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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: gunware am 22.04.2025 | 17:14

Titel: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 22.04.2025 | 17:14
Diese Formulierung hat mich stocken lassen:

Ebenfalls interessant fand ich den immer wieder auftauchenden Aspekts der "Entwertung des Spielercharakters"

Ich würde es noch bisschen erweitern wollen und es so umformulieren, in welche Falle könnte die SL stolpern, damit sich die Entscheidungen/Handlungen der Spieler irrelevant herausstellen würden oder in der Wahrnehmung der Spieler als "entwertet" anfühlen könnten.
Und wo ist der Kipppunkt, an dem entweder der Aufbau der Geschichte oder der Gemütszustand des Spielers in Mitleidenschaft gezogen wird.

Ich fange mit einem Beispiel an:

Es tobt ein Kampf, es ist wichtig, eine Tat an einem anderen Ort durchzuführen (egal was, Dämonenbeschwörung vereiteln, Geisel befreien, egal). Ein Spieler findet ein regeltechnischen Schlupfloch einer Fähigkeit, wie sein Charakter sich aus dem Kampf lösen könnte und den Ort mit großer Wahrscheinlichkeit vor den Feinden erreichen könnte, dh ohne dass er an der Tat gehindert wäre. Der  Charakter müsste aber den gerade stattfindenden Kampf verlassen und es würde dadurch auch zu dem vorgesehenen Showdown mit dem Bossgegner nicht kommen.

Schnell einen quasi Möchtegern-Grund präsentieren, damit die Geschichte vernünftig und spannend weitergeht (Entwertung der Charakterfähigkeit) oder dem Spieler sein Glanz Moment gönnen und die Geschichte ohne interessanten und emotionalen Showdown beenden?

[Quasi Spoiler wie es bei uns wäre: Je nach SL wäre die erste oder die zweite Option genommen. Ich finde beide Optionen gleichwertig. Je nachdem, was man gerne bei RPG beforzugt, ist mal die eine, mal die andere Option interessanter. Meiner Meinung nach.]

Und was sagt ihr?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Runenstahl am 22.04.2025 | 17:32
Spielerideen und Charakterfähigkeiten zu entwerten ist für mich persönlich ein No-Go.

Ich spiele in den letzten Jahren besonders Online immer mehr mit offenen Karten. Die Spieler sehen all meine Würfelwürfe. Die Gegner und die Spielercharaktere haben Lebenspunktbalken. Ohne Zahlen, aber so kann man grob abschätzen wieviel Leben ein Mitstreiter oder ein Gegner noch ungefähr hat.* Natürlich kann es vorkommen das Ideen der Spieler ins nichts führen oder das ihre Fähigkeiten mal an Conter-Fähigkeiten der Gegner abprallen. Das ist dann aber nie willkürlich aus dem Ärmel geschüttelt sondern "gehört" so.

So haben die Spieler in einem der letzten Kämpfe den "Bossgegner" recht unzeremoniell beseitigt obwohl ich den eigentlich entkommen lassen wollte. Als er dran war hatte er noch ca. 120 Lebenspunkte (D&D) und ich habe mich dagegen entschieden ihn fliehen zu lassen (er hatte Teleportation im Reperatoire) sondern lieber noch ein paar Kampfzauber rauszuhauen. Bevor er dann wieder dran war haben die Charaktere ihn dann komplett auseinander genommen.

Sowas sehe ich als SL eher als Herausforderung. Nun liegt es mir einen neuen Bösewicht zu produzieren damit die Kampagne noch einen befriedigenden Abschluß findet. Ob ich als Spieler damit leben kann wenn der SL in so einem Fall zurecht-improvisiert das der Typ trotzdem noch entkommt hängt stark davon ab wie es vom SL vermittelt wird und wie erfahren der SL ist. Einem neuen SL "verzeihe" ich es eher als einem alten Hasen.

Gleiches gilt wenn die Spieler mit guten Ideen und guten Würfen die Kampagne in eine andere Richtung lenken als ursprünglich vorgesehen. Das sehe ich als Herausforderung da was spannendes draus zu machen.

Insofern ist geht das wie gesagt für mich gar nicht. Das ist aber nur persönlicher mein Geschmack und Gruppen die Glücklich damit sind das die Story Vorrang hat gönne ich ihren Spaß allemal.

* Ich mag auch kein Metagaming wenn der Heiler fragt "wieviel Lebenspunkte fehlen dir denn ?". Gerade im Kampf muss man dann anhand des Balkens abschätzen ob der gewählte Heilzauber nun ausreicht, zu wenig bringt oder über das Ziel hinausschießt.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 22.04.2025 | 18:07
Als Spielleitung mag ich ein Stück weit die Regie führen (speziell, was die einschlägigen Ereignisse in der Spielwelt um die SC herum und hinter den Kulissen angeht), aber eins gehört ganz bestimmt nicht zu meinen Aufgaben: um jeden Preis ein bestimmtes vorgegebenes Drehbuch durchzudrücken, das die Spieler im Vorfeld noch nicht einmal zu lesen bekommen haben. Das fällt definitiv in die Schublade "Ja, geht's noch?".

Außerdem gehört zu den Kernunterschieden zwischen einer Rollenspielsitzung und einer reinen Erzählstunde eben auch, daß ich von den Spielern durchaus mal überrascht werden will. Eine plausible Idee einfach nur deshalb abzuwürgen, weil ich selbst sie nicht vorhergesehen habe, wäre aber das genaue Gegenteil davon.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 22.04.2025 | 18:10
Ich spiele in den letzten Jahren besonders Online immer mehr mit offenen Karten. Die Spieler sehen all meine Würfelwürfe.
Es geht mir jetzt nicht um Würfel, sondern eher um regelseitige Grauzone.

Bei meinem Beispiel wäre es eher so was wie teleportieren geht bis 500m. Eine eher seltene Fähigkeit des Charakters, die mit teleportieren nichts zu tun hat, ermöglicht dem Charakter am Abend im Wasser seine Fähigkeiten drei Mal stärker zu benutzen. Deswegen hat die SL das nicht auf dem Schirm. Der Spieler sagt halt, weil es Abend ist und wir müssen noch Kilometer laufen und werden es doch nicht vor dem Bossgegner erreichen, noch zusätzlich, weil wir hier noch die zwanzig Kobolde wegmoschen müssen. Da springe ich ins Wasser und dank meines verstärkten Teleportierens bin ich jetzt gleich da.
Nur als Beispiel, ich kenne kein System, in dem das so funktioniert. Ich hoffe aber, dass dadurch verständlicher wird, welche Fälle ich meine.
Erschwerend vielleicht noch dazu, dass es auf zwei unterschiedliche Arten gelesen werden könnte. Entweder dreimal Teleportieren oder dreifache Entfernung Teleportieren. Keine der Möglichkeiten wäre auszuschließen.

Oder ist das zu theoretisch und um es vernünftig besprechen zu können, braucht man echte Beispiele?

Edit: nobbody@home hat sich (aus meiner Sicht) für den Spieler gegen die Geschichte entschieden, bei Runenstahl bin ich mir nicht sicher.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Maarzan am 22.04.2025 | 18:15
Ich würde bezgl. Post 1 die Fähigkeit erlauben. Wenn das dann tatsächlich so schnell zu Ende ist, kann die vermeintlich "interessantere" Lösung ab dem Entscheidungspunkt immer noch nachgespielt.
Ist danach so oder so eh nicht Ende, dann kann das auch gerne so abgekürzt werden.
Bezgl Post 4: Müsste man im Detail nachlesen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 22.04.2025 | 18:20
Wenn das dann tatsächlich so schnell zu Ende ist, kann die vermeintlich "interessantere" Lösung ab dem Entscheidungspunkt immer noch nachgespielt.
Nachgespielt meinst du der Bossgegner ist früher angetroffen als gedacht? Dann wäre der Charakter alleine da und quasi zum Tode verurteilt. Ohne seine Mitstreiter machtlos.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Maarzan am 22.04.2025 | 18:26
Nachgespielt meinst du der Bossgegner ist früher angetroffen als gedacht? Dann wäre der Charakter alleine da und quasi zum Tode verurteilt. Ohne seine Mitstreiter machtlos.

Nein, einmal mit Einsatz der Teleportoption, die ich hier als "Beende das Abenteuermove" gelesen habe, dann noch einmal ohne diese Fähigkeit und die Gruppe setzt - wenn sie dazu dann noch interessiert ist - ohne diesen Move an der Knackpunktstelle noch einmal an, um die andere Alternative jetzt auch noch zu erkunden.
Wenn das so ein klarer "gewinnt"-Joker ist, kann man natürlich auch umkehrt den Teleporter fragen, ob er das noch ausgespielt haben will oder direkt mit der Alternativlösung weiter gemacht werden soll.   
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 22.04.2025 | 18:27
Ich will gar nicht wissen, was die SCs können. Das ist Sache der Spieler. Und wenn ein Spieler seinen Charakter so gebaut hat, dass sowas möglich ist, dann ist das so.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Runenstahl am 22.04.2025 | 18:34
Es geht mir jetzt nicht um Würfel, sondern eher um regelseitige Grauzone.

Edit: nobbody@home hat sich (aus meiner Sicht) für den Spieler gegen die Geschichte entschieden, bei Runenstahl bin ich mir nicht sicher.

Ich scheine mich wohl nicht klar genug ausgedrückt zu haben. Deswegen nochmal deutlich: Wenn Spieler eine coole Idee haben und ihre Fähigkeiten ihnen erlauben diese umzusetzen, dann ist mMn absolut nicht in Ordnung das zu verhindern nur weil die SL das nicht auf dem Schirm hatte.

Und was genau meinst du mit Grauzone ? In deinem Beispiel hat der Spieler doch die Fähigkeit sich Abends im Wasser dreimal so weit wie normal teleportieren zu können. Nur weil die SL das nicht bedacht hat ist es doch keine Grauzone.

Was mich leicht verwirrt: Du schreibst das man die Fähigkeit des Teleportierens auch anders auslegen könnte. Das ist mMn für das Thema nicht hilfreich. Oder geht es dir explizit darum ob der SL bei Regellücken Entscheidungen zugunsten der Spieler oder lieber der Story treffen sollte ?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: ghoul am 22.04.2025 | 19:07
Die von den Spielern gestaltete Geschichte ist die spannendere. Auch wenn es dann keinen "Endkampf" gibt.
Spannender allemal als Sch____ln (weiß nicht, ob man das Wort noch schreiben darf).
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 22.04.2025 | 20:02
Edit: nobbody@home hat sich (aus meiner Sicht) für den Spieler gegen die Geschichte entschieden, bei Runenstahl bin ich mir nicht sicher.

Sagen wir, ich habe mich gegen einen antagonistischen Spielansatz entschieden. Denn worum auch immer die "Geschichte" eines Abenteuers, das ich gerade leite, sich nominell drehen soll -- die ist ja nicht einfach gottgegeben unter dezentem Halleluja aus heiterem Himmel gefallen und deshalb sakrosankt, sondern die habe ich mir ausgedacht (oder von einem anderen Verfasser mehr oder weniger geschickt geklaut), und wenn ich dann davon im Spiel nicht abzuweichen bereit bin, wird natürlich prompt ein direktes Ich-gegen-die-Spieler-Szenario daraus. Was dann wiederum aus meiner Sicht einfach nicht der Sinn der ganzen Übung ist...
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Alexandro am 22.04.2025 | 20:57
Ich weiß nicht genau, was das Problem ist. Der Charakter muss sich aus dem Kampf rausnehmen, um an anderer Stelle etwas zu erreichen.

Dadurch fällt der Zeitdruck bei der Abwicklung des Kampfes weg (Können wir siegen, bevor das Ritual beendet/die Geisel getötet/etc. wird?), aber auf der anderen Seite muss die Gruppe den Kampf mit einem Mitglied weniger bestreiten, was auch spannend sein kann. Da kann man wunderbar Drama drum aufbauen, indem man zwischen den Kampf und der Solo-Aktion hin- und herwechselt, und auf diese Weise den Zeitdruck auf "Schaffe ich es zurück zur Gruppe, bevor diese in Bedrängnis gerät?" umlegt. Oder der Spieler ist halt vor dem Bossgegner da, macht seine Soloaktion... und muss sich mit dem (bald darauf eintreffenden) wütenden BBEG auseinandersetzen, während die anderen SC noch Kobolde vermöbeln, um nachzukommen.

Es gibt reichhaltige Möglichkeiten, da Spannung aufzubauen... man muss sich nicht zwingend an eine vorgegebene klammern.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 22.04.2025 | 21:14
Ich würde die SPL Idee nicht nur durchgehen lassen sondern sogar belohnen: Zum Beispiel mit einer coolen Szene.

Er kommt also früher als erwartet bei der Dämonenbeschwörung an.
Warum nicht ein cooler Schlagabtausch(Dialog) zwischen Figur und Beschwörer? Oder zwischen Figur und Dämon (Der Dämon kann vielleicht seinen Beschwörungskreis nicht verlassen und muss wieder zurück in seine Sphäre aber vorher versucht er die Figur mit allen Mitteln der Kunst zu umgarnen ihn doch noch zu befreien.
Oder er macht ihr große Angst, dass die Freunde im Kampf fallen werden, wenn er nicht freikommt whatever. Vielleicht noch ein paar dunkle Prophezeiungen, Verwünschungen auf denen man künftige Abenteuer aufbauen kann etc.)

Zeitgleich tobt der Kampf der restlichen Gruppe.
So dass man der Dramatik halber zwischen beiden Szenen hin und her schalten kann.







Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: 1of3 am 22.04.2025 | 21:23
Ist das Verwenden von Dingen auf einem Charakterblatt eine Entscheidung? "Spielerentscheidungen entwerten" ist wieder so ein uneindeutiger Empörungsslogan. Wenn Charakterfähigkeiten gemeint sind, lasst uns doch Charakterfähigkeiten sagen.

Dann macht das mit dem Entwerten auch schon viel eher Sinn. Der Wert, der nicht zur Geltung kommt, sind investierte Charakterbaupunkte. OK.

Generell wäre aber wahrscheinlich eine bessere Formulierung "Input nicht beachten". Das kann natürlich aus verschiedenen Gründen passieren. Nicht mitgekriegt, falsch verstanden, das Verstehen nicht hinreichend wieder gespiegelt.

Input ist besser, weil es erstmal eine kommunizierende Handlung bedeutet. Man muss etwas sagen oder anzeigen, das kann dann ignoriert werden. Entscheiden kann man eine ganze Menge ohne äußeres Anzeichen.

Ob jemand es schlimm findet, wenn gewisser Input ignoriert wird, das ist dann nochmal eine ganz andere Frage.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Alexandro am 22.04.2025 | 21:28
Um ein weniger konstruiertes Beispiel zu bringen, eine Anekdote welche ich tatsächlich schon erlebt habe:
Hatte mal eine Spielsitzung (Con One-Shot), welche ein Detektivabenteuer war.

Die Charaktere sind relativ früh (eher durch Zufall) über die verantwortlichen Verschwörer gestolpert und haben entschieden (nicht wirklich aus einem Grund, einfach weil sie ihnen verdächtig vorkamen) diese festzusetzen, was ihnen nach etwas Kampf auch gelang.
Darauf packte die SL ihre Sachen zusammen und sagte, damit wäre das AB beendet (obwohl noch gut 1,5h Zeit im Conslot waren), jetzt wären die Verschwörer ja keine Bedrohung mehr, und Beweise für ihre Taten könnte man ja sicher finden, das müsste man nicht ausspielen.

Ich fand das unbefriedigend: man hätte durchaus das restliche AB darum aufbauen können, dass die Gefangenen ihre Gefolgsleute losschicken, um Beweise verschwinden zu lassen, Zeugen einzuschüchtern, u.ä. ... mit dem Ziel dass sie (mangels Beweisen) wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen.
Das hätte die Aktion der Spielenden nicht entwertet, sondern wäre ja eine Konsequenz aus ihren Vorgehen gewesen. Und sie hätten ja trotzdem etwas bewirkt (die Pläne der Verschwörer verzögert, da sie etwas viel Aufmerksamkeit auf sich hatten), insofern wäre es auch kein kompletter Fehlschlag gewesen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Arkam am 22.04.2025 | 21:45
Hallo zusammen,

ich sehe irgendwie das Problem nicht. Man kann doch mit den Spielern sprechen und ihnen dalegen wo man das Problem sieht.
Dann kann man zusammen sehenden Auges eine Entscheidung fällen.
Denn es können ja auch Probleme darin bestehen das man dann für den Spielabend ohne eine Idee wie es weitergehen soll dasteht.

