Autor Thema: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"  (Gelesen 6912 mal)

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Offline Bad Horse

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #25 am: 25.10.2017 | 22:13 »
Danke für die Erläuterung, Vermi.

Erinnert mich jetzt an die kürzliche Debatte über die ideale Anzahl von Skills, wo ich ziemlich hin- und hergerissen war: Einerseits finde ich lange Skilllisten doof, und man muss nicht für jeden Kram eine Fertigkeit haben, und Fertigkeiten sollten ja auch im Spiel vorkommen - alles nachvollziehbar und richtig. Nur: Ich spiele mit Begeisterung Ars Magica. Mit einer ausufernden Skillliste, und da kann mein Charakter Statuen formen und Schwerter schmieden, auch wenn das im Spiel eigentlich keinen Belang hat.

Lässt aber leicht damit erklären, dass ich in One-Shots nicht viel Energie in die Charaktererschaffung stecken will. Da sollte es schnell gehen, da brauch ich keinen Fluff-Kram, der eh nicht zum Tragen kommt. Aber wenn ich einen Char mal zwanzig Jahre lang spiele, dann finde ich es schön, wenn ich an dem herumfrickeln kann.

Andererseits sind das durchaus auch etwas unterschiedlich Spielstile und Schwerpunkte, die ich mit One-Shots bzw. langen Kampagnen bediene. Kampagnen dürfen gern rumsimulieren, da muss es nicht immer Dramadramadrama sein, aber bei One-Shots will ich schon, dass schnell etwas passiert und eskaliert. Da passt für mich das Format zum Spielstil, aber wenn man andere Vorlieben hat als ich, bedient man diese Formate vermutlich auch unterschiedlich.
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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #26 am: 26.10.2017 | 11:28 »
@Lord Verminaard:

Aber wenn man sich die Rollenspiellandschaft heute anschaut, dann gibt eine Menge unterschiedlicher Spiele, die sich gezielt irgendwo um das Dutzend Sessions herum bewegen, das man gemeinhin wohl als Kampagne bezeichnen würde. Von Mutant Year Zero und Shadow of the Demon Lord bis Hillfolk und Monsterhearts. Und ich würde mal vermuten, dass gerade Fate mit seinem generischen Ansatz durchaus noch viel länger gespielt wird. Ganz abgesehen davon, dass es stark strukturiertes Kampagnenspiel ja schon immer in Form publizierter Kampagnen gegeben hat und weiterhin gibt.

Langes Spiel aus der narrativen Perspektive beschreibt Avery Alder sehr treffend in Monsterhearts:
Zitat
In a multi-session game, you’ll find that small goals will
sometimes gain momentum and evolve into major plot
arcs. Maybe the MC unveils a villain who challenges the
PCs and pits them against one another. Maybe the PCs
naturally turn to infighting and it leads to rooftop knifefights
and racy affairs and dead bodies.

While that constantly unfurling action and unpredictable
momentum is very fun, it can get tiring to follow it on
without rest, ad nauseum. For that reason, Monsterhearts
has seasons - like the seasons in a television show.
Momentum builds across sessions, conflicts evolve in
unexpected directions, and everything builds towards a
series of climactic moments. And then, the dust begins to
settle. That’s where the season ends.

Dass das Geschehen eine solche Textur hat, ist für mich eine wichtige Motivation und ich empfinde sie auch als wesentlich organischer als das, was du so nett klingend "Irrungen, Wirrungen und Rückschläge" nennst. Eben diese unerträgliche Redundanz ist der Grund, warum ich keine Computerspiele mehr spiele. Textur dagegen widerspricht offenem, langfristig angelegtem und detailliert-komplexem Spiel ja nicht und ist insofern ein passendes Äquivalent; eines, das man sogar schon in one-shots in Aktion sehen kann (siehe mein Beispiel Swords Without Master oben). Wobei da durchaus noch Entwicklungspotential ist. Gerade SL-lose Rollenspiele, die das langfristig machen, findet man selten - Remember Tomorrow oder das bereits genannte Sign in Stranger sind die löblichen Ausnahmen.

