Autor Thema: Detailregeln: Soziale Interaktion  (Gelesen 1740 mal)

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Offline Sephiron

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Detailregeln: Soziale Interaktion
« am: 26.02.2007 | 00:15 »
Guten Abend :)

Mittlerweile kristallisiert sich immer mehr heraus, dass wir in unserer Rollenspielrunde gern klare Regeln für verschiedenste soziale Situationen benötigen, allein schon, um "SL-Willkür" (eigtl. verschiedenen Vorstellungen von menschlichen Verhaltensweisen) vorzubeugen.
Ein von mir gespielter Charakter hat zum Beispiel einen sehr ausgeprägten Fokus auf Verführen, Flirten und Umgarnen... dennoch hilft dies überhaupt nicht, wenn der SL Menschen im Allgemeinen wesentlich rationaler einschätzt als meine Wenigkeit... perfekte Würfe auf Flirten-Werte, die bis zum ultimativen Maximum gemaxt worden sind nützen leider nicht die Bohne, wenn der NSC trotzdem darauf beharrt, materielle Gegenleistungen zu bekommen.
Wenn sich die Situation umkehrt und jener SL Spieler ist, während ich leite, scheitert er allerdings auch gelegentlich, wenn NSCs höchst allergisch auf Bestechungsversuche reagieren oder Geld allein eben nicht ausreicht, um Menschen für sich zu gewinnen.
Der Konflikt liegt hierbei wohl mal wieder in unterschiedlichen Erfahrungswerten. Gesunder Menschenverstand und Realismusempfinden reichen für soziallastige Rollenspiele offenbar nicht mehr aus als für kampf- oder magielastige Rollenspiele, also ist für mich klar: Wir brauchen klarere Regeln für soziale Interaktionen.
Leider enthält jedes Rollenspielsystem, das ich bisher kenne bloß Ansätze oder lediglich grob umrissene Regeln.

Gibt es Systeme, die umfangreiche Regeln für soziale Interaktionen stellen? Welche Regeln gibt es bereits, die von verschiedenen Systemen gestellt werden?

Mir fällt momentan ein:

Shadowrun 3 (GRW) benutzt Connections, die in verschiedene Stufen eingeteilt sind. Von der Stufe ist abhängig, wie gut die Connection erreichbar ist und wie groß der Aufwand und die Risiken, die sie einzugehen bereit ist. Zur Connection gehört auch eine frei wählbare Klassifizierung, die angibt, wofür sie nützlich sein kann, z.B. "Xchange (Stufe 2), Decker". Wenn man es detaillierter mag, kann man die Connection auch durch normale Charaktergenerierung erschaffen. Jeder Charakter beginnt das Spiel mit zwei Stufe-1-Connections und kann sich weitere bei der Charaktererschaffung kaufen.
Hier existiert also ein (für meine Wünsche zu) einfaches System für den Einsatz von Connections. Wie man sie bekommt, verliert oder "steigert" bleibt allerdings SL-Entscheidung.
Soziale Fertigkeiten werden unter Gebräuche zusammengefasst, bzw. können auch vom Spieler als Wissensfertigkeiten modelliert werden.

DSA 4 bietet den Vorteil "Verbindungen", der ein freundschaftliches Verhältnis zu einer Einzelperson darstellt. Berücksichtigt wird hierbei nur der Sozialstatus der Verbindung und zwar in den Punktekosten bei der Charaktererschaffung. Weitere Regeln zu Verbindungen gibt es nicht.
Soziale Fertigkeiten gibt es zahlreiche, wobei überhaupt nicht klar ist, was die Einsatzgebiete der einzelnen Fertigkeiten sind, z.B. Betören, Galanterie und Überreden sind kaum voneinander abgrenzbar. Schwierigkeitsgrade für Manipulationsfertigkeiten fehlen, Wettstreitregeln sind in diesem Bereich nicht völlig klar (Menschenkenntnis oder Selbstbeherrschung). Fertigkeiten sind also da, allerdings nur sehr diffuse Regeln zur Anwendung.
Die Vorteile "Gutaussehend"/"Herausragendes Aussehen" und "Wohlklang" geben pauschale Boni auf soziale Fertigkeiten, "Unansehnlich"/"Widerwärtiges Aussehen", "Stigma", "Sprachfehler" und "Unangenehme Stimme" geben pauschale Mali.

