Autor Thema: "Let them think on their feet" oder wie schaffe ich es Spieler zu überraschen  (Gelesen 1537 mal)

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Hellstorm

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Hallo Community,

ich habe mir gerade ein langes Video angesehen, was das Spieldesign von Demonsoul´s auseinander genommen hat. Dabei ist mir ein Punkt aufgefallen, welchen ich in meinem Spiel gerne mehr "forcieren" will. "Lösungen in der Situation" oder "Think on their feet".

Jetzt mag einer denken..."Ok? Was?"

Letztens habe ich eine Runde LotfP geleitet und konnte folgendes beobachten. Dadurch das die Spieler keine Ahnung hatten, was sie erwartet und auch das Regelwerk ihnen keine "Ideen zeigte (Wie ein Monstermanual beispielsweise) gingen die Spieler eine engere Verbindung mit den Charakteren ein. Was war der Effekt daraus? Ein durchweg positives und vorsichtiges Spiel im positiven Sinne. Die Spieler (nicht Charaktere) dachten mehr über die Spielwelt nach und bildeten die Erwartungen erst im Spiel.
Das Abenteuer war eins von DCC (Savage Kingdom) welche ja häufiger "unkonventioneller Monster verwenden. Was auch den Überraschungseffekt weiter verstärkte.

Das hatte zur Folge (zumindest mein Gefühl), das die Charaktere und Spieler eine stärkere Verbindung eingegangen waren, als ich es normalerweise bei Rollenspielen sehe. Ich führe es darauf zurück das die Charaktere und Spieler das selbe fühlten. Spieler wie Charaktere dachten sich "WTF is this shit". Die Spieler konnten sich auch nicht hinter "Skillchecks" verstecken, niemand hatte dieses Monster vorher gesehen. Die Handlungen der Charaktere fühlten sich dadurch "ehrlicher" an.

Ich will diese Reaktion öfter sehen...

Die Frage die sich nun stellt, für mich. Wie weit kann man so ein Konzept tatsächlich ziehen? Wie spielt ihr mit den "Erwartungen" eurer Spieler und wie schaft ihr sie es aus der Balance zu bringen? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Seht ihr das vielleicht komplett anders? Halp!



PS: Jetzt, beim lesen klingt das mega esoterisch...Es fühlt sich an als hätte ich einen wichtige Erfahrung als GM gemacht...kann es aber nicht ganz "fassen" bzw. beschreiben.

Grüße ein verwirrter Hellstorm

Link zu dem Videoessay, falls es jemanden sehen mag. Dadurch wird vielleicht mein Beispiel auch klarer:
https://www.youtube.com/watch?v=Np5PdpsfINA
« Letzte Änderung: 24.06.2017 | 15:20 von Hellstorm »

Offline Rhylthar

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Ich versuche mal zu greifen, was Du uns sagen willst:

Durch unkonventionelle Gegner/Monster, die eben nicht durch Spieler einschätzbar waren, kam höhere Spannung auf und Kämpfe wurden eher "taktisch defensiv" als "taktisch offensiv" ausgetragen, einfach weil eine gewisse (sich auf das Spiel positiv auswirkende) Unsicherheit da war, was der Gegner nur wirklich draufhabe.(?)

Kenne ich, funktioniert eine Weile nach meiner Erfahrung. D&D 3.5 hatte damals so schöne Sachen wie MM IV + V, in denen die abgefahrenen Sachen drin vorkamen, die man als SL dann auch noch selber verändern konnte. Doch nach meiner Erfahrung tritt/trat irgendwann dann doch ein Abnutzungseffekt auf...irgendwann darf es dann auch mal wieder Standardkost sein.
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Offline Weltengeist

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Interessantes Thema - warum "versteckst" du es im D&D-Bereich? Das betrifft doch sicherlich auch viele andere Rollenspiele...
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Das, was du beschreibst, habe ich beim Old-School-Spiel (fast?) immer so erlebt. Meist aber weniger ausgeprägt.
Und das ist ein wichtiger Grund, warum ich die OSR so lieben gelernt habe. Und: Es hat definitiv was mit den Regeln zu tun.

Die Frage die sich nun stellt, für mich. Wie weit kann man so ein Konzept tatsächlich ziehen? Wie spielt ihr mit den "Erwartungen" eurer Spieler und wie schaft ihr sie es aus der Balance zu bringen?
Indem man tatsächlich spielt? Zufallstabellen, eigene Monster, Hexploration, ... sind Mittel, die grundsätzlich auch die SL überraschen oder neu sind.
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Das kann man ja grundsätzlich nicht nur auf der Ebene der Monster so machen, sondern auch z.B. wie bei 13th Age auf der Ebene der Hintergrundhandlung, die teils durch Würfel bestimmt wird ("hinter dem Mordkomplott steckt aber *werf* holy shit, die Priesterin?"). D&D macht das ja auch mit verfluchteb Gegenständen.

