Autor Thema: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen  (Gelesen 8635 mal)

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Ucalegon

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #50 am: 28.04.2017 | 12:19 »
Ein Sonderfall ist noch die PvP-Situation, wenn die Charaktere also gegeneinander agieren. Hier gibt es einerseits Spieler, die dann bei einer erzählerisch verhandelten Fiktion am Spieltisch die Ellbogen ausfahren, laut und schnell reden, anderen ins Wort fallen, die Situation so auslegen, wie es ihrem Charakter am besten passt, usw. Und es gibt andere, die ein extrem ausgeprägtes Fairplay-Bedürfnis haben, die zwar ihren Charakter knallhart agieren lassen, aber am Spieltisch besonders großen Wert darauf legen, sich keinen unfairen Vorteil zu verschaffen, alle zu Wort kommen zu lassen, im Zweifel bei der Auslegung/Beurteilung des fiktionalen Kontext eher zugunsten des Gegners entscheiden, etc.

Interessanter Gedanke. Finde ich nicht einfach zu beurteilen, ob jemand, der seine Figur jemand anderem ins Wort fallen lässt, damit die Verfahrensfairnis verletzt oder nicht. Wenn er/sie das grundsätzlich macht, vielleicht schon. Andererseits ist es ja z.B. bei Hillfolk, das fast nur aus solchen Szenen besteht,  wieder so, dass ich so viel poltern und ellenbogen kann, wie ich will, das aber nichts daran ändert, dass der Granter einen Punkt bekommt, wenn er dem Petitioner nachgibt bzw. der Petitioner, wenn der Granter sich weigert. Selbst, wenn ich also durch "unfaires" Verhalten in der Szene immer das kriege, was ich will, werden sich dadurch irgendwann bei der Gegenseite genug Punkte angesammelt haben, um meine Figur mechanisch zum Einlenken zu zwingen.

Offline Issi

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #51 am: 28.04.2017 | 12:38 »
Frage: Angenommen ein Spieler erzählt wie er etwas anstellt, zum Beispiel -einen Turm hochklettern um die Prinzessin heimlich in ihrem Gemach zu besuchen.
Könnte der Spielleiter diese Situation auch scheitern lassen? Indem er zum Beispiel erzählt: Dass die Figur beim Klettern abrutscht? Oder dass die Figur  zwar oben auf dem Balkon ankommt aber die Prinzessin nicht zugegen ist? Oder dass ihn jemand bemerkt? Eine Wache zum Beispiel?

-Denn Erfolg funktioniert ja in der Regel nur wenn beide Seiten einverstanden sind. Wenn der Spieler zum Beispiel sehr schön beschreibt auf welche Art und Weise  er hochklettert. Und der Spielleiter erstens findet, dass die Beschreibung funktionieren kann und zweitens dass das  Ziel des Spielers erreichbar ist. Zum Beispiel dass die Prinzessin tatsächlich an Ort und Stelle sein kann und nicht woanders.

Denn vor dem Erfolg muß es ja ein Ziel geben, welches man erfolgreich erreichen will. Und dieses Ziel muß ja zunächst möglich und auch erreichbar sein. -Wer legt fest, ob dieses Ziel existiert bzw. überhaupt erreichbar ist- Bevor über den Erfolg entschieden wird?
Oder bestimmt der Spieler über den Erfolg gleich auch das Ziel mit ohne dass der Spielleiter darauf Einfluss hat?

« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 12:51 von Issi »

Offline bobibob bobsen

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #52 am: 28.04.2017 | 12:48 »
Zitat
Frage: Angenommen ein Spieler erzählt wie er etwas anstellt, zum Beispiel -einen Turm hochklettern um die Prinzessin heimlich in ihrem Gemach zu besuchen.
Könnte der Spielleiter diese Situation auch scheitern lassen? Indem er zum Beispiel erzählt: Dass die Figur beim Klettern abrutscht? Oder dass die Figur  zwar oben auf dem Balkon ankommt aber die Prinzessin nicht zugegen ist? Oder dass ihn jemand bemerkt? Eine Wache zum Beispiel?

Nimmt der SL am Spiel teil? Das sollte deine Frage beantworten.

Offline Issi

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #53 am: 28.04.2017 | 12:57 »
Zitat
Nimmt der SL am Spiel teil? Das sollte deine Frage beantworten.
Ok, vielen Dank.
Es gibt bzw. gäbe nämlich auch die Möglichkeit, dass der aktuelle Erzähler auch gleich das Ziel mitbestimmt, nicht nur den Erfolg. Und der Spielleiter dann mit dem Ergebniss weiterspielt.
Aber Danke, so macht es Sinn und so ähnlich hatte ich mir das auch gedacht.

