Autor Thema: Charakterrollenspiel  (Gelesen 6233 mal)

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #50 am: 25.02.2018 | 14:59 »

Charakterspiel hat für mich viel mit Entscheidungen und Spielwerten, nicht primär mit Schauspiel zu tun.
(...)

Was die Herangehensweise an Probleme und Hindernisse angeht, so ist in den Spielwerten und ggf. Klasssenfähigkeiten bereits eine Menge enthalten. Für mich bedeutet ROLLENspiel ebven nicht nur Spiel im Sinne irgendwelcher Schauspielrollen, sondern auch im Sinn der Interpretation der Klassenrollen. Rolle, wiederhole ich immer wieder, ist im soziologischen Sinn eine Ansammlung von Erwartungen an eine Person in einem sozialen Kontext - also auch eine Erwartungen an bestimmte Kompetenzen. Wer einen Krieger spielt, hat auch die Rolle eines Kriegers. Er soll können und tun, was von Kriegern erwartet wird.

Generell halte ich es selten für "gutes Rollenspiel", wenn jemand gegen seine Spielwerte spielt.


Meinst Du wenn ein Spieler bei seiner Rolle bleibt auch wenn es seinem / ihrem SC daraus Nachteile erwachsen oder der SC trotz besseren Spielerwissen die falsche Entscheidung aber diese rollenkonform trifft?
« Letzte Änderung: 25.02.2018 | 15:01 von Pixellance »
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Offline YY

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #51 am: 25.02.2018 | 15:19 »
Sprachmuster, Akzente, Lieblingsgesten oder -formulierungen usw. sind für mich erstmal Beiwerk. Das hilft vielleicht, sich zu erinnern, dass man einen anderen Charakter spielt, als man selbst ist, aber in erster Linie ist das, was anders ist, doch die Überzeugungen, die Sicht der Welt und die Herangehensweise an Probleme und Hindernisse.

Volle Zustimmung.
Der Kleinkram interessiert mich selten; relevant ist das, was der Charakter tatsächlich tut, wenn es darauf ankommt.
Dementsprechend braucht es keinen ellenlangen Hintergrund oder sonstwas, sondern Situationen. Und da findet Charakterspiel ggf. auch mal nur im Kopf eines Spielers statt und der Rest bekommt davon nur das mit, was auch "charakterloses" Bedienen der Spielmechanik sein kann.


Das halte ich als SL für meine NSCs genau so: da bin ich nun wahrlich kein großer Schauspieler, aber nachvollziehbar müssen sie immer sein - unter den richtigen Umständen auch vorherseh- und berechenbar.

Ich sehe es hier den schlanken Regelkern sogar als Vorraussetzung für freies ROLLENspiel.

Das kommt doch darauf an, an welchen Stellen der Charakter überhaupt verregelt ist.
Siehe oben - das dafür relevante Zeug ist auch in den meisten Regelbrechern noch nicht mal ansatzweise spielmechanisch verarbeitet.

Und umgekehrt hat ein recht schlankes Spielchen wie Pendragon derart deutliche Regeln für Persönlichkeit und Verhalten, dass da unter den richtigen Umständen selbst zwei völlig verschiedene Spieler den gleichen Charakter zumindest ähnlich spielen müssen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Jiba

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #52 am: 25.02.2018 | 22:55 »
Meistens sind die großen Charakterdarsteller auch die großen Passivspieler, welch erwarten mit dem plot gefälligst gefüttert und bespaßt zu werden. mit solchen Spielern kann ich als SL nix anfangen.

Das mögen deine Erfahrungen sein. Ich kenne die meisten dezidierten Charakterdarsteller, die ich getroffen habe, vor allem als Rampensäue, die ihre Charaktere ständig aus Selbstimpuls handeln lassen, ständig reagieren – und wenn sie das mal nicht tun (wie bei einem etwas passiven Mitspieler von mir), doch stets Akzente setzen, wo es drauf ankommt, cool und subtil. Kurz: Die haben Spaß daran, anderen mit ihrem Charakter Spaß zu bereiten. Also ich finde mich (der ich mich auch als Charakterdarsteller sehe), darin jedenfalls nicht wieder.

