig heiß geworden, und eine unbändige Wut habe ihn überkommen. ‚Scarlet’ habe das Zeug geheißen, sagte Jeff. Die Droge habe er von einem Typen mit Hörnern bekommen – die Hörner habe aber außer ihm keiner sehen können. Insgesamt hätten etwa drei bis fünf Leute das Scarlet verteilt, Männer und Frauen.
Mehr konnte Jeff uns über die Vorfälle des gestrigen Abends auch nicht erzählen, aber wir befragten ihn noch zu dem, was Lila und Danny uns berichtet hatten, zu seinen Depressionen in Reaktion auf die Ereignisse am Crater Lake. Jeff erzählte, er habe Lücken, Dinge, die ihm irgendwie fehlen würden. Und bei dem Ritual auf Wizard Island sei ihm das zum ersten Mal aufgefallen, habe er durch die Sight gesehen und gespürt, dass ihm etwas fehle. Nein mehr noch, dass man ihm etwas genommen habe, dass er aber nicht sagen könne, was genau. Die Löcher, die er auf Wizard Island an sich gesehen hatte (und die auch Alex jetzt an seinem Geist erkennen konnte), hätten zu seinem Nervenzusammenbruch geführt. Die Therapie habe er dann allerdings abgebrochen, weil die Ärzte ihm ohnehin nicht geglaubt hätten, wenn er versucht hätte, die Wahrheit zu sagen – was er aber auch gar nicht konnte. Irgendein Zwang hinderte ihn daran.
Alex bot Jeff an, ihn auf die nächste Ebene weiterzuschicken, doch der Junge lehnte ab. Er wolle hier bleiben, zumindest für’s Erste, denn er habe das Gefühl, da sei noch etwas unerledigt. Und vielleicht ist dieses Fehlende, dieses Unerledigte, ja auch der Anker, der ihn hier hält.
Nachdem wir unser Gespräch mit Jeff beendet hatten, ging Alex auch mit den anderen Geistern reden. Das machte er aber alleine, ohne uns – er meinte, er wolle versuchen, so viele wie möglich von ihnen weiterzuschicken, und das würde für uns vermutlich eher nicht so interessant.
Außerdem erklärte Edward, dass seine eigene magische Analyse von Mikes Blut noch Fragen offen gelassen hätte, die das Polizeilabor, wo das Blut des Jungen ja auch untersucht worden war, vielleicht beantworten konnte. Wir übrigen fuhren also mit Edward zum Revier und hatten uns eigentlich schon auf eine längere Wartezeit gefasst gemacht – aber so lang dauerte es gar nicht, bis unser Kumpel wieder herauskam. Oder besser: Zuerst kam Sergeant Book mit rotem Gesicht aus dem Gebäude gestürmt, stapfte zu einem Auto, knallte die Fahrertür beim Einsteigen so vehement zu, dass das ganze Fahrzeug vibrierte, und fuhr davon. Es folgten Suki Sasamoto und Salvador Herero, langsamer und sichtlich amüsiert, mit Edward, der zu uns herüberkam, während seine beiden Kollegen in einen anderen Wagen stiegen.
„Zu Pan!“, knurrte Edward, ehe er uns unterwegs erzählte, was sich im Revier abgespielt hatte.
Bis ins Labor war er gar nicht gekommen, weil Sergeant Book ihn abgefangen und nach seinen bisherigen Ermittlungsergebnissen befragt hatte. Als Edward den Drogenverteiler erwähnte, bei dem es sich angesichts der von Jeff erwähnten Hörner wohl um einen von Pans Satyren gehandelt haben muss, schaltete Book in den Hulk-Modus. Er lief rot an und brüllte los, dass er es Pan lange genug habe durchgehen lassen, aber dass es jetzt reiche! Und dann stürmte er zu seinem Auto, wie wir das ja gesehen hatten.
Suki und Salvador grinsten sich währenddessen an und machten Anstalten, dem Sergeant zu folgen, um das Spektakel nicht zu verpassen; anscheinend kennen sie ihn schon etwas länger. Und sie sagten Edward etwas, das dieser, in all seinen Jahren Arbeit für das SID, bislang noch nicht erfahren hatte: Dass Book nämlich ein Kobold sei. Und wenn den erst einmal etwas aufscheuche, dann werde es „lustig“.
Am Strand angekommen, stießen wir auf Alex, der anscheinend gerade eben Anstalten hatte machen wollen, bei uns anzurufen. Er hatte den Übergang von etlichen der Geister auf die Art und Weise beschleunigt, indem er sie in seinen Körper ließ, damit sie wenigstens ein letztes Bier trinken konnten, ehe sie gingen. Und wie gesagt, es waren eine Menge Geister da am Strand. Mit anderen Worten, Römer und Patrioten, unser Alex war sturzbetrunken – ein Zustand, den wir an unserem sonst so beherrschten Freund wohl auch so bald nicht mehr erleben werden.
Sergeant Book stapfte währenddessen unbeirrbar weiter, wir hinterher. Je näher er dem Palast kam, umso lauter wurden seine Schritte, umso mehr vibrierte der Boden unter seinen Füßen, und als wir ins Nevernever hinübergewechselt waren, wandelte sich auch Books Aussehen tatsächlich zu dem eines Kobolds.
Der alte Polizist konfrontierte Pan aufs Heftigste. Es sei seine Aufgabe, die Stadt zu beschützen, aber das, was Pan täte, sei das genaue Gegenteil davon – 60 Menschen tot! Der Sommerherzog hingegen tat auch jetzt wieder genau das, was er schon bei unserem ersten Besuch getan hatte: Er zog sich Book gegenüber komplett auf „seinen Richter“ zurück, der den Fall für ihn untersuche und lösen werde. Und es bereitete Roberto sichtliches Vergnügen, dagegenzuhalten. „Nicht dein Richter. Titanias.“
So oder so jedenfalls versprach Pan dem Sergeant, dass das Hohe Gericht sich mit dem Fall befassen werde: je ein Richter aus dem Sommer- und dem Winterhof sowie einer für die Wyldfae. Und erst, nachdem Pan zugesagt hatte, dass dieses Hohe Gericht sich in drei Tagen zusammenfinden werde, war Book einigermaßen – ich will nicht sagen besänftigt oder zufriedengestellt, aber er stapfte davon, ohne dass es zu Gewalttätigkeiten kam.
Edward hingegen rutschte eine Bemerkung heraus. Ich meine, angesichts von Edwards Temperament ist eine bloße Bemerkung ja eigentlich der Gipfel an Zurückhaltung. Aber diese hatte es in sich. Edward verglich Pan nämlich mit Jeffs Spitz. Nur dass Pan nicht wusste, dass ein Hund gemeint war, als Edward „Snowball“ sagte. Der Fae hörte nur „Schnee“ – und war auf den Tod beleidigt. Ihn, einen Herzog des Sommers, zu vergleichen mit dem Inbegriff des Winters?!
