Autor Thema: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen  (Gelesen 7041 mal)

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Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« am: 23.08.2017 | 09:04 »
Ich bin auf der Suche nach Rollenspielen/Systemen, die es (gut) schaffen/erleichtern, in Kämpfen Geschichten zu erzählen. Um das etwas näher zu beschreiben:

In vielen Rollenspielen, in denen der Kampf grundsätzlich gewünscht ist, unterbricht dieser die (Haupt)Handlung. Dann wird mit mehr oder weniger taktischem Tiefgang der Gegner besiegt. Danach geht die Handlung weiter, evtl. mit einer kleinen Entscheidung, die der Kampf gebracht hat (a la Villain entkommt oder nicht, oder ein Lazarettbesuch wird nötig). Dafür wird aber relativ viel Spielzeit im Kampf verbracht. Ganz klassisch: der Random Encounter auf der Reiseroute. Aber auch der Bewachungstrupp in der Höhle oder vor der Fabrik zählen dazu. Große Ausnahme ist der s.g. Endkampf - "in dem geht es um etwas".

Gibt es Systeme, die es gut verstehen, die alle Kämpfe so zu inszenieren, dass sie die Handlung vorantreiben? Und wie machen die das? Es soll also sehr wohl gekämpft werden, und gar nicht zu knapp, aber das soll sich weniger als Beiwerk der Handlung anfühlen und nicht bloß zum Hitpoint-wegwürfeln verkommen.

Es mag da jetzt natürlich Techniken geben, die ein SL einsetzen kann, um den Kämpfen mehr Bedeutung zu geben, aber ich suche nach Systemen, für die das integraler Bestandteil ist oder die das zumindest stark fördern.
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Offline KhornedBeef

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #1 am: 23.08.2017 | 09:19 »
Aus meiner beschränkten Systemkenntnis heraus gibt es da natürlich Ansätze wie bei Warhammer Fantasy 3E : Du würfelst eigentlich mit dem Ziel, den Kampf zu gewinnen, aber je nach Herangehensweise sind Nebeneffekte und Konsequenzen häufig. Ob man das jetzt über Sonderwürfel macht oder Augen zählt oder was auch immer ist egal. bei Warhammer äußert sich das z.B. öfter in langwierigeren Verletzungen oder Effekten auf der einen Seite, und von der SL zu wählenden Komplikationen auf der anderen Seite. Es ist eine Hilfe zur Randomisierungen von Ereignissen, die die SL Spielern auch so an den Kopf schmeißen könnte, wie z.B. dass bei einem rücksichtslosen Angriff etwas wichtiges zu Bruch geht.
Auf der anderen Seite habe ich gerade eine Kritik von "Mortal Coil" gelesen, einem narrativen Rollenspiel mit frei gestaltbarer übernatürlicher Komponente. Dabei kannst du deine Chancen in Konflikten verbessern, wenn du "passions" zum Einsatz bringen kannst, also Angst, Liebe und ähnliche motivierende Emotionen. Abhängig davon ändert sich nicht nur der Ausgang des Konflikts, und die Kosnequenzen, sondern passions selbst können sich auch ändern, und damit die Persönlichkeit der Figur. Klingt abstrakt, aber die Idee ist soweit klar?
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Offline achlys

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #2 am: 23.08.2017 | 09:33 »
Alle pbtA Spiele machen genau das. Die Moves geben Spieler und SL mögliche Handlungsstränge an die Hand, wie die Story nun weiter gehen könnte. Das gilt halt sowohl außerhalb aber auch innerhalb von Kämpfen. Die pbtA Spiele, die ich kenne (Apocalypse World, Sagas of the Icelanders), können recht tödlich werden, abhängig davon, wie man das Setting aufzieht. (In SoI gibt es nur einen konkreten Kampf Move, da das Spiel mehr auf soz. Interaktion setzt. Dadurch werden Kämpfe aber auch sehr schnell sehr gefährlich.)


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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #3 am: 23.08.2017 | 09:37 »
Alle pbtA Spiele machen genau das. Die Moves geben Spieler und SL mögliche Handlungsstränge an die Hand, wie die Story nun weiter gehen könnte. Das gilt halt sowohl außerhalb aber auch innerhalb von Kämpfen. Die pbtA Spiele, die ich kenne (Apocalypse World, Sagas of the Icelanders), können recht tödlich werden, abhängig davon, wie man das Setting aufzieht. (In SoI gibt es nur einen konkreten Kampf Move, da das Spiel mehr auf soz. Interaktion setzt. Dadurch werden Kämpfe aber auch sehr schnell sehr gefährlich.)

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Oder auch Dungeon World. Hier hat die Beschreibung unmittelbar Auswirkung auf die Regeln. Da müsste im Laufe des Tages auch ein Podcast zu erscheinen (siehe hier). Da gehen wir die Spielleiter Spielzüge in einem Kampf durch und geben Beispiele :)

Offline bobibob bobsen

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #4 am: 23.08.2017 | 09:40 »
Dogs in the Vineyard macht das auch gut.
warum:  du kannst Kämpfe eskalieren und deeskalieren lassen. Sprich aus einem Wortgefecht wird eine Backpfeife, wird ein Messerkampf, wird ein Feuergefecht.

Offline YY

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #5 am: 23.08.2017 | 11:19 »
Große Ausnahme ist der s.g. Endkampf - "in dem geht es um etwas".

Warum genau zählt der als "um etwas gehend"?
Stimmt da "nur" das Verhältnis von Aufwand und (Plot-)Ergebnis?

Insgesamt klingt das für mich erst mal nur nach einem schlanken, flotten Regelwerk und einem SL, der einem keine überflüssigen Kämpfe vorsetzt und nicht unbedingt nach einem System, das die Kämpfe wesentlich stärker in den Plotverlauf integriert als es traditionell der Fall ist.
Im Vergleich werten narrativ(er) orientierte Systeme den Kampf oft zumindest in dem Sinne ab, dass er spielmechanisch weitgehend oder komplett funktioniert wie der Rest der Spielmechanik.
Das beißt sich für mich ein bisschen mit "Es soll also sehr wohl gekämpft werden, und gar nicht zu knapp" - oder bezieht sich das nur auf die narrative und gar nicht auf die spielmechanische Positionierung von Kämpfen?

Mein Negativbeispiel wäre da Riddle of Steel, das eine derart übermächtige Passion-Regelung hat, dass die Ausführung des eigentlichen Kampfes (der ja nur Kern des Regelwerks ist und das einzige, was in dem System halbwegs funktioniert) zur bedeutungslosen Formsache wird. Das ist die schlechtestmögliche Konstellation für so was und man hätte in narrativer Hinsicht z.B. wesentlich mehr davon, wenn einen die eigenen Passions u.Ä. zwar zum Kampf zwingen, ihn aber kein Stück leichter machen.
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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #6 am: 23.08.2017 | 11:26 »
Ich suche nichts mit narrativem Kampf, oder wo Kämpfe ähnlich kurz abgehandelt werden wie andere Szenen. Ich hätte also gerne was Kampflastiges, wo aber die Kämpfe nicht nur nach und nach etwas Resourcen klauen, sondern wo ein - für die Spieler gefühlt - relevanter Kampf auf den nächsten folgt, der außerdem den Charakteren Raum und Grund gibt, sich weiter zu entwickeln. Und zwar über "ich brauch dickeres Wumms" hinaus.
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Offline Crimson King

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #7 am: 23.08.2017 | 11:40 »
Neben PbtA ist hier zwingend FATE zu nennen. Kämpfe bringen zum einen Einsätze von Aspekten mit sich, die speziell bei Compells direkte Auswirkungen auf die Handlungen haben können, zum Zweiten sind Kämpfe hervorragende Gelegenheiten, um Szenenaspekte zu erschaffen, das heißt, Fakten in der Spielwelt zu verändern, die grundsätzlich über den Kampf hinweg Bestand haben, zum Dritten liefert FATE mit dem Erfolg-für-Kosten-Prinzip eine Möglichkeit, Erfolge zu kaufen, dafür aber Rückschläge in anderen Bereichen in Kauf nehmen zu müssen, die üblicherweise plotrelevant sind, zum Vierten und Wesentlichen werden in Kämpfen jede Menge Konsequenzen verursacht, die dauerhafte Auswirkungen mit sich bringen, die sich durchaus direkt auf die Story auswirken können.