Entwertungen von Spielerentscheidungenwie ich sie kennengelernt habe sind:
Egal welchen Weg man wählt man landet dort wo die Spielleitungen einen haben möchte.
Fähigkeiten die stören funktionieren plötzlich nicht.
Selbst alltägliche Gegenstände, etwa eine Schweinsblase, sind plötzlich selbst mit viel Aufwand nicht mehr zu bekommen.
Fertigkeiten funktionieren plötzlich nicht mehr ohne das es so im Abenteuer vorgesehen war.
Es werden Fertigkeitswürfe die ansonsten verwendet werden verweigert oder diese werden mit absurd hohen Mali versehen.
Naturgesetze gelten nicht mehr. - Eine meiner Jugendsünden war ein Fluß der ins Gebirge floss.
Selbstverstä#ndliches muß plötzlich erwähnt werden. Mein Charakter wäre ein Mal fast verdurstet weil er nicht angesagt hatte auf die Umgebung zu achten und so ohne Wasservorräte länger in einer Wüste marschierte.
Grenzwertiger wird es da wenn der Spieler nicht ansagt Ausrüstung zu nutzen, hier ein Kompaß, und die Charaktere so eben nicht wie geplant nach Süden reisen.

Ich habe da für mich derzeit eine Traumkombination mit einem einfachen Regelwerk, einem Hintergrund den ich seid 30 Jahren kenne und mit eigenem Material erweitert habe und Spielenden die mich mit ihren Ideen immer wieder überraschen.
Da haben die Charaktere dann in einer Detektivgeschichte um verschwundene Arbeiter wo eine der falschen Spuren auf Kannibalismus heraus lief schon Mal einen sehr interessanten Nebenstrang geschaffen der sie dann noch zu Schauspielern machte und sie in eine von der "American first" Idee abgeleiteten politischen Konflikt brachte.

Gruß Jochen
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 22.04.2025 | 21:49
Um ein weniger konstruiertes Beispiel zu bringen, eine Anekdote welche ich tatsächlich schon erlebt habe:
Hatte mal eine Spielsitzung (Con One-Shot), welche ein Detektivabenteuer war.

Die Charaktere sind relativ früh (eher durch Zufall) über die verantwortlichen Verschwörer gestolpert und haben entschieden (nicht wirklich aus einem Grund, einfach weil sie ihnen verdächtig vorkamen) diese festzusetzen, was ihnen nach etwas Kampf auch gelang.
Darauf packte die SL ihre Sachen zusammen und sagte, damit wäre das AB beendet (obwohl noch gut 1,5h Zeit im Conslot waren), jetzt wären die Verschwörer ja keine Bedrohung mehr, und Beweise für ihre Taten könnte man ja sicher finden, das müsste man nicht ausspielen.

Ich fand das unbefriedigend: man hätte durchaus das restliche AB darum aufbauen können, dass die Gefangenen ihre Gefolgsleute losschicken, um Beweise verschwinden zu lassen, Zeugen einzuschüchtern, u.ä. ... mit dem Ziel dass sie (mangels Beweisen) wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen.
Das hätte die Aktion der Spielenden nicht entwertet, sondern wäre ja eine Konsequenz aus ihren Vorgehen gewesen. Und sie hätten ja trotzdem etwas bewirkt (die Pläne der Verschwörer verzögert, da sie etwas viel Aufmerksamkeit auf sich hatten), insofern wäre es auch kein kompletter Fehlschlag gewesen.
Solange jmd noch nicht überführt ist, kann er eigentlich auch nicht allzulange festgehalten werden.

Das einfachste wäre wahrscheinlich gewesen, die Verschwörer aus Mangel an Beweisen wieder auf freien Fuß zu setzen.

Oder aber, falls das aus irgendwelchen Gründen (die mir derzeit nicht einleuchten) nicht möglich gewesen wäre, hätte man

Ihre Handlanger an ihrer Stelle weiter agieren lassen können.
(Gefangene befreien, einen Unschuldigen belasten, Zeugen ausschalten, Richter bestechen etc.)

Dafür wäre eine Änderung des "Plan des Bösen " notwendig gewesen.
Es wären andere Szenen entstanden, ebenso wie bei gunwares Beispiel.

Kommt wahrscheinlich darauf an, ob man eine halbwegs flexible SL hat, die gewillt ist sich da spontan anzupassen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Johann am 22.04.2025 | 22:18
Darauf packte die SL ihre Sachen zusammen und sagte, damit wäre das AB beendet (obwohl noch gut 1,5h Zeit im Conslot waren), jetzt wären die Verschwörer ja keine Bedrohung mehr, und Beweise für ihre Taten könnte man ja sicher finden, das müsste man nicht ausspielen.

Ich verstehe, dass und warum das nicht dein Ding ist - und es tut mir leid, dass diese Con-Sitzung für dich unbefriedigend war -, aber meine spontane Reaktion ist: Hut ab!

(Wobei ich da durchaus noch ein bisschen spielen würde, damit der rasche Erfolg noch gewürdigt bzw. ausgekostet werden kann. Aber steuernd eingreifen, um das zu 'strecken', würde ich persönlich nicht. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden und ich habe mich über diese Anekdote eines Gleichgesinnten gefreut.)

Meine Spieler waren vorletztes Wochende auch 1,5 h früher fertig (allerdings im Rahmen eines zehnstündigen Marathons). Da haben wir halt noch mehr gequatscht und sind auch etwas früher nach Hause gefahren. Eine runde Sache.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zouan81 am 22.04.2025 | 22:20
Ein plausibler Grund, einen Charakter zu entwerten, wäre wenn bspw. ein Paladin gegen seinen Ehrencodex verstößt, so dass er dadurch zu einem "gefallenen Paladin" wird.

Jedoch müsste dieser durch Buße wieder die Chance bekommen, seine Paladin-Fähigkeiten zurückzuerlangen.


Bin mir aber nicht sicher, ob sowas in der Richtung vom TE gemeint war.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Alexandro am 22.04.2025 | 22:38

(Wobei ich da durchaus noch ein bisschen spielen würde, damit der rasche Erfolg noch gewürdigt bzw. ausgekostet werden kann. Aber steuernd eingreifen, um das zu 'strecken', würde ich persönlich nicht. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden und ich habe mich über diese Anekdote eines Gleichgesinnten gefreut.)


Nichts gegen ein vorzeitiges Beenden des AB, wenn es halt "durch" ist (habe ich auch schon gemacht).

Aber in diesem Fall hatten die Spielenden wirklich Nullkommagarnix geleistet, und ein Erfolg hat sich daher extrem "billig" angefühlt, nicht wirklich verdient. Die SL hatte (ob nun absichtlich, oder aus fehlender Erfahrung) die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Gegner nicht wirklich ausgereizt, und uns somit den Sieg "geschenkt".
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 22.04.2025 | 23:05
Und was genau meinst du mit Grauzone ?
Ok, ich glaube, mein Beispiel war viel weniger hilfreich, als ich dachte.

Ist das Verwenden von Dingen auf einem Charakterblatt eine Entscheidung? "Spielerentscheidungen entwerten" ist wieder so ein uneindeutiger Empörungsslogan.
Nichts liegt mir ferner als zu versuchen, eine Empörung hervorzubringen. Sorry, dass ich es nicht genügend kommuniziert habe oder die falsche Wortwahl genommen habe. Ich habe nur versucht zu verhindern, dass es in die Ecke mit Schummeln geschoben wird, denn das wollte ich auf gar keinen Fall.

Da ich mit Beispiel nicht das ausgedrückt habe (auch wenn die Antworten schon gut waren), was ich genau wollte, versuche ich es bisschen mehr theoretisch.


SL bereitet ein gekauftes AB.
Spieler A hat zwei Fähigkeiten. RAI ist mehr als fraglich, ob die zusammen hilfreich sind, RAW ist nichts zu finden, warum sie es nicht tun sollten.
Ein Kampf gegen unbedeutendes Fussvolk findet statt, erst dann geht es zum "Gute-Tat-Ort", wohin der Bigboss mit der Geschwindigkeit des Plots ankommt, wenn die Helden auftauchen.
Informationen, die die Helden haben, deuten darauf hin, dass der Bigboss noch nicht vor Ort sein kann.
Wenn "Gute Tat" vollbracht ist, Bigboss ist vernichtet (egal wo er sich aufhält).
"Gute-Tat-Ort" ist für einen epischen Kampf (AB-Beschreibung) vorbereitet, Bigboss ist nur durch "Gute-Tat" zu besiegen, die ein Held durchführen muss, während andere den Bigboss im Kampf beschäftigen und versuchen nicht zu sterben.
---
Helden kämpfen gegen Fussvolk, Spieler A will die Fähigkeiten seines Charakters aktivieren.
---
Möglicher Ausgang:
a) Held A kommt an, Bigboss wie gedacht nicht da, Held macht die Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
b) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), Held A stirbt, Gruppe besiegt Fussvolk, kommt an, hält Bigboss auf, einer macht Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
c) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), SL lässt Bigboss seltsam handeln, Held A überlebt, bis Gruppe da, Gute-Tat wird gemacht, Bigboss ist vernicht. AB vorbei.
d) Held A kommt nicht an, weil <spezieller Grund> Fähigkeiten nicht funktionieren, AB läuft wie vorgesehen weiter.
e) SL entscheidet, Fähigkeiten laut RAI nicht zusammen benutzbar, AB läuft wie vorgesehen weiter.


Mögliche Befindlichkeiten:
a) Spieler A freut sich, Gruppe fühlt sich um ihr Showdown betrogen, SL traurig, weil 10 Seiten AB umsonst gekauft.
b) Spieler A traurig, sein Charakter tot, Gruppe und SL gratulieren sich zu einem epischen Endkampf.
c) Alle => es hatte ein Geschmäckle, trotz epischer Schlacht.
d) Spieler A => es hatte ein Geschmäckle, weil ich nicht durfte.
e) Spieler A meint, die SL gönnt nicht.

Bitte nicht alles zu ernst nehmen, ich wollte nur aufzeigen, dass manche Entscheidungen unterschiedliche Gefahren mit sich bringen, dass jemand unabsichtlich vor Kopf gestoßen sein könnte. Und mir ging es um das Wissen, wie ihr damit eher umgehen würdet.

Wie gesagt, bei uns gibt es SL, bei denen (je nach Tagesform) eigentlich alles vorkommen könnte. Nur die Befindlichkeiten sind bei uns eher verkümmert. Denn Befindlichkeiten bringen keine Lacher.

Wobei das Wahrscheinlichste bei uns als Möglichkeit gar nicht aufgeführt ist. Das AB würde in der Form nicht weiter gespielt, sondern improvisiert, was höchstwahrscheinlich zu anderen Verwicklungen führen würde (und zwei Abende mehr brauchen würde - ich kenne uns doch). Aber darum geht es mir eben nicht.

Zu welcher Entscheidung würde eure Gruppe eher tendieren?

EDIT: (Wobei ich so lange und langsam geschrieben habe, dass einige Antworten bereits da sind.)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 23.04.2025 | 08:51
Ok, ich glaube, mein Beispiel war viel weniger hilfreich, als ich dachte.
Nichts liegt mir ferner als zu versuchen, eine Empörung hervorzubringen. Sorry, dass ich es nicht genügend kommuniziert habe oder die falsche Wortwahl genommen habe. Ich habe nur versucht zu verhindern, dass es in die Ecke mit Schummeln geschoben wird, denn das wollte ich auf gar keinen Fall.

Da ich mit Beispiel nicht das ausgedrückt habe (auch wenn die Antworten schon gut waren), was ich genau wollte, versuche ich es bisschen mehr theoretisch.


SL bereitet ein gekauftes AB.
Spieler A hat zwei Fähigkeiten. RAI ist mehr als fraglich, ob die zusammen hilfreich sind, RAW ist nichts zu finden, warum sie es nicht tun sollten.
Ein Kampf gegen unbedeutendes Fussvolk findet statt, erst dann geht es zum "Gute-Tat-Ort", wohin der Bigboss mit der Geschwindigkeit des Plots ankommt, wenn die Helden auftauchen.
Informationen, die die Helden haben, deuten darauf hin, dass der Bigboss noch nicht vor Ort sein kann.
Wenn "Gute Tat" vollbracht ist, Bigboss ist vernichtet (egal wo er sich aufhält).
"Gute-Tat-Ort" ist für einen epischen Kampf (AB-Beschreibung) vorbereitet, Bigboss ist nur durch "Gute-Tat" zu besiegen, die ein Held durchführen muss, während andere den Bigboss im Kampf beschäftigen und versuchen nicht zu sterben.
---
Helden kämpfen gegen Fussvolk, Spieler A will die Fähigkeiten seines Charakters aktivieren.
---
Möglicher Ausgang:
a) Held A kommt an, Bigboss wie gedacht nicht da, Held macht die Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
b) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), Held A stirbt, Gruppe besiegt Fussvolk, kommt an, hält Bigboss auf, einer macht Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
c) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), SL lässt Bigboss seltsam handeln, Held A überlebt, bis Gruppe da, Gute-Tat wird gemacht, Bigboss ist vernicht. AB vorbei.
d) Held A kommt nicht an, weil <spezieller Grund> Fähigkeiten nicht funktionieren, AB läuft wie vorgesehen weiter.
e) SL entscheidet, Fähigkeiten laut RAI nicht zusammen benutzbar, AB läuft wie vorgesehen weiter.


Mögliche Befindlichkeiten:
a) Spieler A freut sich, Gruppe fühlt sich um ihr Showdown betrogen, SL traurig, weil 10 Seiten AB umsonst gekauft.
b) Spieler A traurig, sein Charakter tot, Gruppe und SL gratulieren sich zu einem epischen Endkampf.
c) Alle => es hatte ein Geschmäckle, trotz epischer Schlacht.
d) Spieler A => es hatte ein Geschmäckle, weil ich nicht durfte.
e) Spieler A meint, die SL gönnt nicht.

Bitte nicht alles zu ernst nehmen, ich wollte nur aufzeigen, dass manche Entscheidungen unterschiedliche Gefahren mit sich bringen, dass jemand unabsichtlich vor Kopf gestoßen sein könnte. Und mir ging es um das Wissen, wie ihr damit eher umgehen würdet.

Wie gesagt, bei uns gibt es SL, bei denen (je nach Tagesform) eigentlich alles vorkommen könnte. Nur die Befindlichkeiten sind bei uns eher verkümmert. Denn Befindlichkeiten bringen keine Lacher.

Wobei das Wahrscheinlichste bei uns als Möglichkeit gar nicht aufgeführt ist. Das AB würde in der Form nicht weiter gespielt, sondern improvisiert, was höchstwahrscheinlich zu anderen Verwicklungen führen würde (und zwei Abende mehr brauchen würde - ich kenne uns doch). Aber darum geht es mir eben nicht.

Zu welcher Entscheidung würde eure Gruppe eher tendieren?

EDIT: (Wobei ich so lange und langsam geschrieben habe, dass einige Antworten bereits da sind.)
Sowie ich das sehe, ist das Abenteuer dein Problem, weil es einen bestimmten Showdown nicht garantiert.

Nur ist es meiner Meinung nach so, dass Dir als SL ab einem gewissen Punkt niemand vorschreiben kann, wie die Bösewichte genau reagieren, vor allem dann nicht, wenn ihre Pläne durchkreuzt werden.

"Der Plan des Bösen" in Abenteuern zeigt ja idR. Nur an, was sie tun würden, wenn alles nach Plan läuft.

Wer verbietet den Handlangern den Kampf abzubrechen und zu ihrem Boss zu eilen, wenn einer ihrer Gegner plötzlich spurlos verschwunden ist? (Oder zumindest einen loszuschicken der dort nach dem Rechten sieht)

Vielleicht haben sie dort auch vorsorglich jmd. zurück zu lassen.
Dass der Beschwörungskreis ungeschützt ist, macht doch irgendwie keinen Sinn

Undsoweiter...
Könnte da jetzt tausend und eine Idee finden, warum ein anderes Vorgehen mehr Sinn ergeben würde.

Sprich: Du hast als SL durchaus Möglichkeiten die Wichte den neuen Umständen entsprechend handeln zu lassen.

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: 1of3 am 23.04.2025 | 08:57
Nichts liegt mir ferner als zu versuchen, eine Empörung hervorzubringen. Sorry, dass ich es nicht genügend kommuniziert habe oder die falsche Wortwahl genommen habe. Ich habe nur versucht zu verhindern, dass es in die Ecke mit Schummeln geschoben wird, denn das wollte ich auf gar keinen Fall.

Das glaube ich dir aufs Wort. Die Phrase wird halt auch schon wieder seit Jahren durchs Dorf getrieben. Das hat auch schon spielerische Späße (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,53993) hervorgebracht.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 23.04.2025 | 09:24
Sowie ich das sehe, ist das Abenteuer dein Problem, weil es einen bestimmten Showdown nicht garantiert.

Nicht wirklich mein Problem, weil es dieses AB gar nicht gibt. Ich habe nur versucht ein Beispiel zu basteln, wie man es in ähnlicher Form in  vielen gekauften ABs finden kann.

Nur ist es meiner Meinung nach so, dass Dir als SL ab einem gewissen Punkt niemand vorschreiben kann, wie die Bösewichte genau reagieren, vor allem dann nicht, wenn ihre Pläne durchkreuzt werden.

Das ist mir klar und deshalb schrieb ich, dass der wahrscheinlichste Verlauf bei uns Verlassen des AB (wie geschrieben) wäre. Darum ging es mir mit dem Beispiel nicht.

