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[Erzählt mir von] WoD

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Lasercleric:
Moin,

ich habe oWoD im letzten Jahrtausend ein paar mal gespielt - bis heute sind mir sowohl System als auch Setting aber fremd geblieben. Einen richtigen Zugang habe ich dazu nie gefunden. Ich würde mich daher freuen, wenn sich ein paar Leute mit entsprechender Erfahrung fänden und Lust hätten eine knappe Zusammenfassung für vollkommen Unwissende zu schreiben:

- worum es bei WoD im Allgemeinen geht
- welche Varianten es im Speziellen gibt, ob man die alle gleichzeitig für die Spielerfahrung braucht
- welche Spielerfahrung und Geschichten vermittelt werden sollen und daraus folgend wie eine "normale" Kampagne abläuft - z.B. starke Charakterzentrierung oder Storyzentrierung mit im Grunde eher austauschbaren Charakteren?
- wie die regelseitige Umsetzung erfolgt - Grundprinzipien, Charakterentwicklung, Balancing, spielt System Mastery eine Rolle usw.
- worin die Unterschiede zwischen alter und neuer WoD liegen
- was Euch besonders an der WoD fasziniert und warum ihr immer wieder dazu zurückkehrt

Vielen Dank!

Orakel:
Und schwups sind wir inmitten eines Mienenfeldes, was den Diskurs über das Thema betrifft. Also, ich werde mal versuchen deine Fragen ein wenig zu beantworten. (Und warte dann anschließend ab, welche From im nächsten Augenblick von Gegenteiliger behauptung um die Ecke kommt.)


--- Zitat von: Lasercleric am 10.01.2015 | 12:50 ---- worum es bei WoD im Allgemeinen geht
--- Ende Zitat ---

Die zentrale Frage wäre hier erst einmal: In Welcher? Vom Basisgedanken her kann man nämlich mehrere Ansätze Formulieren und Zeitgleich hat man das Problem, dass jedes oWoD-Setting zwar paralelen zum anderen Aufweist, die einzelnen Settings untereinander aber einen reinen Wiederspruch in Sich genommen darstellen. (Das betrifft dann aber den jeweiligen Detailgrad der unterschiedlichen Ansätze.)

Ganz weit oben im Metakosmos: Jedes WoD-Setting ist ein "Endzeitsystem". Sprich: Im Grunde "lebt" das einzelne Kroppzeug übernatürlicher Natur jeweils vor sich hin, mal mehr mal weniger bewusst darüber, dass "das Ende aller Tage" naht. (Wobei man sich dabei im klaren sein muss, dass das Gehenna der Vampire ungleich der Apocalypse der Werwölfe oder dem ewigen Winter der Changelings ist.)

Dann ist dort natürlich der ständige Kampf gegen den jeweiligen Antagonisten der jeweiligen Spielelinie (Der Sabbath, die Tänzer der schwarzen Spirale, der Schattenhof, etc...)

Und ganz weit unten auf der jeweiligen Charakterebene geht es um die Balance des eigenen Egos im Rahmen des Kampfes mit der unkontrolliert dunklen Seite.


--- Zitat ---- welche Varianten es im Speziellen gibt, ob man die alle gleichzeitig für die Spielerfahrung braucht
--- Ende Zitat ---

Meinst du mit Varianten die jeweiligen Setting-Linien oder die Ausrichtungen, wie die jeweiligen Spieler das machen? Bei der oWoD wie bei der nWoD gillt jeweils, dass alle Splats ohne Probleme voneinander getrennt gehalten werden können. (Bei der oWoD müssen sie auch so gedacht werden, die nWoD hingegen ist gezielt auf die Möglichkeit von wiederspruchsfreiem Crossover aufgebaut worden.)