Entrüstet stellte Pan Edward vor die Wahl. Entweder er würde sich nie wieder vor ihm blicken lassen – oder er nähme an dem Turnier teil, von dem wir schon gehört hatten. Na toll. Edward hat zwar keinerlei Ahnung vom Surfen, aber wenn er sich nicht jeden Weg in Pans Palast verbauen will, dann wird er wohl oder übel zumindest einen Versuch machen müssen.
Sasamoto und Herero waren mit ihrem Sergeant wieder abgezogen, aber wir wollten die Bewohner von Pans Palast noch ein wenig genauer zu diesem ‚Scarlet’ befragen, jetzt wo wir wussten, dass wohl ein Satyr unter den Verteilern gewesen war. Dummerweise nur wollte niemand etwas gesehen haben. Die verschiedenen Drogen stünden einfach so allen hier zur freien Verfügung, und diejenigen Drogen, die zum Verteilen gedacht seien, stünden auch einfach so da, und die Verteiler nähmen sie dann mit.
Im Gegensatz zu unserem Besuch am Vormittag, bekamen wir diesmal Ritter Colin zu fassen, der wusste aber auch nichts. Sagte er jedenfalls. Und wir redeten nochmal mit Sir Anders und Sir Kieran, die wussten nur immer noch nicht mehr als zuvor. Sie wiederholten nur noch einmal, dass sie nicht viel von den satyrhaften Ausschweifungen am Hofe hielten, und fügten hinzu, dass sie selbst auch keine Drogen nähmen. Und wo die immer herkämen, das könnten sie nicht sagen, denn die hohen Sidhe kümmerten sich nicht um das, was die Dienerschaft tue. Aber übergeordnet sei Pan selbst dafür verantwortlich, dass immer genug Wein und Gespielinnen und Drogen da seien.
Also fragten wir Pan. Wo kämen die Drogen denn her? Die seien halt da. Also erscheinen sie einfach aus der Luft? Nein, die Diener tragen sie rein. Woher? Keine Ahnung. Wo Diener eben Sachen herholen.
Na gut. Dann eben zu den Dienern. Wo holten sie die Sachen her? Aus dem Vorratsraum. Und wer sorge dafür, dass der immer gefüllt sei? Na die Herrschaften. Der Herzog.
Ungefähr so muss sich ein Hamster im Laufrad fühlen. Wir also nochmal zu Pan. Wer hält den Vorratsraum gefüllt? Verständnisloses Gesicht seitens des Herzogs. „Es ist Sommer!“
Aaaah. Als ob das eine aussagekräftige Antwort wäre. Andererseits... Es sind Feen. Vermutlich ist das sogar tatsächlich eine aussagekräftige Antwort.
Als nächstes gingen wir die Satyre befragen, die auf dem Strand die Drogen verteilten. Aber auch die wussten nichts Genaues. Das Zeug sei einfach da gewesen.
Dann fiel mir aber ein, dass da nicht nur Satyre gewesen waren, sondern dass Mike, der asiatische Student, auch von einem braunen Mädchen mit leuchtend grünen Augen gesprochen hatte. Also fragte ich die Satyre nach denen, und ja, sie sei auch eine der Palastbewohnerinnen. Grinsend und zwinkernd schickten sie das Mädchen zu uns.
Sie war eine Nymphe, und es war gar nicht so leicht, sie dazu zu bekommen, dass sie mir zwischen all dem Gekichere und den Avancen, die sie uns machte, auch Antworten auf meine Fragen gab. Aber ich bekam heraus, dass die Schale mit den roten Kristallen ganz normal neben den anderen Substanzen gestanden hatte, als wären sie von einem der üblichen Lieferanten angebracht worden. Wer liefere denn Pans Hof alles Drogen, war meine nächste Frage daraufhin. Antoine, die Raiths, Orféa Baez und Ciceron Linares, kam die Antwort des Mädchens. Ich stellte ihr noch weitere Fragen, die sie auch alle bereitwillig, wenngleich mit Umschweifen, beantwortete, aber wirklich Neues ergab das alles nicht.
Wir ließen uns von ihr dann den erwähnten Vorratsraum zeigen, wo in einer Schale noch ein letzter Rest von dem Scarlet lag. Eigentlich wollte sie erst nichts davon herausrücken, tat es aber dann doch.
Und dann... dann lächelte die Nymphe mich an und meinte „So... und jetzt die Gegenleistung“ – und ich schwöre beim Allmächtigen, erst in diesem Moment wurde mir klar, was für einen kapitalen Fehler ich gerade gemacht hatte.
Eine Fee. Eine Nymphe. Die mir gerade mit der Beantwortung meiner Fragen einen Gefallen getan hatte, oder zumindest legte sie das so aus, daran ließ sie keinen Zweifel. Ich versuchte, mich darauf herauszureden, dass sie mir ja nicht weitergeholfen habe, mir keine Informationen gegeben hätte, die ich nicht ohne sie auch schon gehabt hätte. Aber nein. Sie hatte mir geholfen und wollte nun ihren Lohn – und außerdem hätte sie mir ja das Scarlet gegeben!
Wenn ich ging... würde ich bei dieser Fee in der Schuld stehen. Und so wenig ich im allgemeinen vielleicht auch wissen mag, dass ich nicht bei einer Fee in der Schuld stehen möchte, das weiß inzwischen sogar ich. Und schon gar nicht bei einer Sommerfee, die sich, auf diese Art von mir zurückgewiesen, vielleicht mit Lady Fire zusammentun könnte oder ähnliches...
Ich blieb. Dios, perdona me, ich blieb. Ich versuchte zwar mit all meiner Kraft, es bei ein paar Küssen zu belassen, aber... Tío, sie war eine Nymphe. Wunderschön und warm und anschmiegsam und voller Lebenslust. Und ich, bei all meinem Wollen, zu schwach. Es blieb nicht bei den Küssen.
Die Jungs waren natürlich vorausgegangen, und nachdem das Mädchen – O Dios, ich weiß nicht einmal ihren Namen – sich kichernd verabschiedet hatte, verließ ich den Palast ebenfalls. Oder besser, ich wollte den Palast verlassen, aber vor der Kammer traf ich auf George. Er sah mich mit schiefgelegtem Kopf an, seine Haltung eine Mischung aus mitfühlend und neugierig.
„Eine komische Sache ist das“, fing er unvermittelt an, „aber euch Menschen muss sie gefallen, denn du machst sie im Traum auch immer. Nur mit jemand anders.“
Ich konnte spüren, wie ich verlegen wurde – oder noch verlegener, genauer gesagt. Aber naja, dass George meine Träume sieht und kennt, das ist ja nichts Neues.
