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Wonder Woman
Kowalski:
--- Zitat von: tartex am 2.07.2017 | 17:15 ---Es gibt unzählige Superhelden-Comics und manche -Filme, die das Gegenteil beweisen. Und das sage ich, als jemand, der Camp und Trash liebt.
Man merkt schon, ob die Erschaffer das Genre zumindest teilweise nutzen, weil sie etwas ausdrücken wollen, das ihnen etwas bedeutet (und sei es auch, dass sie im Grundschulalter, nicht an Schund randurften), oder, ob einfach ein Standardprogramm abgespielt wird, um die Spielzeit, die man nicht in Teasern und Trailern unterbringt auch noch zu füllen und zwischen diesen Teasersequenzen halt Brücken zu bauen.
Im Prinzip sagst du: Superheldenfilme sind eh Käse, und wer sich mehr erwartet, ist naiv.
--- Ende Zitat ---
Nein das ist nicht meine Absicht gewesen, falls Du das so verstanden hast, lass mich versuchen mich verständlicher auszudrücken.
Zum einen, nein, nicht immer wenn ein Film die einzigen verwertbaren Actionszenen im Trailer verbrennt ist es ein schlechter Film. Oder ein enttäuschender.
Wenn ich mir mehr, teils total sinnbefreite, Action ansehen will schau ich einen Transformers oder manchen Kung-Fu Film.
Wenn mich ein Film an den Szenen des Trailers vorbeiführt und ich trotzdem sage, "Toller Film" obwohl eben nicht alles Action und ein Rehash des Trailers ist sondern sich eine tolle Geschichte mit interessanten Charaktern entwickelt hat, dann finde ich der Film hat bei mir sein Ziel erreicht.
Ich erwarte keine komplizierten Volten oder verworrene Handlungsstränge, auch wenn ich an anstrengenderen Filmen durchaus meinen Spaß und eine intellektuelle Befriedigung ziehen kann alle wichtigen Gedankensprünge nachvollziehen zu können. Ein Film wie "Sucker Punch" der surreal ist, witzig, abgedreht, ja, more of it. Ich will neue Sachen sehen. Ein Film wie "Jupiter Ascending", ja, das hat auch seine Stärken. Oder "Der Marsianer", "Gravity", "Guardians of the Galaxy".
Wonder Woman kenn ich als Figur wenig, mal als jugendlicher ein paar Strips mit ihr gelesen.
Der Film jetzt zeigt eine einfach strukturierte Origin Story.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Er zeigt wie Diana von einem naiven, verzogenen Gör zu einer naiven jungen (nicht im Sinne ihres Alters, sie ist ja zum Zeitpunkt des Films knapp 2600 Jahre als, eher eine Beschreibung ihres Gemüts) Frau heranwächst die ihre wahren Kräfte nicht kennt. Und dann mit den Männern und Menschen konfrontiert wird. Ansonsten gärte sie nur im Amazonen Saft. Es wird, ja, das kann man als Gimmick ansehen, schön gezeigt wie unbedarft und unbedacht auf Konsequenzen Diana agiert. Eine impulsive, tatkräftige, unverzagte Frau mit Idealen die sich schnell auf die Erde und Menschheit einstellen muss. Und der Film macht genau das. Das ist kein Sterne-Menü, das sind Pommes mit Ketchup, aber trotzdem lecker.
Im Gegensatz zu anderen Filmen, wie z.B. Rogue One konnte ich durchaus eine emotionale Bindung an die Figuren entwickeln. Weil sie eben mehr wie echte Menschen denn wie irgendwelche Roboter agierten.
Und das schaffen nicht viele Filme. Ja, klar, WIE in die Emo Trickkiste gegriffen wurde war durchaus Kitschig und durchsichtig. Aber manchmal ist Kitsch genau das was einer Situation gerecht wird.
Ich fand zum Beispiel Deadpool lustigen Käse, ein bisschen zu primitiv, aber das ist bei dem ja Absicht, also wieder alles gut. Mit Captain America:Civil War konnte ich dafür weniger anfangen. Dafür fand ichAvengers:Age of Ultron gut. Ich mag auch Man of Steel und Batman vs. Superman. Suicide Squad fand ich zu lustig, okay, aber nicht düster genug. Generell finde ich das es gut ist wenn sich eine Reihe eher lustig gibt (Marvel) und die andere durchaus ernster an das Genre ran geht.