--- Zitat ---- welche Spielerfahrung und Geschichten vermittelt werden sollen und daraus folgend wie eine "normale" Kampagne abläuft - z.B. starke Charakterzentrierung oder Storyzentrierung mit im Grunde eher austauschbaren Charakteren?
--- Ende Zitat ---

Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Im Grunde kann man sowohl das Charakterzentriert, als auch das Storyzentriert mit Ja und Nein beantworten. Das liegt aber daran, dass White Wolf ihren Ansatz anfang der 90er gemacht haben und dadurch viele Begrifflichkeiten, die heutzutage mit dem mittlerweile vergangenem Forg-Diskurs Gang und Gebe sind, weder existierten noch angedacht wurden.
Ich will es mal so formulieren: Wenn man die WoD aus dem heutigen, mittlerweile historischen Entwicklungskontext betrachtet hast du zum einen die Story, welche der Storyteller sich als Ramenhandlung immer ausdenken sollte. Aber: Dadurch das die Vor- und Nachteile, die ein Charakter haben kann, in ihrer entsprechenden Form existieren, ist diese Story nicht ohne eine Konzentration auf den Charakter mit seinen Zielen und Wünschen denkbar. (Wenn man bei Vampire noch die jeweiligen Moral-Pfade mit einrechnet geht es sogar sehr stark darum, die Abwertsspirale des moralischen Verfalls der Charaktere zu drehen.)


--- Zitat ---- wie die regelseitige Umsetzung erfolgt - Grundprinzipien, Charakterentwicklung, Balancing, spielt System Mastery eine Rolle usw.
--- Ende Zitat ---

Kaum bis gar nicht.Balancing spielt überhaupt keine Rolle. Charakterentwicklung ist in den jeweiligen "Moralsystemen" enthalten. Aber das war es dann meistens auch schon. Wie gesagt: Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass White Wolf weniger einen System-lastigen, als viel mehr einen Wertstrukturierten-Ansatz verfolgt haben. (Das war auch die Grundlage hinter der Storytelling-Haltung der 90er allgemein. Es gibt von Robin Laws ein sehr treffendes Zitat, dass ich bei solchen Fragen eigentlich immer heranziehen muss: "Play the Spirit of a game. Not the rules.") Von daher werden diese Settings eher über die Haltung der Spieler am Spieltisch gespielt, nicht unbedingt durch die Regelsturkturierung.


--- Zitat ---- worin die Unterschiede zwischen alter und neuer WoD liegen
--- Ende Zitat ---

Die Welten sind offener. Es gibt nicht mehr den alles umspannenden, die komplette Welt in eine einzige, gewalltige Verschwörung einfangenden Meta-Plot, der zu den jeweils anderen Splats im Wiederspruch steht. (Setting-Seitig ist die nWoD, anders als die oWoD, auf auf Crossover-Potential ausgelegt worden.)
Das Storytelling-System (nWoD) wurde gestreamlined, um einige kritisch zu betrachtende Macken des Storyteller-Systems (oWoD) auszubügeln. Hauptsächlich ging es bei dem Gedanken darum, insgesamt weniger Zeit mit würfeln am Tisch zu verbringen, bis das Ergebnis einer Handlung "endlich" klar war. (Hierbei ist nach wievor der Haltungs-Ansatz aus den 90ern zu sehen. Das Laws-Zitat hat also auch bei der nWoD immer noch gültigkeit.)


--- Zitat ---- was Euch besonders an der WoD fasziniert und warum ihr immer wieder dazu zurückkehrt
--- Ende Zitat ---

Ich kann einen Vampir, Werwolf, was auch immer noch spielen und die ganze Zeit dreht es sich eigentlich um die zwei zentralen Fragen: "Was ist in meinem Leben verfickt nochmal schief gelaufen, dass ausgerechnet ich jetzt das Monster bin?" und "Wie kann ich mir trotz alledem meinen menschlichen Anspruch aufrecht erhalten?" (Und nein: Ich meine damit nicht den wirtschaftlichen Aspekt.)

La Cipolla:
Der Selling Point in allen WoD-Inkarnationen und -linien war für mich immer die Mythologie. Die bauen halt einen netten Kosmos um irgendein Grundkonzept auf und füttern ihn solange mit Ideen und Geheimnissen an, bis du mehr Inspirationen hast, bis du bis ans Ende deiner Tage benötigen könntest. Und tendenziell ist dieser Kosmos in sich sehr schlüssig und atmosphärisch, zumindest bis zum Crossover zwischen verschiedenen Linien. ;)
Nebenkommentar: Insofern ist die WoD ein extrem gutes Beispiel für starke Konzepte, die das Design eines Settings leiten (in der nWoD wohl noch ein bisschen mehr als in der cWoD).

