Ein Rückblick:
Das war nach "Sturm über Mokattam" mein zweiter Versuch, eine Kauf-Kampagne zu leiten. Es hat funktioniert. Aber so wirklich gerockt hat es für mich nicht. Am meisten Spaß gemacht haben mir die freien Teile, die "Füller", wo ich mich ohne Rücksicht auf die Folgen austoben konnte: Das Einstiegsabenteuer mit Entführung und Schatzkarte, die Thalassa-Sandbox (wo ich mich reichlich vom Thalassa-Quellenbuch inspirieren lies), "Unheil über Orsamanca" (zwar auch ein Kauf-Abenteuer, aber nur lose thematisch mit der Kampagne verknüpft und mit vielen eigenen Elementen angereichert).
Der Haupt-Kampagnenstrang war nicht so prickelnd. Der "Zyklus von den zwei Welten" ist einfach ojektiv schlechter als "SüM". "SüM" kann ich jedem ans Herz legen, der eine orientalisch angehauchte, klassische Fantasy-Kampagne spielen will. Den "Zyklus" kann ich NIEMANDEM empfehlen. Das Ding ist wirklich nur etwas für langjährige Midgard-Gruppen, wo man sich, wenn man die Figuren über 20 Jahre bis Grad 15 hochgespielt hat, am Ende nochmal ein bisschen Epik-Gefühl verbreiten und einen krassen Schlusspunkt setzen will.
"Ein Hauch von Heiligkeit" ist dabei in meinen Augen noch das beste Abenteuer der Serie: Die erste Hälfte ist ein solides Ermittlungs-Abenteuer mit vielen interessanten Charakteren, zwar zu vielschichtig und verworren, als das die SCs es je
komplett lösen könnten, aber durchaus zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Der Dungeon-Teil geht auch, nur die Zeitreise und die Geschehnisse in der Vergangenheit sind sehr railroadig.
"Die Legion der Verdammten" hat einen großen Vorteil: Es ist kurz. Und es gibt im Netz einen Papiermodell-Bausatz, um den Unterwasser-Dungeon zu visualisieren. Bei uns war der Teil erträglich, weil wir ihn in einem Rutsch durchgespielt haben und es einige lustige/tragische Charaktermomente gab, die mit dem Abenteuer an sich rein gar nichts zu tun hatten. An sonsten: Nochmal Spiegel, nochmal Zeitreise, nochmal Seemeister, nochmal epische Schlacht - nur diesmal mit Darth Vader. *gähn*
"Das Graue Konzil" ist der Tiefpunkt der Serie. Die Einleitung besteht aus Railroading und NSCs beim Dinge tun zugucken. Die Dunkelzwerg-Binge ist zumindest "nett", aber das Fluggrab ist ein viel zu großes Dungeon in dem viel zu wenig spannende Dinge passieren. Die "Endschlacht" ist, wie sie im Buche steht, eine unlogisch geskriptete Lachnummer voller schlechter Anspielungen und Pseudo-Pathetik.
"Die Schwarze Sphäre" ist ganz klar zweigeteilt: Der erste Teil, die mehr oder weniger freie Erkundung der Hauptstadt der dunklen Seemeister, ist top: Viel zu sehen, viel zu erleben, viele kleine Flair-Aufhänger im Buch und viele Möglichkeiten für den Spielleiter, sich mit Nebenabenteuern (einige im Buch beschrieben oder angedeutet) und den Ränkespielen der politischen Fraktionen auszutoben. Aber am Ende gelangt die Gruppe per Railroading in den Palast von Rhadamantus, und dann wird es dröge: Ein Sinnlos-Dungeon mit Sinnlos-Herausforderungen (in der klassischen Midgard-Tradition von "Die Suche nach dem Regenstein": Raum-Rätsel-Raum-Kampf-Raum-nächstes Rätsel-nächster Raum-nächster Kampf...), absolut linear, friss oder stirb, ohne Umkehrmöglichkeit, und für die Nicht-Magier in der Gruppe sehr frustrierend, weil die Monster nur durch Magie zu bekämpfen sind und man der Gruppe natürlich vorher alle magischen Waffen abgenommen hat. Hier zahlt sich übrigens aus, das in Midgard-Runden die Gruppe vorher irgendwann "Smaskrifter" gespielt hat, und die SCs damit nicht nur Schlittschuh-Laufen, sondern auch Schmieden gelernt haben und sich so laut Abenteuerbeschreibung aus vorhandenem Alchimistenmetall und vorhandener Schmiede selbst magische Waffen schmieden sollen - wobei ich mir da auch nicht sicher bin, ob es streng nach Midgard-Regeln so ist, dass eine Waffe aus Alchimistenmetall automatisch als magisch zählt. Wie dem auch sei: Krampf.
Das zu leiten war bei mir wohl nur eine letzte Zuckung meiner unterdrückten Midgard-Nostalgie, ich würde es wahrscheinlich nicht wieder tun. Das bedeutet nun nicht, dass es keinen Spaß gemacht hätte. Hat es. Ich glaube nur, dass meine Spieler und ich mit anderen Dingen mehr Spaß gehabt hätten.
Die Konvertierung auf Savage Worlds tat ihren Dienst, das war nach dem Erfolg von "SüM" aber abzusehen. Einzig die Magierin war über den gesamten Kampagnen-Verlauf ziemlich dominierend und am Ende trotz -2 auf alles wegen Drogen-Entzug die stärkste Figur. Das war jetzt nicht wirklich schlimm oder spielspaß-tötend, fiel aber auf. Bei "SüM" war das nicht so, da dorten der einzige Zauberkundige wegen diverser Todesfälle weniger XP hatte als der Rest.
Das Thema "Kauf-Kampagnen" ist damit für mich für's erste durch, das werd ich so bald nicht wieder machen. Ein gutes Kauf-Abenteuer: Gerne. ("Säulen der Macht" steht noch auf meiner Liste, weil ich da sowohl in "SüM" als auch im "Zyklus" fleissig foreshadowing betrieben habe und Kevian Costanedos ein drittes Mal als Bösewicht bringen könnte). An sonsten freue ich mich erst einmal darauf, wieder spielen zu dürfen.