„Diese Träume hast du öfter“, fuhr George fort. „Wie die Feuerträume.“
Bei der Erwähnung von ‚Feuer’ schüttelte es mich, und ich gab ihm die Erlaubnis, jegliches Feuer, das in meinen Träumen auftauchte, aufzufressen. Wobei er das ja ohnehin schon tut, das weiß ich auch.
„Diese Sache hast du letztens im Traum auch wieder gemacht“, sagte George dann, „mit Lady Fire.“
Was z...!?! Da war er wieder, der Comic-Cardo mit der heruntergeklappten Kinnlade. Ich musste hörbar nach Luft schnappen, bis ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte. „Da weiß ich gar nichts von.“
Und George sah mich nur an, mitfühlend und freundschaftlich, und nickte. „Ich weiß.“
Was. Zum. Geier?
Timberwere:
Draußen am Strand traf ich wieder auf die Jungs. Glücklicherweise gab es keine Zeit für irgendwelche peinlich berührten Momente, denn sie waren schwer beschäftigt. Und zwar redeten die Jungs gerade mit niemand anderem als mit Hans Vandermeer, dem Mann, dem wir damals auf der Vernissage begegnet sind und von dem wir glauben, dass er der Fliegende Holländer sein könnte. Der stand neben einem abgebrannten, noch ein wenig rauchendem Strandkorb und erzählte etwas von einer Frau, die ihm das Ding unter dem Hintern angezündet hätte. Beschreiben konnte er sie nicht, da er erst einmal nur versuchte, die Flammen zu löschen und nicht weiter auf die Frau achtete. Hmm. Wen kennen wir denn in dieser Richtung. Christine Wick? Lady Fire, Himmel steh uns bei? Oder vielleicht Ximena? Nur zur Sicherheit fragten wir Vandermeer, wo er derzeit wohne, und er nannte uns das Hotel Fontainebleau.
Anschließend erzählte Vandermeer uns noch von einer Frau, die er dringend suche, weil sie etwas von ihm habe, ein Schmuckstück, das er unbedingt zurück brauche. Die Frau, die er beschrieb, klang nach Cherie oder nach einem südländischen Typ wie Cherie. Und da fällt mir ein, genau dasselbe hatte er doch damals auch schon zu Roberto gesagt, als sie einander zum ersten Mal begegneten. Dort in der Galerie war der Holländer ja geradezu damit herausgeplatzt, dass ihm das Amulett abhanden gekommen sei, und es täte ihm so unendlich leid. Damals hatte er Roberto für einen Avatar Titanias gehalten, also hat dieses Amulett wohl irgendetwas mit ihr zu tun. Interessant...
Interessant, aber fürs Erste nicht unser Hauptproblem. Mit der Probe von dem Scarlet fuhren wir zu Edward, weil der das Zeug in seinem Labor untersuchen wollte. (Seiner Lykanthropen-Küche. Ohne ‚h’. Und fragt nicht, Römer und Patrioten, was das unterwegs für blöde Sprüche in Sachen ‚Lykanthropen-Küce’ gab.)
Bei der Analyse stellte sich dann jedenfalls heraus, dass die Substanz eigentlich eine normal chemische Droge war, auf die dann aber anschließend Sommermagie aufgeflanscht wurde.
Oh, richtig. Vor der Untersuchung rief Roberto noch bei Ximena an und fragte seine Cousine rundheraus, ob sie diejenige gewesen sei, die Vandermeers Strandkorb angezündet habe. Sie war es nicht, sagte sie. Aber sie klang fasziniert von dem Holländer und ließ sich von Roberto alles erzählen, was der so über den Mann weiß.
Nach der Laborarbeit trennten wir uns. Edward wollte nochmal aufs Revier, um sich über die neuesten Erkenntnisse seiner Kollegen im Fall Scarlet zu informieren. Wir anderen hingegen taten das, was uns in Pans Palast so ziemlich jeder geraten hatte: Es wurde Zeit, mit Antoine zu reden. Also fuhren wir zum Haus von Mrs. Parsen, da wir ja wussten, dass Antoine in letzter Zeit so gut wie dort wohnte.
Das Haus war leer, als wir dort ankamen, und durch das Fenster sah es so aus, als habe da jemand in aller Eile gepackt. Illegal oder nicht, wir brauchten Hinweise, also öffnete Alex – inzwischen nicht mehr ganz so betrunken – fachmännisch und ohne Spuren zu hinterlassen das Schloss an der Hintertür. Drinnen fanden wir nicht viel, aber immerhin einen ganz entscheidenden Hinweis: einige Fotos von Antoine und Marie vor einem Boot, das an einer Marina in den Keys vertäut lag. Diese Fotos steckten wir ein und hatten das Haus eben wieder verlassen, als ein Auto vorfuhr.
Zwei Leute stiegen aus, in Anzug bzw. Hose und Jackett. Polizisten. Die Frau stellte sich als Detective Martinez aus dem Drogendezernat vor; der Name ihres Kollegen ist mir gerade entfallen. Die beiden waren höchst interessiert daran, was wir hier taten, und glücklicherweise gelang es uns, es so aussehen zu lassen, als seien wir gerade erst gekommen und hätten geklingelt, aber niemanden angetroffen. Roberto konnte den beiden Detectives dann noch glaubhaft versichern (jedenfalls hoffe ich, dass sie es glaubten!), dass Mrs Parsen eine Kundin seiner Botanica sei und er mit ihr eine Bestellung habe besprechen wollen.
Nachdem die Polizisten uns hatten gehen lassen, sammelten wir Edward ein, der inzwischen ebenfalls Bekanntschaft mit Detective Martinez hatte schließen dürfen. Auf dem Weg zur Marina erzählte er uns, dass Henry ihm das Passwort für den Datenraum zum Scarlet-Fall beschafft hatte. Die dort gesammelten Unterlagen deuteten darauf hin, dass das Drogendezernat ein großes Interesse an Mrs. Parsen und ihrem Freund hegt – sogar eine kleine Sonderkommission ist für Antoines Substanzen gegründet worden. Detective Martinez bat Edward um ein Gespräch, bei dem die Polizistin ihn ziemlich detailliert zu seiner Mutter ausfragte, vor allem dazu, warum diese in letzter Zeit so unglaublich jung wirke. Edward lavierte ziemlich ungeschickt – und auffällig – herum, weil er nicht lügen, aber auch nicht die Wahrheit sagen wollte. Kein Wunder, dass Detective Martinez dadurch nur misstrauisch wurde... und mit ihrem Kollgen sofort zu Maries neuer Adresse fuhr, sobald Edward ihr die genannt hatte.