Es geht eher um den Einsatz  einer schwammigen Regel, bei deren Befolgung ein Spieler das AB dominiert und den Rest  der Gruppe auf Abstellgleis stellt. Beim Benutzen der Regel wird ein Teil des AB irrelevant. (als krassester Fall)


a) Spieler dafür belohnen? Handlung geschehen lassen.
b) Seine Kreativität bremsen? Handlung verbieten.
c) Mit fadenscheinigen Gründen die Handlung nicht stattfinden lassen?


Um die Handhabung solch ähnlicher Situationen geht es mir. Mit solchen Situationen wird man doch ab und zu konfrontiert, gerade bei den Spielen mit komplexeren Regeln.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 23.04.2025 | 10:22
Es gibt eigentlich keinen guten Grund eine Spielerentscheidung zu entwerten,...

Aber,...

Ein Spieler findet ein regeltechnischen Schlupfloch einer Fähigkeit, wie sein Charakter sich aus dem Kampf lösen könnte und den Ort mit großer Wahrscheinlichkeit vor den Feinden erreichen könnte, dh ohne dass er an der Tat gehindert wäre.

Solche Dinge passen mir nicht. Ich würde an der Stelle es wohl durchwinken aber danach Out of Play durchaus zur Diskussion stellen ob die Gruppe dieses Schlupfloch haben will - und es dann eben auch für die NSC möglich ist. Aber das ist ja nicht das Thema hier aber weil es im eingangspost steht.

Auf der anderen Seite - der Spieler zieht etwas durch, löst seine Spielfigur aus dem Kampf und ist plötzlich ... alleine ... an einer Stelle an welcher der SL ihn eigentlich nicht erwartet hat. Kann auch eine kniffelige Situation sein wenn an dieser Stelle etwas ist das er eben alleine nicht lösen kann und/oder ihn in Lebensgefahr bringt. Nun gut - dann stehe ich als SL vor dem Dilemma "Deine Aktion klappt aber deine Figur steht nun als erster beim Raumschiff und sieht eine Bombe mit Zeitzünder welche am Ende der Runde hochgehen wird und du bist nicht der Bombenentschärfer der Gruppe. (... Ihr wärt nie rechtzeitig hingekommen.)"

Das könnte zumindest ein "schlechter" Grund sein, denn ansonsten: Aktion erfolgreich - Spielfigur Tod.

Ein anderer "schlechter" Grund ist vieleicht ein SL anfänger der ein Abenteuer streng nach dem Buch leitet und überfordert ist wenn so etwas passiert weil das ihn komplett aus dem Konzept wirft. In dem Falle würde ich, als Spieler der so einen Stunt durchzieht, den auch zurücknehmen (wenn die SL das so artikuliert) und darauf verzichten.

Mag noch andere "schlechte Gründe" geben. Ich denke die meisten davon kann man aber irgendwie 'rausnehmen'

Aber ja das ist etwas was ich typischerweise eher aus Kaufabenteuern kenne.

Aber wenn ein Spieler einfach nur wegen einer guten Idee an welche ich, oder der Abenteuerautor nicht gedacht habe das Abenteuer in einem bruchteil der Zeit löst - dann neige ich eigentlich eher dazu so etwas zu feiern als zu entwerten. Klar das kann auch zu verwerfungen führen wie "Weiter habe ich nix vorbereitet, wir machen heute früher schluss...." aber ... ja warum denn nicht?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: General Kong am 23.04.2025 | 10:27
Als ich damit begonnen habe, Champions/ HERO System zu leiten (schon eine ganze Weile her), fanden ich und die Spieler es toll, dass man wie im Film genau dann in den Beschwörungsraum kam, wenn der Oberschurke gerade das Opfer starten wollte. Und "in allerletzter Sekunde" heußt bei einem Superkampf bei Champions: 12 Sekunden dauert ein normaler Kampf eh selten (in Realzeit sind das ca. 2-3 Stunden und bei Superhelden und Schurken (4 Spieler, ein Oberbösling und zwei Minderböse plus Agentengemüse) sind das ca. 40-50 Einzelaktionen.

Das ganze war so geskriptet - wie in den Filme und Comics und alle, auch dei Spieler wären enttäuscht gewesen, wenn sie zu früh am Beschwörungsort gewesen wären. Oder anders: wenn dei Spielerhelden reingeflogen kommen, geht es RRRRRRUND!
Bis dahin macht das Böse Pause, raucht Kette, das Opfer macht Smalltalk mit Doktor Unheil usw.

Das war so eine ganze Weile und alel haten Spaß.

Irgendwann wurde es aber langweilig, denn es hatte ja gar keinen Sinn sich zu beeilen. Auch Bummeln war egal. Man ist IMMER pünktlich.

Ich bin SEHR dafür, dass Spiler den Plot kippen können! So herum oder anders. Das macht für mich als Sl und als Spieler den Reiz aus.
Die Beschwörung KANN gelingen.
Oder sie wird schon im Keime erstickt, weil Undestructable Man das Artefakt in die Sonne schleudert.
Der Mord kann unaufgeklärt bleiben oder der Mörder entkommen.
Oder der potentielle Mörder wird schon im Eingangskampf erschossen und Miss Pennyplentiful erlebt noch ihre Rente.

Als einzieg Ausnahme sehe ich, wennd as genremäßig anders verabredet sit: Aber dann MÜSSEn auch dei Spieler so tun, als ob es AUF JEDE SEKUNDE ankommt.
Zur Belohnung kommen sie dann auch immer pünktlich zum Endkampf ...
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: JollyOrc am 23.04.2025 | 10:41
Mögliche Befindlichkeiten:
a) Spieler A freut sich, Gruppe fühlt sich um ihr Showdown betrogen, SL traurig, weil 10 Seiten AB umsonst gekauft.

das ist halt auch ein sehr gruppenspezifisches Ding - ich war auch in Gruppen, wo es bei Variante a) reihum High-Fives für die kreative Abkürzung gegeben hat. :)

Will sagen: Die beste Wahl ist die, welche für die eigene Gruppe am besten funktioniert - die "für alle gültige und am besten korrekte Wahl" gibt es nicht.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Boba Fett am 23.04.2025 | 10:41
Mir persönlich ist es wichtig, dass die Situation nicht durch mein persönliches Script bestimmt werden, sondern durch die Entscheidungen der Spieler und den Zufall, der den Spielverlauf mitbestimmt.

Wenn die Spieler unglaubliches Würfelglück haben und den Endboss ohne großen Spannungsbogen zusammentreten, dann lachen wir da noch lange drüber.
Wenn die Spieler eine richtig gute Idee haben, wie sie ihre Fähigkeiten so kombinierne und nutzen können, dass es spektakulär effektiv wird, dann feier ich die Leute! 
Genau das ist doch großartig am Rollenspiel.

Und andersherum: Wenn es mal schlecht läuft, dann ist das eben auch so. Wenn sich die Leute ver- oder überschätzen oder unglaubliches Würfelpech haben,
dann entstehen auch Stories, über die man noch Jahre lang erzählt und lacht.

Ich bilde mir nicht ein, dass ich so viel bessere Ideen habe, wie sie spontan am Spieltisch und eine gute Mixtur aus Ideen, Zufall und Chaos entstehen können. (Hab das Koffeein vergessen, gehört auch dazu)
Und selbst wenn ich das täte, dann würde ich Autor werden. Denn ich will mich als Spielleiter doch auch vom Handlungsgeschehen am Tisch überraschen lassen.
Insofern: Spielerentscheidungen haben Priorität. Die besten Stories schreibt das Leben...!
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: felixs am 23.04.2025 | 10:46
Ich sehe da eine Balance, welche von Gruppendynamik und gewünschtem Spielstil abhängig ist.

Mir gefällt der Terminus "entwerten" nicht, der sich im Tanelorn (und vielleicht auch anderswo) dafür eingebürgert hat.
Mir gefällt auch der ganze Diskurs um player empowerment nicht - zumindest in seiner radikalen Variante nicht.

Begründung:
1) Als SL stecke ich ungern Vorbereitungsarbeit in Dinge, die dann gar nicht gespielt werden.
2) Nicht jeder SL ist sehr kreativ mit spontanen Änderungen. Ich möchte lieber ein bisschen Railroading als eine schlecht gemachte Handlung.
3) Desto komplexer die Handlung angelegt ist, desto wichtiger können bestimmte Ereignisse oder Ergebnisse sein, damit später alles Sinn ergibt. Das mag nicht elegant sein, ist manchmal aber schwer zu umgehen.
4) Ich habe selten erlebt, dass Spieler sich aktiv an irgendetwas beteiligen, was nicht direkt ihre Figur betrifft. Wenn Spieler bezüglich der Welt nicht mitgestalten wollen, bleibt alle Arbeit diesbezüglich am SL hängen. Ich bin nur dann bereit, das zu machen, wenn ich mir das halbwegs bequem gestalten kann.
5) Ein "schlechter" SL ist immer noch das beste, was die meisten Gruppen überhaupt bekommen können. Rotierende Spielleiter, aktiv mitgestaltende Spieler - gibt es alles, habe ich in der Praxis selten erlebt. In der Regel bleibt es an einer Person hängen. Man richte sich also nach dieser Person, welche den Großteil der Arbeit übernimmt.
6) Traditerte Spielstile erfordern meist ein wenig Railroading, oft auch, dass Dinge halt trotz gegenläufiger "Entscheidungen" passieren müssen. Man kann das doof finden - dann fallen halt viele Kaufabenteuer und viele Systeme weg. Abgesehen davon (siehe auch oben): Die meisten Spieler sind es so gewohnt und erwarten das auch.
7) Nochmal: Sandboxes scheitern - bei mir, bei anderen, die ich kenne - am Aufwand. Spontanes Fabulieren ist einfacher (ich kann das zumindest halbwegs), allerdings kann man (kann ich) sich später dann nicht mehr daran erinnern und es wird ein wenig beliebig.

Lösungsvorschläge für diesen Problemkreis:
1) Hin und wieder Dinge anpassen, Drehen, ein bisschen Railroading ist OK wenn nötig, um die vorbereiteten Szenen bespielen zu können.
2) Transparentens Kommunizieren bei Bedarf: Der SL darf zugeben, etwas nicht bedacht zu haben. Er darf auch vorschlagen, auch darauf bestehen, dass aber trotzdem in einer bestimmten Weise und mit bestimmten Setzungen weitergespielt wird, weil sonst kein Spiel möglich ist. Spieler dürfen Vorschläge machen; entscheiden muss der SL, weil der als einziger den Überblick über die Spielwelt hat.
3) Kompromisse und Augenmaß sind entscheidend. Es hängt an der Gruppendynamik, hängt am Gestaltungswillen der Spieler, an den Fähigkeiten des SL zur Improvisation, hängt auch am konkret gespielten Szenario.
4) Wer wirklich mit freien Entscheidungen spielen will, muss vermutlich zum simulationistischen Rollenspiel und muss dort mehr oder weniger offenen Szenarien spielen. Der Aufwand für den SL ist erheblich - im Idealfall teilt man sich die Verwaltungsarbeit (habe ich noch nicht erfolgreich erlebt, stelle ich mir aber gut vor).
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: 1of3 am 23.04.2025 | 11:09

SL bereitet ein gekauftes AB.
Spieler A hat zwei Fähigkeiten. RAI ist mehr als fraglich, ob die zusammen hilfreich sind, RAW ist nichts zu finden, warum sie es nicht tun sollten.
Ein Kampf gegen unbedeutendes Fussvolk findet statt, erst dann geht es zum "Gute-Tat-Ort", wohin der Bigboss mit der Geschwindigkeit des Plots ankommt, wenn die Helden auftauchen.
Informationen, die die Helden haben, deuten darauf hin, dass der Bigboss noch nicht vor Ort sein kann.
Wenn "Gute Tat" vollbracht ist, Bigboss ist vernichtet (egal wo er sich aufhält).
"Gute-Tat-Ort" ist für einen epischen Kampf (AB-Beschreibung) vorbereitet, Bigboss ist nur durch "Gute-Tat" zu besiegen, die ein Held durchführen muss, während andere den Bigboss im Kampf beschäftigen und versuchen nicht zu sterben.
---
Helden kämpfen gegen Fussvolk, Spieler A will die Fähigkeiten seines Charakters aktivieren.
---
Möglicher Ausgang:
a) Held A kommt an, Bigboss wie gedacht nicht da, Held macht die Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
b) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), Held A stirbt, Gruppe besiegt Fussvolk, kommt an, hält Bigboss auf, einer macht Gute-Tat, Bigboss ist vernichtet. AB vorbei.
c) Held A kommt an, Bigboss bereits da (weil Plot), SL lässt Bigboss seltsam handeln, Held A überlebt, bis Gruppe da, Gute-Tat wird gemacht, Bigboss ist vernicht. AB vorbei.
d) Held A kommt nicht an, weil <spezieller Grund> Fähigkeiten nicht funktionieren, AB läuft wie vorgesehen weiter.
e) SL entscheidet, Fähigkeiten laut RAI nicht zusammen benutzbar, AB läuft wie vorgesehen weiter.


Mögliche Befindlichkeiten:
a) Spieler A freut sich, Gruppe fühlt sich um ihr Showdown betrogen, SL traurig, weil 10 Seiten AB umsonst gekauft.
b) Spieler A traurig, sein Charakter tot, Gruppe und SL gratulieren sich zu einem epischen Endkampf.
c) Alle => es hatte ein Geschmäckle, trotz epischer Schlacht.
d) Spieler A => es hatte ein Geschmäckle, weil ich nicht durfte.
e) Spieler A meint, die SL gönnt nicht.

Bitte nicht alles zu ernst nehmen, ich wollte nur aufzeigen, dass manche Entscheidungen unterschiedliche Gefahren mit sich bringen, dass jemand unabsichtlich vor Kopf gestoßen sein könnte. Und mir ging es um das Wissen, wie ihr damit eher umgehen würdet.

Wie gesagt, bei uns gibt es SL, bei denen (je nach Tagesform) eigentlich alles vorkommen könnte. Nur die Befindlichkeiten sind bei uns eher verkümmert. Denn Befindlichkeiten bringen keine Lacher.

Wobei das Wahrscheinlichste bei uns als Möglichkeit gar nicht aufgeführt ist. Das AB würde in der Form nicht weiter gespielt, sondern improvisiert, was höchstwahrscheinlich zu anderen Verwicklungen führen würde (und zwei Abende mehr brauchen würde - ich kenne uns doch). Aber darum geht es mir eben nicht.

Zu welcher Entscheidung würde eure Gruppe eher tendieren?

OK. Annahmen:

1. Das Spiel hat ein Kampfsystem, für das Gegner vorzubereiten sind, was nicht trivial ist.
2. Wir haben Spaß daran, mit diesem System Gegner zu bekämpfen.

Nein, man kann erst zum Ritualort gelangen, wenn die Schergen hier besiegt sind und die Gruppe kommt zusammen an.

1. Das Spiel ist eher leichtgewichtig. Szenen sind schnell improvisiert.
2. Wir wollen die Charaktere in coolen Situationen sehen.

Ab dafür. Kann man vielleicht irgendwas würfeln, ob die Transportfähigkeit funktioniert oder ob das Ritual erfolgreich alleine durchgeführt werden kann? Das würde die Sache in diesem Sinne besser machen.

1. Das Spiel ist eher leichtgewichtig.
2. Wir wollen mit unseren SCs clever vorgehen.

Ab dafür. Bing bong. Geilo.

Ich finde alles fein. Alle drei Varianten können rocken. Ich möchte gern wissen, welche wir tun, und hoffe inständig, wir haben uns das richtige Rollenspielwerk zu diesem Zweck gegriffen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 23.04.2025 | 11:12
Die Bewertung allein anhand der Spielregeln finde ich schwierig. Allein ein regeltechnisches Schlupfloch reicht IMHO nicht, selbiges muss zumindest im Rahmen der Fiktion auch Sinn ergeben. Wenn das gegeben ist, halte ich mich an die Maxime: unbedingt durchwinken. Immer.

Wenn Spieler etwas tun wollen, dann lasse ich sie das tun, so lange Regeln dem nicht entgegen stehen und es in die Fiktion passt. Geschichte und Spannung entsteht am Spieltisch, nicht im Abenteuerband. Und die Story, die die Gruppe schreibt, ist immer besser als die, die ein Autor oder eine SL sich ausgedacht hat.

Kann ich das als SL gerade nicht abdecken oder wäre ich mit einer Improvisation überfordert, dann kann ich das offen kommunizieren. Das soll helfen.

Ich würde mich übrigens da 1of3s Äußerungen nicht so ganz anschließen. Er bringt ein paar wichtige Punkte an, aber es gibt für mich eine klare Unterscheidung zwischen Irrtum und Vorsatz. Wenn ich als SL was falsch einschätze oder nicht mitbekomme, dann ist das ein Irrtum (der leicht korrigierbar ist). Die Entwertung einer Spielerentscheidung ist aber etwas vorsätzliches. Ein Spieler hat für die Fiktion etwas etabliert, und ich als SL ignoriere das bewusst oder kehre es bewusst um - das ist die Entwertung einer Spielerentscheidung. Das hat übrigens auch nix mit Illusionismus zu tun (den ich jetzt nicht in Schutz nehmen möchte; ich denke wenn es nix zu entscheiden gibt dann sollte man auch nicht so tun) - da wird nichts entwertet, denn die Entscheidung war von vornherein irrelevant.