Offline Lord Verminaard

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #54 am: 28.04.2017 | 15:05 »
Interessanter Gedanke. Finde ich nicht einfach zu beurteilen, ob jemand, der seine Figur jemand anderem ins Wort fallen lässt, damit die Verfahrensfairnis verletzt oder nicht. Wenn er/sie das grundsätzlich macht, vielleicht schon. Andererseits ist es ja z.B. bei Hillfolk (...)

Bei einem IC-Dialog ins Wort fallen ist das eine, bei Handlungsbeschreibung/Situationsverhandlung am Spieltisch ins Wort fallen, das andere. Ich spreche ja von einer Situation, die frei verhandelt wird, also gerade ohne Erzählrechte, Gummipunkte und das ganze neumodische Gedöns. ;)
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Ucalegon

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #55 am: 28.04.2017 | 15:32 »
Bei einem IC-Dialog ins Wort fallen ist das eine, bei Handlungsbeschreibung/Situationsverhandlung am Spieltisch ins Wort fallen, das andere. Ich spreche ja von einer Situation, die frei verhandelt wird, also gerade ohne Erzählrechte, Gummipunkte und das ganze neumodische Gedöns. ;)

Ach so. Ich hatte den Dialog zur "erzählerisch verhandelten Fiktion" gezählt. Den interessanten Punkt dabei fand ich die Frage, ob ich mir uU auch dadurch einen unfairen Vorteil verschaffe, dass eben ich nicht einfach in dritter Person kurz beschreibe, wie aufdringlich und fordernd meine Figur auftritt oder meine "direkte Rede", wie aggressiv sie auch sein mag, trotzdem so bemesse, dass möglichst alle am Tisch die gleichen Chancen für ihre Darstellung bekommen, sondern quasi meinen "player skill" einsetze, um andere unterzubuttern. Mir fällt aber gerade auf, dass das letztlich wieder zu der ewigen Benachteiligungsdebatte zurückführt.


Offline Lord Verminaard

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #56 am: 28.04.2017 | 16:59 »
Ja klar, den Dialog würde ich auch dazu zählen, das ist aber ein relativ unkritisches Element. Es ist auch nicht die reine Benachteiligungsdebatte aka Charakterskill vs. Spielerskill. Denn der Spielerskill wird ja durch die anderen Mitspieler bewertet. Wenn ich super schlau daherreden kann, fein, aber es zählt nur, wenn meine Mitspieler es kaufen. Der Ellenbogen-Spieler setzt seine Mitspieler unter Druck, es zu kaufen, er will seine Siegchancen dadurch verbessern, dass er sozusagen die Urteilsfindung beeinflusst. Der Fairplay-Spieler tut genau das nicht, er ist im Zweifel sein eigener schärfster Kritiker.
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Offline Settembrini

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #57 am: 28.04.2017 | 17:32 »
Mal zu meinen Erfahrungen, meine Bewertung will ich mal soviel ich kann weglassen.

Ich habe mit einigen der Autoren selber und mit einigen der größten Befürworter solche thematischen Erzählspiele gespielt. In den letzten Jahren auch einfach zugeschaut.

Beobachtungen:

- es gibt definitiv Spannung, sie kam aber nie aus dem Spiel sondern immer vom Spieler oder vom Autor; ich habe sie fast immer als unangenehm empfunden
- Kleinmachen und masochistisches Scheiternlassen des jeweils eigenen Charakters tritt auf
- Powertelling tritt auf; Leute wollen sich übertrumpfen oder andere am Tisch mit ihren Beiträgen beeindrucken
- auftretende "Flowmomente" können intensiv sein, sind aber fast immer kurz und werden dann im Nachgang/sofort ausgiebig besprochen
- die Spielleiter oder die Vorbereitenden sind meist nur rudimentär vorbereitet. In jedem Sinne: also selbst wenn es eine originäre gedanklich-emotional-sprachliche Vorarbeit geben könnte/gibt, habe ich das noch nicht erlebt, daß sie auch gemacht wurde.
- es gibt einen Prozentsatz an Spielern, die in gerader Linie auf Snuff und Ekelpornoszenen eingestellt sind, insbesondere auf Conventions (MantiCon u. Odyssee z. B.)

Insgesamt steht jeder und dauernd unter ständiger Beobachtung.

