Autor Thema: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten  (Gelesen 2423 mal)

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Online nobody@home

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #100 am: 6.09.2025 | 18:07 »
kleiner Einwurf von der Seitenlinie: bevor ich mich bei Fäntel an Wildwest orientiere, schaue ich in die Völkerwanderungszeit.

dann erübrigt sich auch die Sache mit dem frühmodern allmächtigen Sonnenkönig von selbst (in dessen Rolle anscheind so manche als SL aber wonnevoll steigen wollen  ::) )

ansonsten, wie uncool wäre wohl es gewesen, wenn Beowulf am Strand erstmal einen Parkschein hätte ziehen müssen?
Siegfried den Schatzeinheimsungshebesatze nach 3-18B entrichten muss und die Barden diese Großtat besingen würden?
Oder wenn Arthur kraftdank "Allmächtigkeit" Mordret wegbefehlen hätte können und so uns die ganze Dramatik von Camlann entgangen wäre?

im Mittelalter wurde Strafverfolgung auch durch die Angehörigen/Gildenmitglieder forciert. Der Raubmörder an einem Händler mit Tatort nördlich der Alpen ist an den Handelsplätzen südlich der Alpen genau wie wenig wohlgelitten? so als vorbeugende Gefahrenabwehr? die waren im Mittelalter ja nicht blöd.

Und die (Raub)fehdende Ritterobrigkeit ist noch mal ein Kapitel für sich.
 

Vielleicht sollten wir uns doch erst mal einigen, ob wir reale Geschichte oder Fantasy besprechen wollen. Denn wenn ersteres, dann spielt so ziemlich jedes gängige "Standard"setting im 15. Jahrhundert oder später -- das sieht man schon den Plattenpanzern an. ;)

Im reinen Fantasykontext dagegen kann sich ein Verfasser seine Welt im Prinzip zurechtzimmern, wie er möchte, und kann dabei durchaus auch mal einen Geschichtsablauf konstruieren, der schon der reinen Unterteilung in Altertum, Mittelalter, und Neuzeit an sich Hohn spricht, und in dem sich Gesellschafts- und Regierungssysteme vielleicht nicht mal primär an ausgerechnet Feudalismus und Monarchie orientiert haben (wenn wir schon spekulieren wollen). Aber wenn man auf dieser Basis argumentieren will, dann ist das zwangsläufig auch mit mehr Erklärungsbedarf verbunden, weil man eben den "historischen Standard" nicht mehr automatisch als gesetzt annehmen kann.

Offline unicum

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #101 am: 6.09.2025 | 18:39 »
Ich spiel gerade Warhammer 4ed - Enemy Within,... zum Themenkomplex "Abgaben an die Obrigkeit zahlen"

Wir sind in "Death ob the Reik" mit unserem Flussboot unterwegs und bringen Holz nach Nuln, wein nach Altdorf und Ärger für Kultisten überall hin.

Und zahlen immer brav Zoll wenn wir was durch die Stadtmauer bringen und Liegegebüren für unseren Kahn,... also jedenfalls für all das was wir gerade nicht schmuggeln,... hüstel. Aber auch da zahlen wir dann abgaben an den Hehler unseres vertrauens,...
Später steigen wir dann auf und müssen in Middenheim am haupttor Zwergen und Papiersteuer zahlen - naja wenn es denn sein muss. zu dem Zeitpunkt hatten wir gerade Geld wie heu.
Mittlerweile zahlen wir nichts mehr, wir zeigen am Tor das Siegel des Grafen und es werden keine weiteren Fragen gestellt.

Also Steuern haben wir nie gezahlt, ich glaub das ist auch eine sehr moderne Erfindung, aber Zoll, Zoll zahlten wir immer wieder mal.
« Letzte Änderung: 6.09.2025 | 20:44 von unicum »

Offline Ainor

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #102 am: 6.09.2025 | 18:44 »
ansonsten, wie uncool wäre wohl es gewesen, wenn Beowulf am Strand erstmal einen Parkschein hätte ziehen müssen?
Siegfried den Schatzeinheimsungshebesatze nach 3-18B entrichten muss und die Barden diese Großtat besingen würden?
Oder wenn Arthur kraftdank "Allmächtigkeit" Mordret wegbefehlen hätte können und so uns die ganze Dramatik von Camlann entgangen wäre?