Mit PDQ habe ich generell ähnliche Erfahrungen gemacht. Da dessen Kampfsystem sehr grob auflöst und vollkommen erzählorientiert abläuft, gibt es auch hier viele Situationen, in denen Ereignisse im Kampf Auswirkungen auf den Plot haben, der über das reine Kampfergebnis hinaus geht. Außerdem gibt PDQ# vor, dass aus der jeweils ersten Stärke, die ein Charakter im Kampf komplett ausnullt, ein Plothook generiert wird, d.h. die Entscheidung des Spielers wirkt sich hier direkt darauf aus, was in naher Zukunft Teil der Handlung sein soll. Die Regel habe ich in der Praxis allerdings als wenig praktikabel erachtet, da sie pro Sitzung einen ganzen Stapel Plothooks generiert, die die Spielleitung in der Menge kaum verarbeiten kann.
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Offline La Cipolla

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #8 am: 23.08.2017 | 11:52 »
Zynisch gesagt neigt auch jedes ernsthaft tödliche Kampfsystem dazu, in seinen Kämpfen Geschichten zu erzählen, weil Angst, Verlust, Tod und Hoffnung immer ziemlich gute Aufhänger für sowas sind.

Hellstorm

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #9 am: 23.08.2017 | 12:41 »
Ich suche nichts mit narrativem Kampf, oder wo Kämpfe ähnlich kurz abgehandelt werden wie andere Szenen. Ich hätte also gerne was Kampflastiges, wo aber die Kämpfe nicht nur nach und nach etwas Resourcen klauen, sondern wo ein - für die Spieler gefühlt - relevanter Kampf auf den nächsten folgt, der außerdem den Charakteren Raum und Grund gibt, sich weiter zu entwickeln. Und zwar über "ich brauch dickeres Wumms" hinaus.

Also Weiterentwicklung aufgrund des Kampfes .... Hmm also diese Sachen hatte ich häufig bei Legend of the 5 Rings. Dies geschah aber besonders dadurch das die Kämpfe selber wichtig waren. Das System kennt keine Goonsquads, jeder Samurai ist ein formidabler Gegner. WenN also Katanas gezogen werden ist schon einiges vorangegangen.

Ansonsten tödliche Systeme sind zb Lotfp oder Warhammer 2 Edi. Ansonsten hatte das Game of Thrones Spiel eine spannenden Ansatz zu Lebenspunkte und Resultate daraus.

Dann bleibt noch DSA mit dem absoluten Moloch an Kampfregelwerken

Offline Lord Verminaard

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #10 am: 23.08.2017 | 12:42 »
Diese Frage haben viele, insbesondere im StoryGames-Umfeld, gestellt und versucht zu beantworten, in dem Sinne, dass es bei Kämpfen „um etwas gehen soll“, dass gerade während des Kampfes dann auch das Issue des Charakters, der persönliche Konflikt, der moralische Konflikt, der die Handlung antreibende Konflikt zugespitzt wird. Dieser Ansatz verkennt aus meiner Sicht zweierlei:

Erstens, das Genre-Material, das die meisten Spiele zum Vorbild haben, tut das auch nicht andauernd. Ein Kampf ist ein Kampf. Wenn Buffy kämpft, dann geht es auch nicht jedes Mal in Wirklichkeit um was ganz anderes. Sondern es geht darum, dass Buffy kämpft.

Zweitens, wer Kämpfen viel Screen Time einräumt, tut das, weil er Kämpfe spannend findet, und dann sollten die Regeln, nun ja, Kämpfe spannend machen. Wer sich weniger für Kämpfe und mehr für den die Handlung antreibenden Konflikt interessiert, der braucht kein Kampfsystem, mit dem er lange Kämpfe „mit Handlung“ spielen kann, sondern ein Kampfsystem, mit dem er kurze Kämpfe spielen kann.

Trotzdem sehe ich eine Daseinsberechtigung für ein „erzählerisches“ Kampfsystem, aber eben eines, das genau das tut: Kämpfe spannend erzählen. Ohne Crunch, ohne Regeltaktik, einfach nur spannendes martialisches Narrativ, mit Regeln verhandelt. Die Regeln geben dabei den Takt an und sorgen für den notwendigen Unsicherheitsfaktor: Niemand rechnet damit, dass Buffy verliert, und so darf es sich auch mit SCs verhalten, aber der Unsicherheitsfaktor, wie es passiert, wer verletzt wird, wer zum Helden wird, wer sich blamiert, wer entkommt, der muss vorhanden sein. All das macht der Kampf von selbst, dazu braucht er keine Regeln, die irgendwelche überlagernden Fragestellungen hinein bringen.

Zynisch gesagt neigt auch jedes ernsthaft tödliche Kampfsystem dazu, in seinen Kämpfen Geschichten zu erzählen, weil Angst, Verlust, Tod und Hoffnung immer ziemlich gute Aufhänger für sowas sind.