Individueller Einschub:
Persönlich habe ich beruflich in den letzten Jahren öfter mit Leuten zu tun, die gruppendynamische Sozialtechniken einsetzen/propagieren, um bestimmte "pädagogische" Effekte zu erzielen. Das unangenehme Gefühl das ich bei diesen Techniken habe ist witzigerweise genau dasselbe, wie ich es bei den thematischen Erzählspielen habe. Die Grundtechnik fühlt sich für mich ähnlich an:
Aus Situations-/Gruppendruck etwas tun lassen was irgendwie merkwürdig erscheint oder etwas außerhalb der Komfortzone (vgl. Schuhsoziogramm), dannach sehr mutige Interpretation in die Motivlage und Individualpsychologie der Teilnehmer. Meist gibt es auch mehrere im Raum, die zumindest so tun, als seien sie voll angeregt und begeistert von der Technik, was bei anderen zu Verunsicherung und Befremden führt. Das angeregte immer-wieder-erzählen und später bezugnehmen auf nur halb aninterpretierte Einzeldeutungen (mit leuchtenden Augen) habe ich auch in beiden "Hobbys" beobachtet.

Gefragt ob das thematische Erzählspiel für jeden ist, könnte man gut antworten:
"Wer Schuhsoziogramme interessant findet, für den ist das was."

Zum guten alten Schummelerzählspiel (SchERZ) a la DSA kann wie immer gesagt werden:
"Wer selbstgemachte Hörspiele mag, für den ist das was."

Hat halt beides so seine Berechtigung.


« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 17:35 von Settembrini »
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #58 am: 28.04.2017 | 17:53 »
Ich hatte den OP jetzt eigentlich nicht so verstanden, dass er wirklich auf diese total forgigen Spiele hinaus wollte. Vielleicht liege ich aber da auch falsch. Meine Ausführungen waren jedenfalls auf ganz normale Rollenspiele bezogen, wo einfach nur erzählerisch orientiert gespielt und ggf. dann auch auf Auswürfeln verzichtet wird. Die Forge-Spiele sind zu verschieden, um sie alle über einen Kamm zu scheren, aber teilweise fehlt da gerade der Verhandlungsprozess bzw. wird durch die Erzählrechte untergraben, sodass die von mir angesprochene Beurteilung eben keinen ausreichenden Raum mehr hat. Das Problem hier ist dann nicht so sehr, dass ein Spieler ggf. erzählt, dass sein Charakter der Geilste ist, sondern das Problem ist dann, dass er es schlecht oder gar nicht begründet und ich es trotzdem kaufen muss.
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Ucalegon

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #59 am: 28.04.2017 | 18:02 »
Ich hatte den OP jetzt eigentlich nicht so verstanden, dass er wirklich auf diese total forgigen Spiele hinaus wollte.

Eben. Das Eingangsbeispiel Itras By gehört auch definitiv nicht in diese Kategorie. Und: Bei strukturalistischen Rollenspielen wie Kagematsu oder Mars Colony treten die Probleme, nach denen Chiarina in 1.) und 3.) fragt, ohnehin nicht auf.   
« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 18:04 von Ucalegon »

Offline Settembrini

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #60 am: 28.04.2017 | 18:26 »
Ich hatte den OP jetzt eigentlich nicht so verstanden, dass er wirklich auf diese total forgigen Spiele hinaus wollte. Vielleicht liege ich aber da auch falsch. Meine Ausführungen waren jedenfalls auf ganz normale Rollenspiele bezogen, wo einfach nur erzählerisch orientiert gespielt und ggf. dann auch auf Auswürfeln verzichtet wird. Die Forge-Spiele sind zu verschieden, um sie alle über einen Kamm zu scheren, aber teilweise fehlt da gerade der Verhandlungsprozess bzw. wird durch die Erzählrechte untergraben, sodass die von mir angesprochene Beurteilung eben keinen ausreichenden Raum mehr hat. Das Problem hier ist dann nicht so sehr, dass ein Spieler ggf. erzählt, dass sein Charakter der Geilste ist, sondern das Problem ist dann, dass er es schlecht oder gar nicht begründet und ich es trotzdem kaufen muss.

Witzig, ich hatte erst gedacht, daß es um so thematische Erzählspiele geht, seit den letzten zwei Threadseiten, deswegen hatte ich vorher auch keinen Beitrag.

Mea culpa, wenn ich was falsch verstanden habe.

Spielen einfach durch Verhandlung ohne auswürfeln ist ja nur eine Methode. Genaugenommen DIE Methode Rollenspiel (vgl. Peterson 2012, Settembrini 2007  :D).
Nota Bene: Spiele, die das angeblich besonders förderten hießen mal als Mode in den 90ern "Freies Rollenspiel" mit komischer Überlappung zu "creator-owned" und "ohne Abenteuer". Daidalos und Co. etc.
 
