Das Tanelorn spielt > Albtraum in Norwegen

Irgendwo in IRLAND

<< < (10/121) > >>

Der Läuterer:
Zuhause liegt die Times bei Dir im Briefkasten. Du blätterst sie kurz oberflächlich durch. Auf Seite 3 stolperst Du über einen kurzen, unbedeutsamen aber irgendwie beunruhigenden Artikel.

THE IRISH TIMES DI., 11. JULI 1933
Mullingar In der Hauptstadt des Landkreises Westmeath
hat vor drei Tagen ein grausames Verbrechen stattgefunden.
In der Nähe der Müllkippe am östlichen Stadtrand wurde eine
Tote aufgefunden. Die Behörden verweisen in dieser Hinsicht
darauf, dass sie einerseits keine ihrer Ergebnisse preisgeben
wollen, um den oder die Täter nicht über die Ermittlungen zu
informieren. Andererseits möchten sie die Öffentlichkeit nicht
mit den Details des Verbrechens fürderhin in Aufruhr versetzen.
Doch so viel darf verraten werden: diese Tat erinnert stark an
die der Whitechapel-Morde in London. Der Leichnam der Frau
wurde grauenhaft zugerichtet. Vermutlich stammt die Tote aus
dem Prostituierten-Milieu. Der Zustand des Leichnams soll sehr
stark an den Zustand des Körpers der Annie Chapman erinnert
haben, die Anfang September 1888 getötet worden war.

Joran:
"Mullingar ... das liegt etwa 60 Meilen entfernt... oder etwa 33 alte irische Meilen", überlege ich.

"Nichts was aus London kommt, kann etwas gutes bedeuten. ... Aber eine Ähnlichkeit zu den Whitechapel-Morden? Jack the Ripper wird von den Zeitungen so leichtfertig beschworen, dass man dem nicht unbedingt trauen kann.

Die Whitechapel-Morde wurden meiner Erinnerung nach eher mit einem Messer ... oder einer anderen Klinge begangen. Den Opfern wurde die Kehle durchgeschnitten. Daher der Beiname 'Ripper'. Zumindest in einigen Fällen wurden an den Leichen Handlungen vorgenommen, die den Verdacht aufkommen ließen, es könne sich bei dem Täter um einen Arzt gehandelt haben. ... Keine Parellelen zum 'Sebastians-Mörder'", stelle ich erleichtert fest.

"Selbst wenn Jack the Ripper noch leben würde, müsste er nun mindestens so alt sein ... hmmm, wie ich, wenn er seine ersten Taten als Jugendlicher begangen hätte. Nein, er wäre heute wohl deutlich älter als ich, eher 70 Jahre oder älter.

Es bleibt also entweder ein Nachahmungstäter oder eine zufällige Ähnlichkei. ... Oder die Zeitung brauchte nur ein Geschichte, die die Aufmerksamkeit der Leser erregt."

Ich klemme mir die Zeitung unter den Arm, greife mit den Korb mit den Welpen und gehe gefolgt von Luni und seiner neuen Gefährtin ins Haus. Etwas ratlos blicke ich mich um und suche nach einem Platz für die Neuankömmlinge. Schließlich seufze ich und stelle den Korb einfach in der Mitte im Wohnzimmer ab.

Dann rufe ich nach Matilde.

"Matilde? Bist Du da? ... Hier wartet eine kleine Überraschung auf Dich!"

"Nun ja, eine große und sieben kleine Überraschungen, sollte ich wohl sagen."

Zu Luni sage ich leiser: "Mein Freund, wir sollten in den nächsten Wochen vielleicht ein bisschen besser darauf achten, wo Du herumstrolchst. ... Nicht das wir noch Ärger mit den Nachbarn bekommen. Wenn hier irgendein Hund wildert und ein Schaf reist, wird man es Dir in die Schuhe schieben. Das ist Dir doch klar, oder?"

Puklat:
Ich gehe nochmal ins Haus und hole meine Mütze.
Als ich nochmal über die Veranda gehe, beuge ich mich zu Kristine hinab und küsse sie zärtlich zum Abschied. Ich bin noch immer untröstlich, dass sie so zugerichtet wurde. Und ich bin wahrlich überrascht, wie gut sie diese Situation und die ganze Sache wegstecken konnte. Ich scheine mich dabei schwerer zu tun. Vielleicht hilft es ihr, dass sie keine deutlichen Erinnerungen mehr an das Vorgefallene hat. Nur manchmal erwischt es sie zum Teil aus heiterem Himmel und ein paar Brocken, Schlaglichter, suchen sie heim.