Und ja, in dem Sinne geht es im Ursprungspost überhaupt vielleicht garnicht nicht darum, eine Spielerentscheidung zu entwerten. Das halte ich bei dem konkreten Beispiel für nicht entscheidbar.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: JollyOrc am 23.04.2025 | 11:15
Mir gefällt der Terminus "entwerten" nicht, der sich im Tanelorn (und vielleicht auch anderswo) dafür eingebürgert hat.

ich habe ja letzte Woche mein Mailarchiv umgezogen und musste daher gut 25-tausend Emails neu sortieren. Dabei habe ich eine 16 Jahre alte E-Mail von mir an meinen damaligen SL gefunden, wo ich tatsächlich folgendes geschrieben habe:

Zitat
mein Problem ist folgendes: Du hast mit der Brechstange alle Entscheidungen, die unsere Charaktere bis dahin gemacht hatten entwertet.

Was war passiert? Wir hatten eine neue Kampagne begonnen, wo mein Charakter der lokale Gangboss und Eigner einer Hafenkneipe war. Die ersten drei Sessions entspann sich ein Konflikt mit dem benachbarten Boss, der dann darin gipfelte dass wir...

...entdeckten, dass der Nachbarboss best buddies mit einem Händler war, der sich dann als Schwarzmagier entpuppte, der uns beim Herrscher anschwärzte, und wir dann Hals über Kopf aus der Stadt flohen und unter falschem Namen den Grenztruppen beitrateten um dann ein paar Jahre später da etablierte Soldaten waren.

Alles ab "entpuppte sich als Schwarzmagier" war quasi geskriptet ohne Input von uns.

Meine Wahl von Charakterhintegrund, Beziehungen, etc. das war alles, ja, entwertet. (wir haben uns dann schnell wieder vertragen, und sowas ist nicht wieder vorgekommen.)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: ghoul am 23.04.2025 | 11:17
5) Ein "schlechter" SL ist immer noch das beste, was die meisten Gruppen überhaupt bekommen können. Rotierende Spielleiter, aktiv mitgestaltende Spieler - gibt es alles, habe ich in der Praxis selten erlebt. In der Regel bleibt es an einer Person hängen. Man richte sich also nach dieser Person, welche den Großteil der Arbeit übernimmt.
6) Traditerte Spielstile erfordern meist ein wenig Railroading, oft auch, dass Dinge halt trotz gegenläufiger "Entscheidungen" passieren müssen. Man kann das doof finden - dann fallen halt viele Kaufabenteuer und viele Systeme weg. Abgesehen davon (siehe auch oben): Die meisten Spieler sind es so gewohnt und erwarten das auch.

Ich verstehe deine Position, felixs.
Aber gerade die Punkte 5) und 6) sind für mich keine Argumente, mich mit Notlösungen zufrieden zu geben. Im Gegenteil, gerade das will ich besser machen! Im Rahmen der Umstände und Möglichkeiten, versteht sich.

Unpopuläre Randnotiz:
Jetzt soll hier noch jemand sagen, Railroading mit unengagierten Spielern sei ein gleichwertiger Spielstil (verglichen mit zahlreichen anderen Spielstilen).
Edit: Ich kann mir durchaus auch gelungenes Spiel mit engagierten Spielern innerhalb enger Begrenzungen vorstellen. Dazu sind aber gewisse Voraussetzungen notwendig.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Galatea am 23.04.2025 | 11:24
Im ursprünglichen Kontext in dem das aufkam ging es ja darum, dass eine SL, die einen Würfel dreht, um zu verhindern, dass ein Charakter z.b. durch einen Damage+Crit-Freakroll stirbt schon eine "Entwertung des Spielercharakters" darstellt - also quasi die extremistischste mögliche Position. Von Würfeldrehen zugunsten der Story war da noch überhaupt keine Rede.
In dem Kontext ging es auch nicht wirklich um "Spielerentscheidungen" - wenn der pinkrosa-karierte Drache mit seinem 5W20 Stachelhagel eine 96 im Schaden würfelt und dann noch doppelt crittet ist das ja wohl kaum eine Situation auf die der Spieler ernsthaft Einfluss hat.
Daher auch meine Frage, woher das kommt, weil ich genau diese Argumentation in diesem Kontext nicht nachvollziehen kann.


Was die Story angeht bin ich hier tendenziell eher bei der "die Würfel fallen, wie sie fallen"-Fraktion - im Zweifelsfall gibts dann halt keinen Endkampf. Das kommt aber auch immer drauf an, wie die Gruppe drauf ist, die Gruppen mit denen ich regelmäßig spiele sind da generell sehr "ergebnisorientiert" und auch der Erfolg eines Charakters wird in der Regel als Gruppenerfolg wahrgenommen - wenn es eine Möglichkeit gibt das Abenteuer zu lösen (oder abzukürzen), dann wird die auch angenommen (das gleicht sich letztlich dann auch darüber wieder aus, dass in anderen Situationen sämtliche Plothooks erfolgreich umfahren/übersehen/ignoriert werden und die Gruppe einfach mal 2 Abende so überhaupt nicht weiter kommt).

Ich kann aber auch durchaus sehen, dass es in speziellen Situationen den gesamten Plot so komplett und unrettbar zerschießen würde, dass die SL entscheidet eine bestimmte Aktion nicht zuzulassen, ganz besonders wenn die Regeln dazu unklar oder schwammig formuliert sind - oder wenn die Mehrheit der Gruppe solche "ein Spieler beendet mal kurz das Abenteuer um Alleingang"-Aktionen nicht möchte.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 23.04.2025 | 11:27
Jetzt soll hier noch jemand sagen, Railroading mit unengagierten Spielern sei ein gleichwertiger Spielstil (verglichen mit zahlreichen anderen Spielstilen).
Edit: Ich kann mir durchaus auch gelungenes Spiel mit engagierten Spielern innerhalb enger Begrenzungen vorstellen. Dazu sind aber gewisse Voraussetzungen notwendig.

Railroading mit unengagierten Spielern ist aber funktional. Das passt beides zusammen. Ob das gleichwertig ist sei eine Frage der Erwartungshaltung.
Meines Geschmacks nach ist es immer noch Railroading mit engagierten Spielern vorzuziehen und zugleich kein Railroading mit engagierten Spielern unterlegen. Aber wie gesagt, es ist vielleicht nicht die schlimmste Option.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: felixs am 23.04.2025 | 11:30
Ich verstehe deine Position, felixs.
Aber gerade die Punkte 5) und 6) sind für mich keine Argumente, mich mit Notlösungen zufrieden zu geben. Im Gegenteil, gerade das will ich besser machen! Im Rahmen der Umstände und Möglichkeiten, versteht sich.

Da kommen die Punkte "Augenmaß" und "Kompromiss" ins Spiel. Also meinetwegen auch Deine "Umstände und Möglichkeiten".

Railroading mit unengagierten Spielern ist aber funktional. Das passt beides zusammen.

Das sehe ich auch so.
Man kann hinzufügen, dass es perspektivisch zu besserem Spiel führen kann, wenn alle sich allmählich davon lösen. Vorausgesetzt, alle wollen das und alle verstehen, was überhaupt gemeint ist. Ich denke, der letzte Punkt ist für Leute, die sich nicht intensiv für die Theorie des guten Rollenspiels interessieren möglicherweise herausfordernd.

Mit einer gemäßigten Position pro player empowerment kann ich mich gut anfreunden; eine radikale Position setzt die von Dir genannten "engagierten Spieler" voraus, welche ich zu selten erlebe, als dass ich sie als voraussetzbar annehmen mag.

Was war passiert? Wir hatten eine neue Kampagne begonnen, wo mein Charakter der lokale Gangboss und Eigner einer Hafenkneipe war. Die ersten drei Sessions entspann sich ein Konflikt mit dem benachbarten Boss, der dann darin gipfelte dass wir...

...entdeckten, dass der Nachbarboss best buddies mit einem Händler war, der sich dann als Schwarzmagier entpuppte, der uns beim Herrscher anschwärzte, und wir dann Hals über Kopf aus der Stadt flohen und unter falschem Namen den Grenztruppen beitrateten um dann ein paar Jahre später da etablierte Soldaten waren.

Alles ab "entpuppte sich als Schwarzmagier" war quasi geskriptet ohne Input von uns.

Meine Wahl von Charakterhintegrund, Beziehungen, etc. das war alles, ja, entwertet. (wir haben uns dann schnell wieder vertragen, und sowas ist nicht wieder vorgekommen.)

Ich verstehe Deinen Ärger und es hört sich nach unglücklich gelaufen an.
Insgesamt schwer zu beurteilen, ohne zu wissen, was beim SL gelaufen ist.

Man könnte jetzt auch fragen, ob der Spieler an der Stelle Vorschläge gemacht hat, wie es mit der Situation weitergehen könnte etc.
Der Kern meines Beitrags (vielleicht auch Arguments) sollte sein, dass es in vieler Hinsicht nicht hilfreich ist, den - in der Regel ohnehin stark belasteten - SL mit weiteren Forderungen zu belasten.

Ganz besonders schwierig übrigens dann, wenn es bei Auffassungsgabe, Regelkenntnis, Kanonkenntnis etc. ein Gefälle zu Ungunsten des SL gibt.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: 1of3 am 23.04.2025 | 11:37
[...] Was war passiert? Wir hatten eine neue Kampagne begonnen, wo mein Charakter der lokale Gangboss und Eigner einer Hafenkneipe war. Die ersten drei Sessions entspann sich ein Konflikt mit dem benachbarten Boss, der dann darin gipfelte dass wir...

...entdeckten, dass der Nachbarboss best buddies mit einem Händler war, der sich dann als Schwarzmagier entpuppte, der uns beim Herrscher anschwärzte, und wir dann Hals über Kopf aus der Stadt flohen und unter falschem Namen den Grenztruppen beitrateten um dann ein paar Jahre später da etablierte Soldaten waren.

Alles ab "entpuppte sich als Schwarzmagier" war quasi geskriptet ohne Input von uns.

Haukrinn spricht von Vorsatz. JollyOrc, glaubst du, dass dein SL damals vorsätzlich gehandelt hat? Also bewusst Handlungsstränge, die dir wichtig waren abgeschnitten hat? Oder hatte er nicht verstanden, dass sie dir wichtig waren und wo du damit hin wolltest?

Ich hatte auch schon mit Leuten als SL zu tun, für die war die Vorgeschichte von SCs eben Vor-Geschichte. Ein Gespräch, das sich mir eingebrannt hat, und das ich sicher auch schon mal zum besten gegeben habe. "Irgendwelche Vorgaben, was ich mir für einen Charakter machen soll? So vom Hintergrund her?" - "Ne, mach, was du willst." Ich hatte verstanden, dass egal, was ich mir ausdenke, das schon irgendwie verplottet würde. Was mein guter Freund meinte, war: Was du dir ausdenkst, ist für unser Spiel irrelevant. Er hatte gar nicht verstanden, was ich wollte. Ich hab mir dann nach zwei, drei Sitzungen einen neuen Charakter gemacht und mich quasi in seinen Plot reingeschrieben. Haben dann jahrelang gut zusammengespielt.

Ich hatte auch aufm letzten :T:reffen das Intro-Abenteuer für das neue Warhammer FRPG mitgespielt. Da gibts richtig coole fertige Charaktere mit Beziehungen und Hintergrund und sie sind ne Diebestruppe. Ich hätte da jetzt sowas wie einen Heist erwartet. Stattdessen werden sie in die Stadtwache shanghait. Also da war ein Design-Team, das ein professionelles Produkt auf den Markt gebracht hat, und die hatten offensichtlich keine Intention, ein Abenteuer zu machen, das die liebevollen Hintergründe ihrer eigenen Premades verwendet.

Insofern nehme ich an, das muss eine relativ gängige Haltung sein.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: felixs am 23.04.2025 | 11:41
Ich hatte auch schon mit Leuten als SL zu tun, für die war die Vorgeschichte von SCs eben Vor-Geschichte. Ein Gespräch, das sich mir eingebrannt hat, und das ich sicher auch schon mal zum besten gegeben habe. "Irgendwelche Vorgaben, was ich mir für einen Charakter machen soll? So vom Hintergrund her?" - "Ne, mach, was du willst." Ich hatte verstanden, dass egal, was ich mir ausdenke, das schon irgendwie verplottet würde. Was mein guter Freund meinte, war: Was du dir ausdenkst, ist für unser Spiel irrelevant. Er hatte gar nicht verstanden, was ich wollte. Ich hab mir dann nach zwei, drei Sitzungen einen neuen Charakter gemacht und mich quasi in seinen Plot reingeschrieben. Haben dann jahrelang gut zusammengespielt.

Das ist, finde ich, eine sehr gute Lösung. Ein gutes Beispiel für den oben erwähnten "engagierten Spieler".
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 23.04.2025 | 11:45
das ist halt auch ein sehr gruppenspezifisches Ding - ich war auch in Gruppen, wo es bei Variante a) reihum High-Fives für die kreative Abkürzung gegeben hat. :)
Ich kann mich gar nicht erinnern, dass du Spieler bei mir warst...
;-)
So würden die Jungs bei mir auch reagieren, aber es ist halt nur eine mögliche Lösung, die auch suboptimal sein kann. Und zu viel Durcheinander bringen kann, Spannungskurve, Vorbereitungszeit, Schlüsselereignis, usw.

Deshalb wollte ich darüber ein bisschen mehr aus dem Erfahrungsschatz hier Anwesenden erfahren, weil es meiner Meinung nach keinen Goldenen Weg gibt.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: JollyOrc am 23.04.2025 | 12:15
Haukrinn spricht von Vorsatz. JollyOrc, glaubst du, dass dein SL damals vorsätzlich gehandelt hat? Also bewusst Handlungsstränge, die dir wichtig waren abgeschnitten hat? Oder hatte er nicht verstanden, dass sie dir wichtig waren und wo du damit hin wolltest?

das war eine Kombination von Betriebsblindheit, weil ihm die eigene Idee so gut gefiel, Kommunikationszusammenbruch und gegenseitig falsche Annahmen. Er dachte, er müsse meinem Char einen Grund geben, nicht an der Stadt zu hängen, anstatt mir zu sagen "hey, ich will, dass der Großteil des Abenteuers außerhalb der Stadt ist, denk Dir da mal was aus"
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 23.04.2025 | 12:25
Die Bewertung allein anhand der Spielregeln finde ich schwierig. Allein ein regeltechnisches Schlupfloch reicht IMHO nicht, selbiges muss zumindest im Rahmen der Fiktion auch Sinn ergeben.

 Sowohl als auch.
Falls man es auf die Spitze treiben wollte, dann als Charakterfähigkeit eher nein, als Monsterfähigkeit eher ja. Um die Entscheidung noch schwieriger zu machen

Im ursprünglichen Kontext in dem das aufkam ging es ja darum, dass eine SL, die einen Würfel dreht,
Deswegen ein neues Thread, weil es in dieser Diskussion um Würfeldrehen oder ähnliches gar nicht gehen soll.


Die Entwertung einer Spielerentscheidung ist aber etwas vorsätzliches. Ein Spieler hat für die Fiktion etwas etabliert, und ich als SL ignoriere das bewusst oder kehre es bewusst um - das ist die Entwertung einer Spielerentscheidung.
Meiner Meinung nach kann es auch unbeabsichtig passieren.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Skaeg am 23.04.2025 | 12:52
Schnell einen quasi Möchtegern-Grund präsentieren, damit die Geschichte vernünftig und spannend weitergeht (Entwertung der Charakterfähigkeit) oder dem Spieler sein Glanz Moment gönnen und die Geschichte ohne interessanten und emotionalen Showdown beenden?
Letzteres. Wobei ich sowieso skeptisch bin, ob der Showdown interessant oder emotional wäre.

Hier ist ja noch nicht mal die Geschichte umgestoßen, sondern der Spieler hat einfach nur einen anderen Weg zum vorgesehenen Ende gefunden.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Edgar Allan Poe am 23.04.2025 | 13:00
Hm ... also grundsätzlich würde ich auch sagen: Man gönne dem Spieler seinen Moment.

Andererseits ist "HAHA! Ich hab das Ritual ohne Probleme unterbrochen und jetzt passiert gar nix mehr, außer dass wir eben noch die Kultisten hier umprügeln müssen." halt auch nicht sonderlich befriedigend. Wäre ich Spieler, fände ich das vermutlich schon etwas antiklimaktisch (und vielleicht sogar enttäuschend).

Jetzt mit genug Zeit zum Nachdenken, würde ich in dieser Situation vielleicht den Spielern durch diese Move einen Vorteil im kommenden Endkampf bieten. Der Dämon kommt trotzdem ... ist aber ordentlich geschwächt, weil die Beschwörung nicht komplett vollzogen wurde. Ich weiß aber nicht, ob mir so eine Idee auf die Schnelle kommen würde. Ich bemerke bei mir zunehmend eine extreme Improvisationsschwäche.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 23.04.2025 | 13:20
Meiner Meinung nach kann es auch unbeabsichtig passieren.