Die „Flying Pooka“ lag in der Marina vor Anker, aber das Boot war leer. Daraufhin rief Edward bei seiner Mutter an und bat um ein Treffen. Marie nannte das Boot als Treffpunkt und schien etwas konsterniert, als Edward erklärte, ja, da seien wir schon.
Einige Zeit später kamen Mrs. Parsen und Antoine, verstohlen und vermummt mit Hoodie und Hut, auf das Boot zu. Das Gespräch verlief etwas gehetzt, weil unsere Gegenüber offensichtlich mindestens mal vor der Polizei, aber genauso auch vor irgendwelchen anderen Gegnern, in Deckung gehen wollten. Aber einiges fanden wir doch heraus.
Antoine war es nicht, sagte er, und er wisse auch nicht, wer es gewesen sei. Als wir ihn danach fragten, wer außer ihm denn noch Drogen liefere, nannte er dieselben Parteien, von denen wir in Pans Palast auch schon gehört hatten. Und nein, sein Zeug sei alles komplett legal. Falls es verboten werden sollte, würde er damit aufhören und statt dessen etwas anderes herstellen, das dann eben wieder legal sei.
Toll. Nicht das, was wir hören wollten, aber wenigstens klang es nach der Wahrheit. Wir verabschiedeten uns also von den beiden und machten uns wieder auf den Weg in die Stadt, während Antoine und Marie in ihrem Boot wegfuhren.
Unterwegs erzählte Roberto uns noch, dass er im Palast den Eindruck gehabt habe, Ritter Colin lüge ihn an. Immerhin ist der ein Mensch und kann lügen. Und er mag Pan nicht. Was also, wenn ihm ein anderer Herzog lieber wäre und er versuchen möchte, Pan abzusetzen, wenn er schon den Job des Ritters fürs Erste behalten muss?
Und auf dem Weg in die Stadt sahen wir, als wir gerade über einer der Brücken in den Keys fuhren, draußen auf dem Meer ein Segelschiff kreuzen. Ein richtig altes. Hans Vandermeers Titania, vielleicht?
Wir riefen im Hotel Fontainebleau an und ließen uns mit Vandermeers Zimmer verbinden, um festzustellen, ob der Holländer dort war. Das war er... aber Ximena ging an sein Telefon. Oh-hoh.
Sobald sie den Hörer an den Mann weitergereicht hatte, fertigte Vandermeer uns ziemlich kurz angebunden ab. Nein, er wisse nicht, wer jetzt sein Schiff steuere, der Erste Maat vermutlich. Und nein, es interessiere ihn auch gar nicht, er habe anderes im Kopf. Ein Kichern von Ximena aus dem Hintergrund. Na klasse.
Jedenfalls war es das erst einmal für heute. Was für ein Tag! Aber ich kann nicht schlafen. Natürlich nicht, wie auch. Es gehen mir viel zu viele Dinge im Kopf herum. Ich dachte, dieser Tagebucheintrag würde helfen, aber er hat all die Gedanken nur noch weiter aufgewirbelt.
Ich glaube, ich schreibe Dee einen Brief. Anrufen kann ich um die Zeit nicht, aber Schlaf werde ich auch keinen finden, solange ich das vor mir her schiebe.
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02:00 Uhr.
Keine Chance. Ich finde die Worte nicht. Zerknülle Blatt um Blatt.
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04:17 Uhr
Telefon. Was zum...
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04:20 Uhr
Edward war’s. Gerald Raith hat eben bei ihm angerufen. Irgendwas im Hotel Fontainbleau. Wir treffen uns dort. Schlafen kann ich ohnehin nicht, und die Blätter in meinem Papierkorb sind auch nicht weniger geworden.
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Es war ein Missverständnis. Ein Missverständnis. Hah.
Der Hoteldirektor war schrecklich aufgeregt und wollte die Polizei, zumindest offizielle Vertreter der Polizei, möglichst außen vor halten. Das passte natürlich auch Gerald Raith perfekt in den Kram, da der samt Gefolge ja bereits aus seinem letzten Langzeitlogis geflogen ist und sicherlich kein Interesse daran hatte, von einem weiteren Fünfsterne-Hotel auf die Rote Liste gesetzt zu werden. (Wann ist das Raithsche Anwesen eigentlich endlich mal soweit fertig, dass der Tross sein Hotelleben wieder aufgeben kann?)
Jedenfalls war das der Grund für Geralds Anruf bei Edward gewesen. Es waren Schüsse gefallen, Magie war geflogen, und Edward sollte – wir sollten – das Ganze jetzt möglichst ruhig lösen. Der Ärger kam (und warum wundert mich das jetzt nicht?) aus dem Zimmer des geschätzten Gastes Hans Vandermeer. Genauer gesagt, man hatte den Ärger getrennt.
Ximena saß in Hans' Zimmer; die andere Streitpartei – Cherie, wie sich herausstellte – war in einen der von den Raiths angemieteten Räume gebracht worden. Wir beschlossen, die beiden getrennt voneinander zu befragen, und da Edward bei dem Gedanken, Cherie gegenüberzutreten, ein wenig unbehaglich aussah, gingen er und Roberto zu Ximena, während Alex und ich (Totilas war irgendwie nicht zu erreichen gewesen) mit Cherie redeten.
Edwards Ex erzählte uns, dass sie tatsächlich nachts Hans' Zimmer betreten habe. Cólera. Im vorigen Absatz ist es mir gar nicht aufgefallen, aber plötzlich springen mir die albernsten Hans Zimmer-Assoziationen im Kopf herum. Die Titelmelodie zu „The Rock“ zum Beispiel.) Sie habe mit dem Holländer reden wollen, weil sie gehört habe, dass der sie suche, und sie wollte wissen, warum. Daraufhin sei ihr ein Feuerball entgegen geflogen, und sie sei dem Feuerball ausgewichen und habe sich mit einem Pistolenschuss zur Wehr gesetzt. Ein Feuerball! Ein Angriff! Natürlich habe sie geschossen!
Ich hakte dann mal vorsichtig nach, warum sie sich denn mitten in der Nacht in das Hotelzimmer eines Fremden geschlichen habe, anstatt es tagsüber zu versuchen oder wenigstens anzuklopfen? Darauf wusste Cherie nicht so richtig etwas zu antworten, nur dass sie… naja, halt sichergehen wollte, Hans auch anzutreffen. Und dass sie gar nicht groß über eine Alternative nachgedacht hatte. Das sagte sie zwar nicht wörtlich, aber so kam es definitiv rüber.