Also das sind nun keine guten Beispiele in dem Kontext. Beowulf war im Auftrag des Königs unterwegs und wurde nacher selber König, Siegfried ist ebeso in königlicher Gesellschaft unterwegs. Und Mordred war mächtig genug Arthur herauszufordern. Ritter Heinz hätte das eher nicht getan.

Die Frage nach Abenteurervereinigungen stellt sich erst wenn die Abenteurer nicht aus der absoluten Oberschicht stammen.

Vielleicht sollten wir uns doch erst mal einigen, ob wir reale Geschichte oder Fantasy besprechen wollen. Denn wenn ersteres, dann spielt so ziemlich jedes gängige "Standard"setting im 15. Jahrhundert oder später -- das sieht man schon den Plattenpanzern an. ;)

Selbst wenn man das an einem einzelnen Gegenstand festmachen könnte. Die technologische und die gesellschaftliche Entwicklung sind ja nicht direkt voneinander abhängig. Völkerwanderung war ja grade als das hochentwickelte Reich zusammenbrach. Und auf der Erde gibt es ja nun im 15./16. Jahrhundert einen Wilden Westen. Im Westen.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Online Maarzan

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #103 am: 6.09.2025 | 19:54 »
Ich verstehe nicht, dass sich in einem Spieleforum so viel an papiernen Abstraktionen und Geschichte(n) aufgehangen wird, wenn das auch als Spiel gesehen werden kann.

Wir haben in einem typischen Fantasy-Setting lokale Machthaber unterschiedlichsten Typs, Macht  und unterschiedlich enger und verlässlicher Einbindung in höhere Reichstrukturen, aber mit reichlich sehr unsicherer Grenze und dort oder teils auch intern spawnend.
Wir haben mobile Leute, welche durch die Spielweltphysik mit der Zeit (und Überleben) erheblichst mächtiger werden, als es übliche Leute mit einem weniger riskanten Leben sind.  Irgendwer hat mal ungefähr geschrieben eine hochstufige Heldengruppe ist ein wandelndes Reich mit Radius Sichtweite.

Gedanken dazu:
Eine Heldengruppe dürfte auch Bindungen haben, und sei es zueinander und wenn der SL es ihnen nicht ausgetrieben hat auch zu ihrer Familie. Gerade in primitiveren Stammesgesellschaften dürfte die Bindung auch noch einmal enger gesehen werden (und sich auch mit der etablierten Zahl an Abenteurergruppen auch Bräuche dazu etabliert haben). Kraft Mobilität wirken diese aber oft nicht in der Ferne, die SC sind auf sich gestellt.
Heldengruppen gibt es in unterschiedlichen Stärken und damit Nutzen und Risiken für ihre Umgebung.
Heldengruppen ohne eine Bindung haben keine Rückfalllinie. Sie drohen bei einer Niederlage komplett aufgerieben zu werden. Entsprechend würde es aus ihrer Sicht Sinn machen sich mit anderen Gruppen mit denen man auf eine Wellenlänge kommt zu vernetzen und rück zu versichern.  Da wäre man schon fast bei so etwas wie der Basis für eine spätere Gilde. Ähnlich geht es erfolgreichen Abenteurern, die vielleicht nicht ewig durch Katakomben kriechen wollen und quasi per "Franchise" zu delegieren beginnen: Ausbildung, Rat und erste Ausrüstung gegen Dienste und Unterstützung. Hängt natürlich an der Persönlichkeit der bald Exabenteurer, mancher wird halt einfach innerhalb einer passenden Gesellschaft sesshaft oder lässt sich irgendwo in der Wildnis nieder.
Manche Charaktertypen profitieren aber erheblich von einer Bindung zu einer bestehenden Organisation, primär Magier, aber ggf auch Kleriker und Diebe oder wenn zivileres dabei ist auch Händler, Künstler, Seefahrer Handwerker etc.  Da kommen ggf erste individuelle Bindungen, welche dann auf die Gruppe zurückwirken können.