Deshalb ja meine Unterscheidung zwischen Vorsatz und Irrtum. Und egal was von beidem eintrifft, in beiden Fällen kann man mal kurz pausieren und das zwischen SL und Spielerschaft klären.
(Und wenn darauf jetzt von irgendwem wieder ein Immersionsargument kommt, schrei ich  ~;D)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 23.04.2025 | 13:33
Der Fall, für den ich keine Standardlösung habe, und wo ich in Versuchung käme, die Entscheidung des Mitspielenden in Frage zu stellen, ist folgender:

Eine sensible, diplomatische Situation: Die mächtige Königin, eigentlich als Big Boss die Gegenspielerin der Gruppe, hat sich zu Überraschung aller der Gruppe gegenüber geöffnet und ein Geheimnis offenbart, das ihre Entscheidungen in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die SCs sind halb gerührt, halb verunsichert, aber sie wissen: Mit einem solchen Wissen geht man behutsam um. Auch, weil man nicht möchte, dass die Königin plötzlich einen Scham-Anfall bekommt, und ihr Geständnis der Gruppe gegenüber plötzlich als großen Fehler wertet. Die Folgen dieses Geständnisses sind noch gar nicht abzusehen. Aber wohin es sich nun weiter entwickeln wird? Niemand weiß es, und noch traut niemand, sich vorzutasten...

Ihr wisst schon: Rührung, Zwischentöne, Überraschung, Emotionalität, ein Sich-Öffnen, Verunsicherung - dies ist einer von den raren Momenten, die man nur selten im Rollenspiel hat.

Da fragt Christoph: "Wie weit stehe ich eigentlich von der königlichen Schmuckschatulle weg, und kann ich da nicht einfach mal reingreifen?" oder er kommt mit einem anderen Vorschlag, der von allen anderen als unpassend empfunden wird.

Die Restgruppe pöbelt Christoph natürlich sofort an mit "Wehe Du machst das! Lass' gut sein!"

Mit Pech lässt sich Christoph diesen Gegenwind natürlich nicht gefallen, und besteht darauf, dass gewürfelt wird, ob die Königin seinen Diebstahl bemerkt.

Über die Jahre hinweg sind diese Momente in unserer Gruppe extrem selten geworden, weil wir uns aufeinander eingestellt haben. Aber in meiner ersten Spielgruppe kamen sie durchaus vor.

Mein Zwiespalt als SL in dem Moment: Nur aufgrund eines spontanen Impulses, den ein Mitspielender hat, ist der seltene, hohe, zerbrechliche Grad an Immersion, den alle anderen empfinden, gefährdet.

• Auf die Meta-Ebene wechseln und Christoph deutlich machen, dass er hier einen potentiell wahnsinnig wertvollen Moment gefährdet?
• Die Restgruppe das "Verprügeln" von Christoph überlassen? Auf SC-Ebene oder auf Spielenden-Ebene? Und dabei in Kauf nehmen, dass die Spielenden sich zerstreiten?
• Den potentiell wahnsinnig wertvollen Moment potentiell gefährden und einfach würfeln? Aber wie dann mit dem möglichen zwischenmenschlichen Fallout in der Gruppe umgehen?

Was ich nicht machen würde, wäre innerweltlich Barrieren hochzuziehen, die sonst nicht da wären, à la "In dem Moment kommen übrigens die Wachen zurück, und haben Euch besonders scharf im Blick..."
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 23.04.2025 | 13:37
Na für Christoph ist der Moment dann wohl nicht so wertvoll. Ohne Kontext (also z.B. Gruppenagenda, wenn das eine Diebesbande ist wäre die Frage ja sowas von legitim) kann man da kaum Aussagen drüber machen. Wenn das aber wirklich unpassend ist: Regel 0 beachten.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 23.04.2025 | 14:19
Da fragt Christoph: "Wie weit stehe ich eigentlich von der königlichen Schmuckschatulle weg, und kann ich da nicht einfach mal reingreifen?" oder er kommt mit einem anderen Vorschlag, der von allen anderen als unpassend empfunden wird.

Auch wenn ich bei der Eröffnung des Threads nicht an diesen Fall gedacht habe, gehört sowas auch dazu. Zwar eher am anderen Ende der Skala, im Unterschied dazu, was ich im Sinne hatte, aber trotzdem schlägt es in  die angesprochene Kerbe.
Und es kommt zu ähnlichem Dilemma.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 23.04.2025 | 14:22
Na für Christoph ist der Moment dann wohl nicht so wertvoll.
😅 Absolut richtig!

Im besten Fall ist Christoph nur ausnahmsweise übermüdet. Im schlimmsten Fall tut sich hier eine unterschiedliche Anspruchshaltung dem gemeinsamen Spiel gegenüber auf, Ansprüche, die vielleicht sogar nicht zusammenpassen. Im Normalfall muss wohl der Gruppenvertrag verfeinert werden.

Aber das sind alles mittelfristige Maßnahmen. Wie handelt Ihr akut?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 23.04.2025 | 14:27
Pausieren und ansprechen
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 23.04.2025 | 14:36
Mein Zwiespalt als SL in dem Moment: Nur aufgrund eines spontanen Impulses, den ein Mitspielender hat, ist der seltene, hohe, zerbrechliche Grad an Immersion, den alle anderen empfinden, gefährdet.

• Auf die Meta-Ebene wechseln und Christoph deutlich machen, dass er hier einen potentiell wahnsinnig wertvollen Moment gefährdet?
• Die Restgruppe das "Verprügeln" von Christoph überlassen? Auf SC-Ebene oder auf Spielenden-Ebene? Und dabei in Kauf nehmen, dass die Spielenden sich zerstreiten?
• Den potentiell wahnsinnig wertvollen Moment potentiell gefährden und einfach würfeln? Aber wie dann mit dem möglichen zwischenmenschlichen Fallout in der Gruppe umgehen?

"Immersion" ist für mich nicht unbedingt ein Argument, aber den Spieler fragen, ob er das für den richtigen Zeitpunkt hält und sich auch der möglichen Konsequenzen bewußt ist, sollte schon drin sein. Immerhin wird die Königin auch einen im Moment erfolgreichen Diebstahl bald bemerken (die eventuell geklauten Sachen sind ja sichtbar nicht mehr da) und der Verdacht dann wenigstens zum Teil auf die Gruppe fallen...
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 23.04.2025 | 14:40
Ja, stimmt, Immersion ist hier höchstens ein Teil dessen, was in so einer Situation kaputt gehen kann.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 23.04.2025 | 15:08
Wie handelt Ihr akut?

Ich bin da zum grossteil bei Haukrinn:

Pausieren und ansprechen

Und ja, ich denke an der stelle ist die Immersion eh schon weg oder stark angeschlagen.

Wenn es nicht so der Punkt ist und man es anderst lösen will, an der Stelle:

Die Restgruppe pöbelt Christoph natürlich sofort an mit "Wehe Du machst das! Lass' gut sein!"

Mit Pech lässt sich Christoph diesen Gegenwind natürlich nicht gefallen, und besteht darauf, dass gewürfelt wird, ob die Königin seinen Diebstahl bemerkt.

Zuerst könnte man natürlich auch sagen warum weis die Restgruppe das Christop sowas macht? Haben die auch gewürfelt ob sie den Diebstahl bemerken? Im zweifelsfall muss die Königin ja nicht mal den Diebstahl bemerken sondern nur auf die anderen Spielfiguren schauen mit "Intuition" "Menschenkentniss" (sollte sie als Könign ja haben) und nicht mal mit "Diebstahl wahrnehmen."

Als SL muss ich mich ggf fragen warum ich erwähnt habe dass es ein Schmuckkästchen gibt (oder ist es ein System in welchem die Spieler sowas selbst reinbringen dürfen?) in dem Fall - ist es vieleicht sogar ein Test der Königin wie vertrauenswürdig die Spielfiguren sind? In dem Fall würde ich ihr einen so hohen bonus auf den Wurf geben das er fast nicht schiefgehen kann.

In dem Fall sagt sie bei mir dann vieleicht "Ja, nimm dir ruhig etwas aus der Kiste (mit meinem verfluchten Schmuck den ich eh loswerden will *) kleiner Dieb, so vertrauenswürdig bist du also,..."

(* - nein würde ich nicht wirklich machen, hätte so einen "erzieherischen Aspekt" den ich im RSP nicht mag.)

Das mit der Wahrnehmerei ist ja so eine Sache, die Königin wird es merken - ob mit Wurf oder ohne. Der Wurf macht ja nur ob "Früher (auf frischer Tat) oder später (wenn sie ihre Juwelen wieder ins Kästchen legt und merkt das etwas fehlt)".
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 23.04.2025 | 15:39
Was ich absolut nicht verstehe: Man gewinnt doch als Gruppe zusammen.

Ob das jetzt meine Figur ist, die das Ritual beendet bevor es angefangen hat oder die eines Mitspielers ist doch vollkommen wuppe.
(Am Ende zählt dass Wir gewinnen)

Wenn ich da ein "Ähhh, der böse böse hat uns damit das Abenteuer kaputt gemacht.."..höre, dann würde ich mich ernsthaft fragen, was das denn für eine Runde sein soll. Eine zum Wohlfühlen bestimmt nicht.

Wenn man als SL das Gefühl hätte, deshalb eingreifen zu müssen, ist das echt kein guter Grund.

Das fällt dann mMn. unter: Dysfunktionale Runden mit "unlauteren Mitteln " am Laufen halten


Edit. Ich habe in der Tat noch nie eine Runde erlebt, wo die Mitspieler dem Spieler, (dessen Figur das alleine abkürzen kann), irgendwie böse  ~;P gewesen wären, wenn er die Chance genutzt hätte.
Im Gegenteil: Jeder hätte gesagt "Go for it!"
(Und da waren echt auch schon semifunktionale Runden dabei. Gewinnen wollten am Ende aber alle. - insofern stellt sich die Frage mMn. nicht)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 23.04.2025 | 16:33
Was ich absolut nicht verstehe: Man gewinnt doch als Gruppe zusammen.

Klar,... aber manchmal sind es eben Sl oder auch Spieler die anderen den Spass verderben.
Warum das so ist? Ich weis es nicht, übermüdung manchmal? Eigenes geltungsbedüfniss? Das immer wieder aufflackende "Gruppe muss gegen SL 'gewinnen'".

Das fällt dann mMn. unter: Dysfunktionale Runden mit "unlauteren Mitteln " am Laufen halten

Wenn man keine andere Rollenspielrunde hat spielt man eben auch mal in solchen Runden.

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Ich hab - aus zweiter hand (vom SL und von einem anderen Spieler) eine geschichte das die Gruppe an einer Position war: Sie haben ein Schwert in einem Felsen stecken und es gibt eine Prophezeihung dazu: Wenn es herausgezogen wird geht die Welt unter. Gruppe verlässt den Raum. Zwischen den Spielabenden schreibt einer der Spieler "Ich geh hinein und nehme das Schwert doch mit." Sl schreibt daraufhin an alle anderen Mitspieler das die Kampange zu ende ist.

Ich weis an der Stelle auch nicht was ich als SL gemacht hätte (ausser so ein Ding erst garnicht irgendwo einzubauen) - ja es ist schon so das ein verhindern der Aktion von SL seite eine Entwertung der Spielerentscheidung wäre, aber es wäre eben auch vieleicht eine Aufwertung der wünsche der anderen Mitspieler eben weiterspielen zu können.

Also ich wundere mich über die Geschichte immer noch und immer wieder wenn ich sie höre.
---

Naja ein guter Spielabend ist für mich jedenfalls wenn alle einigermassen Spass hatten. Die entwertung der eigenen entscheidungen ist dabei sicherlich nicht förderlich. Auf der anderen Seite - wenn die entscheidung eines einzelnen den Spielspass der anderen entwertet muss man imho wirklich mal darüber sprechen - und zwar am besten alle zusammen am gleichen Tisch.

Aber ich glaube das kommt dann doch recht selten vor.

ps: Wenn ich selbst Spieler bin achte ich meistens auf die sicherheit meiner eigenen Figur. Wenn also jemand dann meint vorrennen zu müssen sage ich meistens "Gerne, mach!" Aber wenn ich selbst mal sehe das meine Figur das Zünglein an der Waage spielen kann dann mach ich das auch - aber in absprache mit den anderen. (So habe ich mal den Plot "Wir entführen einen Piratenkapitän in Tortuga" zu "Ich überrede den Kapitän freiwillig mitzukommen" geändert.)

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zugestanden wir sind ja hier beim Entwerten von Spielerentscheidungen, eigentlich kann das in lezter konsequenz nur die SL - so man nicht (siehe oben) eine absprache unter den Spielern nimmt, zed hatte so etwas ja in seinem beispiel auch schon drin.
Ich hatte oben schon geschrieben dass ich immer wieder mal (auf Cons) noch dieses "wir spielen Gegeneinander" finde, also Spieler gegen Sl. Klar das kommt vieleicht von den klassischen Brettspielen (gibt ja auch solche welche die man gemeinsam gewinnt oder verliert).

Es mag Gründe für das Entwerten der Spielerentscheidungen geben, manche vieleicht besser als andere, aber wirklich gute gründe fallen mir gerade nicht ein,...

Edith: Nach überdenken und einigen Beispielen die mir noch eingefallen sind wo ich mich meine Entscheidungen ein "entwertet" gefühl heranbrachten muss ich sagen das ich den "schwarzen Peter" (die Entwertung einer Entscheidung) nicht nur beim SL sehe. Je mehr ich darüber nachdenke umso meher kleinigkeiten fallen mir ein in welcher es eigentlich die Gruppe ist welche Entscheidungen der anderen Spieler in frage stellen und am ende ein "Mach das bitte nicht" rauskommt. (und manchmal auch ohne das "bitte")
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Johann am 23.04.2025 | 17:33
Wie handelt Ihr akut?

Was Haukrinn sagt: Pausieren und ansprechen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Skaeg am 23.04.2025 | 21:33
Ihr wisst schon: Rührung, Zwischentöne, Überraschung, Emotionalität, ein Sich-Öffnen, Verunsicherung - dies ist einer von den raren Momenten, die man nur selten im Rollenspiel hat.

Da fragt Christoph: "Wie weit stehe ich eigentlich von der königlichen Schmuckschatulle weg, und kann ich da nicht einfach mal reingreifen?" oder er kommt mit einem anderen Vorschlag, der von allen anderen als unpassend empfunden wird.
Für mich ist der Ansatz hier weniger "Er macht unseren emotionalen Moment kaputt" (das ist aber auf jeden Fall so) und mehr "Er reitet uns absichtlich in die Scheiße".

Ich hasse es, wenn Leute, womöglich mit irgendwelchen "Is' halt der Charakter"-Ausreden, so einen Mist abziehen.

Es ist für mich ein großer Unterschied dazwischen,
a.) Durch cleveres Vorgehen eine antiklimaktische Lösung des im Szenario entwickelten Problems zu ersinnen
b.) Durch bewußtes Spielen des eigenen Charakters als soziopathisch, dämlich, lethargisch oder amoralisch das Szenario kaputtzumachen.

Wobei es für alles natürlich auch eine Kehrseite gibt: Wenn der Charakter beispielsweise als definiertes Ziel hat (und das bekannt ist), die böse Königin zu berauben, der SL dann aber erwartet, dass das einfach fallengelassen wird, weil in der Szene halt vorgesehen ist, dass besagte Königin als tragische Figur umdefiniert wird - auch wieder etwas anderes.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 23.04.2025 | 22:11
Wobei es für alles natürlich auch eine Kehrseite gibt: Wenn der Charakter beispielsweise als definiertes Ziel hat (und das bekannt ist), die böse Königin zu berauben, der SL dann aber erwartet, dass das einfach fallengelassen wird, weil in der Szene halt vorgesehen ist, dass besagte Königin als tragische Figur umdefiniert wird - auch wieder etwas anderes.

Letzten Endes wäre da die Frage wohl einfach, ob da tatsächlich mehr der Charakter agiert wie idealerweise schon bekannt oder ob nicht doch in erster Linie einfach der Spieler querschießt, weil er sich in dem emotionalen Moment beispielsweise im Gegensatz zum Rest der Gruppe bloß langweilt. Denn in einem Fall von "Eigentlich würde mein Charakter ja jetzt..." läßt sich im Zweifel eher mal ein Kompromiß finden als bei "Hier will ich jetzt mit dem Kopf durch die Wand!"
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.04.2025 | 22:19
Ihr wisst schon: Rührung, Zwischentöne, Überraschung, Emotionalität, ein Sich-Öffnen, Verunsicherung - dies ist einer von den raren Momenten, die man nur selten im Rollenspiel hat.

Da fragt Christoph: "Wie weit stehe ich eigentlich von der königlichen Schmuckschatulle weg, und kann ich da nicht einfach mal reingreifen?" oder er kommt mit einem anderen Vorschlag, der von allen anderen als unpassend empfunden wird.

Die Restgruppe pöbelt Christoph natürlich sofort an mit "Wehe Du machst das! Lass' gut sein!"

Hmm. Entweder der Christoph hat eine grundlegend andere Erwartung an das Spiel - wäre nur seltsam, wenn das nicht vorher schonmal aufgefallen ist. Dann ist das Problem nicht, dass Entscheidungen entwertet werden, sondern das wäre dann nur ein Symptom. Das Problem läge tiefer.