Aber die Punkte 1-3 im OP sind ja gerade von Spielen, wo die Spieler selber entscheiden können ob etwas klappt. Und das ist dann schon jenseits einer von vielen deutlich spürbaren und mit vielen Worten beschriebenen, und von verschiedenen Bewegungen übertretenen, Trennlinie.

Und meine Beobachtungen (s.o.) finde ich treffen alle zu, ob das jetzt damals HKAT!, Everway oder InSPectres oder eben die in der Wolle gefärbten thematischen Schwergewichte sind.

« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 18:28 von Settembrini »
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #61 am: 28.04.2017 | 18:29 »
Chiarina wird sicher selbst was dazu schreiben, ich hatte hier:

So. Hier geht´s um Erzählrollenspiele. Gemeint sind regelleichte Spiele, in denen die Narration im Mittelpunkt steht und ein Fertigkeiten- und Kampfsystem nur rudimentär oder gar nicht vorhanden ist.

Ich habe in Weltengeists "automatische Erfolge" Strang davon geschrieben, dass es bei Erzählrollenspielen nicht außergewöhnlich ist, wenn Ereignisse im Spiel ohne Bemühen des Zufalls allein durch Narration zustande kommen. Auch die Beantwortung der Frage, wann überhaupt gewürfelt (oder eine Karte gezogen, etc.) wird, bleibt oft den Spielern überlassen.

jetzt nicht "Forge-Kram" rausgelesen.
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Offline Chiarina

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #62 am: 28.04.2017 | 18:53 »
Ich weiß nicht genau, was ich darauf antworten soll. Was zeichnet denn, bitte, "Forge-Kram" aus? Ich kenne da, glaube ich, als reinen Vertreter nur Polaris und das habe ich nur gelesen. Ich weiß zwar ein bisschen über die Forge, aber habe keine Ahnung, was forgetypische Spiele ausmacht.

Zitat von: Settembrini
Aber die Punkte 1-3 im OP sind ja gerade von Spielen, wo die Spieler selber entscheiden können ob etwas klappt.

Das ist in Archipelago und Itras By so... wenn man so will. Aber in den Runden, in denen ich gespielt habe, lief es eher andersherum: Die Basis war das charakterzentrierte freie Spiel. Der Ausdruck, die Spieler würden entscheiden "ob etwas klappt", kommt mir deplaziert vor. Die Spieler haben einfach entschieden, was geschieht, und das konnte positiv oder negativ sein. Die Frage, "ob etwas klappt" stellt sich eigentlich gar nicht. (Ja, es gibt die Entscheidungskarten, aber die kommen eigentlich selten ins Spiel, wenn unklar ist, welche Folgen eine Handlung hat. Sie kommen eher ins Spiel, wenn´s zu lahm wird oder gerade mal keine Idee da ist. Meistens sind sie einfach nur Ideengeber).

Ich will hier aber ausdrücklich nicht ausschließen, dass auch über andere Erzählrollenspiele geschrieben wird. Meine Kenntnisse sind da nur eben etwas begrenzt.

Bevor ich jetzt Settembrinis "Beobachtungen" meine eigenen Erfahrungen gegenüberstelle, würde es mich doch interessieren, von was für Spielen er da spricht.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #63 am: 28.04.2017 | 19:28 »
Ja, so hatte ich es auch gedacht, wobei ich nach nochmaliger Lektüre des Ausgangsposts auch verstehe, wie man auf was anderes kommen kann. Was du beschreibst, ist ja letztendlich Freiform. Ok es gibt vielleicht Entscheidungskarten als Rückfalloption, aber 99% der Fiktion wird einfach frei verhandelt. Wobei natürlich in jeder normalen Rollenspielrunde der größte Teil der Fiktion frei verhandelt wird, das Besondere bei der Freiform ist, dass auch entscheidende Konflikte frei verhandelt werden, statt sie durch Zufall und/oder Spielwerte zu entscheiden.

Wenn man Freiform spielt, kann Powertelling eine Rolle spielen, es ist aber meiner Erfahrung nach absolut nicht davon auszugehen, dass es die unweigerliche Folge von Freiformspiel ist. Ebenso kann ich sagen, dass in Freiform verhandelte Konflikte äußerst spannend sein können. Ich muss aber schon sagen, dass ich persönlich darauf Wert lege, ein Minimum an formellen Regeln als Rückfalloption zu haben.