Meine Erfahrung ist eher, dass jedes ernsthaft tödliche Kampfsystem dazu führt, dass Spieler sehr vorsichtig werden, sehr viel planen, und nur kämpfen, wenn die Umstände sehr zu ihren Gunsten sind.
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Offline nobody@home

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #11 am: 23.08.2017 | 12:43 »
Ich suche nichts mit narrativem Kampf, oder wo Kämpfe ähnlich kurz abgehandelt werden wie andere Szenen. Ich hätte also gerne was Kampflastiges, wo aber die Kämpfe nicht nur nach und nach etwas Resourcen klauen, sondern wo ein - für die Spieler gefühlt - relevanter Kampf auf den nächsten folgt, der außerdem den Charakteren Raum und Grund gibt, sich weiter zu entwickeln. Und zwar über "ich brauch dickeres Wumms" hinaus.

Ich würde sagen, das ist mehr eine Frage der Abenteuergestaltung als des konkreten Systems. Auch in anderen Medien folgt ja nicht ständig immer nur eine Kampfszene auf die nächste -- ausgesprochene Kriegs- und Taktikspiele, bei denen es halt ausdrücklich nur ums Kämpfen geht, jetzt vielleicht mal ausgenommen. Und: je mehr gekämpft wird, um so schwieriger wird's irgendwann, jeden einzelnen Kampf wirklich noch als "relevant" wahrzunehmen, weil sich früher oder später eben doch die schlichte Routine einschleicht. ("Gähn, wieder mal 'ne Gruppe Dämonen, diesmal mit Hausgorgone...")

Ich würde für "dramatische" Kämpfe dieser Tage wahrscheinlich auch Fate nehmen, aber da das derzeit ohnehin mein Go-To-System ist, ist das eventuell kein ganz fairer Vergleich. ;) Der Vorteil für mich ist dabei, daß die Regeln -- insbesondere auch die Konfliktregeln -- einerseits ohne allzuviele im Hinterkopf zu behaltende Spezialfälle auskommen, so daß ich mich mehr auf das Kampfgeschehen und als SL auf die Inszenierung selbst konzentrieren kann, ohne ständig nachschlagen zu müssen, und andererseits immer noch genug Flexibilität und taktische Entscheidungsmöglichkeiten bieten, um die Action an sich interessant zu gestalten. Daneben legt Fate auch zumindest in der Grundeinstellung kein allzu hohes Gewicht auf "Ressourcen" und deren Verwaltung, was auch dabei hilft, alle beteiligten Köpfe etwas freier zu halten.

Online Maarzan

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #12 am: 23.08.2017 | 12:59 »
Meine Erfahrung ist eher, dass jedes ernsthaft tödliche Kampfsystem dazu führt, dass Spieler sehr vorsichtig werden, sehr viel planen, und nur kämpfen, wenn die Umstände sehr zu ihren Gunsten sind.
Und genau das wären dann Überlegungen, welche wieder ihre eigene "Geschichte" von Angst und Hoffnung erzählen.
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Offline Krestion

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #13 am: 23.08.2017 | 13:14 »
Wie sieht es denn mit dem BattleTech-Rollenspiel aus? Geht es da nicht darum, mit seinen Kampfmaschinen die Gegner platt zu machen, um an Ressourcen für bessere Kampfmaschiene/Reparaturen/Upgrades zu kommen, um dann besser Gegner platt zu machen...? Ansonsten kann ich mir unter einem Kampf, der eine Geschichte erzählt (und nicht einem Kampf, der gut erzählt wird) relativ wenig vorstellen.

Offline KhornedBeef

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #14 am: 23.08.2017 | 13:23 »
Wie sieht es denn mit dem BattleTech-Rollenspiel aus? Geht es da nicht darum, mit seinen Kampfmaschinen die Gegner platt zu machen, um an Ressourcen für bessere Kampfmaschiene/Reparaturen/Upgrades zu kommen, um dann besser Gegner platt zu machen...? Ansonsten kann ich mir unter einem Kampf, der eine Geschichte erzählt (und nicht einem Kampf, der gut erzählt wird) relativ wenig vorstellen.
Siehe oben...ein System kann erklären, warum dir gerade jetzt der Sieg gelingt (Aspekte in Fate), was er dich kostet, was du danach mit dir herumschleppst, was dabei Verkomplizierendes passiert.... auch wenn das Dinge sind, die die SL willkürlich hinzufügen kann, hat es nutzen, wenn ein System das formalisiert (Fate hat das z.B. quasi zum Grundprinzip erhoben)
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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #15 am: 23.08.2017 | 13:25 »
TORG hat narrative Elemente in seinem Kampfsystem; allerdings wirken diese etwas auf gepfropft - entweder versucht man doch nur Schaden zu würfeln und die Maneuver fallen sowieso weg, oder der Kampf wird eigentlich nur in die Länge gezogen.
Damit man die Mechanismen aus reizen kann müsste man Gegner erstellen die "ausgetrickst" werden müssen oder eine ähnliche Achillesferse abseits von physischem Schaden haben.
« Letzte Änderung: 23.08.2017 | 13:28 von fivebucks »