Als Gesellschaft und insbesondere Herrscher eines Reiches, welches gerade Abenteurer hat, hat man entsprechende widersprüchliche Interessen und Risiken zu betrachten.
Kleine Abenteurer sind nicht viel anders als andere kleine Söldnergruppen, bezahlen und weiterschicken oder wenn nötig disziplinieren. Aber sie sind oft sehr nützlich. Und solange sie in eigenem Auftrag unterwegs sind und sich passabel verhalten, ist das auch gesichtswahrend - man hat nominell noch alle Zügel in der Hand und erledigt seine herrschaftlichen Aufgaben  und das oft unter geringerem Risiko und Gesamtkosten als wenn man eigene Untertanen ausbildet, vorhält und ggf verliert.

Bei stärkeren Gruppen wird das disziplinieren problematisch. Selbst wenn man sie erfolgreich bekämpfen würde, ist das oft unsicher oder mit so hohen Kosten (materiell oder auch an Gefallen gegenüber Verbündeten) verbunden, dass man schlechter dasteht als ohne Konflikt oder gar geschwächt selbst Opfer von Dritten zu werden droht. Oder man treibt die Reste einer Gruppe ggf. einem Erzfeind zu und für eigene Problemlösungen steht so eine Gruppe dann natürlich auch nicht zur Verfügung.
Andererseits kann man sich auch nicht von jedem auf der Nase herumtanzen lassen, denn dann kommen ggf auch auch andere auf dumme Gedanken, was sie sich so rausnehmen können.

Es muss aus beiden Sichtweisen also immer eine Abwägung der jeweiligen lokal mitspielenden Kräften und den jeweiligen Interessen. Und auch ohne feste rechtliche Bindungen wird da dann viel von dem jeweiligen Ruf und den Verbindungen der Gruppe abhängen. Danach wird festgestellt, wie gefährlich eine Auseinandersetzung wohl ist, aber auch in wie weit man bei einem Konflikt real oder zumindest sozial an Unterstützung zu erwarten hat.
Im (insbesondere neutralen) Normalfall gewinnen sowohl Abenteurer wie auch lokale Autoritäten  , wenn man sich höflich und gemäßigt verhält und miteinander umgeht, schließlich spielt man ein potentiell tödliches Spiel mit hohem Einsatz und Eskalationspotential.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline unicum

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #104 am: 6.09.2025 | 20:50 »
Vieleicht um nochmal etwas neutraler anzufangen mit dem Thema - Gilden und Zünfte sich ja auch nicht aus dem Himmel gefallen und haben irgendwie angefangen, eigentlich gibt es ja da sogar eine konkurenzsituation zwischen den Mitgliedern. Also erstmal keinen Grund sich überhaupt zusammen zu tun.

Davon ausgehend - wie würde ein "Gildenwesen" für Abenteuerer entstehen?

Ich denke viele kennen die Geschichten in denen sich Abenteurer zur Ruhe setzen und eine Kneipe aufmachen. Das könnte so ein Anfang für eine Gilde sein, noch einen Krähmerladen mit An und Verkauf im Nachbarhaus und ein schwarzes Brett wo Leute ihre Probleme "posten" können. Dann ist es nicht mehr weit.

Aber es muss natürlich erstmal genügend Abenteurer geben, also den Bedarf für sie und eben auch genügend irre welche sich das für Geld auch antun.

Möglich ist es, in der ein oder anderen Fantasywelt kann ich mir das schon vorstellen.

