Ich habe nun vier Partien GalCiv 3 mit jeweils um die 250 Runden auf kleiner bis mittlerer Karte mit je 4 Konkurrenten hinter mir.
Erfreulich ist, daß die Diplomatie besser ist, als zunächst erlebt und befürchtet. Sie benötigt Zeit, um Diplomaten, Einfluß und Fertigkeiten zu entwickeln, ist dann aber auch ziemlich effektiv. Allerdings sind die Möglichkeiten an Abkommen und Pakten leider doch eher begrenzt. Es ist gut, wenn man Vorsitzender des Galaktischen Rates ist, denn dann kann man über die Anträge bestimmen, aber ansonsten im bilateralen Verkehr ist zwar alles zu verhandeln (inkl. Kolonien oder Sternenbasen), aber davon nur wenige, typische Pakte (z.B. Freie Grenzen und Nichtangriffspakt). Trotzdem kann man sich mit starker Diplomatie und gutem Willen relativ gut vor übereilten Aggressionen schützen.
Für den Anfang wird empfohlen, Technologiehandel auszuschalten, aber ich stellte fest, daß das dem Spiel viel Würze nimmt, denn dieser Handel ist spannend, mächtig und auch für einen selbst sehr gut. Ich rate eher dazu, den Unterpunkt einzustellen, daß gehandelte Technologie nicht an andere weitergegeben werden darf, um Wildwuchs zu vermeiden.
Deprimierend finde ich aber jeweils die Reaktion auf einige direkte Absprachen. Ich kann meinem besten Kumpel z.B. sagen, er möge doch bitte seine Schiffe aus meinem Raum zurückziehen, und er wird dem zustimmen und etwas verschnupft sein und es dann TROTZDEM nicht tun. So hat man dann immer wieder die Situation, daß mitten im eigenen Raum gerne mal fremde Sternenbasen oder Kolonien hingesetzt werden, die man ohne aggro Atmo oder teures Abkaufen (das geht immerhin) nicht wieder loswird. Das saugt; man stelle sich vor, die Franzosen würden auf deutschem Boden entspannt ein neues Dorf installieren, weil in der Umgebung ja sonst nix sei. Und die Dänen bauten in Norddeutschland ungefragt ein Kraftwerk - supie.
Einige milde Sorgen bereitet mir inzwischen das Spiel der KI, die seit Crusade eigentlich in der Szene gelobt wird. Sicherlich habe ich noch nicht auf hohen Schwierigkeitsgraden gespielt, aber wenn ich mir genau anschaue, was die KI selbst unter guten, also friedlichen Bedingungen im ressourcenreichen Szenario jeweils für Murks erforscht und auf ihren Planeten baut, dann glaube ich nicht daran, daß sie auf höheren Schwierigkeitsstufen so viel schlauer handelt. Sie wird vermutlich mehr Ressourcen haben und andere typische Einflüsse von KI in solchen Spielen... keine Ahnung. (Dazu:
https://galciv3.gamepedia.com/Difficulty_Settings) Aber wenn ich ab Runde 200 meine KI-Gegner angreife und sehe, daß ihre Flotten erbärmlich schwach sind, sie im Rat keinen Einfluß haben, sie wenig Ressourcen abbauen und die Planeten aussehen wie meine in Runde 20, dann stimmt etwas nicht so richtig.
Dazu paßt, daß Gouverneure, die ich auf meinen Planeten zur automatisierten Entwicklung einsetze, ziemlich suboptimal vor sich hinwurschteln. Die Tendenz stimmt dann jeweils, aber das Mikromanagement ist beklagenswert. Der Youtube-Tip "Do it yourself - you WILL do it better" trifft somit ins Schwarze.
Nach wie vor sehr zufrieden bin ich mit dem "Brettspielgefühl", den Entwicklungsmöglichkeiten und damit der Vielfalt des Spieles. Selbst nach 250 Runden mit massiv viel Forschung habe ich gerade mal ein Drittel der Fertigkeiten erforschen können. Es ist also trotz immer gleicher Anfänge sehr gut möglich, sich zu spezialisieren, solange man entweder für eine gute Planetenverteidigung sorgt oder immer eine ausreichende Flotte in der Hinterhand hat. Egal, wie gut und nett man mit den Konkurrenten umgeht, irgendeiner wird sich immer mal dazu genötigt sehen, anzugreifen. Das ist dann kein Vernichtungskrieg, aber man sollte auch nicht als Opfer dastehen.
Nichtsdestoweniger reift in mir der oberflächliche Verdacht, daß man nach einer gewissen Anzahl an Partien ziemlich genau weiß, wie man KI-Gegner relativ zuverlässig packen kann. Dafür wurden dann allerdings zahlreiche verschiedene Gegner im Spiel installiert, die eigene Schwerpunkte haben und die man sich durch Zufall zuweisen kann; Überraschung inklusive. Aber wenn die alle so herumgurken wie die Honks bisher, dann... naja... siehe oben. (Wozu brauche ich z.B. Kriegstreiberspezies, wenn schon die friedlichste Guttuerfraktion mir bei gemeinsamen Grenzen gerne und unnötigerweise mal den Krieg erklärt?)
Ich werde wohl noch mal ein Testspiel mit einem Gegner auf hoher Schwierigkeitsstufe machen und mir das anschauen. Immerhin habe ich nach wie vor viele Feinheiten noch gar nicht kennengelernt, weil es wegen der KI nicht nötig war.
Danach spiele ich auch einmal Stellaris zum Vergleich.
PS: Ich war übrigens mit der KI bei keinem Civilization bisher richtig zufrieden, insofern bleibe ich noch bei meiner Aussage, daß GalCiv 3 sowohl mir Spaß macht als auch für jeden interessant ist, der Civilization mag. Immerhin soll die KI durch Retribution noch mal deutlich verbessert worden sein, aber auch das wird in den Foren kontrovers diskutiert.
Wenn auch Stellaris das nicht besser macht, dann ist aktuell in solchen Spielen wohl nicht mehr zu erwarten.
PPS: Dieses zehnteilige Tutorium ist für Gal Civ 3 fast schon obligatorisch:
https://www.youtube.com/watch?v=ftXVysQHrf8&list=PL4hv-Mbo-IfXWr3aX07SW9Y841INgMGYY&index=2&t=0s