Pen & Paper - Spielsysteme > Fate
Warum die Idee eines Magiesystems bei Fate falsch ist.
Jiba:
Okay, ganz kurz: Mich nervt hier gerade,dass alle hier mit "Fate will keine Regelunterschiede zwischen Klassen" oder "Fate hat keine Regeln für Ausrüstung" argumentieren. FATE-ig ist, was Fate abbilden kann, würde ich sagen. Diese Extreme, die hier beschworen werden sind genau das: Extreme. Wer allein schon ins Toolkit reinguckt, wird feststellen: Fate kann eine ganze Menge Subsysteme integrieren oder nicht, je nach Fokus des Settings, der Core Story und dem, was Leute in der Fiktion so tun können.
Gehen wir doch bitte mal einen Schritt zurück: Warum will ich ein Magiesystem. Rumpel hat dazu etwas sehr Interessantes gesagt: Damit die Magie in die Story reingrätschen kann. Später sagte jemand, es gehe um Einschränkungen; was der Magier tun kann, benötigt eine Ressource. Beides wurde primär als ein Balancingfaktor beschrieben: Wenn du Magie kannst, hast du Schwierigkeiten. Deshalb ist es fair, dass du Magie kannst.
Was die regeltechnische Einschränkung von Magie angeht, dann kann man es aber auch anders formulieren: Magie ist ein Konfliktfaktor. Wenn du Magie kannst, hast du Schwierigkeiten. Nur dass ich hier die Schwierigkeiten nicht als Bestrafung, sondern als Storyfutter begreife. Einschränkungen und Probleme, bzw. die Überwindung von Einschränkungen und Problemen... das sind Geschichten. Damit Magie zu regulieren schiebe ich also nicht notwendigerweise dem freien Erzählcharakter von Fate den Riegel vor. Vielmehr bestimme ich eine Richtung, in die die Fiktion gehen kann. Ich konkretisiere mehr. Und schaffe dadurch eine engere Settingverzahnung.
Regeln platzieren nämlich Fokus auf Dinge, die in der Fiktion eine Rolle spielen. Automatisch. So arbeitet zum Beispiel "Powered By the Apocalypse": Was es an ikonischen Standartsituationen gibt, das ist ein Move. Was nicht dazu gehört, das nicht.
Wenn wir mit Fate arbeiten heißt das für mich: Wenn etwas für die Fiktion wichtig ist, kann es sehr wohl ein eigenes Subsystem haben, ohne dass ich damit den Grundgedanken von Fate verrate. Alle Subsysteme können sich ja im Fate Fraktal bewegen. Ich habe ja sowieso schon oft das Gefühl, die Fate-Community hat eine vollkommen irrationale Aversion gegen Stunts und Extras. Und ich weiß ehrlich nicht warum.
Denn beides erzeugt auch eine Narrative Permission. Das ist eben die "Rules Exception". Die kann natürlich auch über Aspekte stattfinden, doch Stunts sind fokussierter und weniger breit, was mir erlaubt einem Charakter ein Gimmick zu geben, ohne dass es gleich ein "defining feature" wird. Magie ist sowas, weil es mir Dinge zu tun erlaubt, die ich innerhalb des Settings nicht tun kann.
Okay, ich merke schon, es ist zu spät, um das genauer auszuführen und den Gedanken auf den Punkt zu bringen. Ich versuche es morgen früh nochmal.
nobody@home:
--- Zitat von: 1of3 am 25.01.2016 | 21:24 ---Ist das wirklich wichtig? Ich denke nein. Spielwelt ist enorm überbewertet. Man kann ganz hervorragend ohne Spielwelt spielen insofern, als nichts außer der aktuellen Umgebung bekannt sein muss. Was kümmert es denn, was irgendwelche Magier eventuell können könnten? Was können die anwesenden Charaktere, ist eine relevante Frage.
Weltenbau ist ja was Feines, für Rollenspiel aber nicht zwingend notwendig.
--- Ende Zitat ---
Ich kann natürlich versuchen, meinen Charakter im luftleeren Raum zu bauen, und mich darauf zu verlassen, daß er dann später schon irgendwie in die Kampagne (im verschlossenen Zimmer, jenseits von dessen Wänden das große Unbekannte liegt?) passen wird. Ob das dann aber erstens wirklich so praktisch ist und zweitens mit dem von Fate gern vertretenen Ansatz, als Gruppe Charaktere und Welt sowieso gemeinsam auszuarbeiten, konform geht, bezweifle ich mehr als nur ein bißchen.
aikar:
Schön geschrieben Jiba, 100% Zustimmung.
--- Zitat von: 1of3 am 25.01.2016 | 21:24 ---Weltenbau ist ja was Feines, für Rollenspiel aber nicht zwingend notwendig.
--- Ende Zitat ---
Ich habe die Erfahrung gemacht (erst vor Kurzem wieder), dass viele Spieler sich SEHR schwer tun, ohne eine gute Weltbeschreibung stimmige Charakterkonzepte geschweige denn gute Aspekte aufzubauen.
