Autor Thema: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?  (Gelesen 6687 mal)

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Offline Blechpirat

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #25 am: 24.11.2015 | 17:42 »
"Urban Fantasy" und seine Themen beziehen sich sehr stark auf die emotionale Ebene, sie sind eine Art Innenschau.

Sehr interessanter Gedanke. Als Abgrenzung zu Cyberpunk taugt er nichts, weil auch Cyberpunk letztlich Innenschau ist, aber trotzdem eine Facette, über die ich noch nicht nachgedacht habe.

Offline tartex

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #26 am: 24.11.2015 | 18:10 »
Abgesehen davon bin ich sicher, dass man im Urban Fantasy-Bereich (was auch immer der einschließt. Harry Potter z.B.?) Autor(inn)en findet, die sich mit Gibson messen können.

Cyberpunk war mal Avantgarde. Es war die Speerspitze einer recht frischen Interpretation wie die nahe Zukunft der Menschheit aussehen könnte. Es war nicht nur inhaltlich und thematisch frisch, sondern vor allem ästhetisch.

Deshalb hat Cyberpunk in einer völlig anderen Liga gespielt, als Urban Fantasy das tut. Und deshalb auch die Vergangenheitsform. Nichts kann für immer der neue, heiße Scheiß sein, der uns etwas erkennen lässt, was vorher keiner erkannt hat.
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #27 am: 24.11.2015 | 18:30 »
Deshalb hat Cyberpunk in einer völlig anderen Liga gespielt, als Urban Fantasy das tut.

Aber Urban Fantasy hätte trotzdem das Potenzial, ästhetisch auch in diese Richtung vorzustoßen, oder?
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Offline tartex

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #28 am: 24.11.2015 | 18:33 »
Aber Urban Fantasy hätte trotzdem das Potenzial, ästhetisch auch in diese Richtung vorzustoßen, oder?

Ja, natürlich kann man literarisch avantgardistische Urban Fiction schreiben.

Aber ich denke, dass Cyberpunk in den 80igern gerade deshalb so eingeschlagen hat, weil es auf allen zwei Ebenen neuartig war: thematisch und stilistisch/ästhetisch.

Dass mit der thematischen Frische wird halt bei Urban Fantasy nicht mehr so klappen, nehme ich an.
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Ucalegon

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #29 am: 24.11.2015 | 18:37 »
Cyberpunk als Gattung ist in der Literatur ziemlich tot, weil so ziemlich alle Dystopien, die Cyberpunk ankreidet, langsam wahr werden (oder wahr geworden sind). Man braucht keine spekulative Fiktion über Dinge zu schreiben, die bereits eintreten bzw. eingetreten sind. Nicht umsonst korrigieren die Rollenspiele gerade alle ihre Zeitlinien, weil die Jahre, die in den 1980ern noch in der Zukunft lagen, inzwischen Vergangenheit sind.

Interessanterweise ist die logische Fortsetzung des Cyberpunks der Transhumanismus, der sich in der Literatur (und im RPG Bereich) breit macht. Statt als reine Dystopie wird der Transhumanismus auch mit optimistischen Elementen besetzt, die wieder mehr Fortschritt durch Technik betonen und nicht alle Technik als Teufelszeug abtun. Sicherlich hat auch der Transhumanismus noch mit Mega-Corporations und einem Industriekomplex zu kämpfen, der Regierungen bestimmen kann. Aber dort werden auch die Effekte einer post-scarcity Ökonomie und Überwindung der Arbeitsgesellschaft angedacht.

Die eingetreten-nicht eingetreten Diskussion wurde hier ja schon geführt und ich halte sie immer noch für sinnbefreit.

Dass "der Transhumanismus" eine "logische Fortsetzung des Cyberpunks" sei, finde ich ziemlich nebulös. Um im Rollenspielbereich zu bleiben, sehe ich z.B. nicht, wo Mindjammer als transhumanistisches Rollenspiel irgendwas mit Cyberpunk zu tun hat.