Oder man gibt der Szene eine Chance. Wer sagt denn, dass der Diebstahlversuch nicht ebenfalls zur Atmosphäre beitragen kann? "Ungläubige Blicke, die Gruppe erstarrt, die Königin ruft mit hochrotem Kopf 'wie könnt ihr es wagen...!?!'" Klingt nach Drama, Baby  ;)

@Thema: These: In einer Spielgruppe ist das Entwerten von Entscheidungen anderer durch die Interaktion der Figuren unvermeidbar. SL machen Entscheidungen von Spielenden regelmäßig zunichte; das liegt in ihrer Funktion. Spielende tun ständig Unvorhergesehenes; eine SL kann sich gar nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten und muss daher spontan reagieren. Zwischen plotlosem Spiel und Eisenbahn liegt ein Kontinuum an Abstufungen, und manchmal entscheidet eine SL mehr in Richtung Eisenbahn zum Wohle der Story, mal in Richtung "Plot über Bord und laufen lassen".
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 23.04.2025 | 22:37
Der Fall, für den ich keine Standardlösung habe, und wo ich in Versuchung käme, die Entscheidung des Mitspielenden in Frage zu stellen, ist folgender:

Eine sensible, diplomatische Situation: Die mächtige Königin, eigentlich als Big Boss die Gegenspielerin der Gruppe, hat sich zu Überraschung aller der Gruppe gegenüber geöffnet und ein Geheimnis offenbart, das ihre Entscheidungen in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die SCs sind halb gerührt, halb verunsichert, aber sie wissen: Mit einem solchen Wissen geht man behutsam um. Auch, weil man nicht möchte, dass die Königin plötzlich einen Scham-Anfall bekommt, und ihr Geständnis der Gruppe gegenüber plötzlich als großen Fehler wertet. Die Folgen dieses Geständnisses sind noch gar nicht abzusehen. Aber wohin es sich nun weiter entwickeln wird? Niemand weiß es, und noch traut niemand, sich vorzutasten...

Ihr wisst schon: Rührung, Zwischentöne, Überraschung, Emotionalität, ein Sich-Öffnen, Verunsicherung - dies ist einer von den raren Momenten, die man nur selten im Rollenspiel hat.

Da fragt Christoph: "Wie weit stehe ich eigentlich von der königlichen Schmuckschatulle weg, und kann ich da nicht einfach mal reingreifen?" oder er kommt mit einem anderen Vorschlag, der von allen anderen als unpassend empfunden wird.

Die Restgruppe pöbelt Christoph natürlich sofort an mit "Wehe Du machst das! Lass' gut sein!"

Mit Pech lässt sich Christoph diesen Gegenwind natürlich nicht gefallen, und besteht darauf, dass gewürfelt wird, ob die Königin seinen Diebstahl bemerkt.

Über die Jahre hinweg sind diese Momente in unserer Gruppe extrem selten geworden, weil wir uns aufeinander eingestellt haben. Aber in meiner ersten Spielgruppe kamen sie durchaus vor.

Mein Zwiespalt als SL in dem Moment: Nur aufgrund eines spontanen Impulses, den ein Mitspielender hat, ist der seltene, hohe, zerbrechliche Grad an Immersion, den alle anderen empfinden, gefährdet.

• Auf die Meta-Ebene wechseln und Christoph deutlich machen, dass er hier einen potentiell wahnsinnig wertvollen Moment gefährdet?
• Die Restgruppe das "Verprügeln" von Christoph überlassen? Auf SC-Ebene oder auf Spielenden-Ebene? Und dabei in Kauf nehmen, dass die Spielenden sich zerstreiten?
• Den potentiell wahnsinnig wertvollen Moment potentiell gefährden und einfach würfeln? Aber wie dann mit dem möglichen zwischenmenschlichen Fallout in der Gruppe umgehen?
Ganz ehrlich?
Glaube das ist alles ganz normal.

Wenn aus irgendwelchen Gründen eine Form von Stille entsteht, durch Ergriffenheit oder viel Gefühl zum Beispiel, dann juckt es manche Spieler einfach diese wieder zu brechen.

Weil es ihnen persönlich z.B. einfach "too much "ist.
Also wird eine ansich ernste Situation durch einen Witz oder etwas ähnliches wieder etwas abgeflacht, damit es halbwegs spaßig weiter gehen kann.

Und das ist auch gar nicht schlimm.
Ist nur ein Spiel, und ein Art Hilfeschrei das bitte alles nicht zu ernst zu nehmen.
Dafür prädestiniert sind Szenen mit viel Gefühl.
Zum Beispiel Szenen in denen es um Beziehungen oder Liebe geht.
Der Versuch die gut hinzubekommen ist sowieso als würde man auf einer Klinge über einem Abgrund aus Kitch balancieren.

Wenn also jmd. durch einen Spaß reingrätscht, dann ist das mMn. nicht schlimm.
Den Joke einfach annehmen, und weitermachen.

Das Gefühl, dass dadurch alles entwertet wird, was vorher war, entsteht mMn. nur dann, wenn man es zu ernst nimmt.

Kurz Mitlachen, Weitermachen kommt mEn. besser.
Als "Wir unterbrechen das Ganze. Wie kannst Du nur?!" (Das erste kippt die Stimmung nicht zwingend. Das zweite dagegen ziemlich sicher)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: ghoul am 24.04.2025 | 09:23
Railroading mit unengagierten Spielern ist aber funktional. Das passt beides zusammen.

Natürlich.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Streunendes Monster am 24.04.2025 | 11:50
Kenn Ihr diesen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,53993.0.html) aus dem Bereich Forenspiele?

Ich vermute, dass dort sehr viele kleine Anekdoten und Wahrheiten drinnen stecken  ~;D



@Topic:
ich kenne so einen SL, der gern in die Entscheidungen der SC/Spieler eingreift oder diese overruled.
Sei es die Hintergrundgeschichte, wo er nach Gusto Dinge (ungefragt und ggfs ohne Zustimmung des Spielers) anpasst ... oder ihm im laufenden Kampf plötzlich Gedanken kommen, sodass DeusEx mäßig plötzlich die Zeit einfriert und aus dem kritsichen Endschlag gegen einen Gegner ein Akt der Gnade und Verschonung wird, weil ihm der NSC für irgendeinen Plot dann doch besser in den Kram passt.

Mich nervt das hart ab.
Mein SC, meine Handlung, meine Gedanken.
Seine Welt, seine NSC, sein Gutdünken.
Das haben wir mal diskutiert und er hat sich sehr auf den Standpunkt des MEISTERS mit finaler Entscheidungsgewalt gestellt.

Einer der Gründe, weshalb ich den Begriff des Meisters sehr ablehne.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 24.04.2025 | 13:41
Nach etwas überlegen fallen mir eher immer mehr Dinge ein, wo sich Spieler gegenseitig die Entscheidungen entwerten.
Und weniger oft hatte ich das gefühl das der SL so etwas macht.

Vor ein paar Wochen fragte ich mal meinen SL ob ein NSC der uns erntwischt ist eine Plotarmor hatte. Aussage war derart: "Nein, aber er flieht in der Situation eben sofort wenn ein kampf ausbricht und die Kämpfer decken seinen Rückzug."

Aber mir fallen danach zwei Sachen ein wo "Entscheidungen" / "Ideen" etc von Spielern für Spieler entwertet wurde. Vieleicht als "vorrauseilender Gehorsam" vieleicht auch einfach aus "Hast du wirklich bedacht was du da machen willst? (Das ist doch eine Selbstmordmisson)" Sicher das sind meistens keine großen Sachen aber,... naja es ist trozdem irgendwie etwas derartiges.

Ich sag jezt nichts gegen sowas wie Regelhilfe, wo man vieleicht jemand der in den Regeln nicht so firm ist klar macht das seine Idee mit seiner Figur nicht, oder zumindest fast nicht durchzuführen ist. Aber ja mir fallen gerade immer mehr Entwertungen von Spielerentscheidungen durch andere Spieler ein. Ja auch von mir (als Spieler) an andere Spieler - wenn das was mir dazu einfällt auch schon über 20 Jahre her bist als ich ein "Das kannst du doch nicht machen" ausgerufen habe!

ps: Es kekst mich im Rsp immer wieder an wenn andere Spieler eklatant takische und investigative Fehler machen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 24.04.2025 | 13:43
Kenn Ihr diesen Thread (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,53993.0.html) aus dem Bereich Forenspiele?

Ich vermute, dass dort sehr viele kleine Anekdoten und Wahrheiten drinnen stecken  ~;D



@Topic:
ich kenne so einen SL, der gern in die Entscheidungen der SC/Spieler eingreift oder diese overruled.
Sei es die Hintergrundgeschichte, wo er nach Gusto Dinge (ungefragt und ggfs ohne Zustimmung des Spielers) anpasst ... oder ihm im laufenden Kampf plötzlich Gedanken kommen, sodass DeusEx mäßig plötzlich die Zeit einfriert und aus dem kritsichen Endschlag gegen einen Gegner ein Akt der Gnade und Verschonung wird, weil ihm der NSC für irgendeinen Plot dann doch besser in den Kram passt.

Mich nervt das hart ab.
Mein SC, meine Handlung, meine Gedanken.
Seine Welt, seine NSC, sein Gutdünken.
Das haben wir mal diskutiert und er hat sich sehr auf den Standpunkt des MEISTERS mit finaler Entscheidungsgewalt gestellt.
Der Einfluss des "Meisters" endet für gewöhnlich da, wo meine Figur anfängt.

Wenn sich doch mal jmd. in meinen Einflussbereich verirrt, muss er mit mir verhandeln.

Das kann zum Beispiel dann vorkommen, wenn entschieden werden soll, welche Auswirkungen äußere Einflüsse auf sie haben.

Was mMn. gar nicht geht, ist Spielern SC Empfindungen vorzuschreiben.

A la "Du findest das einleuchtend" (Auch wenn ich nicht überzeugt wurde), "Du findest den sympathisch "(Auch wenn  das Gegenteil der Fall ist) etc.
Hier gilt mMn. im guten Rollenspiel das gleiche wie in guter Literatur: Show don't tell.
(Sag mir nicht, wie ich denken oder fühlen soll, sorg dafür, dass ich tatsächlich so denke oder fühle. Oder lass es lieber sein.)


Körperempfindungen wie "Dir ist kalt", "Du bist müde", sind was anderes.
Sogar ein ungutes Bauchgefühl oder Gänsehaut sind noch OK.

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 24.04.2025 | 14:02
Nochmal zu "Pausieren und ansprechen": Das entspricht ja so etwa

Zitat
• Auf die Meta-Ebene wechseln und Christoph deutlich machen, dass er hier einen potentiell wahnsinnig wertvollen Moment gefährdet

...und ist in dem (ausgedachten) Fall wohl die beste Option.

Zitat von: Issi
Wenn aus irgendwelchen Gründen eine Form von Stille entsteht, durch Ergriffenheit oder viel Gefühl zum Beispiel, dann juckt es manche Spieler einfach diese wieder zu brechen.

Weil es ihnen persönlich z.B. einfach "too much "ist.

Das "Jucken" kenne ich von mir auch: Ich verfolge "Critical Role" nicht wahnsinnig intensiv, aber da gab es einige Momente (meist ausgehend von Liam), die mir am Tisch "too much" gewesen wären. (Ich für meinen Fall könnte aber sagen, dass ich mein Unwohlsein mit mir selbst ausmachen würde.)

Eine Gruppe inklusive Spielleitung, die beim Thema "Intensität" auf einer einigermaßen einheitlichen Schiene fährt - die ist auf jeden Fall etwas wahnsinnig wertvolles.

Um an den Threadtitel anzuknüpfen: Dies scheint ein Moment zu sein, wo mit einem Pausieren und einem Wechsel auf die Metaebene die Entscheidung eines Mitspielenden zumindest in Frage gestellt wird. Das Ergebnis des Metagesprächs kann ja aber sein, dass der SC trotz allem seine Finger lang macht.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Ma tetz am 24.04.2025 | 14:11
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der SC nicht in den Verantwortungsbereich des SL fällt.

Die Grenze lässt sich aber nicht immer hart ziehen.

Wenn eine Probe darauf eine Lüge zu erkennen scheitert, darf der SL durchaus sagen, dass dem NSC erstmal Glauben geschenkt wird. Das ist schlicht die Auswertung des Wurfs. Der Spieler darf gerne misstrauisch sein. Sein SC sieht dafür vorerst keine Anhaltspunkte. Sind solche Proben im System nicht vorgesehen, hat der SL dieses Recht erstmal nicht.

Show don't tell in einem Spiel zu fordern, dass überwiegend aus telling besteht, finde ich als absoluten Anspruch schwierig.  Für mich ist es einfach ein Bonus, wenn die show klappt. Außerdem hängt damit der Anspruch an die Spielleitung schon ziemlich hoch.

Ich finde, es ist bei dieser Frage wichtiger, dem Spieler maximal einen ersten Eindruck zu vermitteln, ihm aber beim Spiel der weiteren Konsequenzen freie Hand zu lassen. Es ist z.b. völlig o.k. jemanden zu verdächtigen, obwohl ich ihn sympathisch finde.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dreamdealer am 24.04.2025 | 15:32
Die Charaktere sind relativ früh (eher durch Zufall) über die verantwortlichen Verschwörer gestolpert und haben entschieden (nicht wirklich aus einem Grund, einfach weil sie ihnen verdächtig vorkamen) diese festzusetzen, was ihnen nach etwas Kampf auch gelang.
Darauf packte die SL ihre Sachen zusammen und sagte, damit wäre das AB beendet (obwohl noch gut 1,5h Zeit im Conslot waren), jetzt wären die Verschwörer ja keine Bedrohung mehr, und Beweise für ihre Taten könnte man ja sicher finden, das müsste man nicht ausspielen.

Ich fand das unbefriedigend: man hätte durchaus das restliche AB darum aufbauen können, dass die Gefangenen ihre Gefolgsleute losschicken, um Beweise verschwinden zu lassen, Zeugen einzuschüchtern, u.ä. ... mit dem Ziel dass sie (mangels Beweisen) wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen.
Das hätte die Aktion der Spielenden nicht entwertet, sondern wäre ja eine Konsequenz aus ihren Vorgehen gewesen. Und sie hätten ja trotzdem etwas bewirkt (die Pläne der Verschwörer verzögert, da sie etwas viel Aufmerksamkeit auf sich hatten), insofern wäre es auch kein kompletter Fehlschlag gewesen.

Über dieses Beispiel habe ich jetzt ein wenig nachgedacht und finde die Erwartungshaltung (die ich auch gehabt hätte) nicht ganz fair dem Spielleiter gegenüber.
Hoffe ich kann gut rüberbringen warum:

Der SL erstellt ein Abenteuer mit einem Kernproblem/Rätsel/was auch immer. Die Spieler lösen dieses Kernproblem/Rätsel/... durch Zufall oder durch geschickte Nutzung ihrer Fähigkeiten auf kreative Art und Weise. Die SL lässt dies zu, damit ist aber auch das Abenteuer zuende. Eigentlich können sich jetzt alle auf die Schultern klopfen und freuen, dass die Spieler so toll waren. Aber die Erwartungshaltung ist eine andere - warum geht das Abenteuer nicht weiter?

- der SL hat sich darauf nicht vorbereitet, er muss sich jetzt was ausdenken, damit es weitergeht (die ganz coolen Kids nehmen Begegnungstabellen!)
- das scheint erstmal für alle OK zu sein, die Spieler sollen ja weiterhin Spaß haben
- ABER wenn der Spielleiter jetzt VOR dem Kernproblem Neues hinzudichtet ohne die Spielerlösung komplett auszuhebeln, aber halt neue Komplikationen, dann ist das nicht korrekt

Weshalb wird jetzt die eine Möglichkeit so negativ gesehen, die andere aber fast vorausgesetzt von einem guten SL?

Bonusfrage:
Gibt es einen Unterschied wenn ein SL alles Wichtige aufschreibt und dann von seinem Skript abweicht oder ein SL der keine Aufzeichnungen hat und einfach dynamisch auf die Aktionen der Charaktere reagiert?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 24.04.2025 | 16:20
Wenn eine Probe darauf eine Lüge zu erkennen scheitert, darf der SL durchaus sagen, dass dem NSC erstmal Glauben geschenkt wird. Das ist schlicht die Auswertung des Wurfs. Der Spieler darf gerne misstrauisch sein. Sein SC sieht dafür vorerst keine Anhaltspunkte. Sind solche Proben im System nicht vorgesehen, hat der SL dieses Recht erstmal nicht.