Ich gehe zu unserem kleinen Snickarbon (Tischlerschuppen (ungefähr vergleichbar mit einem heuten Gartenhäuschen)) und hole die Angel meines Vaters sowie eine Holzkiste mit Ködern heraus. Dann drehe ich mich noch einmal um, und sehe wie Kristine sich auf der Veranda mit Harry unterhält.
Es freut ich sehr sie so zu sehen.

Mit gutem Gewissen, sie in der Obhut eines Bekannten zu lassen, gehe ich die knapp 900 m bis zur Ostsee und suche mir einen bequemen Platz zum Angeln.
Schnell habe ich einen schattigen, windgeschützten Platz gefunden. Hier lasse ich mich nieder, ziehe die Mütze tiefer ins Gesicht und werfe meine Angel aus. Ich Angel auf Raubfisch und Angel mit Blinker. Das macht mir mehr Freude als die Pose immer nur treiben zu sehn. Ich finde es meditativer und interessanter die Angel zu bewegen, einen echten Fisch darzustellen. Mich als Opfer zu tarnen, aber doch der Jäger zu sein. Nun... es ist wohl weniger die Jagd, als die gleichförmige Bewegung:
Auswerfen, absinken lassen, etwas Sehne einholen, Angel ziehen, kurz absinken lassen, etwas Sehne einholen, Angel hochziehen, wieder absinken lassen. ... solange bis der Köder wieder aus dem Wasser gezogen ist. Zumeist ohne Fisch.

Ich werfe die Angel wieder aus. Ein gemächlicher, durchschnittlicher Wurf und dann schaue ich in Richtung der lebhaften Stadt. Es ist kein Vergleich mit Göteborg, Stockholm, Oslo oder London, aber auch hier passiert einiges. Die Stadt ist am Wachsen. Die Papier- und Holzfrachter legen an, löschen ihre Ladung, nehmen neue Ladung an Bord und dann fahren sie an Grundvik vorbei hinaus auf die Ostsee mit Zielen in der ganzen Welt.
Ich schaue den Rauchfahnen zweier kleinerer Dampfer hinterher, als ich die Angel zum Dritten Mal erfolglos einholen. Aber beim Angeln geht es mir nicht um den Erfolg. Es geht mir um die Entspannung, das Sein in der Natur, mit der Natur.

Der Läuterer:
Als Du gerade die Haustür hinter Dir geschlossen hast, hörst Du ein Automobil über die Landstrasse vor Deinem Anwesen entlang fahren. Das Geräusch ist unverkennbar.
Der knirschenden Kies der in der Kurve verdrängt und hochgeschleudert wird, ist überaus verräterisch. Jemand hat es anscheinend recht eilig.

Als Du Dich zum Fenster begibst und den Vorhang zurück ziehst, ist das Fahrzeug bereits hinter einer Natursteinmauer in der Senke, die ins Dorf führt, verschwunden.
Eine langgezogene Staubwolke, die sich nur langsam an diesem warmen Tag zu setzen beginnt, schwebt wie ein langes, weisses Banner hinter dem Wagen.

Als Du Dir gerade überlegst, was das wohl bedeuten könnte, reisst Dich ein Klopfen an der Hintertür aus Deinen Gedanken... Erneut ein Klopfen... "Herr Savage? Herr Savage, sind Sie Zuhause?" Wieder ein Klopfen. Diesmal an der Fensterscheibe. "Brandschutzbehörde. Ich hätte da ein paar Fragen an Sie."

Joran:
"Brandschutzbehörde? ... Was sollte die an diesem einsam gelegenen Haus für ein Interesse haben? ... Die Erklärung ist so fernliegend, dass sie schon wieder nicht nach einer Finte riecht. Trotzdem bin ich skeptisch. ... Aber wenn der Mann die Anwohner vor einem Brand warnen wollte, was vermutlich weniger eine Aufgabe der Beamten der Brandschutzbehörde wäre, warum ist der Wagen dann weitergefahren? Der Mann sitzt jetzt hier im Ergebnis fest ... Und ein Flächenbrand hier in Irland? Das Haus ist von einer breiten Rasenfläche umgeben ..."

"Einen Moment!", rufe ich, öffne die Tür zum Wohnzimmer und pfeife Luni zu mir. Dann gehe ich mit Luni zur Eingangstür, greife mir meinen Gehstock und öffne das Portal gerade weit genug, um nicht unhöflich zu sein, aber gleichzeit nicht so weit, um dem Besucher Eintritt zu gewähren.

"Was kann ich für Sie tun?", frage ich und betrachte den Mann skeptisch.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln