Autor Thema: African Youth - kleine Szenarioidee  (Gelesen 3609 mal)

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Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #25 am: 4.07.2017 | 15:29 »
Zitat von: KlickKlack
Dafür ist die reale Welt aber eben zu komplex.

Naja, keinem Rollenspiel, keinem Kunstwerk, noch nichtmal irgendeiner wissenschaftlichen Arbeit gelingt es, die Realität in allen ihren Facetten zu berücksichtigen. Der Anspruch, "alles" berücksichtigen zu wollen, ist doch immer reichlich naiv.

Die Frage, die sich in meinen Augen aber durchaus stellt, ist folgende:

Ist das, was ich da skizziere, so abwegig, dass es jegliche Relevanz für die Realität entbehrt?

KlickKlacks Beiträge klingen ja ein wenig danach. Und wenn dem so wäre, dann würde ich es vermutlich lassen. Ein bisschen mehr als Fantasy sollte es schon sein, finde ich (...but the scenario may "extrapolate and add a science fiction gloss" [Morningstar], too, if this serves reassurance. Ich habe kein Problem damit.).

Hinsichtlich der Frage nach der Recherchearbeit darf ich vielleicht ein bisschen ausholen: Ich will euch von einer ähnlichen Situation berichten, in der ich mich vor nicht allzu langer Zeit befunden habe.

Ich habe nicht nur Musik auf Lehramt, sondern auch Komposition studiert. Wenn mein Lehrerberuf mir die Gelegenheit dazu gibt, sitze ich auch heute noch manchmal an meinem Arbeitsplatz und schreibe an einem Stück Musik. Vor ein paar Jahren hatte ich eine Unterhaltung mit einem islamischen Vorbeter aus einer Moschee, der mir erzählt hat, im Islam wäre bereits Musik an sich unrein, nur ganz wenige Instrumente seien in Ordnung. Er hat mir ein zwei reichlich drastische Passagen aus der Sunna zitiert, die mir den Eindruck vermittelten, ich als Musiklehrer sei dafür verantwortlich, dass meine muslimischen Schüler sich auf geradem Weg in die Hölle begeben. Das Gespräch hat mich verunsichert. Unter anderem auch, weil ich irgendwie Widersprüche empfunden habe: Es gibt ´ne ganze Menge orientalische Musik. Sind das alles Sünder? Und selbst im Gottesdienst: Was der Muezzin da auf seinem Turm macht und was im Gottesdienst selbst bei der Koranrezitation geschieht... für mich ist das Musik! Gerade die Koranrezitation hatte es mir angetan. Ich habe einige Stunden am Computer gesessen und auf youtube Koranrezitationen angehört. Irgendwann habe ich sie angefangen als Noten herauszuschreiben und dabei nochmal ein paar interessante Sachen entdeckt (einige Interpreten nutzen beispielsweise bewusst den Einsatz von Zentraltönen: für mich sah das immer mehr nach kompositorischen Entscheidungen, also nach Musik aus). Dann hatte ich den Gedanken, diese Koranrezitationen quasi als musikalisches Material zu nutzen und daraus eine eigene Musik zu machen. Ich wollte auf den Text verzichten und mich auf Stimmen beschränken. So komme ich nicht in Gefahr religiöse Texte zu profanisieren und irgendwelche verbotenen Instrumente zu verwenden. Als ich soweit war, musste ich dann aber doch irgendwie in Erfahrung bringen, was ein Moslem von diesem Vorgehen halten würde. Ich versuchte ein paar Texte zum Thema zu lesen. Entsprechende Quellen habe ich teilweise verstanden, teilweise nicht. Insbesondere konnte ich mir nie ganz sicher sein, ob mir das, was ich da lese, einen halbwegs repräsentativen Überblick verschafft oder nicht. Schließlich hatte ich die Nase voll: Ich habe mir angeschaut, was es an der Frankfurter Universität für Dozenten im Fach Orientalistik gibt und stieß auf eine Frau, die sogar ein paar Veröffentlichungen zur Musik im Islam gemacht hat. Ich habe sie angerufen und ihr gesagt, dass ich mich mit ihr unterhalten will. Dann habe ich ihr die gesamte Geschichte erzählt. Es war ein tolles Gespräch und hinterher konnten wir mit gegenseitiger Hochachtung auseinander gehen. Die Argumente der Dozentin brauche ich hier nicht im einzelnen wiederzugeben. Ich hatte aber hinterher den Eindruck, dass das, was ich da vorhatte, zumindest für einige Moslems interessant und in Ordnung sein könnte. Das hat mir gereicht. Das Stück ist gegenwärtig in Arbeit.