Tatsächlich halte ich das Schauspiel für einen (leider) viel zu wenig diskutierten Aspekt unseres Hobbys... oder besser noch: Einen viel zu wenig angeleiteten. Es gibt gefühlt tausende Regelwerke, hunderte NSC-Sammlungen und mehr als zwei Dutzend SL-Ratgeber... doch Schauspiel und Schauspieltechniken, die kommen nur am Rande vor. Dabei ist Performen für mich eine der drei Hauptgestaltungsmodi am Spieltisch (neben Beschreiben und Regeln anwenden). Ich kann verstehen, wenn Leute sich da nicht öffnen wollen und das Gefühl haben das nicht zu können. Und ich würde auch nie jemanden zwingen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: Ein paar charaktertypische Gesten, verstellte Stimmen bei der NSC-Darstellung und der Versuch Sprache und Mimik voll mit reinzunehmen in den Charakter, macht das Spiel für alle unterhaltsamer. Klar, es kann Leute geben, die trotzdem arschig spielen... aber meine Erfahrungen damit sind halt positiv. Und ich freue mich immer über Anregungen, mein eigenes Schauspiel dahingehend zu verbessern.

Ich glaube auch nicht, dass kleine Schauspielakzente beim Charakter überflüssig sind. Die einzubauen machen den Charakter plastischer. Ich kann zum Beispiel auch jemanden mit ganz ähnlichen Überzeugungen wie ich selbst spielen und da grenzt der "Kleinkram" meine Figur von mir selbst ab. Mehr noch: "Kleinkram" erinnert einen nicht nur selbst daran, sondern auch die anderen Mitspieler. Und da eines meiner Ziele immer auch ist, dass die anderen Spaß an meinem Charakter haben, versuche ich sie durch plastisches Spiel auch ein stückweit mit zu unterhalten. Ob das gelingt ist eine andere Frage, bestimmt nicht immer... aber nichts im Rollenspiel gelingt immer. Und irgendwo ist das alles hier auch ein Ideal, dass ich von mir selbst habe... die Realität mag nicht ganz so smooth sein.

Ach ja, kurzer Disclaimer:
Ich will meinen Post nicht verstanden wissen als ein Plädoyer für "Mein Charakter ist halt so"-Spiel. Und eigentlich auch nicht als "Bloß niemals OT gehen."

Ich finde eines der größten Missverständnisse unseres Hobbys rührt daher, dass Rollenspieler Charakterdarsteller grundsätzlich als beinharte Method Actor (die Method ist eben nicht die einzige Schauspieltechnik, die es gibt) sehen... das Problem rührt auch daher, dass Laws den Spielerarchetyp so genannt hat. Ich bin beispielsweise zugleich ein leidenschaftlicher Charakterspieler aber auch ein leidenschaftlicher Meta-Erzähler. Wenn Charakterspiel gefordert ist, versenke ich mich punktuell in den Charakter, nehme seine Haltung und Stimme an und spiele ihn, bis wieder Meta-Kram gefragt ist. Und ich behaupte: Ich kann mich meinem Charakter damit trotzdem so nahe fühlen, wie ein Method-Acting-Spieler. Halt eben nur nicht durchgängig, sondern von Situation zu Situation.

@Cugel:
Eine Frage hätte ich tatsächlich: Kommt es dir auch auf die Qualität der Charakterdarstellung an? Ich meine, vielleicht versucht es jemand ja, ist aber dabei aber so subtil/ungeübt, dass du es nicht als Charakterspiel wahrnimmst? Das ist eine ernstgemeinte Frage: Woran glaubst du zu erkennen, dass jemand anderes Charakterdarstellung betreibt.

Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Issi

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #53 am: 26.02.2018 | 08:10 »
Gutes Charakterspiel mache ich daran fest, dass ich aufhöre die Reallife Persönlichkeit zu sehen die vor mir sitzt, und stattdessen wirklich kurz eine andere Person vor mir habe. Von der ich ein eigenes "Bild" bekomme.
Für die ich Sympathie, Antipathie usw. empfinden kann.

Man schlüpft in Rollen wie in einen Handschuh. Als Spielleiter hat man viele Handschuhe. Die man immer wieder wechselt. Aber gespielt wird eine Figur nur dann, wenn sie auch im Spiel da ist und agiert.

Edit. Wenn der Spielleiter sich selbst (seine eigene Person und Wirkung ) im Charakter Spiel nicht eine Zeitlang vergessen kann, um die Rolle zu sein, dann kann das auch der Spieler/Zuschauer nicht.

Edit 2. Es geht mMn.  darum seine "Reallife Rolle" für eine gewisse Zeit und ohne Angst abzulegen, damit man in eine andere schlüpfen kann.
Man kann nicht mit einer Hand gleichzeitig in zwei Handschuhen stecken.
« Letzte Änderung: 26.02.2018 | 09:32 von Issi »

Offline KhornedBeef

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #54 am: 26.02.2018 | 09:43 »
Das mögen deine Erfahrungen sein. Ich kenne die meisten dezidierten Charakterdarsteller, die ich getroffen habe, vor allem als Rampensäue, die ihre Charaktere ständig aus Selbstimpuls handeln lassen, ständig reagieren – und wenn sie das mal nicht tun (wie bei einem etwas passiven Mitspieler von mir), doch stets Akzente setzen, wo es drauf ankommt, cool und subtil. Kurz: Die haben Spaß daran, anderen mit ihrem Charakter Spaß zu bereiten. Also ich finde mich (der ich mich auch als Charakterdarsteller sehe), darin jedenfalls nicht wieder.

Tatsächlich halte ich das Schauspiel für einen (leider) viel zu wenig diskutierten Aspekt unseres Hobbys... oder besser noch: Einen viel zu wenig angeleiteten. Es gibt gefühlt tausende Regelwerke, hunderte NSC-Sammlungen und mehr als zwei Dutzend SL-Ratgeber... doch Schauspiel und Schauspieltechniken, die kommen nur am Rande vor. Dabei ist Performen für mich eine der drei Hauptgestaltungsmodi am Spieltisch (neben Beschreiben und Regeln anwenden). Ich kann verstehen, wenn Leute sich da nicht öffnen wollen und das Gefühl haben das nicht zu können. Und ich würde auch nie jemanden zwingen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: Ein paar charaktertypische Gesten, verstellte Stimmen bei der NSC-Darstellung und der Versuch Sprache und Mimik voll mit reinzunehmen in den Charakter, macht das Spiel für alle unterhaltsamer. Klar, es kann Leute geben, die trotzdem arschig spielen... aber meine Erfahrungen damit sind halt positiv. Und ich freue mich immer über Anregungen, mein eigenes Schauspiel dahingehend zu verbessern.

Ich glaube auch nicht, dass kleine Schauspielakzente beim Charakter überflüssig sind. Die einzubauen machen den Charakter plastischer. Ich kann zum Beispiel auch jemanden mit ganz ähnlichen Überzeugungen wie ich selbst spielen und da grenzt der "Kleinkram" meine Figur von mir selbst ab. Mehr noch: "Kleinkram" erinnert einen nicht nur selbst daran, sondern auch die anderen Mitspieler. Und da eines meiner Ziele immer auch ist, dass die anderen Spaß an meinem Charakter haben, versuche ich sie durch plastisches Spiel auch ein stückweit mit zu unterhalten. Ob das gelingt ist eine andere Frage, bestimmt nicht immer... aber nichts im Rollenspiel gelingt immer. Und irgendwo ist das alles hier auch ein Ideal, dass ich von mir selbst habe... die Realität mag nicht ganz so smooth sein.