Die klassische Storykrücke zero to hero/Stufenaufstieg wiederum kann ich mechanisch ja ohne Weiteres von D&D in ein narratives System verpflanzen. Blades in the Dark, das wir momentan als Kampagne spielen, macht das super. Wobei es eben schon mit Traveller die Aufforderung gab, auch mal ohne auszukommen. Aber klar, die meisten Leute wollen das wohl, wobei ich da dann wiederum keinen großen Graben erkennen kann.
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 11:30 von Ucalegon »

Offline Lord Verminaard

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #27 am: 26.10.2017 | 21:11 »
Der Reiz des Scheiterns ist ggf. nicht für jeden, ich finde es aber interessant zu erkennen, dass dieser ein sehr starker Motivator für herausforderungsbasiertes Spiel ist, und zu hinterfragen, ob das auch für erzählerisches Spiel irgendwie nutzbar gemacht werden kann, also das Scheitern des Spielers, nicht bloß des Charakters. Es wird sicher auch Kampagnen geben, die ohne auskommen, meine Aufzählung war nicht so gemeint, dass jede Kampagne jedes dieser Elemente haben muss, das war eh nur aus der Hüfte geschossen bitte.

Bei einem Dutzend Sessions mit überspannendem Story Arc würde ich behaupten, das ist näher an nem One-Shot als an ner Kampagne. Wobei ich von deinen drei Beispielen nur Monsterhearts gespielt habe und da hatte ich schon den Eindruck, dass es auch länger halten soll, vielleicht nicht so lange wie Apocalypse World selber, das ja mit dem Fraktionenspiel dezidiert ein Kampagnenspiel ist, aber es kam mir nicht so vor, dass das ne Halbwertzeit von 12 Sitzungen hat. Dein Zitat sehe ich da auch nicht als entgegenstehend, die Verwendung des Plurals ("Seasons") deutet ja vielmehr an, dass es nach so einem Höhepunkt auch weitergeht.

Was die langen, strukturierten Kampagnen à la Adventure Path angeht, kann ich leider nur auf sehr begrenzte eigene Erfahrung zurückgreifen, die einzige, die ich weitgehend gespielt habe, war die Phileasson-Saga, was nicht unbedingt ein supergutes Beispiel ist. Aber das war definitiv ne Kampagne, einfach durch die Länge, die organische Entwicklung, die Rückbezüglichkeiten, die vielen Entdeckungen und NSCs und natürlich auch Stufenanstiege. Vielleicht schreibt ja mal ein Adventure-Path-Durchspieler was dazu.

Unbenommen bleibt, dass es bestimmt Beispiele irgendwo in der Mitte gibt, die den Versuch einer Definition erschweren. Das ist aber nicht mein Punkt gewesen. Mein Punkt ist gewesen, dass ein One-Shot etwas fundamental anderes ist als eine Kampagne, dass die einzelne Sitzung in einer Kampagne völlig anders angegangen wird und in völlig anderem Kontext stattfindet, als bei einem One-Shot.

Edit: Blades in the Dark ist durch die langsame Progression definitiv auf Kampagne ausgelegt, ich spiele es auch gerade und bin nach drei Sessions nicht überzeugt, dass es in puncto Abwechslungsreichtum und Perspektive mein Interesse so lange aufrechterhalten kann, wie es dauert, die Gang auf Tier 4 oder 5 hochzuspielen...
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 21:19 von Lord Verminaard »
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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #28 am: 27.10.2017 | 14:00 »
Aber wenn ich erzählerisch spiele, brauche ich doch den Motivator Scheitern eben gar nicht, um dranzubleiben? Wenn sich die herausforderungsorientierte Gruppe in Traveller an der gut geschützten Ausgrabungsstätte auf einem fernen Mond die Zähne ausbeißt, dann hat sie eine Motivation, über die nächsten Sitzungen erstmal die Nachschubwege zu destabilisieren oder so, klar. Wenn dieselbe Grabung einer Spielerin in Archipelago Probleme macht, weil jemand "That Might Not Be Quite So Easy" gesagt hat und die Karte "No, but ...you gain insight or knowledge that will be useful in the future" gezogen wurde, dann spielt sie weiter, weil sie wissen will, wie das ihre Figur zu ihrem destiny point bringt.

