Das Tanelorn spielt > [L5R] Falkenjagd
[IC] Kapitel I - Der Ruf des Falkners
Conan der Barbier:
Es ist Frühling geworden in der Provinzhauptstadt, Schnee und Eis haben sich nach einem langen, strengen Winter zurückgezogen, und obwohl es in den Nächten manchmal noch empfindlich kühl wird, beginnt das Leben rundum sich wieder zu rühren. Die Vögel singen, wenn die Sonne warm auf Stadt und Umland scheint, die Bauern gehen mit Eifer ihrer Arbeit nach, die reisenden Händler kommen wieder von nah und fern, um Waren auf die Märkte zu bringen. In der Sommerresidenz des Magistraten finden sich an diesem Tag die Angehörigen des örtlichen Gerichtshofs und der Stadtverwaltung nach einer örtlichen Tradition zusammen, um unter den Damen die diesjährige Kirschblütenkönigin zu wählen. Ein gesellschaftliches Ereignis von kleinerem Rahmen zwar, doch als das erste Frühlingsfest des Jahres eine willkommene Gelegenheit, den Schwermut der kalten Jahreszeit endgültig hinter sich zu lassen und den Kami für den neuerlichen Sieg des Frühlings über den Winter zu danken.
In dem dreiflügligen Landhaus und dem umgebenden weitläufigen Garten, in dem künstlich angelegte Teiche, Pavillons und zierliche Brücken über die kleinen Bachläufe sich vor dem Auge des Betrachters harmonisch in die natürliche Umgebung einfügen, werden sich Damen und Herren den ganzen Tag lang ergehen, an erlesenen Speisen erfreuen und gemeinsam in kleinen Gruppen lustwandeln, bis am Abend die Diener die Lampions entzünden werden. Dann wird wie jedes Jahr der Wettbewerb gewinnen, bei dem jeder Herr die Gelegenheit erhält, der Dame seiner Wahl ein Gedicht zu widmen, während die Damen selbst Kostproben ihrer künstlerischen Begabung geben werden – die eine mit einer kunstvollen Kalligraphie, die nächste mit einer Seidenstickerei, einem Bild oder anderen Erzeugnis der feinen Künste. Und endlich, wenn der Mond schon am Himmel stehen wird, kommt es zur Wahl der Kirschblütenkönigin, deren Haupt vom Magistraten persönlich mit einem Kranz aus den frischen Blüten des alten, ehrwürdigen Kirschbaums im Zentrum des Areals geschmückt werden wird.
Die Erwählte wird dann für das gesamte folgende Jahr den Vorsitz bei diversen Festen führen und anderen gesellschaftlichen Pflichten nachkommen, die mit ihrem Ehrenamt einhergehen. Ihr König, den sie im Anschluss an die ehrenvolle Zeremonie selbst aus den anwesenden Herren erwählen wird, ist ebenso wie sie selbst in dieser Zeit Inhaber eines Titels von großer symbolischer Bedeutung, auch wenn mit beiden weder Sonderrechte noch Einkommen verbunden sind. Daher wird niemand von Rang und Namen in der Stadt fehlen, und sei es, um an dem weithin bekannten Fest teilzunehmen und mit eigenen Augen zu sehen, welche Dame die Wahl dieses Jahres gewinnen wird. Alles in allem ein höchst geeigneter Anlass, sich über die neuesten Nachrichten zu informieren und zugleich angemessen zu repräsentieren...
Conan der Barbier:
[Mariko im Pavillon am Eingang zum Garten des Anwesens]
Mit einer eleganten Bewegung schlägt die Dame Mariko die weiten Ärmel ihres Kimonos zurück, bevor sie sich dem Shugenja zuwendet und mit beiden Händen das kleine, in rotes Seidenpapier eingewickelte Gastgeschenk entgegennimmt. Die kniende Dame verneigt sich und schenkt ihrem Gegenüber ein höfliches Lächeln. "Habt vielen Dank auch im Namen meines ehrenwerten Gemahls, Seishi-Sama. Ich bin sicher, er wird hocherfreut sein, von Eurem Eintreffen zu erfahren." Nachdem sie noch einige höfische Floskeln ausgetauscht und sich nochmals voreinander verbeugt haben, lenkt der Besucher seine Schritte aus dem kleinen Pavillon, den alle Ankommenden passieren, in Richtung derjenigen, die bereits vor ihm angekommen sind. Die Dame reicht das Geschenk an ihre Zofe weiter, die es ehrerbietig zu dem niedrigen Tischchen trägt, auf dem sich bereits zahlreiche ähnlicher Päckchen in rotem Papier für den Gastgeber, Marikos Gemahl, befinden.
Sie fächelt sich nachlässig Kühlung zu, die Kleidung, in der sie bei offiziellen Anlässen auftritt, ist schwer, sehr einengend und unbequem. Auf einen Wink tritt das Mädchen erneut zu ihr heran. Ohne zu der Dienerin aufzusehen, klappt die Dame den Fächer wieder zu und verstaut ihn geziert in ihrem Ärmel. "Geh rasch und bring mir etwas zu trinken, Hana." Mit einer schnellen Verbeugung huscht die Zofe los, während Mariko sich darauf konzentriert, auch die nächsten Ankömmlinge mit bezauberndem Lächeln und perfekter Beachtung aller Regeln der Etikette zu empfangen. Wenn ihr Gemahl einlädt, sind die Gäste stets zahlreich, und es obliegt ihr, jedem einzelnen auf würdige Weise für sein Kommen zu danken. Äußerlich entledigt sie sich dieser Pflicht mit höchster Konzentration, innerlich aber schweifen ihre Gedanken ab, wandern voraus zu dem Teil des Festes, an dem sie selbst, ihrer Aufgabe ledig, wird zuschauen können, Unterhaltungen führen und Kontakte pflegen, Gerüchte hören und andere verbreiten. Der interessante Teil des Festes...