Ach ja, kurzer Disclaimer:
Ich will meinen Post nicht verstanden wissen als ein Plädoyer für "Mein Charakter ist halt so"-Spiel. Und eigentlich auch nicht als "Bloß niemals OT gehen."

Ich finde eines der größten Missverständnisse unseres Hobbys rührt daher, dass Rollenspieler Charakterdarsteller grundsätzlich als beinharte Method Actor (die Method ist eben nicht die einzige Schauspieltechnik, die es gibt) sehen... das Problem rührt auch daher, dass Laws den Spielerarchetyp so genannt hat. Ich bin beispielsweise zugleich ein leidenschaftlicher Charakterspieler aber auch ein leidenschaftlicher Meta-Erzähler. Wenn Charakterspiel gefordert ist, versenke ich mich punktuell in den Charakter, nehme seine Haltung und Stimme an und spiele ihn, bis wieder Meta-Kram gefragt ist. Und ich behaupte: Ich kann mich meinem Charakter damit trotzdem so nahe fühlen, wie ein Method-Acting-Spieler. Halt eben nur nicht durchgängig, sondern von Situation zu Situation.

@Cugel:
Eine Frage hätte ich tatsächlich: Kommt es dir auch auf die Qualität der Charakterdarstellung an? Ich meine, vielleicht versucht es jemand ja, ist aber dabei aber so subtil/ungeübt, dass du es nicht als Charakterspiel wahrnimmst? Das ist eine ernstgemeinte Frage: Woran glaubst du zu erkennen, dass jemand anderes Charakterdarstellung betreibt.
Schöner Post, guter Hinweis auf möglicherweise irreführende "Extrempositionen" auch bei Laws, und dass man von so einem Entweder-Oder wegkommen kann (was ja durchaus auch bei den Laws-Typen so gedacht ist)
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Offline Issi

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #55 am: 26.02.2018 | 10:20 »
Zitat
Ach ja, kurzer Disclaimer:
Ich will meinen Post nicht verstanden wissen als ein Plädoyer für "Mein Charakter ist halt so"-Spiel. Und eigentlich auch nicht als "Bloß niemals OT gehen."
Dem kann ich auch nur zustimmen.

Eine RollenSPIEL Runde und eine ROLLENspiel Runde können z.B. sogar extakt das gleiche Abenteuer spielen.
Das Einzige, was die Runden unterscheidet, ist die Art und Weise wie NSC punktuell dargestellt werden, oder die Art und Weise wie und ob man Gespräche in Rolle ausspielt.
Ansonsten öffnet man die gleichen Geheimtüren, kloppt die gleichen Monster, löst die gleichen Rätsel, befreit die gleichen Geiseln etc.

Edit.
Wobei - es für ROLLENspiel Runden oft reizvoller ist Abenteuer zu spielen die über reines Dungeon hinausgehen. Z.B. mit Feinden die man "Kennt", oder im Abenteuer "kennengelernt" hat, bevor man ihnen gegenübertritt. Oder Abenteuer bei denen es auch um differenzierte Charaktere und/oder deren Hintergründe geht.
« Letzte Änderung: 26.02.2018 | 10:34 von Issi »

Offline Cugel

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #56 am: 26.02.2018 | 12:17 »

@Cugel:
Eine Frage hätte ich tatsächlich: Kommt es dir auch auf die Qualität der Charakterdarstellung an? Ich meine, vielleicht versucht es jemand ja, ist aber dabei aber so subtil/ungeübt, dass du es nicht als Charakterspiel wahrnimmst? Das ist eine ernstgemeinte Frage: Woran glaubst du zu erkennen, dass jemand anderes Charakterdarstellung betreibt.

Leider werde ich ja nicht sehr oft mit Charakterrollenspiel konfrontiert. Ich glaube aber schon, daß mir selbst zaghafte Versuche auffallen würden.
Als SL und Spieler würde ich das mit großer Freude versuchen zu unterstützen.

