Ich beziehe mich jetzt auf Kampagnen (nicht einzelne Abenteuer).
Ich bin der Meinung, dass eine Kampagne am ehesten der literarischen Form des Romans entspricht, bzw. am meisten Parallelen damit hat.
Viele Protagonisten, lange Storyentwicklung, viele Buchstaben.
Aber was den Romen ja als solchen kennzeichnet ist doch die Carakterentwicklung des Protagonisten.
Ein Roman, der keine charakterliche Entwicklung des oder der Protagonisten durchläuft schrammt mindestens knapp am "Thema verfehlt" vorbei.
Wenn man dieses Konzept aufs Rollenspiel überträgt, würde man bei Kampagnen eine lang angelegte Entwicklung des charakterlichen Grundkonzeptes zumindest grundsätzlich in Erwägung ziehen.
Es kommt mir aber immer wieder seltsam vor, dass sich so wenige von all den brillanten Rollenspieler praktisch gar nicht mit diesem Konzept anfreunden können. Die Statik etablierter Charakterkonzepte (und damit meine ich das, was die Persönlichkeit des Charakters ausmacht), finde ich persönlich recht lahm, wenn man dem über Dutzende von Spielrunden folgen soll. Eine konzeptionelle Änderung eines Charakters, wenn sie gut gespielt ist und sich an den äußeren Begebenheiten orientiert, ist für alle anderen drumherum sicherlich unterhaltsamer, als immer wieder die gleichen Sprüche zu bringen.
Die verbreiteten Spiele, die charakterliche Änderung tatsächlich regelseitig unterstützen, sind meines Wissen nur diejenigen, bei denen der Charakter dem schleichenden oder auch plötzlichen Wahnsinn (Cthullu, SpaceGothic) oder der Korruption (WHFRPG, 40K) anheim fallen kann. Dabei gibt es doch so viele gute literarische Vorlagen, die auch positive Konzepte und mehr Vielfalt zur Disposition stellen.
Ich frage mich, warum das so ist. Ein paar Vermutungen hätte ich ja, da ich aber kein professioneller Psychologe/Soziologe bin, haben diese Überlegungen sicher keinen großen Wert. Dennoch möchte ich aber anmerken, dass die übliche Leier, sein ursprünglich angelegtes Charakterkonzept bis zum St.Nimmerleinstag durchzureiten, mich alles andere als vom Hocker reißt - sowohl als Spieler als auch als Spielleiter.
Vielleicht sind daran auch die SLs schuld, die jede charakterliche Entwicklung mit einem Veto abblocken.
Tatsächlich ist es doch in der Realität so, dass man charakterliche Änderungen oder Änderungen seiner grundsätzlichen Vorgehensweise aus dem Grund entwickelt, weil man mit veränderten Umweltbedingungen erfolgreicher klar kommen will. Das ist vielleicht etwas, das manche SLs an Charaktern vermeiden wollen, weil sonst die Herausforderungen, die sie vorbereitet haben, nicht mehr so groß sind oder sich sogar völlig in Luft auflösen.