Unbenommen bleibt, dass es bestimmt Beispiele irgendwo in der Mitte gibt, die den Versuch einer Definition erschweren. Das ist aber nicht mein Punkt gewesen. Mein Punkt ist gewesen, dass ein One-Shot etwas fundamental anderes ist als eine Kampagne, dass die einzelne Sitzung in einer Kampagne völlig anders angegangen wird und in völlig anderem Kontext stattfindet, als bei einem One-Shot.

Ich sehe noch nicht wirklich, wo das eine Trennlinie sein soll, zumal die wichtigste. Wenn ich das in den Mittelpunkt stelle, was ich Textur genannt habe (oder: "die organische Entwicklung, die Rückbezüglichkeiten, die vielen Entdeckungen und NSCs"), dann funktioniert das in einer, in zehn oder in 30 Sessions. Das ist also keine spezifische Technik für die eine oder andere Kategorie. Wenn ich deine anderen Punkte anschaue, dann sehe ich nicht, warum man die Technik 'Stufenaufstieg' nicht auch auf eine oder zehn Sessions miniaturisieren kann. Warum das Scheitern an greifbaren Hindernissen im herausforderungsorientierten one-shot eine andere Motivation erzeugt als in der herausforderungsorientierten Kampagne.

Wenn ich zurückgehe auf die Intention hinter Kampagnenspiel - die müsste man dann ja mit konkreten Techniken umsetzen - dann sehe ich den Unterschied am ehesten beim Punkt des offenen Spiels. Im Gegensatz zur Struktur/Textur von Archipelago und Monsterhearts bis zu den Sieben Gezeichneten wäre das der "ad nauseam"-Ansatz, von dem Avery Alder spricht, d.h. kein Pacing, nicht zielgerichtet, nicht fokussiert.


Offline Settembrini

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #29 am: 27.10.2017 | 14:35 »
Zitat
Ich sehe noch nicht wirklich, wo das eine Trennlinie sein soll, zumal die wichtigste. Wenn ich das in den Mittelpunkt stelle, was ich Textur genannt habe (oder: "die organische Entwicklung, die Rückbezüglichkeiten, die vielen Entdeckungen und NSCs"), dann funktioniert das in einer, in zehn oder in 30 Sessions.

Alles was der Mensch macht hängt vom Maßstabe ab, zeitlich und räumlich. Und zu behaupten alles sei gleich...nun. Auf der Grundlage ist es schwer zu reden. 1 Session ist etwas anderes als 10 und etwas anderes als 100. Wer das leugnet leistet einer Entquantifizierung und Enträumlichung Vorschub, die ich nur von der Sorte extremistischer Sozialwissenschaftler kenne, die zum Beispiel jeden quantitativen Ansatz als automatisch faschistoid verdammen.

Aber wenn man erstmal diskutieren muß, daß 100 =! 1, dann weiß ich auch nicht mehr.

Eine Ontologie ohne impliziten Maßstab kann es auch nicht geben. Insofern ist selbst für eine rein verbal-qualitative Unterredung es die Atombombe der Dummheit zu behaupten, Kontinuität, Erfahrungsgewinn usw. (als Spielgefühle/ Qualia) in einer Einzelsitzung sei das gleiche wie Kontinuität, Erfahrungsgewinn usw. (als Spielgefühle / Qualia) in einer 100+ Sitzungen dauernden Kampagne. Tatsächlich ist deswegen der allgemeine Sprachgebrauch so, daß man eben sagt ein One-Shot hat gar keine Kontinuität usw. in diesem Sinne.

Solcherlei Entquantifizierung ist, wie nicht oft genug gesagt werden kann, Augenwischerei welche zur Auflösung aller Begriffsbedeutungen führt.

Das ist das Höflichste was ich zu der obigen Äußerung sagen kann.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 14:38 von Settembrini »
caveat lusor, sie befinden sich in einer Gelben Zone - Der PESA RHD warnt!

