Autor Thema: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.  (Gelesen 21522 mal)

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Offline Rorschachhamster

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #100 am: 3.09.2017 | 19:13 »
Also, nur mal so als Gegenbeispiel in einem HP-System mit sozialer Aktion, ich würde das in älteren D&D-Versionen über einen Reaktionswurf abhandeln, der es dem Dieb u.U. erlauben würde je nach Ergebnis, einen hinterhältigen Angriff zu machen, einen normalen Angriff oder ins offene Messer zu laufen. Einen gerüsteten Gegner mit einem Tritt anzugreifen ist nämlich immer ein hohes Risiko, mMn. Und längst nicht immer erfolgreich. 

Bei einem sehr niedrigen Ergebnis (5 oder niedriger auf 2W6) würde die ganz normale Kampfinitiative beginnen. Der Gegner glaubt dem Typen nix und greift sofort an, ohne sich eine Blöße zu geben. Bei 6-8 kriegt der Schurke einen normalen Angriff frei, aber ohne Boni, und ohne besondere Gefahr für einen gerüsteten Gegner mit vielen HP. Bei 9 oder höher dagegen kriegt er den +4 Bonus und seinen kritischen Bonus (oder Vervielfältigung) auf den Treffer. Bei einer natürlichen 12 würde der Gegner wahrscheinlich sogar so offen und nett sein, das der Dieb schon ein schlechtes Gewissen kriegen sollte... "Hey, das finde ich ja gut das du weißt, wann du geschlagen bist und zivil damit umgehst. Das tut mir ja leid, ich muß dir das Ding halt abnehmen, aber ich schulde dir ein Bier, oder zwei, ich kenn da eine Kneipe, die würd' dir bestimmt auch gefallen..."  ;)

D.h., das Bluffen ist eine soziale Interaktion, der Tritt ein Kampfmanöver. Den Tritt an sich über ein System der sozialen Interaktion abzuhandeln, bleibt aber  ~;D
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Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #101 am: 3.09.2017 | 19:43 »
Wenn nicht gekämpft wird, macht es auch wenig Sinn die Kampfregeln zu befragen. Eigentlich gehts doch um Täuschen (Sozial) und Fliehen(Gewandtheit).

Es geht um einen Suckerpunch und der gehört genau an den Übergang von Vorkampfphase zum Kampf, also an die Schnittkante Sozial- und Kampfregeln.

Wenn verregeln, dann ordentlich.


Bei 9 oder höher dagegen kriegt er den +4 Bonus und seinen kritischen Bonus (oder Vervielfältigung) auf den Treffer.


Wenn dann außer HP-Verlust nichts Weiteres passiert, würde ich mich da als Dieb nicht drauf einlassen.
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Offline Maarzan

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #102 am: 3.09.2017 | 20:19 »
Es geht um einen Suckerpunch und der gehört genau an den Übergang von Vorkampfphase zum Kampf, also an die Schnittkante Sozial- und Kampfregeln.

Wenn verregeln, dann ordentlich.

 

Wenn dann außer HP-Verlust nichts Weiteres passiert, würde ich mich da als Dieb nicht drauf einlassen.

Wenn du mehr willst, spielst du vermutlich das falsche Spiel. Der deutlich "unangenehmere" Treffer mit der Streitaxt oder der Armbrust macht dann typischerweise auch nur HP-Verlust.
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Eulenspiegel

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #103 am: 3.09.2017 | 23:03 »
Ich glaube, es geht nicht darum, womit man getroffen wird, sondern wann man getroffen wird:

Innerhalb eines Kampfes bist du voller Adrenalin. Du nimmst Schmerzen nur gefiltert war. Im Kampf kannst du von einem Schwert getroffen werden oder einen Tritt in die Eier bekommen: Das Adrenalin unterdrückt die Schmerzen und du kannst weiterkämpfen.

Außerhalb des Kampfes sieht es anders aus: Hier ist dein Adrenalin-Level niedrig. Dein Körper ist im "zivilen" Modus. Wenn du hier plötzlich einen Schwerttreffer oder einen Tritt in die Eier abbekommst, wird der Schmerz ungefiltert an das Gehirn geleitet. Du bist für einige Sekunden außer Gefecht gesetzt: Der Körper schaltet sofort in den Kampfmodus und nach ein paar Sekunden wurde genügend Adrenalin produziert, um den Schmerz zu unterdrücken. Du kannst jetzt kämpfen.

Von daher muss man unterscheiden:
Tatsächlicher Schaden am Körper (LE-Verlust): Hier macht ein Schwert mehr Schaden als ein Tritt in die Eier. Dafür ist es egal, ob du den Tritt in die Eier während des Kampfes oder davor bekommst: Der Schaden ist in beiden Fällen der gleiche. - Beim Schwerttreffer würde ich sogar soweit gehen und sagen, dass ein unvorbereiteter Schwerttreffer vor dem Kampf wesentlich mehr Schaden anrichtet als während des Kampfes, da keine Verteidigungsaktionen erfolgen.

Schmerzen / temporäre Kampfunfähigkeit: Hier macht es keinen großen Unterschied, ob man vom Schwert getroffen wird oder einen Tritt in die Eier bekommt. Der Unterschied ist, ob es während des Kampfes passiert (Adrenalin unterdrückt den Schmerz) oder ob es vor dem Kampf passiert (Schmerz wird direkt ins Gehirn geleitet und führt zu temporärer Kampfunfähigkeit).

PS:
Außerdem sollte man Hitpoints (HP) nicht unbedingt mit Gesundheit/Lebensenergie (LE) verwechseln. Nur weil man HP verliert, heißt das nicht, dass man jetzt plötzlich weniger gesund ist. HP ist eine reine Meta-Ressource wie zum Beispiel auch Bennies.

Offline Anro

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #104 am: 3.09.2017 | 23:48 »
Ich kenne kein wirkliches System, was zwischen hitpoints und lebenspunkten unterscheidet.
Aber ich verstehe den Unterschied bei "hitpoints als kampfeswillen/ausdauer" und Gesundheit.
Bennies sind grundverschieden - wie fatepunkte, da keine Repräsentation in der Fiktion vorhanden ist. Hörte das Argument schonmal, ist aber schwer zu verteidigen.


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Offline ArneBab

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #105 am: 4.09.2017 | 00:31 »
Außerdem sollte man Hitpoints (HP) nicht unbedingt mit Gesundheit/Lebensenergie (LE) verwechseln. Nur weil man HP verliert, heißt das nicht, dass man jetzt plötzlich weniger gesund ist. HP ist eine reine Meta-Ressource wie zum Beispiel auch Bennies.
Das sehe ich nur dort, wo der Kampf sich aus der Spiel-Realität verabschiedet (d.h. wo das Spiel in einen Kampfmodus wechselt). Das Gefühl habe ich bei DnD und Splittermond (durch die sehr taktische Initiative: "1 Tick kürzer, dann bin ich noch vorher dran"), aber nicht bei DSA (auch 3, trotz der hohen Lebenspunkte), Gurps oder 1w6.
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Eulenspiegel

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #106 am: 4.09.2017 | 00:50 »
Erstmal hat HP oder Lebensenergie nichts mit Kampf zu tun: Beides kann man auch außerhalb des Kampfes gewinnen oder verlieren.

Die Frage ist, wie es dich beeinträchtigt und was man sich darunter vorstellt:
Einmal hat man die Vorstellung, dass es deinen Gesundheitszustand darstellt. Dementsprechend lange braucht man auch, um sich davon zu erholen.
Außerdem hat eine niedrige Gesundheit häufig auch negative Auswirkungen (z.B. Probenerschwernisse.)

Das andere mal ist es einfach eine Meta-Ressource, die nichts damit zu tun hat, wie gesund du bist. Genau wie Bennies und Fate-Punkte haben sie keine Repräsentation in der Fiktion.
Meistens gibt es hierfür dann auch eine extrem schnelle Heilungsrate. (Vollständige HP-Regeneration pro Tag bei D&D 5. Bei 7. See werden alle nicht-dramatischen Wunden sogar nach jeder Szene zurückgesetzt.)
Außerdem haben niedrige Hitpoints normalerweise keine Auswirkungen. Manchmal haben sie sogar positive Auswirkungen. (Zum Beispiel gibt "bloodied" bei D&D4 manchmal Boni.)

Was man sich aber auch klar machen muss: Die Frage Hitpoints oder Lebensenergie hat nichts mit dem Kampfsystem zu tun. Beides sind Ressourcen, die sich auch außerhalb des Kampfes ändern können. Und die ggf. auch außerhalb des Kampfes Auswirkungen haben.

Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #107 am: 4.09.2017 | 01:35 »
Ich ... verstehe den verlinkten Beitrag nicht. Spieler verkackt den Wurf für Fliehen auf die schlimmstmögliche Weise, der ihm kämpferisch überlegene Bösewicht holt ihn ein und dann lädt die Spielleitung ihn noch dazu ein, am Leben zu bleiben und das Abenteuer fortzusetzen ("Ich nehme Dir jetzt den Stammbaum weg, damit Du noch eine Gelegenheit hast, ihn zurückzustehlen, harhar"), und mit was für einer tollen Idee kommt der Spieler? - "Ich tret' dem foll in die Eia, do, höhö".

Was erwartet der denn eigentlich???
[...]
Das wir uns nicht verkehrt verstehen, ich bin ein Freund von regelleichtem Spiel, grad' leite ich eine OSR-Kampagne, wo die kompletten Regeln auf eine Din-A-4-Seite passen, aber das hat doch alles überhaupt nichts miteinander zu tun!  >:(

Offline Issi

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #108 am: 4.09.2017 | 08:27 »
Ich würde sagen, es ist weniger der Schmerz, als der Schreck des NSC, der dem SC hier zur Flucht verhilft.(Falls er unverhofft getroffen wird)
Reicht eigentlich wenn er für einen Moment nicht reagieren kann, damit der SC eine Chance hat zu fliehen.

Falls es in dem Fall tatsächlich so ist, dass der Spieler seine Chance auf Flucht längst hatte, die vergeigt hat aber nicht bereit ist nun eine Niederlage zu akzeptieren, dann können ihm auch die besten Regeln nix helfen.

Edit.
@
YY
Ja falls er einen schwergeruesteten Mann wirklich schlagen will, dann schon. Es wird aber kaum Schaden oder Schmerz verursachen, falls er gepanzert ist, hoechstens einen Schreck.
Wenn man der Meinung ist, es braucht Schmerz und Schaden, dann reden wir über HP.
Und darum den NSC tatsächlich kurz kampfunfaehig zu machen. Was bei einem gepanzerten Mann ziemlich unplausibel ist.

Wenn man der Meinung ist, Verwirrung reicht um eine Chance zu geben, dann nicht.
Das ist halt in den meisten Fällen Kulanz des SL.

Wenn der SL aber dem SPL sagt:Der Typ ist schwer gepanzert, deine Figur fügt sich dabei hoechstens selbst Schmerzen zu, kann der SPL die Lage seiner Figur vielleicht besser einschätzen und streicht die "dumme Idee."
Und akzeptiert seine "Niederlage".
Ne "coole Idee" ist halt auch nur dann cool, wenn es in der Situation moeglich ist und irgendwie Sinn macht.
« Letzte Änderung: 4.09.2017 | 09:29 von Issi »

Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #109 am: 4.09.2017 | 10:09 »
Wenn man der Meinung ist, es braucht Schmerz und Schaden, dann reden wir über HP.

Ich rede doch gerade davon, dass man nur mit HP hier nicht weiter kommt.


Und darum den NSC tatsächlich kurz kampfunfaehig zu machen. Was bei einem gepanzerten Mann ziemlich unplausibel ist.

Nö.
Je nach Rüstung gibt es da immer noch viele Möglichkeiten.


Das eigentliche Problem ist, dass der Spieler sich beim Ansagen seiner Aktion gedacht hat: Wird regelseitig schon irgendwie gehen.
Tat es in dem Fall eben nicht, was man hätte vorher wissen können.
Und wenn absehbar ist, dass einem die Regeln einen fetten Strich durch eine anderweitig wenigstens denkbare Aktion machen (was bei DSA4 nicht gerade selten vorkommt), sollte man vorher in Verhandlung mit dem SL treten.
Nur dann gibt es eine Entscheidungsgrundlage und man kann sich wenigstens im Nachgang noch mal in Ruhe unterhalten, was man wie regeln will.
Das führt zwar oft nirgends hin, weil die Beteiligten so unterschiedliche Vorstellungen haben, aber dafür gibt es ja die Arbeitsgruppe "mehr Empirie im Rollenspiel"...  ;D
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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #110 am: 4.09.2017 | 10:22 »
Je nach Rüstung gibt es da immer noch viele Möglichkeiten.