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #16 am: 23.08.2017 | 14:12 »
Erstens, das Genre-Material, das die meisten Spiele zum Vorbild haben, tut das auch nicht andauernd. Ein Kampf ist ein Kampf. Wenn Buffy kämpft, dann geht es auch nicht jedes Mal in Wirklichkeit um was ganz anderes. Sondern es geht darum, dass Buffy kämpft.

Volle Zustimmung. Aber auch einer der Gründe, warum man die Kämpfe bei Buffy eigentlich nach extrem kurzer Zeit nicht mehr sehen möchte. Ich habe das Problem auch: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,102702.msg134494683.html#msg134494683

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Offline YY

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #17 am: 23.08.2017 | 14:16 »
Ich hätte also gerne was Kampflastiges, wo aber die Kämpfe nicht nur nach und nach etwas Resourcen klauen, sondern wo ein - für die Spieler gefühlt - relevanter Kampf auf den nächsten folgt, der außerdem den Charakteren Raum und Grund gibt, sich weiter zu entwickeln.

Das sehe ich ähnlich wie Vermi:
Im Grunde findet man das nirgends in "Reinform", schon gar nicht dann, wenn die Schlagzahl an Kämpfen hoch ist.


Unter diesen Bedingungen wird eine ständige (ggf. regelseitig erzwungene) tiefgreifende Veränderung an den Charakteren sehr schnell ziemlich unplausibel, ermüdend und austauschbar.
MMn ändern Kämpfe einen Charakter selten sinnvoll (eventuelle negative körperliche und psychische Langzeitfolgen mal außen vor, aber das ist ja keine Entwicklung im hier gewollten Sinne).

Das ganze narrativ relevante Zeug spielt sich im unmittelbaren Umfeld der eigentlichen Kampfhandlung ab:
Wie kam es dazu, wie weit will welcher Beteiligte hier gehen, wer zieht mit und wer kneift (sowohl strategisch wie taktisch), was sind die unmittelbaren und langfristigen (v.A. sozialen und politischen) Folgen und wirft der SC die ganze Scheiße jetzt endgültig hin?
Das ist für mich in dem Kontext wichtig, aber das liefert kaum ein narratives System in für mich brauchbarer Form.

Was sonst noch bleibt, sind die Elemente, die sich emergent aus dem Kampfverlauf ergeben, z.B. die Rettung eines verletzten Kameraden unter größter eigener Gefahr - oder halt auch nicht.
Aber auch das verliert gerade mit einer hohen Zahl von Kämpfen sehr schnell seinen Reiz, wenn es formalisiert und automatisiert wird.


Ich kann aus meiner Perspektive nur dazu raten, ein genehmes Kampfsystem zu suchen* und die angedachten narrativen Elemente im regeltechnischen "fruitful void" zu lassen.

*Für mich sind das vor Allem Systeme, in denen Kämpfe eben nicht in halbwegs überschaubarer und berechenbarer Form Ressourcen ziehen, sondern nie unter eine gewisse Grundgefährlichkeit sinken. Das bedingt aber für die Spielbarkeit auch, dass der Whiff-Faktor nicht übermäßig groß oder zumindest entsprechend aufgefangen wird und es ausreichend relevante taktische Elemente gibt.
Komplexität und Umfang der Kampfregeln sind im Grunde Nebensache, aber erfahrungsgemäß gibt es nur recht wenige Systeme, welche diese Anforderungen in sehr kompakter Form erfüllen.
Traveller fiele mir da ein; (fast) alles andere ist zu stark vereinfacht/verkürzt, ufert umgekehrt ziemlich schnell aus oder erfüllt einen der o.g. Punkte nicht.
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Offline felixs

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #18 am: 23.08.2017 | 14:17 »
Ich denke, im wesentlichen gibt es da zwei Ansätze:
1) Der Spielleiter (und auch die Spieler) beschreiben Handlungen und Ereignisse so, dass diese in die Geschichte eingebettet werden und demnach ein Teil davon werden. Ziemlich anspruchsvoll, geht mit so ziemlich jedem System.
2) Desto mehr der Kampf mit komplexen Manöverregeln etc. versehen ist, desto mehr Möglichkeiten für Anhaltspunkte, nach denen der Kampf auch narrativ ausgeschmückt werden kann, gibt es. Entsprechend bilden kampflastige, komplexe Systeme hier vielfältige Möglichkeiten.