Roberto und Edward erfuhren währenddessen von Ximena, dass da mitten in der Nacht eine schwarzgekleidete Frau im Ninjamodus und mit einem Messer bewaffnet in das Zimmer eingedrungen sei. Eine Ninja! Mit einem Messer! Ja natürlich habe sie sich verteidigt! Und „verteidigen“ heiße bei ihr in so einem Moment der Überraschung eben nun mal „Feuerball“. Und überhaupt, die Ninja-Tussi habe ja sofort auf sie gefeuert!
Langer Rede kurzer Sinn? Es war ein Missverständnis. Wir brachten die beiden dazu, dass sie einander grummelnd und widerstrebend die Hand schüttelten und sich darauf einigten, dass es ein Missverständnis gewesen sei, ehe wir dem Hoteldirektor Bescheid sagen gingen.
Von Hans Vandermeer war übrigens weit und breit nichts zu sehen. Der hatte sich offensichtlich sofort in dem Moment abgesetzt, als der Ärger losging.
Wir erzählten Cherie dann noch, warum der Holländer sie sucht, dieses Schmuckstücks wegen nämlich. Cherie wusste natürlich sofort, welches Schmuckstück gemeint war, erklärte aber, die Kette habe Vandermeer ihr geschenkt, zumindest habe sie das so verstanden. Tja, dem sei aber laut Vandermeer nicht so, erwiderten wir, und er habe wegen ihres Verlustes relativ verzweifelt geklungen. Das möge ja alles sein, konterte Cherie, aber sie habe die Kette nicht mehr. Sie habe das Amulett Ocean geschenkt, weil es vor böser Magie schützen solle und Ocean jeden Schutz dieser Art brauche, den sie nur kriegen könne.
Das war dann der Moment, wo Edward das Amulett wiedererkannte. Und wir anderen ebenfalls, denn auch wir hatten es auch schon mal gesehen. Das war die Kette mit den großen Holzperlen und dem goldenen Anhänger mit Schiffsmotiv, die Edward Ocean abgenommen und in seinem Labor in einen Schutzkreis gesteckt hatte, ehe Ocean sich mit Ciélo nach Kuba absetzte.
Diese Kette war das also. Auch interessant.
Nachdem sich dann alles beruhigt soweit hatte, wollten wir eigentlich alle wieder heimfahren. Aber vorher nahm ich noch Edward beiseite und erzählte ihm alles. Dass das mit der Nymphe einer der größten, wenn nicht der größte, Fehler meines Lebens war. Dass ich mich schuldig fühle. Dass ich die Nacht über kein Auge zugetan habe. Dass ich versucht habe, Dee zu schreiben, aber dass die Briefe alle irgendwie falsch klangen, überhaupt nicht das ausdrückten, was ich sagen wollte.
Edward hörte sich das alles geduldig an und sagte dann etwas, auf das ich eigentlich auch von selbst hätte kommen können. „Du könntest versuchen, es zu verheimlichen oder zu vergessen, so tun, als sei es nicht geschehen. Aber das wird nicht klappen. Denn die Sache nagt an dir, und sie wird dir keine Ruhe lassen. Rede mit Dee, denn du wirst keine Ruhe finden, solange du nicht mit ihr redest.“
Und natürlich hat er recht. Ich mag ein Schreiberling sein, aber in diesem Falle wären geschriebene Worte das denkbar Falsche. Ich muss es ihr in Worten sagen, muss ihr dabei gegenübersitzen und ihr in die Augen sehen, so schwierig das auch werden wird. Ich muss mit Dee reden. So bald wie nur möglich.
Timberwere:
Ricardos Tagebuch: Proven Guilty 2
Geschlafen habe ich nicht mehr. Nur gewartet und gegen 10 Uhr bei Dee angerufen. Zuerst ging sie nicht ans Telefon, aber ein paar Minuten später rief sie dann zurück. Nach dem „Hallo“, noch ehe ich meine Bitte nach einem Treffen vorbringen konnte, meinte Dee schon „wir müssen reden“. Und dann verabredeten wir uns für mittags im Dora's.
Mierda. Sie muss schon von der Sache mit der Nymphe erfahren haben. Verdammt, verdammt, verdammt, und dabei wollte ich doch, dass sie es von mir hört. Verdammt.
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12:35 Uhr
O... kay. Das... puh.
Schluck Kaffee.
Dee war pünktlich. Überpünktlich beinahe, und nervös. Ich wollte eigentlich mit meinem Geständnis herausrücken, aber Dee bat mich, erst sie erzählen zu lassen, was sie auf dem Herzen habe, dann könne ich ihr sagen, was ich ihr sagen wolle. Okay...
Und dann gestand sie mir, sie habe letzte Nacht mit Roberto geschlafen. Es tue ihr leid, ich sei wohl nicht derjenige, mit dem sie über die Sache mit Ruiz wegkommen könne, auch wenn sie das lange gedacht habe.
Und es stimmt ja. Ich habe gewartet, wollte sie absichtlich nie bedrängen, das Ganze von ihr ausgehen lassen, wenn sie eben über die Sache weggewesen wäre. Ja, meinte Dee, irgendwie habe sich das so eingeschliffen, und... Sie tat sich ebenso schwer mit den Worten wie ich auch. Es tat ihr leid, das konnte ich sehen.
Ich gestand ihr dann auch die Sache mit der Nymphe. Und Dee gab mir einen Kuss auf die Wange und ging.
Und jetzt sitze ich hier und... Puh.
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12:55
Dora hat mir unaufgefordert Kaffee nachgeschenkt und noch einen Donut gebracht. Sie hat mir wohl angesehen, dass das gerade ein Schlussmach-Gespräch (oder eher ein gar-nicht-richtig-angefangen-Gespräch) war. Eben habe ich mich zusammengerissen und bei Edward angerufen. Er scheint heute morgen mit Alex surfen geübt zu haben, wie es klang. Jedenfalls kommt er jetzt her.
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Totilas und Alex kamen vor Edward ins Dora's. Diesmal allerdings hätte ich mir gewünscht, Edward wäre als erster angekommen. Dann hätte ich nämlich ausführlicher mit ihm reden können als nur die kurze Darstellung der Sachlage, die ich den Jungs ablieferte. Roberto tauchte dann nämlich kurze Zeit später auch schon auf. Und das war vielleicht seltsam, Römer und Patrioten. Wobei ich Roberto noch nicht mal einen Vorwurf machen kann. Aber leichter machte das die Sache trotzdem nicht. Die Jungs taten ihr Bestes, um Roberto und mich abzulenken, indem sie das Gespräch auf die Fakten lenkten, die wir in dem Fall bereits gesammelt haben.