Es ist aber in gutem Freiform-Spiel mitnichten so, dass man sich einfach jeden Erfolg herbeierzählen kann, sondern man muss die Mitspieler überzeugen, warum das, was man vorhat, funktionieren sollte.
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #64 am: 28.04.2017 | 20:23 »
Ich habe den Thread eben erst entdeckt, sonst hätte ich natürlich schon früher geantwortet. Und inzwischen hat er ja auch eine ganz eigene Dynamik entwickelt, die ich auch nicht unterbrechen möchte. Aber falls diese Frage hier noch für jemanden relevant ist:

Was Weltengeist meint, wäre natürlich interessant zu wissen. Ich vermute FATE, für das man die Diskussion hier ganz anders aufziehen müsste.

Konkret habe ich Inspectres, Wushu, PDQ# und Fate (Free/Turbo/Core) gespielt. Alles zusammen vielleicht 2-3 Dutzend Sitzungen, als Spielleiter und Spieler, mit bestimmt mehr 10-15 verschiedenen Mitspielern in unterschiedlichen Konstellationen. Aus den Erfahrungen mit diesen Runden speist sich meine Beobachtung, dass die meisten Spieler diese Spiele einfach als Erfolgsstory-Generatoren benutzen. Spontan kann ich mich da an keine einzige Situation erinnern, wo wirklich eine Form von Spannung - sei es ein "schaffen wir das jetzt" oder ein "wie geht es wohl weiter" - aufgekommen wäre. Klar hatten die Runden teilweise andere Qualitäten, aber Spannung oder Stolz, eine schwierige Herausforderung gemeistert zu haben, gehörten nie dazu. Und das waren ja die Prämissen des Spielstils, den ich ursprünglich versucht habe zu beschreiben.

Ich gebe aber zu, dass ich nicht genug Ahnung von weiteren Erzählspielen habe, um beurteilen zu können, ob ich da nun genau eine bestimmte Kategorie erwischt habe, die alle ein ähnliches Spielgefühl erzeugen.
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Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #65 am: 28.04.2017 | 20:35 »
Hey, ich wollte gar kein objektives Urteil hier fällen, sondern nur meine real gemachten Erfahrungen teilen. Und die ist ziemlich stabil, ob jetzt "soziogrammisch-forgish" oder einfach Everway-spielleiterlos-Freiform oder "cinematisch-wushu-liquid-HKAT!"-isch.

Gerade der Aspekt, daß die Spieler weitreichend Sachen erfinden und Erfolg keine Rolle spielt, so wie Du sagst, deutet ja auf das Fehlen von Rätseln und Geheimnissen hin. Der Logistik-Aspekt und das Erkunden werden unmöglich bzw. unsinnig. Und immer wenn das auftritt, beobachte ich (in verschiedener Stärke) die genannten Dinge.

Muß das so sein?
Weiß nicht.

Immer wenn ich geguckt/probiert habe, war es so.

Objektivierungsversuch:
Ich find's logisch, daß bei fehlender Ressourcenknappheit und fehlendem Geheimnis Spannung "nur" durch die Menschen am Tisch erzeugt wird. Aber das schließt ja nicht aus, daß sich Leute kollaborativ so in eine Handlung reinversetzen, daß sie in irgendeiner Art und Weise vom Ereignis überascht werden, oder irgendwas auf der Kippe steht. Wie ist mir aber so ein bißchen schleierhaft, gesehen habe ich eben immer nur, wie die "Autorenrolle" der Person, die was überaschendes sagt/einbaut dann eben nahezu in Lichtgeschwindigkeit mit eingepreist wird und auch reflektiert wird. Daher das Gefühl des ständigen Beobachtens. Und das ist vlt. nicht für jeden, so mein Gedanke zu Deiner 1) Frage.

Konventionell spannendes Freiformen mit vorbereitetem Spielleiter ist dagegen volkommen möglich und beobachtbar, habe ich auch schon erlebt, Würfel + Regeln sind am Ende lediglich eine Arbeitserleichterung für den SL.

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #66 am: 28.04.2017 | 21:03 »
Die Spieleiterfrage und Abenteuervorbereitung finde ich erstmal eine sinnvolle Differenzierung. Ich hatte tolle Erlebnisse mit ziemlich konventionell vorbereiteten Abenteuern, die aber freiformig (bzw. mit Entscheidungskarten) gespielt wurden. Da gab´s auch ganz traditionell Dinge zu entdecken und sogar einen Plot.

Ich hatte aber auch gute Fiascorunden. Da gibt´s ja keinen Spielleiter und kein vorbereitetes Abenteuer. Die besondere Qualität, die ich in diesen Runden erlebt habe, bestand für mich (mal abgesehen von der üblichen Freude über treffliches Charakterspiel) eher darin, dass durch das gemeinsame Spiel Fäden überraschend weitergesponnen und erzählerische Lücken auf eine Art und Weise geschlossen werden, mit der niemand gerechnet hätte.

Ich habe übrigens NIE eine Fiascorunde erlebt, in der eine Snuff oder Ekelpornoszene geschildert wurde. Die Runden hatten übrigens in der Regel einen hohen Frauenanteil - viel höher als beim traditionellen Rollenspiel.

Ich habe auch nie erlebt, dass in so einer Runde mitten im Spiel plötzlich so ´ne komische Gefühls-Evaluation stattgefunden hätte. Hinterher vielleicht, das gab´s öfter (was ich o.k. finde).

Und das "Kleinmachen und masochistische Scheiternlassen der eigenen Charaktere"? Ich denke, das ist eine Frage der Blickrichtung. Ich sage dazu: "Es werden auch noch andere Persönlichkeitstypen als der siegreiche Held ausprobiert!"

"Powertelling" - hm - das habe ich in leichten Ansätzen erlebt... aber dieser Ausdruck! Ich muss echt lachen und frage mich, ob du nicht die größte Dramaqueen von allen bist! Powertelling bedeutet: Da gerät jemand in Fahrt und engagiert sich. Ist doch erstmal gut! Ich lehne mich zurück, schaue ihm zu und freue mich. Wenn das ununterbrochen passiert, mache ich den Mund auf und sage: "He, die andern sind auch mal dran!" Hat bisher immer sofortige Wirkung gezeigt.
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #67 am: 28.04.2017 | 21:17 »
Konkret habe ich Inspectres, Wushu, PDQ# und Fate (Free/Turbo/Core) gespielt. Alles zusammen vielleicht 2-3 Dutzend Sitzungen, als Spielleiter und Spieler, mit bestimmt mehr 10-15 verschiedenen Mitspielern in unterschiedlichen Konstellationen. Aus den Erfahrungen mit diesen Runden speist sich meine Beobachtung, dass die meisten Spieler diese Spiele einfach als Erfolgsstory-Generatoren benutzen. Spontan kann ich mich da an keine einzige Situation erinnern, wo wirklich eine Form von Spannung - sei es ein "schaffen wir das jetzt" oder ein "wie geht es wohl weiter" - aufgekommen wäre. Klar hatten die Runden teilweise andere Qualitäten, aber Spannung oder Stolz, eine schwierige Herausforderung gemeistert zu haben, gehörten nie dazu. Und das waren ja die Prämissen des Spielstils, den ich ursprünglich versucht habe zu beschreiben.

Ja, das beobachtest du – Feinheiten beiseite – schon richtig, wobei es mit würfeln oder nicht würfeln gar nichts zu tun hat, in WuShu oder FATE würfelst du ja, aber wirklich nachhaltig zu scheitern, ist fast unmöglich und auch nicht eingeplant. Wenn ich mich also konkret an eine FATE-Runde erinnere, wo ich ein ernsthaft banges Gefühl vor einem Kampf hatte, dann war das durch das System nicht gerechtfertigt (regeltechnisch waren wir nie in Gefahr), sondern speiste sich allein aus der Fiktion. Da wäre die Situation in echter Freiform tatsächlich brenzliger gewesen, als in FATE. Insofern sind die Würfel eigentlich ein Red Herring, es geht um die Spielprämisse.

Je nach Gruppe und Präferenz mag es dann tatsächlich allein darum gehen, ein Genre oder Quellenmaterial abzufeiern und je nach Belieben dicke oder weniger dicke Eier zu schaukeln, was auch okay ist, aber auch ich als erklärter Erzählspieler muss sagen, dass mir persönlich das auf Dauer zu wenig ist.