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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #30 am: 27.10.2017 | 15:10 »
Ich habe von Textur ziemlich deutlich als Technik gesprochen (also Pacing über die Einteilung in Episoden/Staffeln wie Monsterhearts, Remember Tomorrow, Hillfolk oder Wiederaufnehmen/Rückbezüglichkeiten schon im one-shot wie Swords Without Master, narrativer Fokus über den destiny point in Archipelago et cetera). Und habe gesagt, wie sich das für mich anfühlt (motivierend).

Damit reagiere ich auf die angeblich so klare Trennung zwischen one-shot und Kampagne, darauf,
, dass die einzelne Sitzung in einer Kampagne völlig anders angegangen wird und in völlig anderem Kontext stattfindet, als bei einem One-Shot.

Das hätte ich gerne noch ein bisschen konkreter und schärfer abgegrenzt, weil Lord Verminaard Textur ganz ausdrücklich dem one-shot zuordnet, während das für mich mit wenigen Ausnahmen eine Grundbedingung für packendes Spiel ist, umso mehr, wenn es langfristig angelegt sein und dennoch nicht langweilig und redundant werden soll.

Dass sich 100 Sessions anders anfühlen als eine, geschenkt. Dein hochgestochenes Faseln kannst du dir also sparen.

Offline Lord Verminaard

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #31 am: 27.10.2017 | 15:11 »
Zitat
Wenn dieselbe Grabung einer Spielerin in Archipelago Probleme macht, weil jemand "That Might Not Be Quite So Easy" gesagt hat und die Karte "No, but ...you gain insight or knowledge that will be useful in the future" gezogen wurde, dann spielt sie weiter, weil sie wissen will, wie das ihre Figur zu ihrem destiny point bringt.

Wenn ich dieses Beispiel so lese, frage ich mich echt, wie ich jemals auf den Gedanken gekommen bin, so zu spielen könnte toll sein.
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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #32 am: 27.10.2017 | 15:15 »
Wenn ich dieses Beispiel so lese, frage ich mich echt, wie ich jemals auf den Gedanken gekommen bin, so zu spielen könnte toll sein.

Weil das one-shot-Rollenspiel ist, gell?

Offline Lord Verminaard

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #33 am: 27.10.2017 | 15:28 »
Weil das one-shot-Rollenspiel ist, gell?

Dieser letzte Kommentar zeigt mir zwei Dinge überdeutlich, Ucalegon:

Erstens, deine Intention in diesem Thread ist nicht wohlwollend, wie ich schon ahnte.
Zweitens, mindestens was Rollenspiel angeht, lebst du echt auf einem anderen Planeten.

Was auch immer du für ein Problem mit mir hast, ich hab besseres zu tun, als mich mit dir rumzuschlagen. Und tschüß.
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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #34 am: 27.10.2017 | 15:32 »
Erstens, deine Intention in diesem Thread ist nicht wohlwollend, wie ich schon ahnte.

Jedenfalls nicht mehr oder weniger wohlwollend als die Klopper, die du so raushaust.

Offline Issi

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #35 am: 27.10.2017 | 15:53 »
Ich spiele auch gerne mal One Shots-  just for Fun.
Aber lieber spiele ich tatsaechlich Kampagnen aus folgenden Gründen:
Man verfolgt die Entwicklung seiner Figur und der Welt über einen längeren Zeitraum. In dieser Zeit wächst man mit seiner Figur noch enger zusammen, entwickelt sie weiter, aufgrund der Erlebnisse und Erfahrung die sie innerhalb der Welt sammelt.
Es fuehlt sich für mich an als würde man eine Serie kucken und man will immer wissen wie es weitergeht.

Just my Opinion. :)

Ps. Unter Kampagnen verstehe ich durchaus einen längeren Zeitraum. Quasi bis man die Figur pausieren lässt, verliert oder keine Lust mehr hat.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 15:56 von Issi »

Offline Chiarina

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #36 am: 27.10.2017 | 20:21 »
Das hier ist ein Superbeispiel für Diskussionsverläufe, wie sie wirklich ärgerlich sind.