Tatsache war: Wir wussten noch viel zu wenig über dieses Hohe Gericht, das Book da eingefordert hat. Also fuhren wir als nächstes zu Hurricane, weil der uns vielleicht sagen könnte, wer der Richter des Winters sein wird. Dort angekommen, gingen die drei anderen voraus, während ich draußen endlich etwas ausführlicher mit Edward redete.
Dass jeder Hof, oder jede Abteilung, der Fae je einen Richter stellt, wussten wir ja schon. Außerdem konnte Hurricane den Jungs aber noch folgendes sagen: Neben den drei Richtern gibt es noch einen Ankläger, immer vom Winter gestellt, und einen Verteidiger, immer vom Sommer. Wenn das Gericht einmal einberufen ist, hat jeder das Recht, dem Ankläger einen Beschwerdepunkt vorzutragen. So kann es vorkommen, dass mehr als ein Fall besprochen wird und dass solche Gerichtsverfahren sich relativ lange hinziehen.
Dass Roberto der Richter des Sommers ist, wussten wir ja bereits. Die Richterin des Winters ist eine gewisse Catalina Snow, die wohl morgen im Laufe des Tages noch in die Stadt gereist kommt. Während diese beiden ihr Amt langfristig bekleiden, wird der Richter des Wyld immer vom ranghöchsten Wyldfae bestimmt, der sich jeweils gerade an dem Ort befindet, wo das Gericht einberufen wird. Und der ranghöchste Wyldfae hier in Miami ist wohl gerade Samuel Book.
Der Ankläger ist Hurricane selbst, und den Verteidiger gibt – war ja so klar – unser Freund Colin. Das Verfahren würde auch stattfinden, wenn der Angeklagte nicht anwesend sei, sagte Hurricane, wobei es für den Angeklagten sehr schlecht aussehe, wenn er nicht zum Gerichtstermin erscheine. So gut wie ein Schuldeingeständnis sei das.
Roberto fuhr zu Pans Palast, um mit Colin zu reden, während Edward im SID Bericht erstatten ging. Hinterher trafen wir uns wieder. Colin habe in bezug auf seine Rolle als Verteidiger nicht sonderlich motiviert geklungen, sagte Roberto. Was nicht dazu beitrug, den Jungen irgendwie unverdächtiger aussehen zu lassen.
Edward hingegen wurde – wie wir das fast schon vermutet hatten – von seinem Chef zum Richter des Wyld ernannt. Eine andere Wahl hätte der Sergeant wohl auch kaum gehabt: Falls Edward abgelehnt hätte, hätte das Los auf Henry fallen müssen. Suki Sasamoto und Salvador Herero wären jedenfalls ausgeschieden, weil die Richter jeweils Menschen sein müssen, die beiden SIDler aber Changelings sind – Kinder eines menschlichen Elternteils und eines, oder einer, Fae.
Wir hatten ja noch das Scarlet, das wir von der Nymphe bekommen hatten. Das verfolgte Edward über einen Verbindungszauber zurück zum Rest davon. Wobei das nicht unbedingt das tatsächliche mit Sommermagie aufgepeppte Scarlet sein musste, räumte Edward ein. Falls von dem nichts mehr übrig wäre, dann würde die Magie sich an das Nächstbeste hängen, und das wäre dann der auf rein chemischen Wege hergestellte Grundstoff. Diese chemische Droge an sich ist bei der Polizei übrigens anscheinend noch nicht bekannt, das muss wohl ein neues, Meth-ähnliches Zeug sein.
Die magische Spur führte uns jedenfalls direkt zum „Whispers“, einer in den übernatürlichen Kreisen als Treffpunkt des Red Court bekannte Bar. Wir gingen nicht hinein, aber Roberto rief bei seiner Bekannten Lucia an. Die wusste nichts von Colin oder einer Verbindung zum Sommerhof der Fae, aber sie erwähnte einen Priester, der in letzter Zeit öfter mal in der Bar gewesen und auch unbeschadet wieder herausgekommen sei. Und den Namen des Priesters kannten wir sogar. Es war niemand anderes als Father Donovan Reilly, den wir bei der Sache mit Ciélo und Ocean kennengelernt hatten und bei dem ich anschließend zur Beichte gegangen war.
Das war interessant genug, dass wir den guten Pater mal aufsuchen gingen. Wir fanden ihn in dem Seelsorgerzelt am Strand, das die Gemeinde dort aufgebaut hat.
Auf unsere Fragen erklärte Father Donovan, ja, er wisse um das Übernatürliche, und ja, er wisse um den Red Court. In der Bar sei er gewesen, weil die menschlichen Diener der Vampire seine Hilfe benötigten. Er sei dabei, für die Leute eine Art Seelsorge aufzubauen.
Als wir ihn nach Colin fragten, erklärte der Pater, den kenne er auch, der komme öfter mal zur Beichte hier ins Zelt.
Weil Edward noch immer Hurricanes Worte im Ohr hatte, dass das Nichterscheinen des Angeklagten wie ein Schuldeingeständnis sei, rief er bei seiner Mutter an, um sie und Antoine zur Rückkehr zu bewegen. Doch Marie ging nicht ans Telefon. Es klingelte nicht einmal; es war sofort die Mailbox dran.
Danach trennten wir uns. Edward sagte, er wolle sich einen Trank brauen, mit dem er besser surfen könne, und Alex wollte ihm ein Surfbrett besorgen. Und ich habe auch noch zu tun. Wir haben ja immer noch, und immer stärker, den Verdacht, dass Colin in der Sache mit drinhängt. Wenn dem so ist, dann habe ich morgen vielleicht die Gelegenheit, ihn zum Zucken zu bringen... wenn ich es nur richtig anstelle.
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Der Tag des Turniers. Oh Mann. Tjosten auf Surfboards.
Es war so ziemlich jeder anwesend, der im Dunstkreis der Feenhöfe irgendwie Rang und Namen hat. Pan selbst natürlich. Colin als sein Ritter. Die anderen hohen Sidhe des Sommerhofs, wie Sir Anders und Sir Kieran – letzterer zusammen mit Edelia Calderón. Hans Vandermeer. Father Donovan, überraschenderweise. Hurricane und die frisch angekommene Richterin Catalina Snow als Vertreter des Winters. Suki Sasamoto als Rettungsschwimmerin für die tjostenden Streiter, Salvador Herero. Lady Fire, el señor nos socorre, und Christine Wick.
Außerdem hing an meinem Arm plötzlich kichernd eine Nymphe. Die Nymphe. Sie strahlte mich an und fragte, ob ich nicht vielleicht wieder irgendwelche Hilfe von ihr wolle. Haha. Aber diesmal dachte ich an meine Manieren und fragte sie, wie ich sie denn nennen solle, und erhielt zur Antwort „Saltanda“.
