Autor Thema: Das verflixte letzte Drittel  (Gelesen 1471 mal)

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Online aikar

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Das verflixte letzte Drittel
« am: 15.06.2018 | 20:11 »
Ich bin jetzt schon seit etlichen Jahren Spielleiter und habe einige Kampagnen, gekaufte wie selbst ausgedachte, lineare und Sandboxen, beendete und abgebrochene hinter mir.
Ich habe (denke ich) viel gelernt und mich mit Unmengen an spieltheoretischer Literatur beschäftigt.

Und trotzdem stoße ich jedes mal (jetzt gerade wieder) auf das selbe Problem: Das verflixte letzte Drittel.
Die Endphase der Kampagne und der Abschluss machen mir (bei nicht gekauften Kampagnen) jedes Mal zu schaffen.
  • Die Motivation lässt nach, neue Kampagnen, Systeme und Settings locken.
  • Die Ideen sprudeln nicht mehr so wie am Anfang.
  • Ich erkenne, dass sich gewisse Handlungsfäden nicht zufriedenstellend auflösen lassen, weil ich z.B. den Gegner zu stark für die SCs habe werden lassen oder der Scope zu groß für klassisches RP wird, wenn ganze Armeen und Flotten aufeinanderprallen (Ich wechsle inzwischen in so einem Fall zu Microscope als Erzählmedium, aber irgendwie fühlt es sich wie das Eingeständnis einer Niederlage als SL an).
  • Oder ich stelle fest, dass ich das Ende nicht fassen kann, weil sich (gerade bei Sandboxen) kein klares Ziel für einen schönen Abschluss findet.
Geht es euch auch so? Wie geht ihr damit um?
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Offline YY

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Re: Das verflixte letzte Drittel
« Antwort #1 am: 15.06.2018 | 20:16 »
Ich habe das Problem nicht in der Form, weil ich a) oft gar nicht so weit komme  :( und (glücklicherweise deutlich öfter) b) oft gar keine klassische Kampagnenstruktur anpeile.

In den wenigen Fällen, wo das relevant war, hat es mir geholfen, schon im Vorfeld einen klaren Endpunkt festzulegen - und natürlich auch zumindest grob den Weg dahin.
Wenn ich drauflos geleitet habe bis zu dem Moment, wo ich mir dachte "Jetzt könnte man so langsam mal irgendwann zum Ende kommen", ging es mir genau so wie dir. Zu dem Zeitpunkt, wo ich diesen Gedanken habe, habe ich den Absprung eigentlich schon verpasst.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Online aikar

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Re: Das verflixte letzte Drittel
« Antwort #2 am: 15.06.2018 | 20:26 »
b) oft gar keine klassische Kampagnenstruktur anpeile.
Könntest da evtl. etwas ins Detail gehen?
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Offline YY

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Re: Das verflixte letzte Drittel
« Antwort #3 am: 15.06.2018 | 20:41 »
Das ist ziemlich unspektakulär:

Erstens sind "meine" Spieler oft nur in wechselnder Besetzung verfügbar, zweitens habe ich selbst nicht regelmäßig Zeit und drittens habe ich kein übermäßiges Interesse an großen Plotbögen mit starkem Machtzuwachs auf beiden Seiten.

Dementsprechend setze ich auf stark episodisches Spiel, das wir jederzeit pausieren und zumindest theoretisch später wieder aufnehmen können.
In der Praxis kommt es dann doch sehr selten vor, dass wir bei etwas da weiter machen, wo wir "endgültig" aufgehört haben in dem Sinne, dass wir erst mal was anderes spielen - zu viele Ideen, zu wenig Zeit und oft genug kommen Umzüge oder ähnliche Faktoren in einer Weise hinzu, dass sich die Spieler gar nicht mehr in dieser Besetzung zusammenfinden oder zumindest in so großen Abständen, dass es dann eh nur noch One-Shot-Revivals werden können.

Da bezeichnet man rückblickend den Zeitraum, in dem man ein Konzept X intensiv und ggf. exklusiv bespielt hat, gerne mal als Kampagne. Aber es fehlt eben zumindest der große Handlungsbogen und der war i.d.R. auch nicht gewollt. 
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Offline Derjayger

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Re: Das verflixte letzte Drittel
« Antwort #4 am: 15.06.2018 | 21:03 »
Ich hab' gerade einen D&D-Hänger (nach 1,5 Jahren, immer ca. 3 Gruppen parallel), den ich glaube ich erfolgreich mit GURPS auskuriere.
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Offline KhornedBeef

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Re: Das verflixte letzte Drittel
« Antwort #5 am: 15.06.2018 | 21:18 »
Ich bin jetzt schon seit etlichen Jahren Spielleiter und habe einige Kampagnen, gekaufte wie selbst ausgedachte, lineare und Sandboxen, beendete und abgebrochene hinter mir.
Ich habe (denke ich) viel gelernt und mich mit Unmengen an spieltheoretischer Literatur beschäftigt.

Und trotzdem stoße ich jedes mal (jetzt gerade wieder) auf das selbe Problem: Das verflixte letzte Drittel.
Die Endphase der Kampagne und der Abschluss machen mir (bei nicht gekauften Kampagnen) jedes Mal zu schaffen.
mal der Reihe nach
Zitat
  • Die Motivation lässt nach, neue Kampagnen, Systeme und Settings locken.
Da ist ja mitnichten das letzte Drittel schuld. Entweder du bleibst nicht gerne lange bei einem Thema, oder du hast Torschlusspanik. Ist behandelbar ;)
Zitat
  • Die Ideen sprudeln nicht mehr so wie am Anfang.
Liegt ebenfalls nicht am letzten Drittel. Bzw. geh in dich und überprüf wie du Kampagnennotizen machst, während der Kampagne. Schießt du die ganze Zeit nur mit deinem Pulver, und das ist nach dem Mittelteil dann verschossen? Nimm Fäden auf, die sich unterwegs ergeben haben, Ideen der Spieler, etc. Eigentlich musst du nach all den Sessions mehr Ideen als Fundus haben...wenn du sie notiert hast
Zitat
  • Ich erkenne, dass sich gewisse Handlungsfäden nicht zufriedenstellend auflösen lassen, weil ich z.B. den Gegner zu stark für die SCs habe werden lassen oder der Scope zu groß für klassisches RP wird, wenn ganze Armeen und Flotten aufeinanderprallen (Ich wechsle inzwischen in so einem Fall zu Microscope als Erzählmedium, aber irgendwie fühlt es sich wie das Eingeständnis einer Niederlage als SL an).
Sehen deine Spieler das auch als Versagen? Mögen sie die GRoßereignisse? Würde ich erst prüfen.
Ansonsten, "Microscope" heißt genau hinschauen, auf die fast banal-willkürlichen Scheidepunkte gewaltiger Geschichtsereignisse. Da kennt ein Straßendieb die Dirne des feindlichen Generals, und... Du bist kein Schlachtfeld-Simulator, du bist Story-Vorbereiter, der kreative Mittelfeldspieler für die schussgewaltigen Charaktere.
Zitat
  • Oder ich stelle fest, dass ich das Ende nicht fassen kann, weil sich (gerade bei Sandboxen) kein klares Ziel für einen schönen Abschluss findet.
Geht es euch auch so? Wie geht ihr damit um?
Dass Sandboxen kein Ende finden, haben sie an sich. Aber Sandbox heißt, die Spieler haben sich (ihren SCs) das Ziel selbst auf die Fahne geschrieben, gib ihnen einen Wink mit dem Zaunpfahl (der Geburtstag eines alten Kriegskameraden, der von seinem bevorstehenden Ruhestand erzählt und seine liebreizende Frau vorstellt) und entlock ihnen, was sie sich vorstellen. Noch Puste? Die Ehefrau hat ein gefährliches Geheimnis, BUMM

Edit: Ich weiß übrigens, dass du das System Microscope meinst, aber das mit dem Scope passt generell so schön. Denk an den Herrn der Ringe, da sieht man stundenlang(!) zwei schmutzige Liliputaner durchs Gebirge krabbeln. Die den Krieg beenden. Food for thought.
« Letzte Änderung: 15.06.2018 | 21:20 von KhornedBeef »
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