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Hellstorm

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Huch...haben ja doch ein paar geantwortet.  ~;D Der Eingangspost war schon sehr esoterisch...

Ich denke das Problem ist der Moment des "Umbruchs" um etwas frisch zu halten. In der BWL gibt es eine Theorie der technischen Anpassung, also in dem Moment wo eine Anpassung(folgen) sinnvoll ist und es der "Mainway of Buisness" wird(Standard). Ähnlich denke ich, ist es hier...man muss diesen Punkt erkennen und anstatt mehr vom selben und mehr verfeinern...etwas ganz anders machen. (kreative Zerstörung)

Demnach müssen nicht nur "Regeln gebrochen werden" sondern auch "Neue" hinzukommen und "Klassiker" verschwinden. Wenn auch nur für kurze Zeit. In dem Darksoulsvideo wird von einem giftigen Sumpf gesprochen. Beim ersten Zusammentreffen ist es eine große Herausforderung, weil "unbekannt". Taucht dieser aber wieder auf und es wurden nur zu "zusätzlichen Problem"(Monster usw.) verändert...so bleibt das Grundproblem das gleiche. Erschwerend kommt hinzu, das die Helden dieses Problem ja auch bereits einmal gelöst hatten.

Klar kann man da jetzt sehr metamässig betrachten und dann alles auf diese weise zerreden. Was würde jetzt aber eine Veränderung sein, welche die Helden komplett neu herausfordert.

Gleichzeitig muss das "Regelsystem" so konstruiert sein, das es Veränderungen zulässt bzw. mir hilft Regeln selbst zu finden. Je mehr Regeln normiert werden, desto schwerer wird es "Nischen" zu finden, um etwas besonders zu schaffen. Also dem Spielleiter Hilfen an die Hand geben, weil er dann eben nicht nur Verwalter von Regeln ist.

Um ein weiters Bild zu benutzen: Ein Regelwerk muss es mir ermöglichen Puzzlestücke zu erfinden und nicht nur vorgefertigte geben....


*Notiz: ein Buch über Gamedesign besorgen..weil Defizite im Vokabular*




Offline Korig

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Einfach den DCC Spieleiterteil mal lesen. Der trifft das Thema sehr gut.

Offline Rhylthar

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Ich denke das Problem ist der Moment des "Umbruchs" um etwas frisch zu halten. In der BWL gibt es eine Theorie der technischen Anpassung, also in dem Moment wo eine Anpassung(folgen) sinnvoll ist und es der "Mainway of Buisness" wird(Standard). Ähnlich denke ich, ist es hier...man muss diesen Punkt erkennen und anstatt mehr vom selben und mehr verfeinern...etwas ganz anders machen. (kreative Zerstörung)
Wenn wir in der BWL bleiben wollen, kann man natürlich auch Sachen wie die BC-Matrix oder Schlagworte (neben "Innovation") wie "Diversifikation" hineinpacken.

Hängt ein wenig von der Gruppe ab, was wirklich gewünscht wird.
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Offline D. Athair

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Der Eingangspost war schon sehr esoterisch...
Dass du nach Worten ringst ändert nichts an der Verständlichkeit deines Anliegens. Kurz: Alles  :d
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Offline Greifenklaue

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Ich weiß nicht, ob es das hundertprozentig trifft, aber im Prinzip ist das ja der Versuch, den Sense of Wonder von einst wiederzuentdecken.

DCC und LotfP sind da gute Adressen, bei Numenera ging es mir so. Meine Mitspieler, eher neu dabei, fanden es aber deutlich zu abgefahren.
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

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Offline Weltengeist

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Mit "Sense of Wonder" und "Herausforderung" sind hier schon die beiden in meinen Augen wichtigsten Schlagworte gefallen.

Und ja, beides kriegst du am wenigsten in Rollenspielen, in denen die Spieler alle Regionalbände und Kreaturenbücher auswendig kennen. Am leichtesten löst du das Problem daher, wenn du eine eigene Welt benutzt, von der die Spieler nicht mehr wissen, als ihre Charaktere wissen können. Idealerweise sind die Charaktere bisher noch nie aus ihrem Kaff herausgekommen und wissen daher ziemlich wenig. Und wenn sie dann die weite Welt bereisen, brichst du einfach die ganzen Klischees, um ihnen mal etwas anderes vorzusetzen.
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