Ich versuchte, mich so schnell wie möglich von Saltanda loszueisen, und unterhielt mich stattdessen kurz mit Father Donovan. Der bewegte sich erstaunlich souverän unter all den Feen; offensichtlich weiß er nicht nur über das Übernatürliche bescheid, sondern ist durchaus involviert. Jedenfalls wusste er, dass der Siegespreis ein goldenes Füllhorn sein würde, das immer genau das zum Essen oder Trinken enthielte, das man sich in dem Moment gerade wünschte. Auch dass dieses Frühlingsturnier anscheinend schon eine lange Tradition hat, nur dass es wohl bislang immer zu Pferd ausgetragen worden sei. Ich fragte ihn noch, wie er mit dem Übernatürlichen in Kontakt gekommen sei. Doch darüber wollte der Pater sichtlich nicht reden. Es sei „eine lange Geschichte“, und seinem Ton war anzumerken, dass er damit nicht meinte, diese mal bei einem guten Bier ausbreiten zu wollen.
Bei der Tjosterei schlug Edward, seinem selbstgebrauten Trank und dem von Alex besorgten und getunten Surfboard sei Dank, sich gar nicht schlecht. Er gewann ziemlich souverän gegen Sir Anders, unterlag dann aber denkbar knapp sowohl gegen Colin als auch gegen Hurricane (der unseren Edward ebenfalls nochmals gefordert hatte. „Ein Schneeball hat mehr Würde als Pan!“). Den Gesamtsieg trug Colin davon, der sich im Finale gegen Hurricane durchsetzte. Die beiden schienen sich übrigens recht gut zu verstehen und planten für die nächsten Tage irgendwann einen gemeinsamen Surfausflug im Cayo Huracán. Pan überreichte seinem Ritter das Füllhorn, und Colin feierte seinen Sieg prompt, indem er sich gnadenlos betrank.
Im Zuge dessen gratulierte ich Colin zu seinem Sieg und brachte ihn im dann folgenden Gespräch dann tatsächlich dazu, ertappt auszusehen. Er hängt in der Sache mit drin, da bin ich mir jetzt sicher, auch wenn er keinen ganz und gar glücklichen Eindruck damit machte.
Später sah ich dann, dass Lady Fire sehr ernsthaft mit Colin und Hurricane sprach. Beide wirkten respektvoll und der Feuerfee gegenüber durchaus positiv eingestellt. Überhaupt sprach Lady Fire mit den meisten Feenrittern vor Ort: sehr huldvoll und verständnisinnig, reines Balsam für die gedemütigten Seelen der Sidhe. Plant die Lady etwa einen Putsch und nimmt Pans Untergebene – die ja, wie wir von Sir Anders und Sir Kieran wissen, ohnehin nicht sonderlich gut auf die satyrhaften Umtriebe des Sommerherzogs zu sprechen sind – bereits jetzt für sich ein?
Edward wurde von Pan höchstselbst auch zu seinem guten Abschneiden im Turnier gratuliert. Und dann gab der Sommerherzog Edward unvermittelt einen Kuss. „Und? Findest du jetzt immer noch, dass ich kalt bin wie ein Schneeball?“, fragte er dann. Und Edward – war Edward. „Ich hatte schon bessere Küsse“, erwiderte er trocken. Was Pan – er ist immerhin ein Satyr! – natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte. Er warf nun seinen nicht unbeträchtlichen Satyr-Charme an und küsste Edward erneut. Lang. Hingebungsvoll. Grinste ihn hinterher breit an. „Und jetzt?“ Edward atmete schwer, hatte sich aber unter Kontrolle. „Besser“, schnaufte er. „Wenn du eine Frau wärst...“ „Das lässt sich arrangieren“, schoss Pan zurück, schnippte mit den Fingern, und ein paar Sekunden später hing eine Nymphe an Edwards Arm. „Es ist das Frühlingsfest. Es muss gefeiert werden“, erklärte Pan, und Edward schien nach dem Kuss, den er da gerade bekommen hatte, nicht geneigt zu widersprechen. Ohne weitere Worte verschwand er für eine Weile mit der Nymphe.
Christine Wick war auf der Suche nach Hans Vandermeer. Totilas bemerkte ihren suchenden Blick und ging den Holländer warnen. Der wich Christine auf Totilas' Hinweis hin aus, aber seinem Gesicht war eine gewisse Faszination anzusehen, als ob er die Feuerkünstlerin trotzdem gerne gesprochen hätte. Roberto hingegen ging direkt auf Christine zu und sprach sie darauf an, ob sie jemanden suche und ob er helfen könne. „Nein“, spuckte Lady Fires Assistentin zurück, „von euch Typen will ich keine Hilfe!“ Roberto zuckte mit den Schultern. „Na gut, dann gehe ich eben zu Hans Vandermeer.“ Das ließ Christine stutzen. „Hans Vandermeer? Was, wo, wie?“ „Da drüben“, antwortete Roberto ruhig und ging tatsächlich gleich zu dem Holländer hin.
Christine zögerte noch einen Moment, machte sich dann aber auch auf in Richtung Vandermeer. Ehe sie aber bei ihm ankam, sah sie den Holländer am Arm einer jungen Studentin hängen. Ihr Gesicht nahm einen beleidigten Ausdruck an, und sie wandte sich ab. Dann drehte sie sich noch einmal um, voller... Erwartung? Hoffnung? Auch Vandermeer sah auf, sah sie kommen und sich wegdrehen, und er verzog das Gesicht, löste sich von der Studentin. Doch Christine hatte sich schon wieder abgewandt, und ihre Blicke verpassten sich.
Der Holländer fragte Roberto nach Christines Nummer, die Roberto ihm auch gab. Das gab der Studentin Anlass zum Beleidigtsein, und das wiederum brachte Hans gegen Roberto auf, dass der mit dem ganzen Thema überhaupt bei ihm aufgeschlagen war. Aber die Nummern waren ausgetauscht.
Als nächstes sprach Totilas den Holländer nochmals an, wegen der Halskette, die Vandermeer suchte. Aber unser White Court-Freund tanzte im Gespräch derart um den heißen Brei herum, dass es Edward – der inzwischen vom Frühlingsfest-Feiern zurück war – reichte. Er kam dazu und sprach Klartext. Ja, er kenne die Frau, die Vandermeer suche. Und ja, er, Edward, habe die Kette, um die es gehe, in seinem Besitz. Er schloss ein Geschäft mit dem Holländer ab: Vandermeer sagt ihm, wenn ihm am Feenhof etwas auffällt, dafür wird Edward die Kette an Titanias Richter Roberto weitergeben.