Der Tritt in die Eier ist üblicherweise keiner davon, denn im Weichbereich hat eine vernünftige Rüstung eher mehr als weniger Schutz zu bieten, und sei es durch den Gambeson, der bis über die Hüfte runter reicht. Selbst wenn nicht, einem kampfbereiten, mit der Waffe geübten Mann, der sein Schwert in der Hand hält, in die Eier zu treten, ohne vorher selbst schwer verletzt zu werden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Das eigentliche Problem ist, dass der Spieler sich beim Ansagen seiner Aktion gedacht hat: Wird regelseitig schon irgendwie gehen.
Tat es in dem Fall eben nicht, was man hätte vorher wissen können.
Und wenn absehbar ist, dass einem die Regeln einen fetten Strich durch eine anderweitig wenigstens denkbare Aktion machen (was bei DSA4 nicht gerade selten vorkommt), sollte man vorher in Verhandlung mit dem SL treten.
Nur dann gibt es eine Entscheidungsgrundlage und man kann sich wenigstens im Nachgang noch mal in Ruhe unterhalten, was man wie regeln will.
Das führt zwar oft nirgends hin, weil die Beteiligten so unterschiedliche Vorstellungen haben, aber dafür gibt es ja die Arbeitsgruppe "mehr Empirie im Rollenspiel"...  ;D

Das eigentliche Problem ist, dass der Spieler ein anderes Spiel spielen will, als die Spielleitung, worüber nicht gesprochen wurde und wird. Die Spielleitung drückt ihre Vorstellungen dann ganz locker auf Basis der Regeln und ihrer Autoritätsposition durch.

In einem Spiel mit Regeln, die auf cinematische Action zugeschnitten sind, sollte die Aktion eine ernst zu nehmende Chance auf Gelingen haben, wobei die immer noch abhängig von der Kompetenz des Gegners ist. In einem System, das sich um Realismus bemüht, darf die Aktion grundsätzlich nur eine minimale Erfolgschance haben. Es sollte halt vorher allen klar sein, was man spielt.

Das war aber im Grunde schon auf Seite 1 geklärt.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #111 am: 4.09.2017 | 10:36 »
Der Tritt in die Eier ist üblicherweise keiner davon, denn im Weichbereich hat eine vernünftige Rüstung eher mehr als weniger Schutz zu bieten, und sei es durch den Gambeson, der bis über die Hüfte runter reicht. Selbst wenn nicht, einem kampfbereiten, mit der Waffe geübten Mann, der sein Schwert in der Hand hält, in die Eier zu treten, ohne vorher selbst schwer verletzt zu werden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

So viel hilft das nicht.
Man kann selbst "durch" einen dedizierten Tiefschutz treten bzw. diesen ausnutzen.
Wenn der Tiefschutz an der Torsorüstung abgestützt ist, ist es mehr oder weniger unmöglich, alles andere geht, wenn die Umstände stimmen.

Aber es war ja gerade Thema der regelseitigen Überlegungen, den Gegner von "kampfbereit" runterkriegen zu können - was zum Streuner sehr gut passen würde.

In einem System, das sich um Realismus bemüht, darf die Aktion grundsätzlich nur eine minimale Erfolgschance haben.

Sehe ich deutlich anders.
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Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #112 am: 4.09.2017 | 10:39 »
Ich kenne kein wirkliches System, was zwischen hitpoints und lebenspunkten unterscheidet.
Midgard hatte das seit jeher. Bei D20 gibt es die optionalen Regeln für Vitality und Wound Points, bei Traveller 20 ein etwas anderes System mit Stamina und Lifeblood. Palladium hatte Hit Points (das waren die Lebenspunkte) und S.D.C. (das waren die "Abwehrpunkte") bei seinen "heroischen" Systemen.
Trotz der Tatsache, dass es sowas seit den frühen 80ern gibt, hat es sich irgendwie nie so recht durchgesetzt - obwohl der Spott über die traditionellen HP-Systeme ja so alt ist wie diese Systeme selbst.
Ich selber finde solche Systeme eigentlich sehr sympathisch für eher heroische Spiele, da sie einige Probleme lösen. Zum einen einfach das SoD-Problem normaler HP-Systeme: Schaden an der "Stamina"* ist dann eben ganz offiziell kein richtiger Schaden, sondern repräsentiert das gerade noch rechtzeitige Entrinnen, Streifschüsse etc.; typischerweise gehen kritische Treffer o.ä. dann direkt an die "Lebenspunkte"*, so daß ein "Restrisiko" verbleibt und man die klassische Frage mit "Ja, man kann in diesem System an einem einzelnen Axthieb/Gewehrschuss sterben" beantworten kann.
Zum anderen kann man in einem solchen System die D&D-typische Abenteuerstotterei mit ihren vielen Heilungspausen vermeiden. "Stamina" kann man dann - da hat Midgard sich echt in den Fuß geschossen - eben innert 10 Minuten regenerieren und gut.
Schließlich kann man die "Stamina" auch noch für viele andere Dinge kreativ verwenden, z.B. wie bei Midgard zum Zaubern, oder für besondere Kampfmanöver, oder man kann ihre Regeneration während des Kampfes durch bestimmte Aktionen ermöglichen etc. etc.