Eclipse Phase trifft es wegen des dystopischen Elements und des Fokus auf die Beziehung Mensch-Gesellschaftsordnung-Technologie schon eher. Auf der anderen Seite ist der "existential horror" des Settings nichts, was ich mit Cyberpunk verbinden würde. Um existenzielle Fragen geht es natürlich im Cyberpunk, mit Dixie Flatline hat Neuromancer ja seinen eigenen Upload-Charakter und der Cyberspace als zweite Welt/Existenz ist auch ein Kernpunkt. Aber Horror? Dafür ist kein Platz, wenn die Protagonist(inn)en nicht wissen, in welchem urbanen Moloch ohne Namen sie am nächsten Tag schlafen werden, wo sie den nächsten Fix herbekommen, von welchen schattenhaften Parteien sie gerade gegeneinander ausspielt werden et cetera. Ästethik, Style und Avantgardismus spielen in EP wenn überhaupt eine untergeordnete Rolle. Die Gesellschaftsformen sind so zersplittert, dass "am Rande der Gesellschaft stehen" oder "Rebellion" im Zweifelsfall total unterschiedliche Dinge bedeuten kann. Die existenziellen Fragen werden in einem ganz anderen Kontext gestellt. Wer mit Eclipse Phase also Cyberpunk spielen will, muss sich ein ganzes Stück von der Core Story verabschieden. 

   
« Letzte Änderung: 24.11.2015 | 18:41 von Ucalegon »

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #30 am: 24.11.2015 | 21:59 »
Aber Urban Fantasy hätte trotzdem das Potenzial, ästhetisch auch in diese Richtung vorzustoßen, oder?

Ich kann das echt nicht erkennen. UF ist die Reproduktion bekannter Mythen. An dem Genre ist nichts, was vorwärts weist, nichts, was nicht schon mal da war.
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #31 am: 24.11.2015 | 22:09 »
UF ist die Reproduktion bekannter Mythen.
So, wie es bei Cyberpunk auch war...
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Crimson King

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #32 am: 24.11.2015 | 22:47 »
So, wie es bei Cyberpunk auch war...

Nö. Das mag bei diversen Epigonen der Fall gewesen sein, die ab Mitte, Ende der 80er das Label kommerziell ausgeschlachtet haben. Um das zu beurteilen, kenne ich das Genre in der Breite nicht gut genug. Bei Neuromancer oder Blade Runner kann ich das zumindest nicht erkennen. Man kann, wenn man sich gewaltig streckt und heftig herum deutet, Parallelen zur einen oder anderen Legende aus der klassischen Mythologie herbeilabern. Bei UF liegt die Wiederverwertung des Altbekannten aber im Prinzip der Sache. Vampire, Werwölfe, Drachen, Dämonen, Zauberer, Engel, gut vs. böse etc. Der einzige Unterschied zur klassischen Fantasy ist die Kulisse.
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Offline Blechpirat

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #33 am: 24.11.2015 | 23:05 »
Der einzige Unterschied zur klassischen Fantasy ist die Kulisse.

Das ist der Punkt, wo ich dir nicht zustimmen mag. Urban Fantasy thematisiert schon unsere aktuellen Probleme weitaus mehr als D&D.

Ucalegon

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #34 am: 24.11.2015 | 23:21 »
Ich verstehe nicht, warum immer alle so besessen sind von "unseren aktuellen Problemen" (TM). Warum ist das ein so gutes und wichtiges Vergleichskriterium? "Das Werk thematisiert aktuelle Probleme" ist so ziemlich die cheesigste Kritik, die man kriegen kann, finde ich. Wenn ihr den Vergleich (Urban) Fantasy vs. Cyberpunk schon macht und drüber redet ob das Eine das Andere ersetzen kann, dann legt doch wenigstens mal Karten (in Form von Rollenspielen) auf den Tisch, die man auch tatsächlich vergleichen kann. Monsterhearts gegen Technoir, keine Ahnung...  ::)

Offline Wisdom-of-Wombats

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #35 am: 25.11.2015 | 18:21 »
Dass "der Transhumanismus" eine "logische Fortsetzung des Cyberpunks" sei, finde ich ziemlich nebulös. Um im Rollenspielbereich zu bleiben, sehe ich z.B. nicht, wo Mindjammer als transhumanistisches Rollenspiel irgendwas mit Cyberpunk zu tun hat.

Es geht um die Fortsetzung der Konzepte. Viele technische "Errungenschaften" von Cyperpunk bilden die Grundlage von Transhumanismus, der das aber weiter denkt, und neue Errungenschaften obendrauf setzt. Dabei versucht Transhumanismus es weniger dystopisch sondern utopischer zu sehen.

Die existenziellen Fragen werden in einem ganz anderen Kontext gestellt. Wer mit Eclipse Phase also Cyberpunk spielen will, muss sich ein ganzes Stück von der Core Story verabschieden. 