Bezüglich Charakterrollenspiel hatte ich vor ein paar Jahren ein beeindruckendes Erlebnis. Als SL habe ich mit vier mir weitgehend unbekannten Teilnehmern Cthulhu Gaslicht gespielt. Einer der Teilnehmer stotterte sehr stark und ich stellte mir die Spielsitzung schwierig vor, da ich im Rollenspiel noch nie damit konfrontiert wurde. Was dieser Spieler aber für ein Charakterrollenspiel ablieferte war grandios. Recht schnell habe ich das Stottern fast nicht mehr wahrgenommen. Seine Darstellung eines Polizisten dieser Zeit, gehörte zum Besten was ich jemals an Charakterrollenspiel erleben durfte. Unter anderem führte er die anderen Spieler als dieser Polizist an und nicht als der Spieler Klaus. Ständig schaute seine Spielfigur auf eine imaginäre Taschenuhr, die ich fast schon in der realen Welt sehen konnte. Noch heute erzähle ich sehr gern von diesem außergewöhnlichen Rollenspieler.
Ein, von einem höheren Säugetier aus der Ordnung der Primaten, geplünderter Planet, auf seiner Himmelfahrt ins Nichts.

Offline Issi

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #57 am: 26.02.2018 | 12:27 »
@
Cugel
Ich hatte mal ein tolles Rollenspiel Erlebnis mit einem Autisten.
Der hat seine Figur auch sehr authentisch gespielt. :D

Ob eine Figur echt wirkt, kommt mMn. viel weniger auf irgendwelche speziellen Sprech Techniken an, als man meint.

Offline KhornedBeef

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #58 am: 26.02.2018 | 14:41 »
Dem kann ich auch nur zustimmen.

Eine RollenSPIEL Runde und eine ROLLENspiel Runde können z.B. sogar extakt das gleiche Abenteuer spielen.
Das Einzige, was die Runden unterscheidet, ist die Art und Weise wie NSC punktuell dargestellt werden, oder die Art und Weise wie und ob man Gespräche in Rolle ausspielt.
Ansonsten öffnet man die gleichen Geheimtüren, kloppt die gleichen Monster, löst die gleichen Rätsel, befreit die gleichen Geiseln etc.

Edit.
Wobei - es für ROLLENspiel Runden oft reizvoller ist Abenteuer zu spielen die über reines Dungeon hinausgehen. Z.B. mit Feinden die man "Kennt", oder im Abenteuer "kennengelernt" hat, bevor man ihnen gegenübertritt. Oder Abenteuer bei denen es auch um differenzierte Charaktere und/oder deren Hintergründe geht.
Ich sag ja, never send pen&paper roleplaying game to do a computer roleplaying game's job  :)  D.h. ich will Story und Drama und Konflikt auf Charakter eben nicht, weil es an sich besser ist, oder auch nur besser funktioniert als Schnetzel-schnatzel, sondern weil ich das andere auch außerhalb des P&P haben kann. Will mir doch keiner sagen, dass bei den ganzen Action-RPGs von Diablo bis Shadow of Mordor nichts mit erheblich mehr spielerischem Flow dabei ist.
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Offline Oberkampf

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #59 am: 26.02.2018 | 15:21 »
Meinst Du wenn ein Spieler bei seiner Rolle bleibt auch wenn es seinem / ihrem SC daraus Nachteile erwachsen oder der SC trotz besseren Spielerwissen die falsche Entscheidung aber diese rollenkonform trifft?

Sowohl, als auch, und eventuell noch mehr  ;)

Manchmal ist es eine Sache, in der abgewogen werden muss zwischen den Interessen anderer Spieler in der Gruppe und den eigenen Interessen. Für mich ist z.B. schon klar, dass man einen Low-Charisma-Charakter in einer sozialen Situation eher unbeholfen spielt. Werte und Würfel helfen dabei, aber letztlich ist es doch eine Spielerentscheidung - und eine Spielleiterentscheidung, ob er es durchgehen lässt, wenn ein Charakter mit niedrigem Charisma so auftritt, wie der redegewandte Spieler, der ihn spielt.