In so einem Fall darf mMn sogar der SC dem NSC ruhig weiterhin nicht über den Weg trauen -- er muß diesem ja nur abnehmen, daß er zumindest in dieser einen Hinsicht ausnahmsweise doch mal die Wahrheit gesagt hat. :)

Denn es gibt natürlich Grenzen dafür, wie weit man eine andere Person im Rahmen einer ganz normalen Unterhaltung ohne übernatürliche Kräfte, besondere Ausnahmesituation oder ähnliche Zusatzfaktoren wirklich manipulieren kann. Andererseits aber will ich entsprechende Regelmechanismen, die das Spiel nun mal vorsieht und in die insbesondere Spieler ihrerseits wieder investieren könnten, auch nicht ohne sehr guten Grund mal eben komplett "entwerten".
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 24.04.2025 | 19:03
Nochmal zu "Pausieren und ansprechen": Das entspricht ja so etwa

...und ist in dem (ausgedachten) Fall wohl die beste Option

Ich würde das auch ansprechen. Aber nicht in der Situation, sondern nach dem Spiel.

Wenn Du in der wichtigen Situation abrichst und quasi ein Problem -Outtime Gespräch führst, bist Du definitiv raus. (Alle anderen idR. auch.)

Wenn man das dagegen nach der Sitzung thematisiert, nimmt die Szene mEn. weniger Schaden.

Aber das musst Du natürlich selbst entscheiden und ausprobieren



Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Haukrinn am 24.04.2025 | 19:49
Gut, das würde ich genau umgekehrt sehen, ist aber wohl auch eine Frage von Spielstil und -dynamik.

Wenn mir was gegen den Strich geht, dann trage ich das kaum bis zum Ende der Spielrunde mit mir rum. Denn dann ist das Spiel gelaufen. Dann eher noch die Szene flucks zu Ende bringen und dann ein Pausengespräch führen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 24.04.2025 | 21:07
Gut, das würde ich genau umgekehrt sehen, ist aber wohl auch eine Frage von Spielstil und -dynamik.

Wenn mir was gegen den Strich geht, dann trage ich das kaum bis zum Ende der Spielrunde mit mir rum. Denn dann ist das Spiel gelaufen. Dann eher noch die Szene flucks zu Ende bringen und dann ein Pausengespräch führen.
Ich tendiere dazu sowas erstmal unter vier Augen zu besprechen, da mir das gestattet schwierige Dinge zu thematisieren ohne jmd. Vor allen bloß zustellen.
(Denn im worst case geht dabei vielleicht mehr kaputt, als eine Szene. )

Edit
(Abgesehen davon, habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sehr darauf ankommt, wie stark ich selbst eine solche Störung gewichte.
Ohne großes Gewicht hat das mEn. keine Macht ganze Szenen zu kippen oder alle aus der Immersion zu reißen.)

Bei einem Problemgespräch mit und vor allen, kann es dagegen sein, dass es auch mit der Sitzung vorbei ist und/oder jmd. Seine Sachen packt.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gilborn am 25.04.2025 | 07:08
Aber das sind alles mittelfristige Maßnahmen. Wie handelt Ihr akut?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, grundsätzlich mag ich dieses "ich-bin-der-coole-Dieb-und-überrasche-alle-mit-meinem-Stehlen-in-den-unpassendsten-und-somit-überraschendsten-Situationen" überhaupt nicht, weil der eine Spieler Spotlight für sich beansprucht wenn andere gerade eine coole Szene haben die dadurch zerstört wird.
Ist also für mich in erster Linie ein Thema der Sozialkompetenz.

Ich würde gerne so handeln (ob ich das im Moment so hinkriegen würde, weiß ich nicht):
Der Spieler erhält seinen Wurf, in aller Fairness auf die Wahrscheinlichkeit es zu schaffen, auf Diebstahl. Gelingt es, sage ich ihm kurz und knapp: "Es gelingt dir".
Sollte es nicht gelingen, ändert sich die Situation. Dann kann es für den Dieb echt brenzlig werden, der Rest der Gruppe muss sich zwar auch rausquatschen, hat es aber viel leichter.
Je nachdem wie lange die Situation dauert, könnte der Diebstahl bemerkt werden (Wäre wieder an eine Wahrscheinlichkeit gekoppelt). Das wäre dann aber eine neue Situation.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.04.2025 | 07:22
Mir fällt auf, dass genau genommen der Spieler des Diebes noch keine Fakten geschaffen hat. Er FRAGT, ob es ginge. Die Entscheidung liegt also bei der SL. Ob das jetzt bewusst so ist oder an RPG Konditionierung liegt, derartige Vorhaben als Frage an die SL zu richten, wäre noch eine interessante Thematik, lässt sich aber wohl kaum erschließen.

In jedem Fall kann die SL die Szene einfach "retten", indem sie den Diebstahl unmöglich macht.

Das andere Ding mit solchen Fragen ist ja immer, dass wir nur vermuten können, welche Absicht hinter der Frage steckt.Es hört sich in dem Beispiel nach einem Diebstahl an, aber nicht selten beabsichtigen Spielende auch etwas Überraschendes.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Johann am 25.04.2025 | 07:41
Der Spieler des Diebes erinnert mich schon sehr an den Typus Taschenlampenfallenlasser.

Ich würde hier wie dort - und wie Haukrinn - sofort pausieren und das Thema ansprechen, bevor das aus dem Ruder läuft.

Ich würde auch sehr davon abraten 'in der Welt' zu reagieren - ganz gleich, ob mit steuernden Eingriffen ('Schummeln') oder nicht -, denn dann bekommt der Spieler, was er will: Aufmerksamkeit. Nachforschungen der Königsgarde, Ausspielen von Verhaftung bzw. Flucht, ggf. ein Prozess -- das ganze Spiel wird zum Solo-Abenteuer für den Dieb.

(Wenn man das macht, dann bitte zumindest wie Gilborn vorschlägt: kurz und knapp. Ein Wurf -- und zwar auch später, um zu sehen, ob da etwas nachkommt. "Sorry, Christoph, aber ich will das geplante Abenteuer leiten und werde deine Solo-Aktion deshalb stark abstrahiert abwickeln: W6: 1-3 Sie kriegen deinen Dieb nicht, 4-5 Er muss fliehen und scheidet aus dem Abenteuer aus, 6 Er wird verhaftet und hingerichtet".)

Addendum:
Ich würde indes auch nicht gleich mit Anschuldigungen loslegen, sondern den Spieler erst mal fragen, warum er das macht und was er sich davon erhofft -- auf der Metaebene, versteht sich. Denn dass sich der Dieb bereichern will, ist ja klar -- und die altbekannte "ich spiele doch nur meinen Charakter"-Ausrede.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 25.04.2025 | 08:40
Addendum:
Ich würde indes auch nicht gleich mit Anschuldigungen loslegen, sondern den Spieler erst mal fragen, warum er das macht und was er sich davon erhofft --
Mit Anschuldigungen sollte kein Mensch loslegen zu keinem Zeitpunkt.

Was hier völlig hinten runter zu fallen scheint: Niemand kann einem Spieler verbieten, das zu fragen.
Er verstößt damit gegen keine einzige Regel.

Höchstens gegen einen "Gruppenvertrag", den er bis dato vielleicht anders wahrgenommen oder gesehen hat.




Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 25.04.2025 | 09:06
denn dann bekommt der Spieler, was er will: Aufmerksamkeit.
Ich habe jetzt ein Verständnisproblem.
Was ist schlecht daran, wenn ein Spieler Aufmerksamkeit bekommt?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 25.04.2025 | 10:14
Ich habe jetzt ein Verständnisproblem.
Was ist schlecht daran, wenn ein Spieler Aufmerksamkeit bekommt?

Nichts, solange es nicht auf kosten der anderen ist. Zumindest in dem konstruiertem(?) Beispiel ist es imho so das es auf kosten der anderen ist.

Edit: Natürlich ist aufmerksamkeit immer auf Kosten der anderen, aber in dem Fall macht er ja die immersion der anderen kaputt durch diese Frage - an dieser Stelle. Die Stelle ist auch wichtig: hätte er am Ende der Szene gefragt ob er "etwas mitgehen lassen kann" wäre es vieleicht weniger schlimm gewesen. Es ist eine schwierige Entscheidung - wir können hier jezt stundenlang darüber diskutieren und werden trozdem keine allgemeingültige beste verhaltensweise finden, die Spielleitung muss es aber innerhalb von kürzester Zeit entscheiden.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 25.04.2025 | 10:26
Nichts, solange es nicht auf kosten der anderen ist. Zumindest in dem konstruiertem(?) Beispiel ist es imho so das es auf kosten der anderen ist.

Ich denke, da werden sich an unserem hypothetischen Tisch die Geister scheiden. Denn wer entscheidet schließlich darüber, wer wieviel Aufmerksamkeit "verdient" und ab welchem Punkt das tatsächlich "auf Kosten der anderen" ist? Gibt's da überhaupt die eine zuständige Autorität, oder ist das ein subjektives Urteil im Kopf jeder einzelnen Person? :think:

Schließlich könnte Cristoph sich ja umgekehrt schon wenigstens minutenlang zunehmend und bisher still darüber geärgert haben, daß da die SL anscheinend bloß noch auf Kosten der Spieler genüßlich ihren Lieblings-NSC zelebriert; hätte er dann damit automatisch "unrechter" als die anderen? Klar, das muß nicht so sein, aber die Situationsbeschreibung, die wir haben, läßt diese Möglichkeit allemal auch noch offen...und auch das ließe sich vermutlich nur auf der "Meta-Ebene" klären.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 25.04.2025 | 10:37
Mir fällt auf, dass genau genommen der Spieler des Diebes noch keine Fakten geschaffen hat. Er FRAGT, ob es ginge.
Ja, das stimmt, und es ist daher für mich erst in zweiter Linie ein SC-Problem und in erster Linie ein Problem der Spielenden: Die einen wollen sich weiter in diesem seltenen Rollenspielmoment bewegen und Christoph will da entweder raus (so Issis Überlegung), oder es ist ihm egal (dann hat die Gruppe das Problem quasi unvereinbarender Ansprüche) oder er hat einfach nicht mitbekommen, dass es hier für alle anderen um einen "besonderen Moment" geht (das kann mittelfristig auch schwierig für die Gruppenvereinbarung werden, welche Art von Spiel die Gruppe möchte).

Hätte Christoph gesagt: "Es scheinen alle gerade ja ein wenig abgelenkt, da greife ich mal direkt unauffällig in die Schmuckschatulle: Was muss ich würfeln?" - dann wäre ein Eingriff für die Spielleitung noch schwieriger, denn nicht umsonst gilt wohl an den meisten Tischen "Gesagt ist getan."

Aber wir können das Beispiel jetzt auch hinter uns lassen: Ich denke, die meisten schlagen vor, in einem solchen Fall in die Metaebene zu wechseln, und das würde ich wohl doch auch in so einem (konstruierten und seltenen) Fall machen.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.04.2025 | 11:03
Ich würde an dem Beispiel eigentlich gerne weiter diskutieren, denn mir stellen sich noch wesentliche Fragen.

Z.B.

Nichts, solange es nicht auf kosten der
Edit: Natürlich ist aufmerksamkeit immer auf Kosten der anderen, aber in dem Fall macht er ja die immersion der anderen kaputt durch diese Frage - an dieser Stelle. Die Stelle ist auch wichtig: hätte er am Ende der Szene gefragt ob er "etwas mitgehen lassen kann" wäre es vieleicht weniger schlimm gewesen. Es ist eine schwierige Entscheidung - wir können hier jezt stundenlang darüber diskutieren und werden trozdem keine allgemeingültige beste verhaltensweise finden, die Spielleitung muss es aber innerhalb von kürzester Zeit entscheiden.[/i]

Macht er wirklich etwas kaputt und wenn ja  was genau? Wie unterscheidet sich der Immersionsbruch von anderen Aktionen der Spielenden? Setzt diese Szene voraus, dass alle Mitglieder der Gruppe zutiefst ergriffen sein sollen und wenn ja, warum? Und wie kommuniziert man so etwas? Gibt es diesen postulierten Wert des Moments wirklich oder ist das nur Wunschdenken? Darf dieser potenzielle Wert, wenn es ihn gibt, das Interesse eines einzelnen Gruppenmitglieds an einem bestimmten Aspekt der Szene überwiegen zum Wohle aller?

Ich finde das Problem spannend.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 25.04.2025 | 11:07
Ich denke, da werden sich an unserem hypothetischen Tisch die Geister scheiden. Denn wer entscheidet schließlich darüber, wer wieviel Aufmerksamkeit "verdient" und ab welchem Punkt das tatsächlich "auf Kosten der anderen" ist? Gibt's da überhaupt die eine zuständige Autorität, oder ist das ein subjektives Urteil im Kopf jeder einzelnen Person? :think:

Schließlich könnte Cristoph sich ja umgekehrt schon wenigstens minutenlang zunehmend und bisher still darüber geärgert haben, daß da die SL anscheinend bloß noch auf Kosten der Spieler genüßlich ihren Lieblings-NSC zelebriert; hätte er dann damit automatisch "unrechter" als die anderen? Klar, das muß nicht so sein, aber die Situationsbeschreibung, die wir haben, läßt diese Möglichkeit allemal auch noch offen...und auch das ließe sich vermutlich nur auf der "Meta-Ebene" klären.
Es kann auch sein, dass C. Es einfach etwas " Bier und Bretzeliger" sieht als die SL.

Oder aber er fühlt sich durch die Szene "getriggert", und möchte deshalb dass sie schneller vorbei ist. *
Dann wäre die Frage wie ne Art X Card.

Darum fällt es mir schwer pauschal bösen Willen zu unterstellen.

Edit.
* Man weiß nie genau was im Leben der anderen gerade los ist oder was sie vielleicht schon hinter sich haben.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 25.04.2025 | 11:28
Ich würde an dem Beispiel eigentlich gerne weiter diskutieren, denn mir stellen sich noch wesentliche Fragen.

Z.B.

Macht er wirklich etwas kaputt und wenn ja  was genau? Wie unterscheidet sich der Immersionsbruch von anderen Aktionen der Spielenden? Setzt diese Szene voraus, dass alle Mitglieder der Gruppe zutiefst ergriffen sein sollen und wenn ja, warum? Und wie kommuniziert man so etwas? Gibt es diesen postulierten Wert des Moments wirklich oder ist das nur Wunschdenken? Darf dieser potenzielle Wert, wenn es ihn gibt, das Interesse eines einzelnen Gruppenmitglieds an einem bestimmten Aspekt der Szene überwiegen zum Wohle aller?

Ich finde das Problem spannend.
Ist es auch

MMn. Gibt es keinen Zwang " Ergriffen " zu sein.
Da bin ich ganz klar bei " Show don't tell."

Entweder kriegt mich die SL. Bei mir ist das ziemlich leicht. Oder sie kriegt mich nicht.

Wenn ich mitbekommen würde, dass alle außer mir ergriffen sind oder sein wollen, würde ich das sicher ne Zeitlang aushalten.
Irgendwann würde ich dann aber wahrscheinlich auch weiter im Abenteuer kommen wollen.


Das würde dann auf " Lass uns doch bisschen ergriffen sein. Niemand verlangt, dass du es auch bist " hinauslaufen.

Das ist fairer als " Wer nicht ergriffen ist, ist raus."

Edit. Die Emotionen meiner NSC sind wie in Film und Buch immer nur ein Angebot an meine Gruppe. Das sie nehmen können, nicht müssen.

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 25.04.2025 | 11:35
Ich denke, da werden sich an unserem hypothetischen Tisch die Geister scheiden. Denn wer entscheidet schließlich darüber, wer wieviel Aufmerksamkeit "verdient" und ab welchem Punkt das tatsächlich "auf Kosten der anderen" ist? Gibt's da überhaupt die eine zuständige Autorität, oder ist das ein subjektives Urteil im Kopf jeder einzelnen Person? :think:

Naja Zeit ist ziemlich objektiv und das wohl von vielen steht über dem Wohl von einzelnen,... hast du als SL denn keine Uhren mitlaufen wer von den Spielern gerade wieviel deiner Zeit beansprucht hat?

Schließlich könnte Cristoph sich ja umgekehrt schon wenigstens minutenlang zunehmend und bisher still darüber geärgert haben, daß da die SL anscheinend bloß noch auf Kosten der Spieler genüßlich ihren Lieblings-NSC zelebriert; hätte er dann damit automatisch "unrechter" als die anderen? Klar, das muß nicht so sein, aber die Situationsbeschreibung, die wir haben, läßt diese Möglichkeit allemal auch noch offen...und auch das ließe sich vermutlich nur auf der "Meta-Ebene" klären.

Vieleicht ist es ja auch so ein "playing charcter" Ding. "Mein Character ist halt so !!! (also Kleptomanisch,.... nur echt mit mindestens 3!)"
Alleine wir wissen es nicht und ja so etwas muss ausserhalb des Spieles besprochen werden.

Und, Ironie beiseite, zumindest so habe ich es verstanden ist der SL und die anderen Spielenden durchaus tief in der Immersion drin und alle ausser C. es als störend empfinden. Also ja es ist C. welcher gerade allen anderen den Spass kaputt macht. Das ist die Situation, alles andere ist spekulation von unserer Seite. Und die zuständige Autorität,... naja das sind in dem Beispiel doch alle, in dem Fall alle gegen C. - die Demokratische Abstimmung dürfte schon recht eindeutig sein.

