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Der Reiz an Cthulhu
Xemides:
Ausgelager von Shadoms Frage in einem anderen Thread:
--- Zitat von: Shadom ---Ich zum Beispiel verstehe den Reiz an Cthulhu nicht.
Der Mythos ist ein KitchenSink wo ich ALLES rein packen kann vorrausgesetzt ich verpacke es fremdartig, strange und unmenschlich.
Die "Mythologie" dahinter ist mit Absicht in sich massiv widersprüchlich und bietet mir daher auch nichts bis wenig.
Auch warum so viele Settings kleine Versatzstücke vom Mythos einbauen.. will mir nicht in den Kopf.
Kann mir einer erklären was mir das Setting von CoC bietet was ich nicht auch mit 99% aller anderen Horrorsettings genauso gut machen kann.
--- Ende Zitat ---
Ich Glaube der Reiz an Cthulhu hat verschiedene Ursachen.
Zu einen muss man da ein wenig die Historie bedenken.
Als Lovecraft seine Geschichten schrieb und Derleth das ganze zum Mythos zusammen fasste (und das sind nur die wichtigsten Autoren) gab es weder Rollenspiele noch ein Hooror-Genre. Es gab höchstens Schauer-Geschichten wie die von Poe.
Und auch als das Rollenspiel erschien (1981) gab es noch wenig oder keine Horrorrollenspiele.
Die Anhängerschafft besteht zum großen Teil aus Lesern von Lovecraft, Derleth und anderen Autoren der Mythos-Geschichten.
Die Widersprüchlichkeit des Mythos kommt daher, das Lovecraft keinen einheitlichen Mythos im Kopf hatte. Dieser wurde erst von seinem Freund und Nachlaßverwalter August Derleth erdacht.
Ich finde auch nicht, das man CoC-Abenteuer auch mit einem klassischen Horror-System spielen kann. Natürlich kann man CoC auch als klassisches Horror-Szenario spielen, aber eigentlich sind die meisten Wesen des MYthos nicht dafür gemacht, wie Zombies nieder gemacht oder wie Vampire einfach mal gepfählt zu werden.
Wie Tolkien mit der Fantasy hat Lovecraft ein Genre erschaffen und ist zum Teil der Popkultur geworden. Es gibt ja nicht nur beim Rollenspiel Anleihen bei Lovecraft, sondern quer durch die Medien (Kurzgeschichten anderer moderner Autoren wie King, Songs von z.B. Metalica, PC-Spiele, Filme etc.)
Für mich hat CoC ein ganz eigenes Flair, auch durch die Gefahr des Wahnsinns, die beim klasssichen Horror eigentlich nicht so präsent ist.
Auribiel:
Sehr schöne Darstellung!
Im Gegensatz zu V:tM hat man es bei Cthulhu noch mit "echten" Monstern zu tun, keinen tragischen Gestalten. So liegt in meinen Augen der Schwerpunkt auch nicht auf der Tragik der Monster, sondern im Grauen, dass "hinter den Sternen" lauert. Wie Xemides sagte: Die Aussicht, irgendwann am Wissen darüber zu zerbrechen und wahnsinnig zu werden, hat auch seinen Reiz.
Allerdings finde ich auch, dass bei Cthulhu noch mehr als bei anderen Horror-Settings die Stimmung am Spieltisch wichtig ist, wenn man dieses Grauen wenigstens teilweise transportieren möchte.
Insofern hat Cthulhu neben WoD und anderen Horror-Settings seine Berechtigung.
condor:
Noch eine Vermutung: Lovecraft hat mit einem fiktionalen Dreh große Teile der postmodernen Mentalität vorweggenommen: Alle "Großen Erzählungen", die unserem Denken Sicherheit und Sinn geben (Empirie, Ratio, Historie, Aufklärung, Idealismus, Religion) sind vor den wahren Kräften des Weltalls belanglose Illusionen.
In der Fiktion wird die letztliche Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Daseins durch die "Großen Alten", die "Äußeren Götter", Millionen Jahre alte außerirdische Zivilisationen usw. verkörpert: symbolische Entitäten für Lovecrafts reale Weltsicht, die heute (wenn auch weniger pessimistisch) weit verbreitet ist.
EDIT: Revolutionär beim Erscheinen von Cthulhu war auch das Konzept, dass ein Charakter im Laufe seiner Karriere nicht in erster Linie immer besser, stärker usw. wird, sondern zunehmend geistige Stabilität verliert und letztlich grausig scheitert.
Gorilla:
Die drei genannten Posts kann ich alle so unterstützen.
Im Bezug auf unser Hobby gilt es vor allem zu unterscheiden zwischen dem Mythos (wie er zu großen Teilen vor allem auch nach Lovecrafts Tod gewachsen ist) und dem Rollenspiel CoC.
Der Mythos ist durchaus immer noch etwas besonderes und ist mittlerweile aus der Popkultur auch nicht mehr wegzudenken. Er hat deutlichen Einfluss auf solche Filme wie z.B. Fluch der Karibik und Hellboy (im Comic dazu sogar onch deutlicher) sowie auf einen beachtlichen Teil moderner Mystery/Horror-Literatur, die sich ausnahmsweise einmal nicht mit Vampiren beschäftigt (soll es auch noch geben).
Insofern ist seine Bedeutung für die phantastische Literatur und allen ihren Ablegern wohl sicher unbestreitbar.
Das Rollenspiel "dazu" ist sicher nicht ganz unberechtigt immer wieder einiger Kritik ausgesetzt, aber ich weiß dennoch von Runden, die das Spiel mit Begeisterung spielen und die ihren Spaß und mitunter sogar ihr Gruseln damit haben.
Für viele Fans oder Freunde des Mythos sind übrigens genau die Punkte, die Shadom als negativ bewertet genau das, was es so gut macht:
- In dem Mythos kann man einfach (beinahe) alles finden und einbringen, was einem so einfällt.
- Der Mythos ist in sich oft widersprüchlich, nicht greifbar, unschlüssig - ja, genau darum geht es: Die "Menschleins" können diese Dinge einfach nicht gänzlich verstehen.
Shadom:
Mit Horrorspiele meinte ich allerdings nicht die Wod (weil hier Tragik des Monsters vorkam) oder AFMBE (weil hier niederschnetzeln genannt wurde).
Aber von mir aus: selbst die bieten im Setting genug Ansätze um die Hälfte aller Cthulhu Abenteuer auch dort spielen zu können. (auch wenn ich diese Settings dann natürlich zweckentfremden würde)
nWod Mortals versus ein paar uralte Vampire/Prometheans/wasesnichtnochallesgibt usw.
Die sind für den Normalsterblichen auch unverständlich und strange und weit über meinem Niveau.
Selbst Dresden Files würde sich vorzüglich für 99% von dem was ich bei Cthulhu so mitgekriegt habe eignen.
Die historische Erklärung zieht natürlich schon, aber wir spielen ja auch nicht alle the one ring oder?
Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass mich a) beim lesen der GRWs nie Fazination gepackt hat und b) alle Abenteuer, die ich gespielt habe entweder so unglaublich Goth/Emo "buuhhuuuuh die Welt ist grausam und gemein und wir sind nur unwichtige Funken in der unendlichen Kälte des Seins" oder eben auch genauso ohne Mythos funktioniert hätten.
Wenn ich Horror a la Cthulhu spielen wollte dann würde ich don't rest your head oder dread auspacken. Die sind imho weitaus besser für echten strangen Horror geeignet als CoC.
(und das ist alles nur auf das Setting bezogen. Das das Regelsystem von CoC schlicht antiquiert, umständlich ist und zudem den Spielstil nicht mal unterstützt, der gedacht ist... andere Baustelle.)
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