Das Tanelorn spielt > Albtraum in Norwegen

Irgendwo in IRLAND

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Joran:
Clive

Der unnötige verbale Ausbruch des Engländers befremdet mich. "Er kann nicht ernsthaft annehmen, jemanden mit diesem Schwall von Zoten und Beleidungen motivieren zu können. Aber warum will er mich provozieren?"

"Was reden Sie da? An der ganzen Wand entlang zieht sich die Spur von Oves Blut! Sperren Sie gefälligst die Augen auf ... oder kümmern Sie sich um 'den Affen'."

Ich habe das Gefühl, dass ich mich besser selbst um Ove kümmern sollte, als ihm Braddock auf den Hals zu hetzen.

"Weder habe ich einen Gewehrkolben, noch werde ich Meabh damit eins überziehen!"

Ich sehe mich nach weiteren Gegenständen um, mit denen ich Meabh's Fesseln verstärken könnte.

"Mit Luni werde ich Braddock und dieses Vieh schon einholen, sobald ich hier fertig bin und Ove gefunden habe", hoffe ich.

Joran:
Clive

Obwohl von der Witwe mit gefesselten Händen zumindest keine Gefahr körperlicher Gewalt mehr ausgehen sollte, mache ich einen Bogen um sie herum, als ich mich zu dem kleinen Küchenschrank begebe. Während ich den Korpus wieder aufrichte, rutschen die Schubladen heraus und bleiben am Boden liegen. Schnell finde ich, was ich gesucht habe: Ein Bund mit gesammelten kräftigen Schnüren und Lederbändern.

Aufmerksam nähere ich mich der Witwe und beginne auch ihre Beine an den Fersen und die Arme um den Oberkörper herum zu fesseln. Immer wieder betrachte ich sorgenvoll Meabhs Stirn, aber nichts deutet auf ein drittes Auge hin. Schon beginne ich selbst, an meiner Wahrnehmung zu zweifeln. Während ich hektisch die Knoten binde, rede ich beruhigend auf Meabh ein, in der Hoffnung, dass doch noch ein Rest Vernunft in ihrem wirren Verstand zurückgeblieben ist. Immer wieder entgleitet eine Schnur meiner blutverschmierten Hand, aber ich unterdrücke mühsam meine Ungeduld. Als ich mich nach etwas umsehe, woran ich Meabh fixieren könnte, bleibe ich erfolglos. Außer dem brennenden Herd, der zu heiß ist, um die Witwe daran festzubinden, finde ich nichts geeignetes. Stattdessen entdecke ich jedoch ein paar Patronen für die Schrotflinte, die ich hastig abwische und in meine Tasche stopfe. Schließlich spanne ich eine Schnur von den Fussfesseln zu ein paar Töpfen, deren Henkel und Griffe ich fest verknote. "Nun sollte es ordentlich scheppern, wenn Meabh wegzukriechen versuchen sollte."

"Ich komme wieder, so schnell ich kann, Meabh. Ich verspreche es! Aber zuerst muss ich nach Oves Verletzungen sehen ... und dieses Vieh erledigen, auf das Du vermutlich eigentlich schießen wolltest."

Vorsichtig steige ich durch das Küchenfenster wieder nach draußen, ohne mich erneut zu schneiden. Dann lese ich die im Gras liegende Schrotflinte auf und lade sie. Mir ist bewusst, dass diese Munition keinen ernsthaften Schaden anrichten wird, aber immerhin wird mein Gegenüber das nicht wissen und ich habe ein wenig mehr als nur meinen Stock zu meiner Verteidigung.

Der Läuterer:
In der Scheune

Du biegst rechts ums Eck und vor Dir siehst Du einen Vorhang aus schweren Ketten, die nebeneinander und hintereinander von der Decke hängen. Rotbraun und rostig. Feuchtigkeit glänzt auf den Kettengliedern.

Schwach erkennst Du im fahlen Licht Deiner Lampe die Umrisse einer fetten Person, einem Buddha gleich, am hinteren Ende des Ganges. Es ist jedoch keine Person, sondern eine Statue.
Krudes, zusammengenageltes Holz. Nicht geschnitzt. Aus zwei Baumstümpfen, Klötzen, Holzscheiben, Ästen und Brettern zusammengesetzt. Alles gespickt wie ein Nadelkissen mit Nägeln verschiedenster Grössen und Spiessen aller Art. Diese Statue erinnert an Werke primitiver Eingeborener. Sie ist überlebensgross und sehr massiv.

Am Boden neben der Statue stehen und liegen Kreuze, auf die Katzen genagelt wurden. Die Tiere sind allesamt bereits tot und befinden sich in den unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Ihre Körper sind mit Nägeln gespickt, so dass sie wie eine perverse Form von rostigen Igeln wirken.

Am Boden, einige Meter vor der Statue entfernt, liegt eine Tür auf dem nassen, lehmigen Boden, die von einem Türrahmen umgeben ist, als würde es unter diesem Teil der Scheune noch eine Art Keller geben. Deren Klinke ragt aufreizend, wie eine Stolperfalle, nach oben.

Das Miauen ist von der Decke der Scheune zu hören, wo an einer Kette hängend, eine, auf ein Kreuz geschlagene, Katze baumelt und leicht hin und her schwingt. Bis auf die vier Nägel in den Beingelenken, scheint das Tier unverletzt zu sein. Dennoch ist es unerreichbar von Deiner jetzigen Position aus.

Im Schatten der Decke siehst Du unzählige, scharfe und spitze Gegenstände baumeln. Messer, Sensen, Sägen, Spiesse und Bajonette - wie der gezahnte Oberkiefer einer monströsen Kreatur. Bedrohlich. Sekundenbruchteile vor dem Zuschnappen.

Ein zartes Lüftchen weht durch die Ritzen in den Wänden und trägt den satten, freundlichen Duft von Heu mit sich.

Joran:
Clive

Als ich wieder draußen in der Sonne stehe, blicke ich bedauernd an meinem ruinierten Anzug herab. Dann sauge ich die frische, kühle Luft in meine Lungen und sehe mich um. Braddock ist verschwunden. Ich überdenke, was ich bislang über Braddock zu wissen meine, und komme zu dem Schluss, dass er vermutlich nicht nach Ove sucht, sondern eher dieses 'Affenwesen' ... diesen Dämon, korrigiere ich mich in Anlehnung an die Formulierung der Witwe, ... verfolgt. Auf der Suche nach einer Spur von Braddock streift mein Blick den Saum des Waldes, der von dieser Anhöhe wie ein dunkler Streifen die Sicht begrenzt.

Da höre ich ein leises, mir vertrautes Geräusch. Luni blickt aus der geöffneten Tür des Stalls. Ein aufforderndes Nicken genügt und das Tier setzt sich in Bewegung. Als der Wolf sich neben mich gesellt und ebenfalls zum Wald herüberschaut, streiche ich ihm über den Kopf. "Sie fehlt Dir, ich weiß ... mir fehlt sie auch!"

Ich frage mich still, ob Matilde irgendwo dort in die Wälder geflohen ist, um sich alleine ihren Jagdinstinkten hinzugeben. So wie sie es in der Vergangenheit wohl auch schon getan hat. Nur noch sie und John und das Wild ... einfache Regeln ... klare Ziele ... keine Fragen. Ein Augenblick entscheidet über Sieg oder Niederlage ... über Weiterleben oder Tod. Ich gestatte mir die Frage, ob sie jemals zurückkehren wird, obwohl ich die Antwort schon zu kennen meine. Aber ein Wiedersehen als Möglichkeit in meine Überlegungen einzubeziehen, wärmt mich mehr als es die Sonne könnte. Doch gleichzeitig wird mir bewusst, dass sie nichts außer John mitgenommen hat ... nicht Luni ... nicht Marie ... "Sie hat alles hinter sich gelassen, was sie liebt. Das muss ihre schwer gefallen sein. Luni hat sie so lange begleitet. Wenn sie nicht mit Paul gegangen ist, was will sie dann alleine mit John anfangen? ... Der romantischen Idee von einem Einsiedlerleben im Wald nachhängen? ... Wohl kaum! ... Was ist könnte Dein Ziel sein, Matilde?" Ich ziehe das Unaussprechliche in Betracht und meine Hand fährt einer alten Gewohnheit folgend in die Hosentasche. Aber sie findet dort nicht das kalte Eisen, das lange irgendwo in der undurchdringlichen Nacht des Kanals versunken liegt, sondern nur die Schrotladungen für Meabhs Flinte, die mich aus meinen Gedanken ins Hier und Jetzt zurückrufen.

"Ove ... Du musst Dich um Ove kümmern!", ermahne ich mich selbst. Es ist nicht schwer, die doppelläufige Flinte im Gras auszumachen. Mit einem leisen Klicken öffnet sie sich und Luni blickt mich erwartungsvoll an. Ich wechsle die Patronen aus und lasse den Verschluss wieder einschnappen. Dann wende ich mich an Luni: "Wo ist Ove? Such Ove!"

Puklat:
Ove
Erschrocken weiche ich einige meiner angeschlagenen Schritte zurück. Ich bringe mich außer Reichweite dieser schauerlichen Sammlung an Damokles-Schwertern, -Äxten, -Beilen, -Sensen und -Stangen.

Ich beginne erst zu Stammeln, und schaue dabei mit Schreckgeweiteten Augen auf die abnorme Szenerie vor mir. Während das klägliche Miauen der Katze über mir wie die Geräusche eines Racheengels in meinen Ohren widerklingen, gewinnt meine Stimme an Kraft:
langsame wiederhole ich immer wieder ein Wort: " ... ii...fffff"

" ....."

"Klei.... ffffff"

" .... "

"Clive..... "

"Clive!"

"Clive.... komm her!"

"CLIVE! ... HIER!...."

Ich erschrecke über meinen eigenen Lärm, ich werde wieder leiser, schaue mich um.

Im Tor der Scheune sehe ich eine Person.

Ob das Clive ist? Hat er so schnell reagieren können? Wie lange stehe ich hier überhaupt schon herum?!

Als die Gestalt näher kommt  fällt mir das Loch im Boden wieder ein. Aufgebracht rufe ich ihr immer noch heiser zu:

 "VORSICHT! Dort ist ein Loch!"

"Geh über die Planke und halt dich fest...!"

Das Miauen der Katze über mir verwandelt sich in meinem Kopf zu einen Sirenen gleichen Gesang. 
Mühsam, wie Odysseus versuche ich auf Kurs zu bleiben, mich auf die Gestalt die sich mir näher zu konzentrieren und nicht dem Verlangen nachzugeben die Tür im Boden zu öffnen, um zu sehen, welche Hölle dort auf mich wartet.

In einem klareren Moment fordere ich die Person, die sich mir nähert auf "Dort, rechts! Dort liegt ein Kanister Lampenöl! Und Streichhölzer! Frag nicht warum, aber bring sie mit!! Es ist wichtig..."

Vielleicht wird es wichtig!

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