Wir haben zwei Runden.
Runde 1:
Spielte zuletzt sehr Freeform (Cortex+), nur zwei Spieler (SL+ich) haben sich überhaupt (ein wenig) mit den Regeln beschäftigt, vier weitere gar nicht. Dementsprechend wurden Regeln kaum diskutiert, meist haben wir halt "irgendwas gewürfelt" und das passte dann schon. Anfangs hatten wir auch nicht ganz verstanden, wie die Regeln zu verstehen sind (Firefly ist ein wirklich schlechtes Regelbuch), das haben wir dann untereinander besprochen wie das wohl gemeint ist und so dann gespielt. Ab und zu habe ich dann noch mal Sachen nachgelesen, beim nächsten Mal zu Beginn erklärt und entweder haben wir es dann in Zukunft so gemacht oder auch sein gelassen. Also es wurde insgesamt verdammt viel gehandwedelt. Wir haben auch bei weitem nicht annähernd aus dem Regelwerk rausgeholt, was ging, also auch Erschaffen von Assets usw. und was da alles möglich ist.
Demnächst leite ich in der Runde die Savage World of Solomon Kane PPK, dann werden die Regeln auf jeden Fall wieder deutlicher und bei Savage Worlds gilt natürlich RAW + Hausregeln.
Runde 2:
Haben wir gerade eine lange Kampagne in einem Regelwerk beendet, das ein Mitspieler geschrieben hat und das wir Beta-getestet haben. Alle hatten die Regeln zur Verfügung und kannten sich gut bis sehr gut in den Regeln aus. Dementsprechend wurden sehr oft Regeldiskussionen geführt, die oft zu Änderungen im Regelwerk führten. Wir haben mehrmals fundamentale Mechaniken massiv umgestellt. Dabei hatte das natürlich die Ebene, dass der Autor darüber bestimmt, was in sein Regelwerk kommt - aber wir haben auch Hausregeln gemacht wo wir gesagt haben: So passt es besser ins Regelwerk, aber so und so wollen WIR es spielen. Da hatte die "Regel-Hoheit" die Gruppe als Ganzes. Wir haben auch neue Regeln gewünscht, zum Beispiel kam irgendwann mal auf, dass Moral-Regeln nützlich wären und einen Spieltermin später hatte der Autor/SL uns Moral-Regeln gebaut
. In dieser Gruppe ist auch RAW extrem wichtig. Muss man eine Regel interpretieren, heißt das für uns, dass die Regel schlecht geschrieben ist.
Nachdem die Kampagne ein Ende fand und der Autor jetzt seit ein paar Monaten damit beschäftigt ist, all die Fehler im Regelwerk auszubügeln, die sich noch darin befinden, hatten wir den Wunsch, etwas einfacheres zu spielen und haben uns für OSR/Beyond the Wall entschieden. Da leite ich nun. Ich sag mal ich gehe ein wenig freier mit den Regeln um und interpretiere gerade so Sachen wie Initiative, Bewegung im Kampf etc. relativ selbständig bzw. in Freeform, da das Regelwerk da auch praktisch keine klaren Anweisungen liefert und sehr offen ist. (Also nicht ungewollt interpretiert werden muss, sondern direkt so offen formuliert, dass man da halt gucken muss, was passt).
Mir kommt das als SL sehr entgegen, da ich mich lieber im Rahmen der Immersion bewege und gucke, was Sinn macht (GV und so) und dann erst nachrangig gucke, wie man das mit den Regeln umsetzt. Dabei ist als SL mein Job die Spielleitung, nicht über die Regeln zu bestimmen, d.h. ich mache das natürlich nur mit Einverständnis der Spieler und wenn ich etwas gemacht habe, was nicht den Regeln entsprach aber aufgrund der Spielwelt-Logik so sein sollte oder wenn ich Rulings gemacht habe oder mir für neue Monster eigene Regeln gemacht habe usw., dann frage ich hinterher die Spieler, falls sie von sich aus in der Situation nichts gesagt haben, ob das so ok war.
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So, jetzt mal bei mir persönlich.
Ich spiele schon gerne RAW. Ich will die Regeln benutzen, die ich habe. Ich will aber einfache, schnelle, funktionale Regeln. Daher leite ich eigentlich nur noch Old-School-Rollenspiele, Savage Worlds, RuneQuest und würde womöglich auch noch das ein oder andere Light-Regelwerk leiten. Auf Heroic Cortex+ hätte ich noch mal Lust, wenn da endlich mal ein Grundregelwerk käme. Früher habe ich z.B. sehr gerne D&D 3.5 gespielt, aber wir haben immer sämtliche Erweiterungen (vor allem Complete Warrior usw.) zugelassen und das wurde mir einfach viel zu viel zu viel.
Ich differenziere bei mir aber auch sehr stark zwischen SL und Spieler. Als Spieler kann ich mit deutlich komplexeren System umgehen. Als SL reicht mir ein System, bei dem jeder Spieler eine Hand voll Fertigkeiten hat und ich auf irgendwas Proben würfeln lassen kann. Das heißt ich habe einen SL-Stil entwickelt bzw. Präferenzen zum Spielleiten, die von bestimmten Systemen unterstützt werden und von anderen eben nicht. Als SL suche ich mir daher Systeme, die meinen Präferenzen entgegen kommen und das sind dann eher ein OSR-Spiel oder meinetwegen auch Cortex+ oder Runequest. Als Spieler komme ich auch mit komplexeren Dingen klar, wobei seit ich kein D&D 3.5 mehr spiele meine Geduld da auch reduziert wurde, wie mir bei Splittermond klar wurde. Daher stellt sich mir nicht mehr die Frage, ob man bei vielen Erweiterungen irgendwie regulieren müsste - dass so ein Spiel überhaupt gespielt wird, wäre für mich doch sehr unwahrscheinlich.