Welchen Linien einen interessieren, hängt praktisch vollständig von den eigenen Vorlieben ab. ^^

Die cWoD stellt außerdem eine spannende, epische Geschichte in den Hintergrund, deren Erfahren über das tatsächliche Rollenspielen am Tisch hinausgehen kann - über die Qualität der Text kann man sich (wie immer) streiten, aber gerade die cWoD ist auch ein großartiges "Lesespiel". In der nWoD gibt es den Aspekt zwar auch noch, aber er zieht sich nicht mehr so allgegenwärtig durch sämtliche Bücher.

... was auch daran liegen könnte, dass in der nWoD eine gewisse Generik, eine Horror-Baukasten-Mentalität dazugekommen ist, die es erlaubt, ohne großen Stress alle möglichen Genres innerhalb der Settings abzubilden. Gerade in den ersten Büchern und Spiellinien hat die Mythologie ein bisschen darunter gelitten, später hat man einen guten Mittelweg gefunden oder (je nach Produkt und Linie) klarere Abgrenzungen gezogen.

Die Regeln der WoD stehen zumindest bis zur God-Machine Chronicle immer irgendwo im Hintergrund. Sie sind sehr funktional und gerade in der nWoD überraschend generisch, auch über das Horror-Genre hinaus, tragen aber wenig zur eigentlichen Konzeption der Spiele bei (ein paar Ausnahmen wie den Moral-Mechanismus gibt es). In der God-Machine Chronicle ist man da etwas spezifischer geworden.

Die aktuelle Version ist die nWoD 2.0, die es vollständig bisher nur in Vampire the Requiem 2.0 gibt (das rote mit den kleinen roten Eulen oben drauf - PoD only). Wenn du dich hier im Forum umguckst, siehst du, dass die Regelüberarbeitungen von der 1.0 durchwachsen aufgenommen wurden.

Slayn:
Hm, tja, die gute alte (o)WoD. Ich glaube, das ist das System mit dem größten RAW vs. RAI Unterschied in der Geschichte der Rollenspiele.
Gerade deswegen werden zu dem Thema wohl vollkommen inkompatible Aussagen kommen, da man die ganzen Systeme dazu auf zwei sehr unterschiedliche Weisen verstehen kann und das dann den Rest der Meinung prägt. Ich kenne sonst kaum ein Rollenspiel, bei dem es einen so großen Unterschied macht wie genau die Gruppe, mit der man spielen will das ganze verstanden hat.

1of3:
Die WoD ist Urban Fantasy. D.h. Zeug wie Vampire, Werwölfe, Magier, Feen hängt in der heutigen Zeit ab. Gerne in urbanen Zentren.

Grundlegende Varianten sind oWoD, die aus dem letzten Jahrtausen, die gerade neu aufgelegt wird, und nWoD. Die oWoD ist gewöhnlich epischer, mit Apokalypse und uralten Verschwörungen etc. Die nWoD eher offener und lokal.

Wie eine normale Kampagne abläuft, ist nicht so ganz klar. Es hängt von der Spiellinie ab und selbst da gibt es große Abweichungen. Üblicher Weise wird die Kampagne gewisser maßen ortsfest sein. Man reißt also nicht rum, sondern spielt in einer Stadt. (Mindestens beim alten Magus ist das aber sicher anders.) Anders als Orakel meint, ist auch die nWoD nicht sonderlich auf X-Over ausgelegt.

Balancing ist nicht vorhanden. Nischen sind wenn überhaupt eher schwach auseprägt. Das alte System braucht für einen taktisch nicht anspruchsvollen Kampf ewig, das neue geht rapide schneller. Soziale Regeln sind erst in den neueren Werken der nWoD drin.

Ich spiele aktuell eine Runde Werwolf: Paria. Weil ich ne Gruppe hatte, die das wollte und weil es dafür ne freie Kampagne gibt, die ganz gut ist (Manitou Springs) und weil ich auch das Regional-Quellenbuch zu den Werwölfen in den Rocky Mountains habe. Das heißt ich hatte alles, um ohne großen Aufwand Spiel zu leiten.

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