WoD 2 hat eine Reihe verschiedener sozialer Fertigkeiten. Diese erscheinen nach meiner Einschätzung klar voneinander abgrenzbar. Gewürfelt wird gegeneinander, z.B. "Manipulation" (Attribut) + "Überreden" (Fertigkeit) gegen "Willenskraft" (Attribut) + "Lügen durchschauen" (Fertigkeit).
"Verbindungen" ist ein einziger Vorteil, der angibt, wie viele und wichtige NSCs der SC kennt und der im Spiel ggf. mit EP gesteigert werden kann. Regeln zum Einsatz von Verbindungen gibt es nicht.
"Striking Looks" ist ein (gestufter) Vorteil, der pauschal Extrawürfel auf soziale Fertigkeiten gibt.
Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

Offline 1of3

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Re: Detailregeln: Soziale Interaktion
« Antwort #1 am: 26.02.2007 | 08:20 »
D&D hat ganz gute Regeln für soziale Fertigkeiten, einfach weil da genau steht, was da gewürfelt wird und was dann passiert. (Die Diplomatie-Regeln gelten als unbalanciert, aber das lässt sich ja beheben.) Verschiedene Feats geben natürlich Boni.

Dogs in the Vineyard könnte man noch nennen. Da funktioniert Soziales zwar wieder andere Konflikt auch, aber er sit eine eigene Eskalationsstufe. - Man kann mit reden anfangen. Wenns nicht klappt, dem Bruder auf die Fresse hauen usw.

Samael

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Re: Detailregeln: Soziale Interaktion
« Antwort #2 am: 26.02.2007 | 08:25 »
mW hat Exalted 2nd ein sehr detailliertes soziales Interaktionssystem.

Offline Bluerps

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Re: Detailregeln: Soziale Interaktion
« Antwort #3 am: 26.02.2007 | 10:44 »
mW hat Exalted 2nd ein sehr detailliertes soziales Interaktionssystem.
Um das mal weiter auszuführen:

Exalted 2nd Ed (die 1st Ed hatte das noch nicht) hat ein System namens "Social Combat". Das heisst so, weil es regelmechanisch ähnlich funktioniert wie ein Kampf mit Waffen. Als Angriff wird dabei eine von drei Fertigkeiten benutzt, abhängig davon ob man eine oder viele Personen beeinflussen will oder ein Verhör durchführt. Zur Verteidigung benutzt das Ziel einen von zwei Werten (die Mental Defense Values) wobei der eine die reine Sturheit und Willenskraft des Ziels symbolisiert (Dodge MDV) und der andere wie gut es gegen einen Überredungsversuch argumentieren kann (Parry MDV). Ein solcher sozialer Kampf besteht im wesentlichen daraus, das die Kämpfer versuchen den anderen zu etwas zu überreden (der Charakter will am Stadtwächter vorbei, der Wächter will das der Charakter ihn in Frieden lässt) und er dauert solange, bis ein Ziel sich nicht mehr wehrt oder bis beide aufgeben.

Anders als im normalen Kampf verursacht ein erfolgreicher Angriff im Social Combat keine Verletzungen, sondern erzeugt einen von drei Effekten. Man kann ein Ziel zu etwas überreden das es sofort tun soll ("Wächter, mach das Tor auf!"), mit der Ausnahme das es das Ziel nicht in Gefahr bringen darf ("Wächter, spring von der Stadtmauer!" geht also nicht). Man kann eine Intimacy erzeugen (eine emotionale Bindung an irgendwas - jeder Charakter im Spiel hat ein paar Intimacies, zu seiner Familie, seinem Schwert, seinem Land, oder ähnlichem), was mehrere erfolgreiche Angriffe und ein paar Tage Zeit erfordert, aber auf längere Sicht einen tiefergehenden Effekt hat ("Wächter, sei mein loyaler Diener!" - Intimacy: Der Spielercharakter). Als drittes kann man ein Ziel zwingen gegen seine Motivation (sein höchstes Ziel im Leben) zu handeln, was ebenfall viel Zeit erfodert, ausserdem muss man das Ziel dafür eine Weile geistig schinden, so dass es keine Gelegenheit hat sich geistig/seelisch zu erholen ("Wächter, bring deinen geliebten Herrn für mich um!" - nach ein paar Tagen ohne Schlaf in einer Gefängniszelle).