Andererseits muss auch beachtet werden, dass zu viel Charakterspiel zu der "Mein Charakter ist halt so"-Situation führen kann. In weitgehend offenen Spielsettings mit toleranten Gruppen wird sowas weniger zum Problem, als in Spielsettings, die einer Storyline folgen. Wenn da Charaktere aus dem Verlauf der Story ausscheren oder diesen sogar torpedieren, weil sie "authentisch" nach den Vorstellungen des Spielers gespielt werden, kann es sein, dass seine eher storyorientierten Mitspieler sich darüber ärgern. (Offene Storylines sind wieder was anderes... kommen aber eher aus dem Indie-Bereich.)

Eben deswegen sind rollenkonforme Fehlentscheidungen wider besseres Wissen manchmal nahe am Taschenlampenfallenlassen. es ist immer ein Prozess des Abwägens: wann spiele ich so, wie mein Charakter wahrscheinlich handeln würde? Wann spiele ich so, dass die Story vorangetrieben wird, auch wenn mein Charakter dafür Dinge tun muss, die nicht in seinem Verhalten angelegt sind? Wann tue ich dinge, die die Kompetenzen meines Charakters überschreiten?

 
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Offline Issi

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #60 am: 26.02.2018 | 15:41 »
Zitat
Eben deswegen sind rollenkonforme Fehlentscheidungen wider besseres Wissen manchmal nahe am Taschenlampenfallenlassen. es ist immer ein Prozess des Abwägens: wann spiele ich so, wie mein Charakter wahrscheinlich handeln würde? Wann spiele ich so, dass die Story vorangetrieben wird, auch wenn mein Charakter dafür Dinge tun muss, die nicht in seinem Verhalten angelegt sind? Wann tue ich dinge, die die Kompetenzen meines Charakters überschreiten?
Im Prinzip ist es auch immer der Spieler der entscheidet, in der Rolle seines Charakters.
Es werden dem Spieler keine Entscheidungen vom Charakter aufgezwungen.
Weil der Charakter keine eigenen Entscheidungen treffen kann.
Auch die Gefühle der Figur sind nur vom Spieler geliehen. Ebenso die Gedanken.
Hier eine Trennung vorzunehmen ist, verzeiht meine Wortwahl- "absoluter Schwachsinn!"

Zur Stimmigkeit - Wenn einem Charakter etwas zuwider ist, was die Gruppe tut, dann kann der Spieler den SC auch einfach mitkommen lassen, aber dabei seinen Unmut äußern." Das war eine ganz blöde Idee Nachts in dieses Haus zu gehen. Aber es will ja niemand hier auf mich hören."(Der Spieler aber macht mit). Oder aber er enthält sich bei bestimmten Aktionen einfach. "Bitte wenn ihr unbedingt in den Löwenkäfig reingehen wollt. Aber ich bleibe hier draußen und halte Wache" (Der Spieler unterstützt die Aktion zwar nicht aktiv, dafür aber passiv)

Boykottieren- wäre mMn., wenn man als Spieler grundsätzlich das gemeinsame Spiel verweigert, oder extra behindert. Aber den Charakter dafür vorschiebt.
Was die Mehrheit der Gruppe tun will, muß natürlich nicht immer automatisch das Beste sein.
(Wenn der Rest der Gruppe z.B. etwas im Spiel tun will, was die Werte und Moral eines Spielers verletzt (Z.B. Unschuldige töten), dann ist ein "Nein, da mach ich nicht mit", kein böswilliger Boykott mehr, sondern da wurde dann tatsächlich eine persönliche Grenze überschritten, die des Spielers- und damit der Gruppenvertrag gebrochen.)
Ist das nicht der Fall, lässt sich meist auch eine gute Lösung finden, warum der Charakter trotzdem mitmacht, oder es zumindest nicht verhindert, obwohl es ihm nicht gefällt.
Und wenn es nur aus Loyalität, Ehrgefühl oder Neugier ist.