Außerdem schubste Edward Vandermeer noch ein wenig in Christines Richtung, indem er beinahe beiläufig einwarf, dass man die wahre Liebe irgendwie immer erst erkenne, wenn es zu spät sei. Daraufhin fluchte Hans vehement los und stapfte davon, noch immer laut schimpfend. Und natürlich... Wenn er der Fliegende Holländer ist, wie wir ja vermuten, dann ist es sein Fluch, die Meere besegeln zu müssen, bis er seine wahre Liebe gefunden hat. Und wenn Christine diese wahre Liebe ist... dann können die beiden nicht zusammenkommen, weil Christine ja Lady Fire verschworen ist. Mierda. Da sieht man seine eigenen Beziehungsprobleme irgendwie gleich in einem anderen Licht.
Edelia Calderón und Sir Kieran sprachen indessen mit Hurricane. Was sie sagten, war aus der Entfernung nicht zu verstehen, aber die beiden sahen nach dem Gespräch aus wie die sprichwörtliche Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat.
Mit Catalina Snow sprachen wir auch. Die Richterin des Winters kommt aus Calgary und hat indianische Wurzeln. Sie wirkte erst kühl, taute aber, als das Thema auf Eishockey zu sprechen kam, merklich auf.
Als die Feier dann langsam immer mehr in ein reines Gelage überging, machten wir uns aus dem Staub. Denn immerhin wollte Alex ja noch einmal mit Jeff sprechen. Den fand er allerdings erst nach einigem Suchen – oder besser, Jeff fand Alex. Denn Jeff war zunächst nirgendwo zu sehen, und erst, als wir ein wenig verloren außerhalb des Nevernever am Strand herumstanden, tauchte der Junge plötzlich auf. Er wirkte sehr nervös auf Alex, hatte sich versteckt. Alex ließ ihn in sich, wie er das immer so macht, und nahm ihn mit, sehr zu Jeffs Erleichterung.
Dass Jeffs Geist jetzt zumindest kurzfristig in Alex war, erlaubte es auch uns anderen, ganz direkt mit ihm zu sprechen. Er war so nervös gewesen, weil zwei beängstigte Gestalten an den Strand gekommen waren, vor denen er sich lieber versteckt hatte – niemand anderes als Joseph Adlene und „Jack“, soviel wurde sehr schnell klar. Adlene habe Jack an einer Kette geführt, aber eigentlich, sagte Jeff, habe es genau andersherum ausgesehen. Und Adlene habe auch keinen sonderlich gesunden Eindruck gemacht. Die beiden hätten nicht so gewirkt, als seien sie zufällig an den Strand gekommen, sondern sie schienen etwas zu erwarten, das dann aber nicht da war. Beide hätten sie daraufhin ziemlich enttäuscht und vor allem wütend ausgesehen.
Hatte Adlene etwa die ganzen Geister der Getöteten einsammeln und versklaven wollen? Nur dass keiner mehr da gewesen war, weil Alex ja alle bis auf Jeff weitergeschickt hatte? Und wenn Adlene gezielt an den Strand gekommen war, um die Geister einzusammeln, hängt er etwa in der ganzen Sache mit drin? Tío. Was für ein erschreckender Gedanke.
Jeff hatte aber noch mehr zu erzählen. Ich weiß gar nicht mehr, wer das Thema aufbrachte, aber die Sprache kam auf Father Donovan, und Jeff meinte, der Priester mache ihn nervös, sei ihm unheimlich. Er erklärte auch, er glaube den Priester von irgendwo her zu kennen, aber er konnte beim besten Willen nicht sagen, woher.
Bei Jeffs Worten kam Totilas der Gedanke, bei Father Donovan könne es sich um den Mittelsmann zwischen Colin und dem Red Court handeln, der Pans erstem Ritter das unbehandelte Scarlet aus dem „Whispers“-Club beschafft haben könnte. Immerhin hat der Pater nachweislich mit beiden Seiten zu tun. Der Gedanke gefällt mir zwar ganz und gar nicht, weil der gute Father mir eigentlich sehr sympathisch ist, aber ausschließen lässt sich die Theorie natürlich nicht, solange wir nicht Näheres über ihn wissen. Gut, Roberto könnte ihn sich mit der Sight anschauen, aber das Risiko ist ihm viel zu groß, falls sich hinter der Fassade des Priesters doch ein Dämon verbergen sollte oder ähnliches.
Als Jeff uns soweit alles erzählt hatte, verabschiedete er sich noch von Snowball. Zu diesem Zweck ließ Edward ihn mit Alex' Hilfe kurzfristig in sich, da Edward ja mit Hunden sprechen kann und sich somit auch Jeff mit seinem Hund würde verständigen können. Es war ein trauriger, sehr rührender Moment, als Snowball verstand, dass Jeff nicht wiederkommen würde, dass ihm dasselbe widerfahren sei wie der Katze der Nachbarin und dem Eichhörnchen damals. Und dann bat Jeff Edward, dass er sich doch in Zukunft um Snowball kümmern möge. Eigentlich wären ja Lila oder Danny die näherliegende Option, aber Lila hat eine Hundehaarallergie, und da sich zwischen den beiden gerade etwas anbahnt, fällt dann wohl auch Danny aus. Ergo blieb Edward, und natürlich sagte er zu. Grummelnd zwar, aber er sagte zu. Und so ist unser Edward jetzt auf den Hund gekommen...
Das hinderte uns aber alles nicht daran, erst einmal weiter planen zu müssen. Denn morgen findet die Verhandlung statt, und Antoine sollte wirklich, wirklich, wirklich anwesend sein. Aber Mrs. Parsen war nicht an ihr Handy gegangen, hatte auch auf Edwards Spruch auf ihrem Anrufbeantworter bislang nicht zurückgerufen. Aber, fiel uns ein, konnte Edward seine Mutter aufgrund ihres Verwandtschaftsverhältnisses nicht auf magischem Wege finden? Das war natürlich eine Möglichkeit – aber das Ritual, das Edward zu dem Zweck durchführte, sagte ihm erst einmal auch nicht mehr, als dass seine Mutter sich im Nevernever befand. Mierda. Was natürlich auch erklärte, warum sie nicht zurückgerufen hatte. Wenn sie schon die ganze Zeit im Nevernever war, hatte sie den Anruf gar nicht bekommen können.
Jedenfalls... die Gerichtsverhandlung beginnt morgen um 12 Uhr mittags. Das ist zu knapp, um ins Nevernever zu gehen, Marie und Antoine zu suchen und garantiert rechtzeitig zurück zu sein. Dann lieber erst pünktlich um Mittag zur Verhandlung erscheinen, anhören, was vorgetragen wird, und dann den Prozess vertagen, damit wir auf die Suche gehen können. Das ist laut Statuten nämlich anscheinend möglich.
So, alles aufgeschrieben. Schlafen gehen. Wenn ich denn kann. Ha.
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