Wenn man also weiß, dass man nicht sterben oder es ernsthaft und endgültig verkacken kann, was macht das Spiel spannend? Hier ein paar Möglichkeiten:

  • Die Narrativisten-Droge: Moral. Du wirst vor ein moralisches Dilemma gestellt, das am Besten auch noch auf deinen Charakterhintergrund maßgeschneidert ist, wie entscheidest du dich, was sind die Konsequenzen, und was macht das mit dir?
  • Das Ballspiel: Erzählspieler spielen nicht gegeneinander, sondern werfen sich die Bälle gegenseitig zu, das kann man aber besser und schlechter machen, und wenn man es richtig gut macht, eben perfekt die Kurve kriegt, die Szene zum perfekten Abschluss bringt, das kann schon richtige Flow-Erlebnisse bescheren. Kann dann schon sehr nah am Impro-Theater sein.
  • Bonuspunkte: Mal weg vom Freiform, wenn du z.B. einen FATE-Kampf hast, wirst du gewinnen, aber welcher Charakter der Held des Tages ist und wer der Depp, das kann durchaus von Würfeln und Regeln entschieden werden und das ist auch nicht egal, denn im Erzählspiel ist der Weg das Ziel und so was wird ja auch aufgegriffen und eingewoben.
  • Die überraschende Wendung: Oft geht es schon irgendwo in die Richtung, die man erwartet hat, klar spielt man es aus und verhandelt es und es gibt kein Skript und jede Runde wird anders verlaufen, aber oft hat man schon ein Gefühl, in welche Richtung es geht, und in die geht es dann auch, das ist ja ehrlich gesagt beim herausforderungsorientierten Spiel auch nicht anders. Trotzdem kann es auch im Erzählspiel hier und da mal eine richtige Überraschung geben, die keiner hat kommen sehen, nur in der Regel folgt diese Überraschung aus der bewussten Entscheidung eines Mitspielers (SL oder Spieler). Und es kann durchaus auch im Erzählspiel Geheimnisse geben, die enthüllt werden.
  • Emotion/Identifikation: Ich vermeide das andere I-Wort, aber aufgrund seiner Struktur gibt dir Erzählspiel die Möglichkeit, dich selbst gezielt in Situationen zu manövrieren (oder manövrieren zu lassen), die du emotional spannend findest, und wenn die Sterne günstig stehen und dir die Gabe gegeben ist, dich fallen zu lassen, und du Mitspieler hast, die dich dann tragen... das kann schon sehr intensiv werden. Ich habe mal eine Runde gehabt, in der drei von fünf Leuten am Tisch mal kurz die Stimme versagte, Pipi in den Augen hatten wir eh alle.
  • Blood Opera: Erzählspieler spielen nicht gegeneinander – außer wenn sie es tun. Einen One-Shot kann man da schon mal als shakespeareskes Drama anlegen, und meistens ist jeder scharf auf seine Sterbeszene, aber solche Runden sind schon sehr unberechenbar und da kann es schon echt krasse Wendungen geben. Siehe z.B. die zahlreichen Game-of-Thrones-Runden auf den Tanelorn-Treffen. Fiasko soll an guten Tagen wohl auch so was abliefern (hab ich persönlich aber noch nicht erlebt).
  • Bzw. wenn es nicht gleich bis aufs Blut geht, sind aber doch oft Konflikte zwischen Spielercharakteren die Würze des Erzählspiels. Zwei SCs sind verliebt in dieselbe Person, so was.

Das mal so als Beispiele. Wobei sich meine Erfahrung insoweit mit Settembrini deckt, dass die wirklich guten Runden, die ich gespielt habe, alle eine(n) Spielleiter(in) hatten, und in der Regel auch gut vorbereitet waren. Einzige Ausnahme: Polaris, das ganz sicher kein typisches Beispiel für ein Forge-Spiel ist.
« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 21:21 von Lord Verminaard »
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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #68 am: 28.04.2017 | 21:19 »
Powertelling ist echt nicht von mir. Weder das Wort, noch das anzuprangern. Nicht meine Baustelle.
Hab' nur gesagt es existiert.

So wie Du es sagst, hast Du vlt. die schlimme Form noch nicht gesehen, aber wie gesagt, ich bin da nicht der Beschwerdeführer.

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Offline Bad Horse

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #69 am: 28.04.2017 | 21:22 »
"Powertellling" habe ich das erste Mal im Zusammenhang mit Forenspielen u.ä. gehört, und da hat es mMn bedeutet, dass derjenige, der gerade schreibt, nicht nur die Aktionen / Gefühle seines Chars beschreibt, sondern die eines anderen gleich mit.

Ich finde es völlig okay, wenn der Spieler sagt: "Ich besteige den Turm und komme zur Prinzessin", aber nicht, wenn er sagt "Ich besteige den Turm und die Prinzessin fällt mir erleichert um den Hals", jedenfalls nicht, wenn die Prinzessin ein anderer SC ist oder anderweitig nicht unter seiner Erzählhoheit liegt.
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Offline Chiarina

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #70 am: 28.04.2017 | 21:24 »
Ah! Ich habe gedacht, es bedeutet, dass einer ununterbrochen spricht und die anderen mundtot macht. Gut - Danke für die Aufklärung.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #71 am: 28.04.2017 | 21:29 »
Ich glaube, jeder von uns verwendet den Begriff so, wie es ihm gerade passt. ;) Aber, ja, die Essenz ist, dass ein Spieler Teile der Fiktion allein bestimmt, die er eigentlich nicht allein zu bestimmen hat.
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Offline D. Athair

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #72 am: 28.04.2017 | 21:35 »
@ Settembrini: Und jetzt bitte was zum xErz Ghoul'scher Prägung. Danke.
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Offline Settembrini

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #73 am: 28.04.2017 | 22:11 »
eXcellentes Erzählspiel?

Wenn es um Erfahrung geht, wier der Thread ja sagt, dann ist meine Mechkriegerrunde, wo ich Spieler bin, seit nunmehr fast 25 Jahren, die zählt dazu. Wobei es uns nicht um persönlichen Horror geht, sondern um andere, philosophisch-gesellschaftliche Themen. Der Meister kann die Regeln ja gar nicht richtig, also ist alles verhandelt, Sterblichkeit gering (viel Ohnmacht und Gefangennahme wenn man abkackt). Aber alles so megamäßig ausgearbeitet und durch Spieler unterfüttert, langes Spiel, ist episch wie sonst kaum was. Tiefe. Aber DIY-Tiefe und Investition. Ordnerweise Kram von ihm und uns. Ich twittere mal pics-> @Settembrini5, siehe aber auch:

https://hofrat.rsp-blogs.de/2017/03/17/vorbereitung-eines-spielwochenendes-in-zwei-varianten/

Wenn der SL da würfelt, dann ist das wie ne Tarotkarte ziehen, weil er ja die Regeln nur so grob kann und an einem beliebigen Spieltermin nichtdeterministisch anders interpretiert aus Nirvana-artiger Unbedarftheit.

Interessant ist vielleicht, wie Charaktere da bislang ausscheiden:
- Nukelarexplosionen
- Desertion/Fraktionswechsel
- Spieler scheidet real aus
- Zeitreisen, die schiefgingen
- Durch Aufwachen aus der Simulation [dauert zu lange zum erklären...]

Ghoulsche Prägung ist eher Individualpsychologisch, mein Geschmack eben eher gesellschaftlich-ingenieurstechnisch-militärisch um am Ende raus philosophisch zu werden.

Ach ja, KrachBumm-Star Wars-Mit Megastoryline gibt's auch noch. Da kommt die emotionale Wucht eben durch diese ganzen Temporegietricks und dramatische Zuspitzung der Action; die emotionale Tiefe durch die hohe Überlebenschance (BACTA!) und die große Bindung an Figuren der Kampagne und das gigantische Universum, so die Spieler es denn liebhaben (was mir persönlich abgeht, heutzutage). Das waren Zeiten! Da würde ich dann so wie  Ghloul auf Vampire verweist, auf das gute, grandiose Gamemaster Companion von WEG verweisen. Die Erfahrung da ist, daß alle Spieler eine unglaublich gute Zeit haben, es sei denn sie spielen irgendwelche PvP-Typen. Die haben immer gestreßt, das ging nie gut. Und ein anderer, legendär: dem war Star Wars zu unrealistisch. Der hat dann rumgemuffelt.

Die glorreiche Mechkriegerrunde würde andere vlt. als Simulation auffassen, aber nach Ghoul könnte es genausogut XERZ sein. Star Wars Kampagnen nach WEG-Art allemal.
Ansonsten überlasse ich die Deutung dem Ghoul.

EDIT2ADD:
Auf Wunsch eines Guten Freundes werde ich übrigens auf dem diesjährigen Sonnencon Star Wars W6 leiten.
« Letzte Änderung: 28.04.2017 | 22:15 von Settembrini »
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Offline KhornedBeef

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Re: Erfahrungen mit Erzählrollenspielen
« Antwort #74 am: 29.04.2017 | 09:58 »
@Settembrini: Interessante Berichte und Einsichten, danke!
Ich dachte übrigens bei Powertelling auch erst, dass jemand einfache Mühe und Detailliebe ins Erzählen steckt. Aber wenn man das analog zum Powergaming versteht, wo jemand maximalen Einfluss auf das Geschehen über die Spiel-Schiene ausüben will, dann würde es bedeuten dass man über sein Ezählen maximalen Einfluss ausüben will. Was so und so ausgehen kann, von daher gefiele mir das am besten.
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