Edit. Als Spielleiter hat man halt den Auftrag: "Loyalität zur Gruppe "nicht, und kann Figuren auch gegen die Interessen der Gruppe handeln lassen.
Als Spieler muß ich dagegen darauf achten, einen Charakter zu spielen, der die Interessen der Gruppe größtenteils mitunterstützt.
Das muß mir eben als Spieler einigermaßen klar sein.

Edit 2. Zur Not kann man auch immer einen Cut machen und das OT klären.- a la "Leute, was ihr da vorhabt, kann mein Charakter aus folgenden Gründen nicht mitmachen. Da müssen wir im Spiel eine andere Lösung finden." oder aber "Rechnet mal nicht mit meinem Charakter. Der nimmt sich hier eine Auszeit. Ich spiele solange etwas anderes oder schaue zu."
« Letzte Änderung: 26.02.2018 | 18:34 von Issi »

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #61 am: 26.02.2018 | 17:53 »
D.h. ich will Story und Drama und Konflikt auf Charakter eben nicht, weil es an sich besser ist, oder auch nur besser funktioniert als Schnetzel-schnatzel, sondern weil ich das andere auch außerhalb des P&P haben kann. Will mir doch keiner sagen, dass bei den ganzen Action-RPGs von Diablo bis Shadow of Mordor nichts mit erheblich mehr spielerischem Flow dabei ist.

Das kommt drauf an, was man genau unter Schnetzel-schnatzel versteht.
Maximal stumpfes Monsterkloppen ohne alles Weitere geht auch am Rechner und die soziale Komponente bekommt man mit Coop auch halbwegs abgedeckt.

Aber schon wenn es ein bisschen taktisch anspruchsvoller werden soll, reduziert sich die Auswahl ganz massiv. Wenn dann noch Vorlieben oder gar Ausschlusskriterien in Sachen Setting und Spielmechanik sowie Spielgefühl dazu kommen, gibt es auch ganz schnell gar nichts mehr - da halte ich Videospiel-RPGs für massivst überschätzt.

Von hybriden Ansätzen ganz zu schweigen: Story, Drama und Charakterentscheidungen als Rahmen und Voraussetzung für wüstes Geschnetzel geht am Rechner in absoluten Ausnahmefällen genau eine Geschichte lang mit Monaten und Jahren Wartezeit auf einen eventuellen Nachfolger. Und dann auch wieder nur in den Grenzen, die Technik und Entwickler gesetzt haben.

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline sindar

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Re: Charakterrollenspiel
« Antwort #62 am: 26.02.2018 | 19:25 »
Ich gehoere zu den Spielern, die Charakterspiel weder brauchen noch moegen. Ich will mit meinem SC die Handlung voranbringen und Abenteuer erleben, nicht irgendwelche Schauspieleinlagen liefern. Wenn die anderen Charakterspiel betreiben, pflege ich mich zu langweilen. In Maßen stoert es mich nicht weiter, aber wenn es die Handlung aufhaelt, kann es passieren, dass es mich steort.

Ich lege dabei durchaus Wert darauf, meine Figur konsistent zu spielen. Will heissen: Mit einem Naturchar werde ich mich auf diplomatischem Parkett komplett zurueckhalten, und mit einem in den Gassen eine Grossstadt aufgewachsenen Dieb werde ich mich im Wald zurueckhalten. Ich werde auch darauf achten, dass er sich gemaess halbwegs konstanten moralischen Werten verhaelt (soweit ich das abschaetzen kann; dabei vertue ich mich ziemlich regelmaessig).

Was ich sagen will: Es gibt durchaus Leute, die den von Cugel im OP kritisierten Spielstil bevorzugen, nicht nur solche, die ihn aus Nachlaessigkeit spielen.
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Offline Cugel

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« Antwort #63 am: 4.03.2018 | 13:27 »
An dieser Stelle möchte ich mich für die rege Teilnahme bedanken.

Vielleicht kommt ja noch der eine oder andere Beitrag dazu.
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