Das meinte ich auch nicht. Wobei Eclipse Phase alles mitbringt, um einen typischen Run zu spielen.

EP wird ja teilweise vorgeworfen, zu technikgläubig zu sein und die Gefahren bzw. ethischen Bedenken hinten an zu stellen.
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Ucalegon

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #36 am: 25.11.2015 | 19:00 »
Es geht um die Fortsetzung der Konzepte. Viele technische "Errungenschaften" von Cyperpunk bilden die Grundlage von Transhumanismus, der das aber weiter denkt, und neue Errungenschaften obendrauf setzt. Dabei versucht Transhumanismus es weniger dystopisch sondern utopischer zu sehen.

Klar. Ich sehe Cyberpunk eben mehr als Genrebegriff. Unabhängig davon welche realisierten und/oder fiktional gebliebenen Technologien vorkommen. Und wie gesagt, schon Cyberpunk ist eine deutliche Auseinandersetzung mit transhumanistischen Themen (Implantate, Cyberspace, Künstliche Intelligenz, Uploading). Altered Carbon z.B. ist klassischer Cyberpunk und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen des Technologiesprungs. Natürlich haben Autor(inn)en auf den dystopischen Cyberpunk reagiert, aber von logischer Fortsetzung oder TH als neuem Cyberpunk würde ich nicht sprechen.

Unter transhumanistische SF kann, finde ich, deutlich mehr fallen als unter Cyberpunk. Vor allem muss sie nicht zwingend dystopisch sein, wie du schon sagtest. Aber eben auch keine technologiehörige Utopie. Philosophisch-neutral geht auch. Da passen eine Menge unterschiedlicher Visionen rein.

Das meinte ich auch nicht. Wobei Eclipse Phase alles mitbringt, um einen typischen Run zu spielen.

Klar. Wie typisch der "Run" für Cyberpunk ist, würde ich allerdings auch in Frage stellen.  ;) Bei den beiden Links, die ich im anderen Thread gepostet hatte, geht es genau darum, was sich von Neuromancer über Pondsmiths "eigentliche" Ideen für sein Cyberpunk bis hin zu Shadowrun so verschoben haben könnte. Hin zu Cyberpunk, der im Rollenspiel fast nur noch aus solchen "Runs" besteht.
Zitat
But it didn't make that imperative in the game, possibly because it didn't know how, and the emergent play that resulted is the Nakitomi theft from Die Hard and the Sense/Net run, over and over again.

EP wird ja teilweise vorgeworfen, zu technikgläubig zu sein und die Gefahren bzw. ethischen Bedenken hinten an zu stellen.

Was im Hinblick darauf, dass es sich um ein postapokalyptisches Horrorsetting handelt schon witzig ist.  ;D
« Letzte Änderung: 25.11.2015 | 19:12 von Ucalegon »

Offline Wisdom-of-Wombats

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #37 am: 25.11.2015 | 19:09 »
Altered Carbon z.B. ist klassischer Cyberpunk und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen des Technologiesprungs.

Das Buch sehe ich als transhumanistisch... So. ;)
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Offline D. Athair

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #38 am: 26.11.2015 | 00:36 »
Vielleicht ist meine Vorstellung von Urban Fantasy ja falsch, aber das, was ich darunter verstehe geht schon in eine neue "Interpretation wie die nahe Zukunft der Menschheit aussehen könnte".

Für mich, der ich bisher eher wenig Berührung mit Urban Fantasy hatte, ... spielt u.a. die psychologische Dimension eine große Rolle.
Eine UF-Definition, die ich als Kurzformel ganz brauchbar finde lautet: "Magic, Monsters and Mayhem in the Modern World."
Zusammengenommen: Da wird etwas symbolisch ausgedrückt. Und zwar: Postmoderne Bedrohungsszenarien, die nach Verschwörung, der Täuschung von Realität in verschiedenen Stufen von Sein und Schein und Kontrollverlust stinken. Die wortwörtlich ausformulierten Themen des Cyberpunk finden sich auch wieder ... nur halt als phatastisches, städtisches Spielgel-Schatten-Kabinett:

Überwachung (... verbildlicht im Horror-Sinn: der Beobachter um die Ecke, der selbst wirklich nicht sichtbar wird. Das als Symbol für Vorratsdatenspeicherung, Kameras an Plätzen/in der U-Bahn, Datenkrake Google, ... und der Unsicherheit, was davon jemals wofür Auswertung erfährt.)