*Oder wie es auch heißen mag.

Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #113 am: 4.09.2017 | 10:47 »
Sehe ich deutlich anders.
Ja, aber aus dem gleichen Grund, aus dem der ursprünglich hier diskutierte Blogger das für ein "cinematisches" System anders sah: Der glaubte, er spiele einen kuhlen Äkschnhelden und der kann das halt in so einer Geschichte; und Du glaubst in Deinem hinlänglich bekannten Größenwahn, Du seist ein kuhler Äkschnheld und könntest das halt in der Wirklichkeit. 8]

Nur um spaßeshalber die Luft aus dem Argument zu lassen. Sagen wir mal, dass der von Dir gespielte Kämpfer der Gruppe von einem kämpferisch unterlegenen, ungerüsteten und nur mit einem  nicht gezogenen Dolch bewaffneten NSC in der gleichen Situation mit dem Krummschwert gegenübertritt und die Herausgabe des McGuffin verlangt. Und der Spielleiter sagt dann: "Ja okay, er gibt nach... aber dann versucht er Dich plötzlich in die Eier zu treten. Ich sach' mal, 60% Erfolgschance... okay 40%. *Würfelwürfel* hat er geschafft, Du windest Dich schmerzgekrümmt am Boden... und weil er kein Äkschnheld sondern ein realistischer Bösewicht ist, zieht er seinen Dolch und schneidet Dir fachgerecht tief die von diesem Rüstungstyp nicht bedeckte Kehle durch. Was spielste als nächstes?"
Wenn Du Dich nun zu der Behauptung versteigen möchtest, dass Du in so einem Falle sagen würdest "klar, das ist realistisch, geht schon okay so" statt Zeder und Mordio ob dieses Bullshits zu schreien: Das kannste Deinem Friseur erzählen!  >;D
« Letzte Änderung: 4.09.2017 | 10:59 von Wulfhelm »

Offline ArneBab

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #114 am: 4.09.2017 | 10:50 »
Erstmal hat HP oder Lebensenergie nichts mit Kampf zu tun: Beides kann man auch außerhalb des Kampfes gewinnen oder verlieren.

Die Frage ist, wie es dich beeinträchtigt und was man sich darunter vorstellt:

Das andere mal ist es einfach eine Meta-Ressource, die nichts damit zu tun hat, wie gesund du bist. Genau wie Bennies und Fate-Punkte haben sie keine Repräsentation in der Fiktion.
Genau das meinte ich damit, dass sich das System von der Spiel-Realität verabschiedet — egal ob jetzt im Kampf oder außerhalb.
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Offline KhornedBeef

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #115 am: 4.09.2017 | 10:52 »
Sogar Warhammer 2nd / Dark Heresy et al. kennen ja "Wunden" und "kritische Wunden", die sich ziemlich genau so verhalten. Und Ich wette die haben schon woanders geklaut, das System war auf der Ebene keine krasse Innovationsschmiede (sondern eben Genre-/Settingvehikel).
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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #116 am: 4.09.2017 | 10:57 »
Sogar Warhammer 2nd / Dark Heresy et al. kennen ja "Wunden" und "kritische Wunden", die sich ziemlich genau so verhalten.

Wobei man da die "schützende Schicht" an HP nicht umgehen kann, was für einige Sachen eine ziemlich brauchbare Abbildungsmethode wäre.
Und angesichts der Heilungszeiten (bzw. der Zuordnung von "regulären" HP zu den Heilungsregeln) sind damit zumindest auch richtige Verletzungen gemeint.
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Offline KhornedBeef

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #117 am: 4.09.2017 | 11:05 »
Wobei man da die "schützende Schicht" an HP nicht umgehen kann, was für einige Sachen eine ziemlich brauchbare Abbildungsmethode wäre.
Und angesichts der Heilungszeiten (bzw. der Zuordnung von "regulären" HP zu den Heilungsregeln) sind damit zumindest auch richtige Verletzungen gemeint.
Stimmt, mit der Heilung passt es echt nur bei leichten Verletzungen.
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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #118 am: 4.09.2017 | 11:07 »
Joah, wobei ich da eher das Thema gezielte Angriffe und diverse Meucheleien auf dem Schirm hatte - aber auch dafür gibts ja recht brauchbare Ansätze.
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Offline Mr.Renfield