Ich habe auch schon mehrfach versucht, meine Gruppe zu einer White-Space-Kampagne (Also nur minimale Startbedingungen und dann Weltentwicklung basierend auf den Charakterhintergründen und Ideen der ganzen Gruppe) zu überreden. Die meisten waren nicht begeistert von der Vorstellung.
Wisdom-of-Wombats:
--- Zitat von: Blechpirat am 25.01.2016 | 12:57 ---Ich habe (wie so oft) das Gefühl, dass 1of3 da wieder einen schlauen Gedanken gebiert - und ich ihn noch nicht verstehe.
Ganz unabhängig davon habe ich die im Ausgangspost getätigten Überlegungen auch schon unabhängig von dir nachvollzogen. Mein Problem damit ist, dass - sobald die geschriebene Grenze wegfällt - die Spieler Magie so empfinden wie kleine Kinder: Sie kann alles.
Ich will die Schwerkraft umkehren können.
Ich will Kontinente versenken.
Ich will ein Tor zum Himmel aufreißen können und die Engelschar dazu zwingen, für mich zu kämpfen.
Ich will Gott werden.
Ja, denkt man sich, geil, das will man eben so als Magier (und nicht die Spitze des eigenen Stabs zum leuchten bringen! Geh nach Hause, Gandalf). Aber verdammt, das ist eben nicht mit einem Stunt abbildbar.
--- Ende Zitat ---
Halt! Natürlich kann ich Magie in Fate so handhaben. Aber dann skaliere ich die Nicht-Magischen Effekte analog nach oben. Das ist dann am Ende ein Spiel um Halbgötter alla Exalted, bei denen der Schwertkämpfer mit einem Schwerthieb auch einen Kontinent teilen kann!
--- Zitat von: Feyamius am 25.01.2016 | 14:02 ---Gibt's bei FATE keine Regeln für Flammenwerfer und Handgranaten?
--- Ende Zitat ---
Natürlich gibt es die! Es gibt Regeln, wie man mehreren Ziele in einer Zone Schaden zufügt. Man teilt die gewürfelten Shifts auf und jeder verteidigt sich gegen die Shifts, die gegen ihn gehen. Damit man eine Granate oder Flammenwerfer effektvoll abbildet, nimmt man am besten einen Stunt, der es erlaubt, die Shifts nicht aufzuteilen, sondern jeden in der Zone zwingen sich gegen die vollen Shifts zu verteidigen.
--- Zitat von: Chruschtschow am 25.01.2016 | 15:31 ---20 Orks auf ein Mal habe ich bei D&D allerdings auch noch nicht gesehen. Welche SL platziert ihre Viecher so doof auf der Karte? ::)
--- Ende Zitat ---
20 Orks nicht, aber 16 Kobolde - ein Feuerball!
Wisdom-of-Wombats:
Mal meine Antwort dazu. Das Fate Toolkit enthält im Magie-Teil ein sehr gutes Gerüst um Magie für eine Spielwelt zu definieren. Aber die Fragen drehen sich um die innerweltlichen Regeln, denen Magie unterworfen ist, und nicht um die außerweltlichen Regeln, die das Fate Regelsystem bereit hält. Man geht also von Regeln der Magie in der Welt aus - nicht von Regeln der Magie im Regelsystem. Der Autor hält explizit dazu an, erst die Magie in der Welt zu definieren, bevor man sie in Fate Regeln gießt.
Fate enthält also kein Magiesystem im regeltechnischen Sinne - Magie in der Welt ist jedoch Regeln unterworfen.
Für bestimmte Kampagnen braucht es da nicht viel an Definition. Da kann Magie von Haus aus ca. genau das was man auch ohne Magie erreichen kann. Sprich: Magie macht ca. so viel Aua wie eine normale Waffe, Magie kann die unmittelbare Umgebung verändern oder bestimmte (einfache) Aufgaben lösen. Machen wir gerade bei Masters of Umdaar so. Das ist handgewedelte Magie, die nur in der Fiktion erklärt, das bestimmte Aktionen magisch sind.
Und dann gibt es Welten wie Dresden Files wo Magie Regeln in der Spielwelt unterliegt, die auch von der Spielwelt erzwungen werden. Da sollte man sich am Anfang die Mühe machen, die fünf vorgeschlagenen Fragen zur Magie beantworten, bevor man mit Spielsystem Regeln los legt. In vielen Fantasy Rollenspielen (D&D, DSA, SpliMo) ist es so, dass Regeln im GRW auch gleich Regeln in der Welt sind. Hier schlägt wieder die Fate-typische Dissoziation von Geschichte und Regeln zu. Die regeltechnische Darstellung der Handlung in Fate hat selten etwas mit der innerweltlich beschriebenen Handlung zu tun. Das ist der Kern von Fate - und der schlägt auch beim Magiesystem zu.
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