Skele-Surtur:
[Ujizane im hinteren Teil des Anwesens]
Der junge Bushi legt mit meditativer Gelassenheit seinen Kimono an. Nachdem er den Obi festgebunden hat, wendet er sich einem kleinen Schrein zu, vor dem sein Daisho auf einem kleinen Holzgestell ruht. Er kniet sich davor nieder und spricht ein kurzes Gebet an seine Ahnen, ehe er die Schwerter, erst das Wakizashi, dann das Katana, an sich nimmt und an seinem Obi befestigt.
Während er nach Außen Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, wandern seine Gedanken voll Ungeduld in die Zukunft.
Nachdem er sein Quartier verlassen hat, beschleunigen sich auch seine Schritte. Gerade noch nicht rennend eilt Matsu Ujizane durch das Haus, um zum Festplatz zu gelangen.
Conan der Barbier:
[Mariko mit Zofe Hana im Pavillon am Eingang zum Garten des Anwesens]
Es hat nicht lang gedauert, bis die Zofe mit einer Schale Tee wieder zu ihrer Herrin zurückgekehrt ist. Anmutig schlägt die kniende Dame einen ihrer langen Ärmel zurück und nimmt die filigrane Schale aus den Händen ihrer Dienerin entgegen. Dann führt sie sie langsam, gemessen an ihre Lippen. Ein zarter Duft von Jasminblüten durchzieht den Pavillon. Nachdem sie den Tee bis zur Neige getrunken hat, verharrt die Kranichfrau einige Augenblicke bewegungslos. Sie scheint in die zierlichen Muster auf dem Grund der Schale vertieft. Dann hebt sie das leere Gefäß an, und die Dienerin eilt sofort herbei, es ihr wieder abzunehmen. Wiederum dauert es eine Weile, bis sie wieder den Pavillon betritt und sich seitlich hinter ihrer Herrin auf den Boden kniet. Die Dame hat unterdessen einen kleinen Spiegel aus Silber aus ihrem Ärmel geholt und rasch ihr Äußeres kontrolliert. Zufrieden verstaut sie das Utensil wieder an seinem Platz, als sie sich mit eigenen Augen davon überzeugt hat, wie wenig die Zeit ihren Zügen bislang anhaben konnte.
Noch ist sie keine Greisin, doch die Jahreszeiten, soviel Schönheit jede von ihnen dem sehenden Auge auch bietet, sind in ihrem ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen der unerbittliche Feind jeder Hofdame. Unwillkürlich formt sich in ihrem Kopf ein Haiku über die Vergänglichkeit der Schönheit. Ein altes, oftmals schon zitiertes Thema, und doch eines, das in seiner Unausweichlichkeit und Tragik erhaben ist... Ihre Gedanken beginnen ziellos zu wandern, doch ihre Haltung bleibt dabei tadellos. Die schmalen Hände ruhen übereinander in ihrem Schoß, ihr Kopf ist hoch aufgerichtet, und ihre großen, mandelförmigen Augen blicken jedem Besucher entgegen, der den Pavillon betritt, um dem Fest beizuwohnen. So auch dem nächsten Gast, dessen leise Schritte die Zofe hinter Mariko bereits veranlassen, mit der Stirn den Boden zu berühren, als der Unbekannte noch gar nicht ins Sichtfeld der beiden Frauen getreten ist.
Skele-Surtur:
[Matsu Ujizane vor dem Pavillon am Eingang zum Garten des Anwesens]
Ujizane schließt kurz die Augen. Gi, Yu, Jin Er atmet ruhig durch. Rei, Shin, Meiyo. Ruhigen Schrittes geht er auf den Eingang zu. Chu. Als die letzte Silbe unhörbar seine Lippen verlassen hat steht er vor der edlen Dame. Er hat die Situation hunderte Male im Geiste durchgespielt. Jetzt ist er nicht mehr in dem kleinen Dorf, wo alle Würdenträger seine unmittelbare Familie sind. Er nimmt das lange Katana mitsamt Tsuba. Mit der rechten Hand, damit es möglichst umständlich wäre, die Waffe zu ziehen. Er kniet sich langsam hin, legt das Schwert zu seiner Rechten ab, erneut so, dass es für ihn schwierig ist, sie in die Schwerthand zu bekommen - eine Geste größtmöglichen Vertrauens.
Dann die Verbeugung. Nicht zu tief, er ist kein Bittsteller und er repräsentiert einen stolzen Klan. Aber tief genug, um seinem Respekt unzweifelhaft Ausdruck zu verleihen.
Als er wieder aufrecht sitzt, lässt er einen Augenblick verstreichen. Ruhe hört er die Stimme seines Vaters. Ruhe vermittelt Souveränität. Er zwingt sich, mit möglichst tiefer Stimme zu sprechen.
"Mariko Sama, es ist mir eine Ehre hier sein zu dürfen." Ein einfallsloser Einstieg. schelltet er sich selbst und ärgert sich über seine schlechte Vorbereitung. "Ich bin Matsu Ujizane, Sohn des Matsu Ujitada, aus der Präfektur Echizen. Auf Geheiß meines Fürsten bin ich gekommen, um eurem Gatten, dem ehrwürdigen Magistraten dieser Stadt als Yoriki zu dienen."
Der Bushi greift in seinen Kimono und zieht das erforderliche Empfehlungsschreiben heraus. "Mir wurde bereits ein Quartier zugewiesen, ich erhielt aber die Empfehlung, mich erst hier vorzustellen, ehe ich eurem Gatten meine Aufwartung mache."
Er verbeugt sich und reicht mit beiden Händen das Schreiben herüber.
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