Online Maarzan

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #105 am: 6.09.2025 | 21:02 »
Vieleicht um nochmal etwas neutraler anzufangen mit dem Thema - Gilden und Zünfte sich ja auch nicht aus dem Himmel gefallen und haben irgendwie angefangen, eigentlich gibt es ja da sogar eine konkurenzsituation zwischen den Mitgliedern. Also erstmal keinen Grund sich überhaupt zusammen zu tun.

Davon ausgehend - wie würde ein "Gildenwesen" für Abenteuerer entstehen?

Ich denke viele kennen die Geschichten in denen sich Abenteurer zur Ruhe setzen und eine Kneipe aufmachen. Das könnte so ein Anfang für eine Gilde sein, noch einen Krähmerladen mit An und Verkauf im Nachbarhaus und ein schwarzes Brett wo Leute ihre Probleme "posten" können. Dann ist es nicht mehr weit.

Aber es muss natürlich erstmal genügend Abenteurer geben, also den Bedarf für sie und eben auch genügend irre welche sich das für Geld auch antun.

Möglich ist es, in der ein oder anderen Fantasywelt kann ich mir das schon vorstellen.


Von oben:
Jemand möchte das Abenteurerwesen zumindest in seiner Ecke kontrollieren ohne das komplett mikromanagen zu müssen und allen potentiellen Ärger damit selbst zu haben. Er einigt sich mit ein paar ihm vertrauenswürdig erscheinenden Abenteurern und die organisieren dass dann gegen ein paar Privilegien.

Von unten:
Es haben sich mehr als eine, untereinander kooperative hochstufige Abenteurergruppe gebildet und sie sehen sich zumindest teilweise mit einer antagonistischen und ggf gefährlich agierenden Obrigkeit konfrontiert. Dann ist die Gilde zum Start quasi ein Verteidigungsbündnis /Rückversicherung solcher Abenteurergruppen gegen als übergriffig empfundene andere Fraktionen.

Organisch: es begann wie du oben beschrieben hast als "Servicestation" für Abenteurergruppen.

Letztlich sind Abenteurer denke ich auch nur Söldner, welche von dem unproportional unirdischen individuellen Machtzuwachs profitieren, welcher durch diverse Regelsysteme und damit Spielweltphysik möglich ist.

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Offline Tudor the Traveller

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Re: Abenteurervereinigungen (Gilden) in Fantasywelten
« Antwort #106 am: 6.09.2025 | 23:59 »
  Denke das ist eine Territorialfrage. Im Menschenkönigreich müssen sie sich zwar an die Gesetze der Königs halten, aber die sind möglicherweise nicht allzu kompliziert (nich rauben, plündern, morden).
Im Orkland müssten sie sich an die Gesetze der Orks halten, tun sie aber nicht und dürfen deshalb alles solange sie sich nicht erwischen lassen.

Genau darauf wollte ich hinaus. Pflichten nicht im Sinne von Unterhaltsverpflichtungen oder so, sondern im Sinne von Bürgerpflichten. Wie eben sich an die Gesetze zu halten. Der Teil mit den Orkland ist ein schönes Beispiel: also genau genommen dürfen sie eben gerade nicht alles, was sie vielleicht tun. Das macht sie in den orkischen Augen zu Gesetzlosen bzw. Kriminellen, ergo die Räuberbande, die nobody@home nennt. Das Gleiche gilt, sollten sie die Gesetze im Menschenkönigreich ignorieren. Wer sich nicht erwischen lassen darf, tut ja sozusagen per Definition etwas Verbotenes.

Die Gesetze eines Reiches können Abenteurer eventuell kaum tangieren oder auch punktuell sehr drastisch, kommt halt drauf an. Wilderei, verbotene Magie, Waffenrechte, bestimmte Melde- oder Abgabepflichten für "Kulturschätze" (Loot), Religiöse Tabus ... alles denkbar.
NOT EVIL - JUST GENIUS

This town isn’t big enough for two supervillains!
Oh, you’re a villain all right, just not a super one!
Yeah? What’s the difference?
PRESENTATION!