Irrationale Gewalt (mythische Monster statt Waffenporn.)

usw.


... die Protagonisten handeln für meine Begriffe schon anders.
UF: Im Tun der Hoffnung auf der Spur.
CP: Sich behaupten und überleben.

Gemeinsames Grundthema? Menschlichkeit bewahren?


... soweit meine fragmetarischen Eindrücke.

Meine UF-Quellen:
Urchin (Filmvorlage zum gleichnamigen RPG)
Gaiman - Niemalsland
Brom - Kinderdieb
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #39 am: 29.11.2015 | 21:41 »
Urban Fantasy ist ganz bestimmt nicht der neue Cyberpunk. Cyberpunk malte konkret aus, wie die Zukunft aussehen könnte, wenn gewisse problematische Entwicklungen der 80er Jahre überhand nehmen. Er ist, wie ich vor ein paar Tagen schon mal geschrieben, auch heute noch aktuell (zumindest wenn man bestimmte vom Geist der 80er Jahre geprägte Details wie die berühmten Spiegelsonnenbrillen beiseite lässt), weil diese Probleme uns auch heute noch beschäftigen. Urban Fantasy hingegen hat gar nichts mit aktuellen Problemen zu tun, allenfalls metaphorisch. Denn wer glaubt denn im Ernst daran, dass unsere Gesellschaft hinter den Kulissen von Vampirclans gelenkt wird, oder dass uns in den nächsten 100 Jahren eine Zombieseuche droht? Das ist doch albern. Der "neue Cyberpunk" ist Urban Fantasy allerhöchstens in dem Sinne, dass dieses Genre derzeit den Phantastik-Diskurs prägt. Mehr aber auch nicht.
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #40 am: 29.11.2015 | 22:09 »
Ich denke mittlerweile das Urban Fantasy gar nicht den Anspruch an sich stellt Cyberpunk zu sein oder zu ersetzen. Im Prinzip sind ja zentrale Themen des Urban Fantasy tatsächlich Elemente des Fantasy- oder Horrorgenres, die in ein modernes Setting übertragen werden.
Also quasi ein "Jetzt-Zeit"- Szenario, mit leichtem Blick in die Zukunft.
Der Vergleich mit Cyberpunk zeigt da doch eher wie nah unsere jetzige Weltsituation an den Prognosen des klassischen Cyberpunks ist.
natürlich braucht das Cyberpunk-Genre heutzutage eine Frischzellenkur, die gerne Elemente des Transhumanismus und/odedr von (Urban-) Fantasy übernehmen darf, halt jedem sein Geschmack, aber ich denke das Cyberpunk noch nicht auserzählt oder komplett veraltet/nutzlos ist.
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #41 am: 29.11.2015 | 23:11 »
Zitat
mit leichtem Blick in die Zukunft.
Spielt "Zukunft" bei Urban-Fantasy denn überhaupt eine große Rolle? Bei dem, was ich an Urban-Fantasy so kenne, erscheint mir das nicht als großes Thema...
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #42 am: 29.11.2015 | 23:52 »
In einigen Settings wird davon ausgegangen, dass die Öffentlichkeit seit Kurzem etwas von übernatürlichen Wesen weiß (zumindest von manchen) und dass es entsprechende Regeln o.ä. für den Umgang mit solchen Wesen gibt.
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #43 am: 29.11.2015 | 23:54 »
Das liegt ja dann aber eher am Fantasy-Aspekt und ist kein Near-Future-Element per se.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #44 am: 30.11.2015 | 00:00 »
Das liegt ja dann aber eher am Fantasy-Aspekt und ist kein Near-Future-Element per se.