Es geht damit los, dass Ucalegons Archipelago-Beispiel für einen Außenstehenden zu viel voraussetzt. Das Beispiel ist zu knapp und nur angerissen, außerdem werden zu viele Fachausdrücke aus dem System hineingepackt, die nicht erklärt werden. Zunächst hätte die Feststellung gereicht, dass ein Charakter in Archipelago zu Beginn jeder Sitzung einen "destiny point" zugewiesen bekommt. Das ist ein zentrales Geschehen, auf das der Charakter in der laufenden Sitzung zusteuert.

Ich greife das Beispiel mal auf und versuche es zu erklären:

Bei Traveller versucht eine Gruppe, an eine Ausgrabungsstätte auf einem fernen Mond heranzukommen. Die Grabungsstätte ist gut geschützt, daher werden Fertigkeitswürfe fällig. Die Ergebnisse reichen für einen Erfolg der Mission nicht aus, daher suchen die Spieler nach einer alternativen Herangehensweise. Sie kommen auf die Idee, den Schutztruppen auf dem Mond die Nachschubwege abzuschneiden. Der entsprechende Angriff auf ein Versorgungsraumschiff erfordert erneut einige Fertigkeitswürfe. Die Aktion gelingt. Die Schutztruppe der Station ist nun gezwungen sich selbst aktiv um ihre Versorgung zu kümmern und schickt deshalb ein eigenes Raumschiff los. Die Schutztruppe ist nun dezimiert und schwächer und die Charaktere nutzen die Gelegenheit für einen weiteren Versuch, an die Ausgrabungsstätte heranzukommen.

Bei Archipelago wird einem Charakter vielleicht zu Beginn der Runde der "destiny point": Du erfährst das Geheimnis der Ausgrabungsstätte zugewiesen. Der Spieler freut sich und erzählt, wie er mit seinem Raumschiff dorthin fliegt, um sich vor Ort anzuschauen, was es dort Aufregendes zu sehen gibt. Weil es wie ein simpler Spaziergang erzählt wird, sagt ein Mitspieler "That might not be quite so easy". Der Spieler entscheidet daraufhin, dass die Ausgrabungsstätte von einer starken Schutztruppe abgeschirmt ist und beginnt, von seinem Infiltrationsversuch zu erzählen. Die Gruppe ist sich nicht sicher, ob das ohne weiteres zum Erfolg führt und verlangt, dass eine Entscheidungskarte gezogen wird. Auf der Karte steht: "No, but ...you gain insight or knowledge that will be useful in the future". Damit ist der Infiltrationsversuch vorerst gescheitert, ein Mitspieler entscheidet aber nun, dass der Charakter bei seinem Versuch erfahren hat, wie abhängig die Station von den monatlichen Versorgungsraumschiffen ist. Dieses Wissen lässt den Plan entstehen, vor dem nächsten Infiltrationsversuch eines dieser Versorgungsraumschiffe abzufangen um die Schutztruppen zu schwächen.

Das Geschehen ist in beiden Fällen gleich. Der Weg des Systems dorthin ein anderer. Im Travellerbeispiel würfelt man sich durch zwei Actionszenen hindurch, bei Archipelago reicht ein Satz eines Mitspielers und das Ziehen einer Karte. Welches System eine Gruppe wählt, ist wohl Geschmackssache. Archipelago ohne weitere Erklärungen mit "Wenn ich dieses Beispiel so lese, frage ich mich echt, wie ich jemals auf den Gedanken gekommen bin, so zu spielen könnte toll sein." zu kommentieren, finde ich aber despektierlich... und wenig wohlwollend, um mal mit Lord Verminaards eigenen Worten zu sprechen.

Aber zurück zum Thema des Stranges: Archipelago ist zufälligerweise ein (zugegeben seltenes) Beispiel für ein spielleiterloses Kampagnensystem. Das heißt, es ist gar nicht dazu geeignet, durch Abgrenzung von traditionelleren Kampagnenrollenspielen den One-Shot-Gegenpol darzustellen. Das System ist hier ein besonders schlechtes Beispiel. Ich bin sicher, dass Ucalegon das sehr gut weiß. Warum er Lord Verminaards abwertende Beurteilung trotzdem mit dem Argument "Weil das one-shot-Rollenspiel ist, gell?" zu erklären versucht, ist mir rätselhaft. Archipelago ist gerade kein One-shot-Rollenspiel... und dieser Sachverhalt ist in meinen Augen superspannend und verdient eigentlich eine nähere Betrachtung. Dazu kommt es aber nicht, weil die persönlichen Befindlichkeiten zu groß sind. Schade...

Ihr werdet jedenfalls mit euren relativ unterschiedlichen Standpunkten keine fruchtbare Auseinandersetzung führen können, wenn ihr nicht beide die Argumente des anderen wohlwollend betrachtet.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 20:24 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Pyromancer

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #37 am: 27.10.2017 | 20:30 »
Ihr werdet jedenfalls mit euren relativ unterschiedlichen Standpunkten keine fruchtbare Auseinandersetzung führen können, wenn ihr nicht beide die Argumente des anderen wohlwollend betrachtet.

Vielleicht nochmal für mich: Was sind denn die Standpunkte, und was die Argumente? Über was herrscht Uneinigkeit?

Offline Crimson King

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #38 am: 27.10.2017 | 20:35 »
Warum er Lord Verminaards abwertende Beurteilung trotzdem mit dem Argument "Weil das one-shot-Rollenspiel ist, gell?" zu erklären versucht, ist mir rätselhaft.

Jetzt echt? Die Aussage ist doch offensichtlich ironisch gemeint und zielt darauf ab, Vermis Ablehnung von Indies und One Shots gegenüber klassischem Kampagnenspiel ins Lächerliche zu ziehen.
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trendyhanky

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #39 am: 27.10.2017 | 20:38 »
Zitat
Vielleicht nochmal für mich: Was sind denn die Standpunkte, und was die Argumente? Über was herrscht Uneinigkeit?

Steht in Beitrag #0 (OP).
Der Thread ist ansonsten eher Befindlichkeiten anhand von Nischen-RPGs

Ironischerweise damit auch gleichzeitig eine Aussage über "die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden" ^^
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 20:41 von hanky-panky »

Pyromancer

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #40 am: 27.10.2017 | 20:48 »
Wahrscheinlich sinnentstellend verkürzt, aber bei mir kommen als Hauptpunkte an:

Lord Verminaard: "One-Shots und Kampagnenspiele unterscheiden sich." (These)
Ucalegon: "Nein, tun sie nicht, weil man den Kampagneninhalt ja auch auf eine Session verdichten könnte, dann hätte man wieder einen One-Shot. Daher gibt es keinen Unterschied." (Gegenargument)


Offline Chiarina

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #41 am: 27.10.2017 | 20:51 »
Zitat von: Crimson King
Jetzt echt? Die Aussage ist doch offensichtlich ironisch gemeint und zielt darauf ab, Vermis Ablehnung von Indies und One Shots gegenüber klassischem Kampagnenspiel ins Lächerliche zu ziehen.

Ja.

Es ist mir rätselhaft, was man mit so einer Art und Weise zu diskutieren erreichen will. Das gilt aber genauso für Lord Verminaards Seitenhiebe.

Zitat von:  hanky-panky
Der Thread ist ansonsten eher Befindlichkeiten anhand von Nischen-RPGs. Ironischerweise damit auch gleichzeitig eine Aussage über "die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"

Wahrscheinlich stimmt das. Die wichtigste Trennlinie besteht in den unterschiedlichen Befindlichkeiten.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 21:01 von Chiarina »
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Ucalegon

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #42 am: 29.10.2017 | 02:22 »
Vielleicht nochmal für mich: Was sind denn die Standpunkte, und was die Argumente?

Meine in der Kurzfassung:
Ich spiele Rollenspiele wegen der tollen Geschichten. Nicht wegen Herausforderung, Simulation oder Stufenaufstiegen. Für eine kurze, profunde Geschichte braucht es Struktur. Für eine lange, komplexe Geschichte braucht es Struktur. (Und nein, dasselbe ist das deswegen nicht.)

Der Idee, strukturierten one-shots, zu denen dann im Zweifel auch mal ein Dutzend (!) Sessions gezählt werden, ein offenes, "organisches" Kampagnenspiel gegenüberzustellen und diese Trennung zur Gretchenfrage zu erklären, habe ich dementsprechend scharf widersprochen.

Offline Lord Verminaard

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #43 am: 1.11.2017 | 08:25 »
Die Aussage ist doch offensichtlich ironisch gemeint und zielt darauf ab, Vermis Ablehnung von Indies und One Shots gegenüber klassischem Kampagnenspiel ins Lächerliche zu ziehen.

Von Ucalegon erwarte ich ja nichts anderes, als mir Worte in den Mund zu legen, aber du solltest es echt besser wissen. Wo habe ich denn jemals One-Shots abgewertet? Ich liebe One-Shots, die beste Runde, die ich je geleitet habe, war ein One-Shot, mir ist echt schleierhaft, wie Leute ohne Böswilligkeit in meine Aussagen hineinlesen können, dass ich One-Shots ablehne.

Edit: Das MEINTE ich doch mit "nicht wohlwollend", Herrgott, dass er so tut, als wäre ich jetzt gegen One-Shots, was OFFENSICHTLICH ABSOLUTER SCHWACHSINN ist, wenn nicht mal das offensichtlich ist, dann weiß ich auch nicht mehr.
« Letzte Änderung: 1.11.2017 | 08:36 von Lord Verminaard »
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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #44 am: 1.11.2017 | 11:54 »
@ Chiarina: Das Archipelago-Beispiel geht an der Sache vorbei, ich rede überhaupt gar nicht über Indies vs. klassische Spiele, und Archipelago ist in keinster Weise repräsentativ für irgendwas in dieser Diskussion. Mein kleiner (und sehr zurückhaltender) Diss war lediglich eine Retourkutsche auf seinen Computerspiel-Diss. Er versucht halt, jedes Gespräch über Rollenspiel zu einem Gespräch über seine Indies und zu seinen Bedingungen zu machen, und missbraucht dazu alles und jeden als Aufhänger.
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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #45 am: 1.11.2017 | 12:04 »
Von Ucalegon erwarte ich ja nichts anderes, als mir Worte in den Mund zu legen, aber du solltest es echt besser wissen. Wo habe ich denn jemals One-Shots abgewertet?

Ich bin jetzt zu faul zum Suchen, aber du hast, wenn ich mich recht entsinne, im Kontext der aktuellen Diskussionen zuletzt geschrieben, dass du klassisches Kampagnenspiel am Ende für befriedigender oder erfüllender hältst.
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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #46 am: 1.11.2017 | 12:08 »
Ich bin jetzt zu faul zum Suchen, aber du hast, wenn ich mich recht entsinne, im Kontext der aktuellen Diskussionen zuletzt geschrieben, dass du klassisches Kampagnenspiel am Ende für befriedigender oder erfüllender hältst.

Zu faul, um richtig zu lesen, aber trotzdem mal austeilen. :P Du liegst aber falsch, bzw. hast dich manipulieren lassen.
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Offline Blechpirat

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #47 am: 1.11.2017 | 12:09 »
Ich mach hier mal zu, euer Gezicke nervt bitte denkt an das wohlwollend lesen. Ein zuständiger Mod kann ja wieder aufmachen.

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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #48 am: 1.11.2017 | 17:28 »
Ich mache das Thema mal wieder auf. Bitte diskutiert höflich, sachlich und konstruktiv und unterlasst persönliche Anfeindungen. Wohlwollendes Lesen, wie Blechpirat schreibt, würde dem Thema möglichweise weiterhelfen.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: "Die wichtigste Trennlinie zwischen Rollenspielrunden"
« Antwort #49 am: 1.11.2017 | 18:17 »
Ich versuche es nochmal anders:
Welche Erwartungen habt ihr an eine Kampagne? Was muss am Tisch passiert sein, damit ihr sagt: Das war (a) eine Kampagne und (b) eine gute Kampagne? Illustriert das gerne mit Spielpraxis. Wie weiter vorne schon angeregt wurde, wäre es besonders interessant von denen zu hören, die regelmäßig vorgefertigte Kampagnen aller Art durchspielen.