Letztlich läuft es aber, denke ich, immer darauf hinaus, dass der Kampf vor allem eine Action-Sequenz ist. Er kann ein Teil der Geschichte sein, ist aber nicht die Geschichte. Die Geschichte begründet, warum es die Kämpfe gibt.
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Offline YY

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #19 am: 23.08.2017 | 14:23 »
Desto mehr der Kampf mit komplexen Manöverregeln etc. versehen ist, desto mehr Möglichkeiten für Anhaltspunkte, nach denen der Kampf auch narrativ ausgeschmückt werden kann, gibt es. Entsprechend bilden kampflastige, komplexe Systeme hier vielfältige Möglichkeiten.

Hast du da mal ein praktisches Beispiel?
Ich erlebe das eher umgekehrt.
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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #20 am: 23.08.2017 | 14:39 »
Hast du da mal ein praktisches Beispiel?
Ich erlebe das eher umgekehrt.

Dito. In der Praxis ist meine Erfahrung eher, daß, je komplexer die Kampfregeln werden, um so weniger Zeit und freie Gehirnwindungen übrig bleiben, um sich nebenher noch mit der "durch den Kampf erzählten Geschichte" zu befassen. Natürlich will ich auf der anderen Seite schon genug Möglichkeiten, den Kampfverlauf irgendwie so mitzubestimmen, daß nicht einfach nur 'ne stumpfe Herunterwürfelei daraus wird -- aber das läßt sich auch mit vergleichsweise einfach gestrickten Systemen schon erreichen.

Offline Waylander

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #21 am: 23.08.2017 | 14:57 »
Soweit ich weiß, dreht Lite hier den Spieß einfach herum. Zuerst werden die Pools zusammen geworfen und das Ergebnis des Konflikts festgelegt und dann erzählen die Spieler reihum aufgrund ihrer Erfolge und Mißerfolge, wie es zu diesem Ergebnis kam.

Offline felixs

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #22 am: 23.08.2017 | 15:25 »
Hast du da mal ein praktisches Beispiel?
Ich erlebe das eher umgekehrt.

Ich erlebe das auch eher umgekehrt. Ich habe mir aber von anderen Leuten sagen lassen, dass sie einen durchsimulierten Kampf sehr viel narrativer finden.
Geschmackssache?
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Offline felixs

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #23 am: 23.08.2017 | 15:25 »
Soweit ich weiß, dreht Lite hier den Spieß einfach herum. Zuerst werden die Pools zusammen geworfen und das Ergebnis des Konflikts festgelegt und dann erzählen die Spieler reihum aufgrund ihrer Erfolge und Mißerfolge, wie es zu diesem Ergebnis kam.

Finde ich nicht gut. Das nimmt dem ganzen ja völlig die Spannung.
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Offline Evil Batwolf

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Re: Systeme, die in Kämpfen Geschichten erzählen
« Antwort #24 am: 23.08.2017 | 15:34 »
Ich suche nichts mit narrativem Kampf, oder wo Kämpfe ähnlich kurz abgehandelt werden wie andere Szenen. Ich hätte also gerne was Kampflastiges, wo aber die Kämpfe nicht nur nach und nach etwas Resourcen klauen, sondern wo ein - für die Spieler gefühlt - relevanter Kampf auf den nächsten folgt, der außerdem den Charakteren Raum und Grund gibt, sich weiter zu entwickeln. Und zwar über "ich brauch dickeres Wumms" hinaus.

Kämpfe, die Geschichten erzählen, sind solche, die nicht "to kill" geführt werden, sondern bestimmte Missionsziele haben:

Kämpfen, weil...
Befreien von Gefangenen
Verteidigen eines Ortes / Gegenstandes
Um sich irgendwo einzuschleichen
Um schneller irgendwo hinzukommen als der Gegner
etc.

Solche Encounter kann man m. E. designen und auch mit dem "non-combat plot" verknüpfen, ohne dass das besonders systemabhängig wäre.