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #119 am: 4.09.2017 | 11:28 »
In einem Spiel mit Regeln, die auf cinematische Action zugeschnitten sind, sollte die Aktion eine ernst zu nehmende Chance auf Gelingen haben, wobei die immer noch abhängig von der Kompetenz des Gegners ist. In einem System, das sich um Realismus bemüht, darf die Aktion grundsätzlich nur eine minimale Erfolgschance haben. Es sollte halt vorher allen klar sein, was man spielt.

ich würde sagen:

in einem realistischen system, sollte die chance realistisch sein (also je nach umständen auch gerne = 0 ), sollte dann aber auch in der kommunikation sl/spieler klar werden.

in einem cineastischen system darf die chance auch realistisch sein (also ggf auch = 0) aber über metaressourcen (bennies oä) ggf erhöht oder gar zu einem sicheren erfolg gemacht werden.

Offline ArneBab

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #120 am: 4.09.2017 | 12:39 »
in einem realistischen system, sollte die chance realistisch sein (also je nach umständen auch gerne = 0 ), sollte dann aber auch in der kommunikation sl/spieler klar werden.

in einem cineastischen system darf die chance auch realistisch sein (also ggf auch = 0) aber über metaressourcen (bennies oä) ggf erhöht oder gar zu einem sicheren erfolg gemacht werden.
Warum ist das ein Unterschied? Auch Geschichten über die wirkliche Welt sind ja in erster Linie Geschichten — z.B. ohne aufs-klo-geh-patzer.
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Offline Maarzan

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« Antwort #121 am: 4.09.2017 | 12:47 »
Warum ist das ein Unterschied? Auch Geschichten über die wirkliche Welt sind ja in erster Linie Geschichten — z.B. ohne aufs-klo-geh-patzer.
Wieso, das macht aufs-Klo-gehen doch erst zur Geschichte, oder?

Aber letztlich ist das eben der Unterschied ob man die Spielwelt (zumindest in einem größeren Ausschnitt davon) selbst erleben will oder aber irgendeinen fein vorgefilterten und oft manipulierten Ausschnitt daraus erzählen/erzählt bekommen.
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Offline Mr.Renfield

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« Antwort #122 am: 4.09.2017 | 12:56 »
also ich wollte hier jetzt eigentlich weniger zwischen ausgedachten "wirklichen" und ausgedachten ausgedachten welten unterscheiden, sondern nach spielgefühl/stimmung: realistisch(mit ggf tödlichen konsequenzen) oder "cool"/"heldenhaft"/... - für toilettenbenutzung würde ich in beiden fällen normalerweise keine probe verlangen/ablegen mögen.

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« Antwort #123 am: 4.09.2017 | 13:03 »
Warum ist das ein Unterschied? Auch Geschichten über die wirkliche Welt sind ja in erster Linie Geschichten — z.B. ohne aufs-klo-geh-patzer.

Da existieren zwei wesentliche Unterschiede. Der erste liegt darin begründet, dass ein cinematisches System davon ausgeht, dass die Spielercharaktere außergewöhnlich kompetent sind. Der zweite ist dort zu finden, wo sich die Erfolgswahrscheinlichkeiten auf Basis der Rule of Cool verändern.

Man könnte auch sagen, ein Dieb aus dem Conan-Universum oder ein üblicher Filmpirat oder -Musketier hat eine um ein Vielfaches höhere Chance darauf, den Called Shot to the Nuts in der beschriebenen Szene umzusetzen, als ihn ein Dieb im Song of Ice and Fire-Universum hätte.
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Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline Maarzan

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #124 am: 4.09.2017 | 13:04 »
Der Unterschied im Spielgefühl kommt ja gerade aus der Unterscheidung zwischen ausgedacht wie wenn es wirklich wäre und ausgedacht wie man es gerne gerade mal aus ästhetischen Gründen hätte.

Und natürlich gehört Toilettengang eher nicht zu den Dingen, welche detailiert beleuchtet werden. Wobei ich da auf den Gebrauch von "(bessere) Geschichte" hinaus wollte, wo meines Erachtens das Verständnis von dem was ("coole") Geschichten sein können doch arg beschränkt ist, dann aber zum Maßstab gemacht werden soll.

Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...