Zurück zu Wonder Woman, dafür das der Film eine einfache Aufgabe hatte, hat er sie mit Bravour bestanden. Ich würde mir weitere Filme mit Wonder Woman in der Hauptrolle anschauen. Dann würde ich tatsächlich eine etwas komplexere Geschichte erwarten die nicht so einem einfachen geradlinigen Plot folgt.
--- Zitat von: tartex am 2.07.2017 | 17:15 ---Ich sage: man kann schon deutlich Qualitätsunterschied zwischen unterschiedlichem Käse feststellen. Und in den besten Momenten empfinde ich, dass zwischen mir und dem Käsehersteller Übereinstimmung herrscht, was er in Metaphern über die wirkliche Welt sagen will, die sich im Käse spiegelt.
;D
Was mich interessiert, Kowalski: sind für dich alle Superheldenfilme gleich gut oder schlecht, oder empfindet du manche qualitativ besser als andere? Woran machst du das dann fest?
--- Ende Zitat ---
Mit den alten Superman Filmen kannst Du mich, inzwichen, jagen. Auch die alten Batman Filme konnte ich mir zwar anschauen, aber, ähnlich wie bei James Bond, war das eher Standardprogramm was da abgespult wurde und keine wirklich interessante Geschichte aufgespannt. Spidey, Wolverine, X-men, kann man schauen man vermisst aber auch nichts wenn man die mal auslässt.
Wenn die Handlung zu sehr nach einzelnen Frames eines Comic ausschaut, ja, muss ich nicht sehen.
Ich habe die Erfahrung gemacht das je begeisterter ich von einem Film bin, Wonder Woman fand ich gut, aber kein "MUSS ICH SEHEN", desto weniger Menschen teilen diese Begeisterung. "Interstellar", "The Martian", "Star Trek: Into Darkness", "B vs. S" oder "Edge of Tomorrow" das sind Filme die ich für besonders erachte, das teilen aber wenige, und in dem Querschnitt wahrscheinlich noch weniger.
tartex:
Mich lässt Wonder Woman in dieser BvS-Szene immer noch fast ein Tränchen aus dem Auge rollen. Seltsam, aber wahr. (Naja, eigentlich kann ich doch den Feierabend-Freud aus dem Schrank holen, ging es mir doch in dieser sehr blutigen Action-Szene aus Kick Ass ähnlich.)
Im Wonder-Woman-Film hatte ich eigentlich nur einer Stelle ein ähnliches Gefühl, eben, wie sie aus dem Schützengraben klettert. Aber das war dann auch gaaaaanz schnell wieder weg, weil ja die Gegner einfach zu dämlich waren. Also eigentlich gar nicht da.
Bestimmtes Action-Geballer (und natürlich auch Spannung) kann mich halt doch emotional wo abholen, wo clevere Analogien oder smarte Plottwists es nie können. (Tarantino schafft es vor allem in seinen späteren Filmen überigens beides zu vereinen.) Aber, wenn die Action mich kaltlässt, dann muss halt das Script mir etwas bieten, was mir nicht selbst eingefallen wäre. Und wenn das auch nur ein unerwartetes weiteres Hochschrauben der Stakes ist.
Kowalski:
Das Action-gekloppe ist schon, in manchen Filmen, wichtig.
Aber wenn nur noch gekloppt wird und man fragt sich wo liegt die Motivation.
Schau Dir mal die Transformers Filme an, da dreht sich hier was, und da was, da kriegt man ADHS nur vom hinschauen auf die Actionszenen.
Mein Problem mit Superheldenfilmen ist das häufig einfach nur noch ein bisschen, oder manchmal viel, drauf gesattelt wird.
Das ist so wie bei alten Perry Rhodan Romanen.
Am Anfang war der Kugelraumer 500 Meter im Durchmesser.
Dann 600 Meter.
Dann 800 Meter.
Dann 1000 Meter.
Dann 1200 Meter
Dann 1500 Meter
Ja, dann haben sie gemerkt, das wird langweilig, dann kam die Basis, die ist halt 12km mal 14km groß.
Nur einfach Stärke und Größe zu steigern verbraucht sich schnell.