Ein Ziel kann sich gegen einen erfolgreichen Angriff wehren, wenn es einen Punkt Willenskraft ausgibt, was der Durchschnittsmensch 3-5 mal kann, bevor ihm die Punkte für den Tag ausgehen (wobei es unwahrscheinlich ist, das er bis zum nächsten Tag alle regenerieren kann, das dauert etwas). Wenn ein Ziel 2 Punkte Willenskraft für diesen Zweck ausgegeben hat, ist es für eine Weile immun, solange der Angreifer nicht seine Angriffsrichtung ändert (statt den Wächter zu bestechen, wird jetzt versucht seine Loyalität zu untergraben, indem man von den Greultaten seines Herrn erzählt). Ob ein Ziel sich mit Willenskraft wehrt hängt davon ab, wieviel ihm die Sache um die es geht bedeutet (SL-Entscheid). Ein gelangweilter Stadtwächter, der den Charakter eher pro-forma aufgehalten hat, als aus einem bestimmten Grund, wird sich vermutlich gleich fügen, während ein motivierter Stadtwächter, der sich nicht ganz sicher ist ob vielleicht sein Hauptmann zuschaut, sich eher wehren wird. Falls der Überredungsversuch gegen eine Intimacy oder gar die Motivation des Ziels geht, wehrt es sich immer.
Eine erfolgreich aufgebaute Intimacy kann vom Ziel wieder abgebaut werden, was ebenfalls ein paar Tage Zeit erfordert. Ob das Ziel das tut hängt davon ab, wie sehr es sich an der neuen Ergänzung seiner Überzeugungen stört (SL-Entscheid).

Das ganze gilt für nicht-magische Überredung, die prinzipiell jeder benutzen kann. Magische Überredung funktioniert etwas anders, ist aber normalerweise spielmechanisch einfacher weil dazu nicht das Kampfsystem benutzt werden muss, sondern einfach irgendein Effekt erzeugt wird (magische Gehirnwäsche irgendeiner Art, im wesentlichen). Bei nicht-magischer Überredung fühlt sich ein Ziel allerdings nicht angegriffen - es hat sich halt überreden lassen, ganz normal - während es bei Magieanwendung fühlt, das sein Geist gewaltsam verdreht wird (d.h. solange die Magie sich nicht irgendwie verbirgt).

Ich habe das System noch nicht getestet, weil ich nicht zum Exalted leiten komme (*seufz* :P), aber es kommt mir recht mächtig vor, weil es nur wenige Einschränkungen gibt, zu was man ein Ziel zwingen kann. Das ist aber auch so gedacht. Ein Charakter der starke soziale Fertigkeiten hat, soll genauso effektiv sein wie ein Charakter der gut mit seinem Schwert umgehen kann - und der ist bei Exalted mitunter sehr effektiv. :)
Man muss auch dazu sagen, dass Social Combat nicht für irgendeine harmlose Alltagsdiskussion (Wer holt das nächste Faß Bier aus dem Keller? Kostet das Mittagessen jetzt einen oder zwei Silberlinge?) benutzt werden soll, sondern nur wenn es wirklich um etwas geht.


Bluerps
"When life gives you lemons, don't make lemonade. Make life take the lemons back! Get mad! I don't want your damn lemons, what am I supposed to do with these? Demand to see life's manager! Make life rue the day it thought it could give Cave Johnson lemons! Do you know who I am? I'm the man who's gonna burn your house down! With the lemons! I'm gonna get my engineers to invent a combustible lemon that burns your house down!"
   --- Cave Johnson, CEO Aperture Science