Lange Rede kurzer Sinn: Nach den Beiträgen von KlickKlack hier im Strang sieht´s für mich so aus, als wäre ich beim Einlesen in die entsprechende Thematik schnell in einer ähnlichen Situation, wie damals bei den Texten zur islamischen Musik. Im Prinzip bräuchte ich fachkundige Beratung. Ich bin aber nicht ganz sicher, ob ich jemand Fachkundigen finde, der dazu bereit ist. Denn mal ehrlich: Wenn ich bei so einem Gespräch als Musiklehrer und Komponist auftrete, bin ich in einer durchaus anderen Position, als wenn ich jemandem erzähle, dass ich dabei bin ein Rollenspielabenteuer zu schreiben. Da zeigt mir der Cultural Studies Professor doch einen Vogel!

Ich werde mich trotzdem mal ein wenig umsehen. Vielleicht ergibt sich ja wider erwarten doch noch eine Möglichkeit.

Und mit Ucalegon würde ich gern zwei, drei pm´s über die Wirkung und Relevanz von Utopien austauschen.

Danke für eure Denkanstöße.
« Letzte Änderung: 4.07.2017 | 15:35 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline KlickKlack

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #26 am: 5.07.2017 | 01:42 »
Was Du skizzierst ist nicht so abwegig, dass Du es gleich unterlassen solltest, ganz und garnicht.
So wie Du es beschrieben hast fehlte mir nur völlig der 'Anspruch' des Realismus, der bei einem solch...
naja eben realistischem Thema notwendig ist, oder meines Erachtens notwendig wäre.

Damit lehne ich mich ja auch weit aus dem Fenster.
Ich kann mich auch herrlich über Indiana Jones amüsieren, würde aber, wäre ich zu einem Rollenspiel mit Thema 'irgendwannzwischen'30und'45' geladen, auch mehr grau Schattierungen und tiefe in der Darstellung der Deutschen erwarten.

Gerade weil Du Dir so viele Gedanken gemacht hast, das Szenario so realistisch gestaltest und (nun da ich um deinen akademischen Hintergrund weiß) auch bereit bist deine professionelle Expertise einfließen zu lassen, also einen sehr bodenständigen, weltlichen und nicht vor alle, narrativen Ansatz gewählt hast, stieß es mir auf da so viele 'Lücken' zu sehen.
Ich finde deine Idee und deinen Enthusiasmus toll, ungewöhnlich und spannend, aber eben so sehr in der Realität verortet, dass ich da sehr, sehr kritisch wäre, würde ich Schludrigkeit vermuten...

hmm... nimm es als ein Gefühl der Verantwortung. Wenn man ein solch brisantes, reales Thema anpackt, dann so differenziert und fundiert wie möglich - das gebietet die Verantwortung gegenüber der Thematik. Vielleicht auch in Hinblick auf Mitspieler, die eventuell nicht ganz so gut informiert sind...
vielleicht bin ich da etwas zu empfindlich, mag dann mit meinem Magister in Kulturwissenschaften/Geschichte zusammenhängen ;)

Oh, um den Bogen zur bodenständigen Fantasy zu schlagen. Die Witcher Serie thematisiert z.B. Rassismus, das ist in Ordnung, wird aber erst interessant, wenn man nach einer Weile bemerkt, dass die unterdrückten, durch Rassismus (oder Spezizismus?) gepeinigten Elfen-Rebellen ziemlich unsympathische, alles andere als edle Dreckskerle sein können, die ihrerseits ebenfalls rassisitische Vorurteile pflegen.
Das ist nett und erfrischend in Fantasy Werken, sollte aber doch in Werken die im Irdischen verankert sind selbstverständlich sein.

Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #27 am: 5.07.2017 | 02:10 »
Für mich gab´s in diesem Strang hier zu viele Bedenken um wirklich anzufangen und zu viel Interesse um einfach aufzuhören. Irgendwie konnte ich offensichtlich auch nicht so richtig gut meine Position verdeutlichen. Ich werde die Idee jetzt nochmal an anderem Ort präsentieren. Wenn ich dort ein positives Feedback bekomme, melde ich mich hier vielleicht nochmal. Wenn nicht, war´s das wahrscheinlich. Danke nochmal.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)