Die Problematik mit kugelsicheren und wasserdichten Helden ist das sie kaum noch Herausforderungen haben. Und wenn die mal eine Herausforderung haben dann ist die Stadt wo das stattfindet nur noch ein Krater. Das hat ein gewisse Flair, aber wenn man in Brettspielen dann so Anweisungen wie "Um den Effekt von Nuklearwaffen zu simuliere, nehmen sie Feuerzeugbenzin, schütten es über den Spielplan und zünden es an" liest wird einem klar das Eskalieren irgendwann sinnlos ist.
Insofern ist eine wohldosierte Anwendung von Power durchaus gut. Und da war Wonder Woman weder zu knauserig noch zu freigiebig wie ich finde.
tartex:
--- Zitat von: Kowalski am 2.07.2017 | 20:46 ---Insofern ist eine wohldosierte Anwendung von Power durchaus gut. Und da war Wonder Woman weder zu knauserig noch zu freigiebig wie ich finde.
--- Ende Zitat ---
Ich sehe das anders. Man kann auch über beinahe endlose Kräfte wahnsinnig gute Geschichten schreiben. Doctor Manhattan von den Watchman ist ja das Parade-Beispiel, aber auch viele Superman-Storys machen es vor.
Mir kommt es eher darauf an, dass der Autor bereit ist, die Setzungen vom Anfang der Story konsequent durchzuerxerzieren, und nicht nur verschieden Einfälle irgendwie zu verbinden, weil es ein durchgehender Plot halt erwartet wird.
Ich kann aber auch mit vielen sehr guten Bröckchen leben. Ist mir lieber als x-mal gesehene Versatzstücke in gewohnter Manier aneinanderzureihen.
Meine Theorie ist ja, dass mich Superhelden-Filme trotz vieler Enttäuschungen weiterhin reizen, weil ich schon vorm Betreten des Kinos die Bausteine (sprich Storylines und verschiedene Interpretationen bekannter Charaktere) kenne und mich frage: welche werden denn wie jetzt zusammengesetzt? Da mache ich mir auch danach noch tagelang Gedanken darüber, warum das gerade so gemacht wurde, und nicht anders. In viele Aspekte hat man dann natürlich nicht so Einblick, wenn man nicht die verschiedenen Drehbuch-Drafts kennt, aber es regt mich zum Denken an. (Um so geiler ist es natürlich, wenn man mitkriegt, was hinter den Kulissen so passiert ist. Einer meiner Favoriten ist z.B. wie der Russel-Crowe/Ridley-Scott-Robin-Hood zustande kam. Auf jeden Fall lesenswert!)
Bei "Festival-Filmen", wie ich sie nenne, als bei "echter Filmkunst", die mich noch so rocken kann, fehlt mir die Kenntniss der Bausteine um "mitzuspielen". Klar, kann man sich auch überlegen, wie diese oder jene Szene besser hätte werden können, aber zumindest mit meinem geringen Vorwissen, habe ich den Eindruck, dass der Drehbuchautor und/oder Regisseur eher wie ein Maler mit Bleistift oder Pinsel vor einem leeren Blatt Papier sitzt (anstatt mit mir einen Kasten Bauklötze zu teilen) und einfach anfängt zu skizzieren. Da kann ich mich als Zuseher dann viel schwer (mental) einbringen. Man hätte ja unzählige Möglichkeiten abzuweichen oder abzuzweigen. Das Endergebniss kann noch so großartig sein, aber es ist zu Freestyle um sich irgendwie doch zu messen und zu sagen "Wow. Darauf wäre ich nie gekommen, die Steine so zusammenzusetzen" oder aber "Was, bitte, haben sie sich bei der Konstruktion gedacht?".
Kowalski:
Das kann der Fluch des Vorwissens sein.
Klar kann man den X-ten Aufguss einer Story genießen aber es gibt ja auch Originale, wie z.B. Star Wars IV, die rocken einen Weg.
Auch wenn es kein Vorwissen gibt.
Bei einem Superhelden Movie gehört dazu das dem Zuschauer die jeweiligen Kräfte näher gebracht werden damit man sich mental darauf einstellen kann was passieren könnte.
Aber ich kann das durchaus verstehen wieso Leute in die X-te Inszenierung von King Lear oder Romeo und Julia gehen. Es ist zwar im wesentlichen gleich, aber dann doch wieder immer wieder neu und anders.
Oder wenn man zu einem Live-Konzert der Band geht die man mag.
Ich lasse mich halt öfters auf neue Sachen ein, so kann schätze ich es durchaus wenn eine Geschichte, so einfach sie auch sein mag, auch die Grundlagen nicht verhunzt.
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