Auf der anderen Seite habe ich durchaus auch schon Spieler erlebt die es auf so etwas anlegen, die fast PvP betreiben und durchaus auch mal aktiv gegen alles was vom SL kommt "stunk" machen. Mir fallen 3 solche Leute ein, mit denen ich auch nie wieder zusammen an einen Spieltisch setzen will, eine recht kleine Zahl wenn ich daran denke wie oft ich auf Cons gehe/gegangen bin und wieviele Heimrunden ich hatte - aber eben doch signigfikant.

Selbst wenn C an der Stelle denkt "Der Erzählonkel hinter dem Schirm spielt mal wieder seinen Lieblings NSC" könnte er auch seine Mitspieler anschauen die "... an den Lippe des Erzählonkels hängen" und Spass haben. An der Stelle - aus welchem grund auch immer (müde, schlecht drauf, alkohol, etc pp (böswilligkeit lasse ich mal aussen vor)) - übersieht er das aber und bringt seine Frage/Aktion. Wir wissen nicht was davor passiert ist und ob C nun den ganzen Abend über nichts gemacht hat ausser sich zu langweilen,...

Grundsätzlich ist es ja so das die SL nach der Frage erstmal dahsteht und sich denkt "Was mach ich jezt? Was ist die beste Lösung?"
Wie ich oben schrieb sind mir 3 Leute in erinnerung welche als Spieler es geschafft haben das sich für mich am Spieltisch sich ein recht negatives Klima aufgebaut hat und damit meine ich nicht nur mich selbst. Ich gehe jezt bei C. an dieser Stelle nicht von so etwas aus. Aber ja es müsste an der Stelle schon mal alles auf den Tisch kommen. Das problem dabei ist - das dies schnell sehr destruktiv sein kann, das erfordert fingerspitzengefühl. Also ein "Hey C! das war jezt echt scheisse!" ist zwar direkt aber vieleicht nicht der richtige Anfang.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Issi am 25.04.2025 | 12:01
Vieles läuft auf " den anderen auch mal ihren Spaß lassen können, auch wenn es nicht der eigene ist" hinaus.

Dass das zeitlich begrenzt sein muss, ist klar.

Emotionen nutzen sich auch ab, wenn sie zu lange aufrecht erhalten werden sollen.

Nach 5 Stunden Kampf z. B. ist das Adrenalin schon wieder in einem Bereich, wo niemand mehr zittert.
Bei anderen Themen geht das zT. noch wesentlich schneller.

Daher sollte man das punktuell mit Augenmaß machen bzw. einsetzen.
Und auch nicht erwarten, dass das endlos anhält.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: nobody@home am 25.04.2025 | 12:13
Wir wissen halt in unserem Böse-Königin-Beispiel weder, wie unser theoretischer Christoph normalerweise so als Spieler drauf ist, noch, wie sein Charakter im Detail ticken soll. (Will er beispielsweise, um mal zwei denkbare Extreme zu formulieren, wirklich alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, oder will er nur seinen Charakter kurz ganz professionell abschätzen lassen, ob ein Versuch, vielleicht nur das ganz bestimmte Juwel, auf das er es schon länger abgesehen hat, aus der Schatulle zu stibitzen, genau jetzt überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte?) Das macht es etwas schwierig, ihn rein per Ferndiagnose in Bausch und Bogen als garstigen Störenfried zu verurteilen. ;)
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: chad vader am 25.04.2025 | 12:57
Spieler A hat zwei Fähigkeiten. RAI ist mehr als fraglich, ob die zusammen hilfreich sind, RAW ist nichts zu finden, warum sie es nicht tun sollten.
[...]
Informationen, die die Helden haben, deuten darauf hin, dass der Bigboss noch nicht vor Ort sein kann.
Bin ich der einzige, der hier die eigentliche Leistung der Gruppe aus dem Eingangsbeispiel sieht? Die Fähigkeits-Kombo wäre völlig nutzlos, wenn die Gruppe nicht diese bedeutende, strategische Information von Gegnern unbemerkt ergattert und zusammengepuzzelt hätte.

Der Plan könnte schief gehen, wenn die Information falsch oder lückenhaft ist.

Der Plan könnte schief gehen, wenn die Aufklärungsarbeit bemerkt worden wäre und die Gegner zusätzliche Konter-Maßnahmen eingeleitet hätte.

Jetzt, wo das alles gelaufen ist, der Gruppe den Teppich unter den Füßen wegzuziehen, ginge aus meiner Sicht überhaupt nicht. Entwertung von Spielerentscheidungen wäre da bestenfalls ein Teil des Problems.

EDIT: Ich gehe davon aus, dass die Informationen ausreichend gesichert sind, wie die Fragestellung ja bestätigt. "Deuten darauf hin" widerspricht dem als Formulierung etwas. Das klingt eher so, als ob die Gruppe relativ hoch pokert, wenn sie da einen einzelnen reinschicken.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: chad vader am 25.04.2025 | 13:03
Mein Zwiespalt als SL in dem Moment: Nur aufgrund eines spontanen Impulses, den ein Mitspielender hat, ist der seltene, hohe, zerbrechliche Grad an Immersion, den alle anderen empfinden, gefährdet.
Ich denke, du fokussierst zu sehr auf das Symptom.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Zed am 25.04.2025 | 13:49
Ich würde an dem Beispiel eigentlich gerne weiter diskutieren, denn mir stellen sich noch wesentliche Fragen.

Ich wollte den Thread, der ja viele Aspekte von "potentiell entwerteten Entscheidungen" anspricht, nur nicht mit einem Beispiel dominieren...

Wir wissen halt in unserem Böse-Königin-Beispiel weder, wie unser theoretischer Christoph normalerweise so als Spieler drauf ist, noch, wie sein Charakter im Detail ticken soll. (Will er beispielsweise, um mal zwei denkbare Extreme zu formulieren, wirklich alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, oder will er nur seinen Charakter kurz ganz professionell abschätzen lassen, ob ein Versuch, vielleicht nur das ganz bestimmte Juwel, auf das er es schon länger abgesehen hat, aus der Schatulle zu stibitzen, genau jetzt überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte?) Das macht es etwas schwierig, ihn rein per Ferndiagnose in Bausch und Bogen als garstigen Störenfried zu verurteilen. ;)

Genau: Das Beispiel mag nicht allzusehr an den Haaren herbeigezogen zu sein, aber die Bearbeitung des Problems könnte viele Wege nehmen, und die hängen von vielen möglichen Ursachen ab. Am Ende muss eine auf die Gruppe zugeschnittene Lösung geben, und für "Christoph" gäbe es zu viele Varianten, warum er in dem Moment ein Diebstahlrisiko auf sich nimmt, um eine allgemeingültige Lösung zu finden.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 25.04.2025 | 14:01
in dem Beispiel doch alle, in dem Fall alle gegen C. - die Demokratische Abstimmung dürfte schon recht eindeutig sein.
Bin ich der einzige, der gerade gedacht hat : "wenn mir neun Leute von zehn erzählen, dass es kein Mobbing-Problem gibt..."


die Informationen ausreichend gesichert sind, wie die Fragestellung ja bestätigt. "Deuten darauf hin" widerspricht dem als Formulierung etwas.

Danke. Das war auch meine Intention, dass es trotzdem risikobehaftet ist. Dass der Spieler in dem Moment nicht hundertprozentig wissen kann, ob die gesammelten  Infos tatsächlich wahr sind und dass da immer noch die Chance besteht, dass er seinen Charakter sinnlos opfert. Und dass aus seiner Sicht deshalb das Negieren seines Einsatzes sich noch mehr als Ablehnung anfühlt.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 25.04.2025 | 14:08
Vieles läuft auf " den anderen auch mal ihren Spaß lassen können, auch wenn es nicht der eigene ist" hinaus.

Ja. Dazu muss man aber auch bereit sein.

Wir haben mal eine Kampange in Mittelerde gespielt und waren in Osigiliat als dieses angegriffen wurde (das ist die Ruinenstadt in welcher Frodo und Sam von den Soldaten von Gondor aufgegriffen wurden). In der Gruppe haben sich dann 3 von 5 entschieden "Wir bleiben" und die anderen zwei "Ihr geht nach Minas Tirith und sagt bescheid" - tja ich war einer der zwei die weggelaufen sind. Für mich war dann der abend gelaufen, ich hatte keine Spielanteile mehr. Die anderen drei Spielfiguren haben bis zum lezten TP gekämpft und ... gestorben.

Aber ja - war für mich - okay. Eigentlich hätte ich auch aufstehen und nach Hause gehen können.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 25.04.2025 | 14:14
Bin ich der einzige, der gerade gedacht hat : "wenn mir neun Leute von zehn erzählen, dass es kein Mobbing-Problem gibt..."

Wenn eine Person in einer Gruppe das Porzelan zerschlägt sind die anderen die das nicht gut finden Mobber? Wo lebst du denn?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 25.04.2025 | 14:21
Ja. Dazu muss man aber auch bereit sein.
 Für mich war dann der abend gelaufen, ich hatte keine Spielanteile mehr.
Falls es bei uns (sehr selten) passiert, würfelt der Spieler für die Gegner. Damit hat er was zu tun und schweinerische Freude, wenn es ihm gelingt, einen guten Treffer zu landen. Aber ich kann verstehen, wenn es für andere Gruppen keine gute Lösung wäre


Wenn eine Person in einer Gruppe das Porzelan zerschlägt sind die anderen die das nicht gut finden Mobber? Wo lebst du denn?
In einer Welt, in der Mobbing nicht Sachbeschädigung betrifft, sondern Schikane und Ablehnung.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Ma tetz am 25.04.2025 | 15:48
Nicht jede Ablehnung ist mobbing. Der Ton macht die Musik.
Wenn ich etwas tue, muss ich auch mit absehbaren Konsequenzen umgehen können.

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 25.04.2025 | 16:03
Nicht jede Ablehnung ist mobbing. Der Ton macht die Musik.
Klar, deshalb habe ich gefragt, ob ich der einzige war, dem die Musik in dem Beispiel lauter vorkam als notwendig. Anders gesagt, ob mein erster Gedanke eigentlich eine unnötig übertriebene Reaktion wäre.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Ma tetz am 25.04.2025 | 17:56
Ich hatte das als rein rhetorische Frage gelesen  :)

Mein Spaßometer würde erstmal sagen, je mehr Leute am Tisch Spaß haben desto besser. Am Besten nicht immer nur die gleichen, sondern jeder mal oder alle gleichzeitig.

Hat einer dauerhaft keinen Spaß ist des schlecht, hat nur einer dauerhaft Spaß ist das auch schlecht.

Der Rest ist Gruppendynamik und schwer zu verallgemeinern.

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: gunware am 27.04.2025 | 20:32
je mehr Leute am Tisch Spaß haben desto besser. Am Besten nicht immer nur die gleichen, sondern jeder mal oder alle gleichzeitig.
Das sowieso, deswegen machen wir es doch.
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Alexandro am 29.04.2025 | 19:25
Über dieses Beispiel habe ich jetzt ein wenig nachgedacht und finde die Erwartungshaltung (die ich auch gehabt hätte) nicht ganz fair dem Spielleiter gegenüber.
Hoffe ich kann gut rüberbringen warum:

Der SL erstellt ein Abenteuer mit einem Kernproblem/Rätsel/was auch immer. Die Spieler lösen dieses Kernproblem/Rätsel/... durch Zufall oder durch geschickte Nutzung ihrer Fähigkeiten auf kreative Art und Weise. Die SL lässt dies zu, damit ist aber auch das Abenteuer zuende. Eigentlich können sich jetzt alle auf die Schultern klopfen und freuen, dass die Spieler so toll waren. Aber die Erwartungshaltung ist eine andere - warum geht das Abenteuer nicht weiter?

- der SL hat sich darauf nicht vorbereitet, er muss sich jetzt was ausdenken, damit es weitergeht (die ganz coolen Kids nehmen Begegnungstabellen!)
- das scheint erstmal für alle OK zu sein, die Spieler sollen ja weiterhin Spaß haben
- ABER wenn der Spielleiter jetzt VOR dem Kernproblem Neues hinzudichtet ohne die Spielerlösung komplett auszuhebeln, aber halt neue Komplikationen, dann ist das nicht korrekt

Weshalb wird jetzt die eine Möglichkeit so negativ gesehen, die andere aber fast vorausgesetzt von einem guten SL?

Bonusfrage:
Gibt es einen Unterschied wenn ein SL alles Wichtige aufschreibt und dann von seinem Skript abweicht oder ein SL der keine Aufzeichnungen hat und einfach dynamisch auf die Aktionen der Charaktere reagiert?

Nur damit ich dich richtig verstehe:
Soll die SL die Auswirkungen der Aktion ignorieren, weil die Spielys das "Kernproblem" (sofern so etwas im Rollenspiel überhaupt existiert) des Abenteuers gelöst hat?

Wie wäre es z.B., wenn des Beispiel folgendermaßen gelagert wäre:
Die SC werden angeheuert, in die Villa eines bösen Adligen einzubrechen, um eine gestohlene magische Halskette zurückzustehlen.
Der Dieb hat Würfelpech und kommt nicht mit dem Schloss der Hintertür zurecht, weswegen der Barbar ungeduldig wird, und die Tür einfach eintritt. Das macht natürlich ordentlich Lärm, und der Adlige kommt im Schlafrock aus seinem Zimmer im Obergeschoss, fängt sich aber einen Pfeil des Rangers. Seine Frau schreit panisch und rennt zurück ins Schlafzimmer. Die Gruppe verfolgt sie nicht, sondern durchsucht hektisch das Untergeschoss, und dort finden sie schließlich die Kette.
Auf ihrer Flucht werden sie von der vorbeikommenden Stadtwache gesehen, können diese aber im Straßengewirr abhängen.
Ende des Abenteuers.

Und jetzt die Preisfrage: die Spielenden haben (durch Zufall oder kreative Nutzung ihrer Fähigkeiten) das "Kernproblem" des Abenteuers (geht in die Villa und besorgt die Kette) gelöst. Soll die SL jetzt evtll. Konsequenzen des gewählten Lösungsansatzes (sprich: eine Fahndung der Stadtwache nach den SC, und Zeugen welche bei Verhaftung gegen diese aussagen) ignorieren, weil das "nicht Teil des (vorbereiteten) Abenteuers" war?

Bonusfrage: Siehst du einen Unterschied zwischen diesem Beispiel, und dem Beispiel mit den durch Zufall verhafteten Verschwörer (ich nämlich nicht)?
Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: Dreamdealer am 30.04.2025 | 08:40
Nur damit ich dich richtig verstehe:
Soll die SL die Auswirkungen der Aktion ignorieren, weil die Spielys das "Kernproblem" (sofern so etwas im Rollenspiel überhaupt existiert) des Abenteuers gelöst hat?

Nein, in die Richtung ging meine Frage nicht. Auswirkungen sollte es auf jeden Fall geben. Es ging um die Erwartungshaltung bzw. Bewertung von SL Aktionen.

Um den Fall der Kette aufzugreifen, die Spieler kommen auf die coole Idee - Teleportation kleiner Dinge & Reichweitenverlängerung & Scrying zu kombinieren. Eine Kombination die der SL nicht auf dem Schirm hatte, er lässt dies zu, aber damit haben die Spieler auch sämtliche Komplikationen umgangen. Der Einbruch/Heist mit allen möglichen Chancen, dass etwas schief gehen kann, hat halt nicht stattgefunden. Abenteuervorbereitungen waren nur für den Heist, die Session ist zuende, Spieler sind enttäuscht, trotz grandiosem Erfolg.

An diesem Punkt setzt halt meine Überlegung an, was ist jetzt "richtiges" oder "falsches" Vorgehen. Die Spieler erwarten noch Story - der Spielleiter muss sie ad hoc erdenken. Gefühlt macht es einen Unterschied wann er die neue Story ansetzt - die Kette ist magisch gesichert & getrackt (diesen Fakt gab es vorher nicht) - die Spieler haben einen erheblichen Vorsprung, aber müssen die heiße Ware schnell loswerden (Bauchgefühl schlechter SL) oder der Auftraggeber hintergeht die Spieler bei der Übergabe oder die Übergabe wird durch einen Überfall auf den Auftraggeber unterbrochen und kompliziert (Bauchgefühl guter SL).

Wird meine Fragestellung oder Überlegung jetzt klarer?

Titel: Re: Entwertung der Spielerentscheidungen
Beitrag von: unicum am 30.04.2025 | 10:12
In einer Welt, in der Mobbing nicht Sachbeschädigung betrifft, sondern Schikane und Ablehnung.

Was ist schlecht daran wenn eine Gruppe sich aufrafft um den einzelnen Mobber in die Schranken zu weisen.
Meistens sind die Mobber in der Unterzahl, es ist nur die schweigende Mehrheit die eben auch meistens nichts tut und wegschaut.

Und - so war jedenfalls die ausgangslage - das ein Spieler allen anderen den Spass kaputt macht. Mehr ausgangslage gibt es nicht. Es gibt keine Information was alles davor passiert es gibt nur diesen Fixpunkt. Mobbing ist auch etwas das initial von der Person ausgeht die mobbt und nicht von den Opfern.
Aber ja, eine Täter-Opfer umkehr ist in Mobbingfällen ja auch nichts ganz neues.