Stimme ich dir prinzipiell zu, aber das ist der einzige Aspekt, der irgendwas mit Zukunft zu tun hat.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #45 am: 30.11.2015 | 00:00 »
In einigen Settings wird davon ausgegangen, dass die Öffentlichkeit seit Kurzem etwas von übernatürlichen Wesen weiß (zumindest von manchen) und dass es entsprechende Regeln o.ä. für den Umgang mit solchen Wesen gibt.
Das meine ich gerade, der Handlungsort "nahe Zukunft" hat eigentlich nur den Zweck den bestehende Hintergrund zu erklären bzw. eine bestimmte Veränderung die zur Basis der Story benötigt wird zu etablieren ( wie das seit neustem Vampire bekannt geworden sind, ein neuartiger Virus freigesetzt wurde, oder ähnliches). es geht also eher um die Frage was passieren würde wenn ein bestimmter Faktor (wie Vampire, Zombies, Magier, Superhelden, etc...) in unserer Realität vorhanden wären und nicht um den Entwurf einer dystopischen Zukunft wie bei Cyberpunk
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #46 am: 30.11.2015 | 00:19 »
Ich bin ja eigentlich nicht auf der Urban-Fantasy=Cyberpunk-Seite, aber man muss schon erwähnen, dass - wie in meinetwegen True Blood oder Changeling: The Lost - man die Fantasy-Elemente mitunter schon als gute Metaphern für Probleme der Gegenwart einsetzen kann.

Ich sehe halt nicht, dass Urban Fantasy als Genre von irgendeinem Innovationsgedanken getrieben wird, während bei Cyberpunk dieser ja zumindest eine bedeutende Grundsäule des Genres war - auch wenn das bei all den Epigonen natürlich total verwässert wurde.

Selbst Transhumanismus-Erzählungen treten ja schon wieder 10 Jahre auf der Stelle. Wenn man bedenkt, was zwischen 1974 und 1984 abgegangen ist, sind die ein ebenso alter Hut.

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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #47 am: 30.11.2015 | 11:34 »
Hallo zusammen,

meine Antwort auf die Frage lautet einfach: Nein
Zwar könnte man in der Tat beide Genres darauf herunter brechen das existierende Ängste als reale Konstrukte manifestiert werden und dann von einer Art Elite bekämpft werden. Aber der wesentliche Unterschied ist das beim Cyberpunk diese Elite in Ansätzen schon real existiert, Hacker und Non Govermant Organisations während die Elite der Urban Fantasy, Vampire, Werwölfe oder Engel meiner Überzeugung nach nie existiert hat und in absehbarer Zeit, sagen wir 100 Jahre, nicht existieren wird.
Für mich ist die Grundfrage des Cyberpunks was macht einen Menschen aus. Denn auf der einen Seite wird der Mensch maschinell verbessert und unterliegt damit auch der technischen Veralterung und den Wartungszyklen wärend auf der anderen Seite Maschinen menschlich werden und plötzlich moralische Entscheidungen treffen und Pläne entwickeln.
Extern sind wir also schon beim Cyberpunk angekommen. Es sollte also schon das neuste Smartphone mit allen Techniken sein, online gibt es Alternativen zum offline Bereich und man muss natürlich seinen Virenscanner updaten. Noch ist die Technik eher in unserer Tasche oder auf und nicht in uns aber das kann noch kommen. Die Maschinen wiederum hinklen hinterher. Derzeit versucht man noch einen Menschen vorzuspielen und schafft das in engen Teilbereichen auch recht gut aber noch hat die Technik keine menschlichen Probleme.

Im Rollenspiel ist Cyberpunk aus meiner Sicht eigentlich noch garnicht angekommen. Das liegt daran das Technik im Rollenspiel eben verregelt ist. Bei Shadowrun oder Cyberpunk 2020 habe ich etwa feste Grenzen an denen ich vom Menschen wenigstens emotional zur Maschine werde. Beide Systeme kennen aber etwa noch keinen Wartungszyklus, wäre mir persönlich auch zuviel Aufwand. Hinzu kommt das man dem Medium geschuldet eher eine spannende Geschichte erleben will als individuelle und gesellschaftliche Randbereiche zu untersuchen. Auch bei Gibson kommen die Beschreibung der Zukunft und ihre Auswirkungen ja eher am Rande der Story vor. Sie blitzt in der Beschreibung von Personen, Orten oder fiktiven historischen Gegebenheiten auf ist aber nie Hauptzweck der Geschichte.

Gruß Jochen
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Re: Urban Fantasy das neue Cyberpunk?
« Antwort #48 am: 30.11.2015 | 12:06 »
@Arkam: Schöner Beitrag.  :d

Im Rollenspiel ist Cyberpunk aus meiner Sicht eigentlich noch garnicht angekommen.

Sehe ich ähnlich. Deswegen kann man denke ich ohne Weiteres auch 2015+ noch Cyberpunkrollenspiele schreiben. Aspekte, die bisher nicht berücksichtigt werden, gibt es jedenfalls genug.