Autor Thema: Gibt es zu viele neue Systeme? Oder: Wer soll das alles spielen? (rant-ish)  (Gelesen 17919 mal)

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Offline Rhylthar

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Ich behaupte mal: Die meisten wissen eigentlich gar nicht, was sie wollen; und wenn sie ein entsprechendes Wollen formuliert haben, kann es gut sein, dass das eher etwas ist, das sie abstrakt in der Theorie wollen und nicht das, was ihnen in der Praxis auch Spaß macht. Deshalb bringen evtl. auch die besten Rezensionen nicht, weil man, sobald etwas einen auch nur ansatzweise reizt, eigentlich beim Spielen rausfinden muss, ob es das Richtige für einen ist.
Ich glaube, das ist dann auch das Problem mit dem Überangebot: Das Gefühl, so viel ausprobieren zu "müssen", um nicht evtl. das tollste System/Setting zu verpassen. ist natürlich ein Trugschluss, denn eigentlich braucht man in der Regel nur etwas, das halbwegs passt, und dann eine gelungene Runde damit. Und ein Überangebot kann genau das Zustandekommen davon erschweren.
Kann man so sehen.

Ich werfe auch gerne noch die wirtschaftliche Theorie der (unendlichen) Bedürfnisse/Bedarf/Nachfrage in den Ring. Da die RPG-"Industrie" es immer wieder schafft, Bedürfnisse bei SPielern zu erwecken, warum auch immer, passiert alles weitere von ganz alleine. Gründe, warum diese Bedürfnisse auftreten...da gibt es zig individuelle Möglichkeiten.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline KhornedBeef

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@Archoangel: Danke für das Angebot, aber du willst mich doch bloß durch tolles Leiten aufs Glatteis führen; )
Ich wollte auch gar nicht über konkrete Spiele reden, da bilden sicher auch Leute mit D&S 1 eine Humanity-Abwärtsspirale. Und Fate spiele ich nicht mal selbst ;) es ging mir nur im Sachen die tatsächlich im Regelwerk stehen. Kann aber sein dass ich das bei Vampire übersehen hab, hab nur nWoD gespielt.
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Offline Pilzhut

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Ich benutze die Datenbank von rpggeek. Die ist sehr umfangreich und aktuell.

Dann gibt es noch diesen Katalog für Indies, nicht so vollständig, dafür aber mit besseren Filtern.

Da war ich wohl einfach schlecht informiert. Danke :)


Offline Archoangel

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Naja, die "moralisch-ethische Komponente" beinhaltete bei VtM nicht wirklich eine Auseinandersetzung mit moralisch-ethischen Fragen, sondern entweder das Festklammern an einem starren, unflexiblen Moralkorsett (keinen einzigen Punkt verlieren, keinen einzigen Punkt verlieren, keinen...) oder das möglichst schnelle über-Bord-werfen des besagten Korsetts, damit man seinen Murderhobo with Fangs spielen kann.  ;)

Spätere Spiele haben da mehr dafür getan, dass sich die Spieler wirklich Gedanken über die Moral ihrer Charaktere machen.

EDIT: statt Spiel ohne SL kann man auch Spiel ohne Zufallsmechanismen (in Amber butterweich, später stark mechanisch verzahnt) oder narrativer Spannungsbogen (in Star Wars und VtM drin, aber ohne irgendeinen Plan wie der SL das bitte erzwingen soll, in Forge-Spielen mechanisch verzahnt) oder eine beliebige andere hier erwähnte Innovation nennen.

Nach reiflicher Überlegung kann ich vielleicht bei Fate doch eine Ausnahme machen: ich wage mal zu behaupten, dass der Aspekt "Player Empowerment" maßgeblich durch Fate Zugang zur Comunity erhalten hat. Zusammenfassend würde ich dann sagen: seit Ende der 80er/ Anfang der 90er kam kaum wirklich Innovatives zum Hobby hinzu.
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Offline KhornedBeef

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Naja,  viel Neues unter der Sonne muss man ja auch nicht erwarten. ;)
Was ist mit Systemen bei denen man poolpunkte nach Gutdünken für Proben ausgibt?
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Offline Chiarina

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Das "Neue" könnte meiner Meinung nach in diesem Falle sein:

Verlagerung der Ungewissheit und Spielspannung weg vom einzelnen Würfelwurf hin zu längeren Spielphasen (sprich: reichen die Punkte für den Tag / das Abenteuer / etc.).
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@Alexandro&Archoangel:
Auf der TV-Trope-Seite gibt es eine hilfreiche Unterteilung in Urexample, Trope Maker und Trope Codifier. Ich denke mit dieser Unterscheidung könnt Ihr wesentlich präziser miteinander diskutieren.

EDIT: Ach ja. Rollenspiele sind dort unter Tabletop Games versteckt.
« Letzte Änderung: 3.02.2017 | 22:50 von 6 »
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Archoangel

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Naja,  viel Neues unter der Sonne muss man ja auch nicht erwarten. ;)
Was ist mit Systemen bei denen man poolpunkte nach Gutdünken für Proben ausgibt?

Das Problem mit dem Neuen ist, dass man vorher nicht draufkommt und nachher sagen kann:"da hätte ich auch draufkommen können". Oft ist es schwer sich bewusst an eine Zeit "vorher" zu erinnern. Oder anders gesagt: versuche mal dich an eine Zeit zu erinnern, bevor du das Wort "abstrakt" kanntest.

Und übrigens doch: ich erwarte von den vielen neuen Systemen schon ein Stückweit eben, dass sie mir etwas Neues bringen. Sonst sind sie obsolet. Warum sollte ich mir denn die drölfzigste generische Fantasywelt kaufen? Nur weil "Stärke" jetzt "physische Kraft" und Wille "mentale Kraft" genannt wird, ich statt dem "Talent" "Taschendiebstahl" die "Befähigung" "Langfinger" habe und mich im "Handbuch der Bewohner&garstigen Kreaturen" ein "Zaungast" mit seinen zehn Augenstielen anschaut? Oder weil ich statt "1W20+X" jetzt "2W12-Y" würfeln darf? Nur weil "neu" drauf steht ist ja nicht auch gleich "neu" drinn. Und viele Leute die einmal eine gute Idee hatten, haben leider auch kein zweites Mal eine gehabt (siehe GG oder Mark Rein Hagen).

Insofern - auch um den Bogen zurück zur Ursprungsfrage zu spannen: ja, es gibt irgendwo schon zu viele "neue" Systeme. Nur das sie eben nicht halb so neu sind, wie sie gerne wären. Viele wollen das Rollenspiel neu erfinden, tun dies aber eben nicht. Manche wollen einzelne Aspekte verbessern, wirken dabei aber nur wie ein Abklatsch. Professionelle Designer konkurrieren mit semi- und un-professionellen über Verlage, Crowdfunding und kostenlose Downloads. Den Nachwuchs überlässt man "den anderen" - und zwar so ziemlich jeder - womit die Szene langsam aber sicher altert. Wer Geld machen will wechselt die Branche. Und irgendwie warten alle auf den nächsten großen Wurf von irgendeiner großen Firma, der schon wieder alles mit- und hochziehen wird, nur um dann mit dem eigenen System an der Zersplinterung kräftig mitzuwirken.

Sind wir mal ehrlich: das "golden Age" und das "silver Age" haben wir bereits erlebt. Bleibt also noch die Hoffnung auf ein "Bronzeage". Und dann? Hoffentlich bin ich dann schon kurz vor der Rente - Eingedeckt mit all dem Rollenspiel, dass ich für meine restliche Lebenszeit dann noch brauche ... und meine Enkel und Urenkel können sich dann eines Tages wundern über die seltsamen Bücher, die sie in meinem Nachlass gefunden haben und vielleicht, aber nur vielleicht sagt dann einer:"Boah - solche tollen Spiele gab es als mein Uropa ein kleiner Junge war? DAS würde sich doch bestimmt auch heute gut verkaufen ..."

... und dann beginnt sich das Rad von neuem zu drehen.
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ErikErikson

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Es gibt sehr viele Spiele aus den 80ern und 90ern die heute keiner mehr kennt. Teils sehr cool und innovativ. Fast alle vom amerikanischen markt. allein die durchzuwühlen würde genug Material für ein Leben liefern. Bsp. Gurps fantasy2 krasses zeug. Wir erleben also nicht die erste Welle rollenspielpberflutung. Teils sind das auch sehr elegante und einfache systeme die sich heute nicht verstecken müssen.

Offline Chruschtschow

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Ich habe ein leichtes Problem mit dem Innovationsbegriff hier. Vor so ca. 112 Jahren hat ein junger Physiker eine Theorie zur Beschreibung von thermischer Strahlung gegriffen, mit einigen experimentellen Daten kombiniert, die vordergründig damit nichts zu tun haben, und dann das damalige Verständnis von Physik auf links gezogen. Aber nach obigen Erklärungen hat Einstein damit nichts sonderlich innovatives getan. Die Theorie stammt eigentlich von Planck (der übrigens einige Jahre noch Einsteins Idee für weit hergeholt hielt, als er Einstein schon protegierte). Von den anderen drei Arbeiten von 1905, die teils ähnlich bahnbrechend waren, aber nicht zu Nobelpreisen führten, kann ähnliches behauptet werden. Das ist bei vielen anderen Innovationen ähnlich. Ich muss nicht das Rad neu erfinden. Es genügt damit was anzustellen, das bisher noch keiner so gemacht hat.

Ich habe zwischen 2005 und 2010 ziemlich wenig Rollenspiel betrieben. Als ich zurück kam, war die Forge passiert. Ja, eine Menge Zeug der Forge war vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber die Spiele, die ich vorfand, waren teils wirklich massiv anders und deutlich wohlüberlegter als viel Kram, mit dem ich mich vorher rumgeärgert habe. Dazu Crowdfundings, viel mehr RPG und RPG-Entwicklung über's Netz. Die Szene war schlicht eine andere. Ob mir das so aufgefallen wäre, wenn ich an einem Stück aktiv geblieben wäre? Ich glaube nicht. Was aktive Spieler vielleicht als kleinteiliges Rumgebastel sehen, ist im Nachhinein beim Blick vom Außen eine Revolution.

Entsprechend unaufgeregt schauenich drauf, wenn mal wieder jemand Stillstabd bekrittelt. Und der hohe Ausstoß an Systemen erhöht letztlich die Chance darauf, dass es mal wieder eine Idee gibt, dass ein paar Leute das spielen, dass irgendwann auch mal irgendwo tatsächlich sinnvoll eingebaut wird usw., bis es dann irgendwann mal zu den tollen modernen Sachen gehört. Und natürlch wird irgendwer bekritteln, dass es das irgendwo in Nischensystem X schon mal gab. So wie Planck für thermische Strahlung eine Theorie einführte, die heute Grundlagen der kompletten verdammten Quantenmechanik ist, ohne dass er die Bedeutung selbst erkannte. So funktioniert halt Innovation.
« Letzte Änderung: 5.02.2017 | 16:38 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Grimtooth's Little Sister

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Irgendwie sind wir vom Thema der Systemüberflutung jetzt ganz schön abgekommen.  ;D
Fliegen bei einem Scientologen im Schampusglas - wenn Insekten in Sekten in Sekt enden.

"Fallschirmspringen ist in SR 4 von Konstitution abhängig. Könnte dazu jemand der sich mit Fallschirmspringen auskennt was sagen insbesondere welches Attribute er dafür für das Passende halten würde ? So im Realen Rahmen ."-Supersöldner
"Ich wäre ja bei CHA. Fallschirm springen nutzt ja nix, wenn man nicht gut dabei aussieht..." -Flamebeard

Offline Weltengeist

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Irgendwie sind wir vom Thema der Systemüberflutung jetzt ganz schön abgekommen.  ;D

Das "wir" möchte ich an der Stelle von mir weisen, aber ja - wir sind ja schließlich schon auf Seite 7... ;D
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -