Autor Thema: Die Waisen von Waterdeep [PF]  (Gelesen 1121 mal)

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Offline Tie_Key

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Die Waisen von Waterdeep [PF]
« am: 4.12.2018 | 10:20 »
Hier werde ich nach und nach einige Tagebucheinträge meiner Gruppe posten. Aufgrund der unterschiedlichen Schreiber, kann ich vorher noch nicht sagen, wieviel davon für nicht Anwesende verständlich sein wird. Im Zweifel einfach fragen.


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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #1 am: 4.12.2018 | 10:27 »
Dramatis Personae:

Kinder in einem Waisenhaus, welches seine Schützlinge zu Kriminellen ausbildet.

Als fast Erwachsene, werden sie Zeuge wie das Waisenhaus von der Wache geschlossen wird und sie selbst angeklagt werden, weil sie Teil einer kriminelle Vereiniung sind.

Schmutzfink: Halbelf Schurke 3 - Ein Pubertierender Halbelf - was kann da schon schief gehen?
Rasumchin: Halbork Magus 3 - Niemals um einen (Zauber-)spruch verlegen.
Casper: Human Psychic 3, hat einen starken Drang zu Drogen und Enchantment Spells - Der Jüngste der Gruppe.
Elsa: Halfling Oracle 3 (Taub-Stumme NSC) Typus Mitläufer und Heilbot.

« Letzte Änderung: 4.12.2018 | 14:58 von Tie_Key »

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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #2 am: 4.12.2018 | 10:28 »
Als Einstieg gab es für die Einstimmung und Erstellung der Charaktere folgenden Text:



Ihr seid schuldig. Ob ihr die Tat wirklich begangen habt? Zweitrangig.

 

Die Beweislast ist erdrückend, euer Leben und Schicksal für immer besiegelt. Ein Dutzend Häftlinge werden einer nach dem anderen rausgebracht. Zwischendurch hört ihr das Weinen eurer Mitinsassen. Ab und an flüchtige Gebete. Immer wieder finden sich einige der Gefangenen an der Tür ein, sie betteln und flehen ... und doch ist es sinnlos.

 

Wenn sich die Tür zur Schnellverhandlung öffnet, lässt sich ein Blick auf das Gericht erhaschen. Es wundert euch, dass nicht nur ein Magistrat vor Ort ist, sondern auch ein Maskierter. Hat sich wirklich ein verhüllter Lord von Waterdeep eingefunden, um einem Schnellgericht beizuwohnen? Kurz spürt ihr soetwas wie Neugier, doch die lähmende Angst vor der Gerichtsverhandlung, deren bestes Ende ein Arbeitercamp oder die Sklaverei wäre, verscheucht auch dieses Gefühl.

 

Ihr wartet und seht wie manche Gefangene gegen die Wachen kämpfen. Mit Fäusten gegen schwere Rüstungen und gepanzerte Handschuhe. Halb besinnungslos werden sie kurze Zeit später zur Verhandlung gezogen, eine Schneise roten Blutes im lockeren Sand hinterlassend.

 

Die Hitze drückt auf das Gemüt. Das schwarze Backsteingebäude, in dem ihr wartet, soll die Gefangenen für die Verhandlung vorbereiten und sie zum Gestehen bewegen. Während die Hitze des Sommers den kleinen Raum unerträglich aufheizt, spürt ihr wie der Boden wärmer und wärmer wird. Andere Gefangene hatten euch davon erzählt, dass sie im Keller im heißesten Sommer Kohle in Öfen schippen mussten. Ihr hattet euch immer gefragt wofür ... eine Schmiede vielleicht? Oder tatsächlich nur, damit dieser Raum unnatürlich heiß wird? Ihr wickelt die Reste eurer Kleidung um die Füße und bewegt euch unablässig, damit ihr die Hitze ertragen könnt. Still stehen ist keine Option.

 

Dann öffnet sich die Tür. Das Sonnenlicht blendet euch, da sich eure Augen längst an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ihr stolpert vorwärts. Unter euren Füßen spürt ihre scharfe Schottersteine, die euch trotz der Kleidungsfetzen schmerzhaft in die Fußsohlen schneiden. Ihr hinterlasst blutige Fußabdrücke. Eure Füße brennen bei jedem Schritt.

 

Ihr steht in der prallen Sonne, während nach und nach weitere Gefangene in Reihen von 6 Leuten aufgestellt werden. Eine jammernde Gestalt wird nach vorne getrieben. Der Magistrat liest sich einige Dokumente durch, während Peitschenhiebe auf jene niedergehen, die es wagen nicht still zu stehen. Schmerzerfülltes Keuchen erfüllt die Luft und wechselt sich mit dem monotonen Murmeln des Magistrats ab. Euer Blick verschwimmt und nur mit größter Anstrengung könnt ihr die Verhandlung beobachten. Ihr versucht nicht an euer Schicksal zu denken, während ihr euch umschaut. Erst jetzt fallen euch die fahrigen Bewegungen des Magistrats auf. Er wirft hastige Blicke zu dem Mann in schwarzen Roben, der die Maske eines Raben trägt. Trotz der glühenden Mittagssonne ist er in dicke, schwere Wolle gehüllt und scheint die Hitze nicht wahrzunehmen. Euch fallen die fahrigen Bewegungen, das trockene Schlucken und das nervöse Zucken am Augenlied des Magistraten auf. Wer hätte es jemals gewagt zu denken, dass sich ein Mann von diesem hohen Amt verhaspeln könnte? Ihm schien jegliche Eloquenz abhanden gekommen zu sein.

 

Das erste Ureil ertönt: "Tod durch den Strick!" Selbst die Gefangenen murmeln zum Teil Zustimmung. Der Verurteilte ist ein sadistischer Kinderschänder, der Kinder nicht nur missbraucht, sondern im Anschluss auch ihr Fleisch verzehrt hat, wenn man dies in einem solch grausigen Fall so nennen konnte. Dieser Mann hat den Tod verdient, doch der Magistrat schaut unsicher zum Maskierten. Unendlich lange Sekunden verstreichen. Dann schüttelt der Maskierte den Kopf. Der Magistrat wird kreidebleich, er benötigt eine kurze Zeit, um sich zu sammeln und bevor er etwas sagen kann ertönt die kehlige, kratzige und tiefe Stimme des Maskierten, die euch selbst bei der sengenden Hitze eine Gänsehaut beschert. "Weiter!" Der Mann klingt befehlsgewohnt, selbstsicher und irgendwie ... mächtig. Der Magistrat stammelt etwas Unverständliches und winkt der Wache zum Zeichen, den nächsten Gefangenen nach vorne zu bringen, während der erste Verurteilte zum Strick geführt wird.

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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #3 am: 4.12.2018 | 10:29 »
Aus Sicht eines Spielers: Tag 1 (Das Waisenhaus wird von der Stadtwache geschlossen):

Es war ein unheimlicher Abend. Ungewöhnlich viele Betten im Schlafsaal waren leer, weder Dame Frieda oder Alice waren auf einem ihrer Kontrollrundgänge. Caspar hatte schon den Tag über ein seltsames Gefühl. Irgendetwas war anders an diesem Tag. Die alltäglichen Routinen im Hort schienen auszusetzen, eine Gruppe der besten Diebe verließ bereits früh mit schwerer Mine das Gebäude, gesprochen hatte niemand von ihnen. Das Frühstück war mager, die Kutsche des Hauses Melschimber war seit mehreren Tagen überfällig und bereits am Tag schien ausschließlich Nouda im Auftrag Friedas mehr oder minder erfolgreich die beschäftigungslosen Waisen zu beaufsichtigen und mit belanglosen Haushaltsdiensten zu triezen. Je länger Caspar an den zurückliegenden Tag dachte, desto seltsamer kam dieser ihm vor. Sein Blick ruhte auf dem leeren Bett Olafs. Wie immer war es voller Krümel aus Ohrenschmalz. Anders als sonst fehlte Olaf. Der drahtige Junge gehörte zu den geschicktesten Beutelschneidern des Hafenviertels und kannte sich dort aus wie kaum ein Zweiter, allerdings hatte er vor kurzem erst zwei Finger  der linken Hand verloren. Wie, wollte er niemandem erzählen. Caspar interessierte sich eigentlich nicht für Olaf oder dessen Wohlergehen. Dass er fehlte störte ihn dennoch.

Plötzlich drückte sich leise die Tür auf und leichter Fackelschein drang in den Raum. Caspar griff nach dem kleinen Kristall, der immer unter seinem Kopfkissen lag und wirkte einen Zauber - sofort wurden seine Augen klarer, die Krümel auf Olafs Bett schärfer und sein Ohr vernahm vorsichtige Trippelschritte, die sich unsicher über die Türschwelle schoben. Die zuckenden Schatten ließen auf eine Lichtquelle knapp über dem Boden schließen, die Schritte gehörten keinem erwachsenen Menschen. Caspar hob seinen Kopf und ließ seinen Blick vom schmuddeligen Laken über den hellen Sternenhimmel hinter den verschmierten Fensterscheiben auf die andere Seite des Raumes gleiten. Dort stand Elsa, eine junge Halblingsdame mit unsicherem Blick. Was will sie hier im Jungenschlafsaal? Doch in dem Moment begann sie vorsichtig an den Türrahmen zu klopfen. Immer wieder.

Caspar schwieg.

Elsa klopfte weiter und wurde dabei langsam lauter. Als sich die ersten Köpfe erhoben, begann sie zu gestikulieren, zeigte in den Flur. Ihr Gesicht war bleich und voller Angst. Allmählich begann es im Raum zu rascheln, als immer mehr Jungs aufwachten und merkten, dass etwas nicht stimmt.  Caspar schloss die Augen und Blickte in die groteske Fratze, die ihn bereits den ganzen Tag verfolgte. Fahle Haut, weit aufgerissene Pupillen, ein hämisches Grinsen. Um ihn herum ertönten Schritte - nackte Füße auf Holz. Ein Gewisper erfüllte den Raum, doch das Röcheln der fahlen Fratze übertönte alles, was im Zimmer geschah. Dumpf hörte er, wie man den Raum verließ. Der andere Schlafsaal bot einen Blick auf den Hof und die Gasse. Die Stimmen wurden lauter, doch mit ihnen auch das kratzige Geräusch, das aus der düsteren Kehle über die blassroten Lippen kroch. Caspars Hand wühlte kurz zwischen der zerfledderten Matratze und dem Bettgestell, ergriff eine kleine Phiole und führte sie an sein Gesicht. Gerade als er den Korken zu lösen begann nahm er weit entfernt ein dumpfes Geräusch war. Holz splitterte. Irgendjemand brüllte Befehle. Doch es war so angenehm weit entfernt. Es klang so harmlos. Er zögerte kurz, lauschte der Symphonie aus krächzenden Worten, die der Mund der Fratze heiser hervorpresste, und dem fernen Schreien und Wimmern, das mittlerweile durch den Hort dröhnte.

"Verpisst euch ihr Paladinficker!"

Nicht jetzt. Caspar lächelte unsicher und drückte den Korken wieder sanft in den Hals der Phiole.

 

 

Offline Tie_Key

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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #4 am: 4.12.2018 | 10:30 »
Der erste Spieleabend: Erneut aus Sicht von Casper, steht in direkten Bezug zum Gruppeneinstieg zuvor:

Immer heißer und heißer wurden Wände und Boden, Caspar hörte das Reißen von Stoff zwischen dem erschöpften Stöhnen der anderen Insassen. Es war stockfinster. Nicht ein einziger Lichtstrahl fand den Weg in die immer heißeren Kerkerzellen. Schmutzfink kicherte kurz und wieder riss direkt neben Caspar ein Kleidungsstück. Er musste bereits auf den Füßen tippeln, so heiß war der Boden.

„Es kommt jemand“, flüssterte Chin angespannt und auch in seiner Stimme lag Erschöpfung. Caspar blickte sich um. Von wo? Er wusste nicht mehr, wo die Tür war, durch die man ihn vor einigen Tagen bei seichtem Fackelschein in diese Zelle geschubst hatte. Bestimmt wieder essen. Erst jetzt bemerkte er den unsäglichen Hunger, der sich in seinem Magen durch ein tiefes Grollen Aufmerksamkeit verschaffte. Kurz darauf knarrte eine Luke und mit blecherndem Klappern wurde etwas grob in den Raum geschoben. Für Sekunden waren in vagem Licht Konturen von Schalen auf einem großen Tablett auszumachen, einige von ihnen Kippten auf den Boden, als das Tablett wieder zurück gezogen wurde. Noch bevor es wieder vollkommen dunkel war, wurde es unruhig im Raum. Alles stürzte sich auf die Tür.

„Verpiss‘ Dich!“, donnerte es aus einer Ecke des Kerkers und dumpfe Schläge wechselten mit dumpfem Stöhnen. Jemand keuchte, jemand knurrte angestrengt, weitere Schläge, aus der anderen Richtung klapperten die Schalen, auch dort klang es nsch Handgemenge. Caspar stand wie angewurzelt und tastete erst in Richtung Schmutzfinks, dann in Chins. Beide waren nicht mehr in seiner Reichweite. Caspar tippelte weiter. Aus der Ecke war mittlerweile nur noch ein keuchendes Wimmern zu hören, gefolgt von einem markerschütternden Knacken. Jemand schrie. So laut, dass Caspar seine Hände auf die Ohren presste und das Handgemenge an der Tür kurz verstummte.

„Mein Arm! Du verfickter Hurenlump hast meinen Arm gebrochen! Wachen!“

Caspar konnte weder hören, wie sich der Streit um das Essen fortsetzte, noch das gierige Schmatzen derer, die sich eine der Schalen sichern konnten und wild den Haferschleim in ihre Münder schaufelten. Dann knuffte ihm jemand gegen die Schulter.

„Iff waf, Kleiner“, mampfte Chin direkt neben ihm und hielt Caspar eine Schale vor die Brust. Es dauerte allerdings kurz, ehe dieser verstand und erst Chins Arm, dann auch das üppig gefüllte Gefäß ertastete. Chins Fähigkeit auch im Dunkeln zu sehen erwies sich hier unten als nützlicher denn je.

„Binde Dir etwas um Deine Füße, Caspar, Deinen Unterrock wirts Du hier drinnen anders kaum brauchen können“, schmatze Schmutzfink, „kümmerst Du Dich um Elsa, Chin?“

Der Halbork drückte Caspar die Schale in die Hand und machte zwei Schritte an ihm vorbei. Für Elsa musste die Situation noch unerträglicher sein als für ihn. Im ganzen Raum hörte man mittlerweile, wie sich die Insassen Stoffbahnen um die Füße wickelten, um sich vor der Hitze zu schützen. Ansonsten untermalte noch immer ein schmerzerfülltes Wimmern die desperate Situation in diesem städtischen Gefängnis.


Die Zeit verging zäh, die schier unerträgliche Hitze unterband längere Unterhaltungen und forderte bald ersten Tribut. Nicht weit von ihm hörte Caspar ein leises Keuchen, von Minute zu Minute unregelmäßiger, bis erschließlich hörte, wie die Person leise in sich zusammen Sackte und das Keuchen verstummte.

"Chin, Fink, seid ihr noch da? Wie geht es Elsa? Ich möchte hier raus..:"

Das raue Räuspern des Halborks beruhigte ihn nur bedingt.

"Wir kommen hier schon irgendwie raus, uns muss ein Prozess gemacht werden." Schmutzfink klang dabei wenig überzeugt.

"Halt den Mund, Du Narr - das glaubst Du doch selbst nicht", tönte es aus der Dunkelheit und Caspar war sich unsicher, ob das kehlige Krächzen nicht eigentlich der Versuch eines hämischen Lachens war. Schmutzfink ließ sich weder provozieren, noch überhaupt darauf ein und - weshalb auch immer - war für Caspar dieser Umstand noch weit beunruhigender als die beklemmende Aussicht auf ein qualvolles dahinraffen im Bauch dieses Heizofens.

Stunden vergingen - Caspar vertrieb sich die Zeit, indem er mit seiner trockenen Zunge die salzigen Schweißtropfen aufzufangen versuchte, die über seine Stirn die Nase herabkletterten, um sich an deren Spitze in die Dunkelheit zu stürzen - als plötzlich die Zellentür laut knirschend aufgeschoben wurde und im Schein einer Fackel gleich vier oder fünf gerüstete Wachen in den Raum marschierten. Angeblich, das Gerücht kursierte zumindest unter den hiesigen Insassen, als noch ausreichend Kraft für einfache Unterhaltungen aufgebracht werden konnte, würden sie einzelne Gefangene auslesen, um diese im Bauch des Gebäudes schweißtreibende Arbeit verrichten zu lassen.

Sofort begann ein Ansturm auf die Tür, für viele war die Aussicht auf Arbeit weitaus attraktiver als der zermürbende Aufenthalt in der heißen Kerkerzelle und wer weiß - vielleicht war man der Freiheit ein klein wenig näher, wenn man sich als Arbeitskraft zur Verfügung stellte. Die Wachen allerdings prügelten mit ihren Panzerhandschuhen jeden unbarmherzig zurück, der sich ihnen hoffnungsvoll entgegen schmiss und zerrten nur die Reglosen, die bereits Schwielen dort hatten, wo ihre Haut auf dem Boden auflag mit grobem Ruck durch die Tür. Knapp eine Minute später war es wieder finster. Caspar war kalt. Die Hoffnungslosigkeit, die Barbarei, die schrecklich tanzende Schatten an die Wand zeichnete und die alles verschlingende Dunkelheit, die keine Ablenkung bot von den grausamen Bildern, verdrängte all das Körperliche, den verbrennenden Leib, die steifen Glieder, den Hunger und die aufplatzenden Lippen, an denen vorbei mittlerweile die Schweißtropfen in die Tiefe stürzten und mit leisem Zischen auf dem Boden verdampften. Die Stunden verstrichen. Mehr oder weniger.

"Caspar, Caspar!"

Er öffnete seine Augen und sah Schmutzfink vor sich. Er sah ihn. Im Fackelschein. Man packte ihn am Kragen und zerrte ihn aus der Zelle. Es war plötzlich hell, seine Augen schmerzten. Chins Hand krallte sich in Caspars Leinenhemd, Schmutzfink und Elsa liefen hinter ihnen. Schweres Mauerwerk zog an ihm vorbei, immer heller, immer kälter  wurde es. Er hörte Stimmen, Chin unterhielt sich mit Schmutzfink, die Wachen untersagten ihnen das Gesrpäch in fremden Zungen.

Plötzlich kam die Kolonne zum stehen. Unter ihnen Sand, über ihnen trübe Wolken. Eine Tribüne, mehrere Galgen. Die frische Luft tat gut, Caspar kam mehr und mehr wieder zu sich. Die vier standen mit zwei Fremden vor einer Frau, die Papiere auf einem Pult sortierte und immer wieder Blicke auf die Tribüne warf. Eine Gestalt mit grotesker Rabenmaske blickte von dort aus ausdruckslos auf das Geschehen. Vor den Galgen wartete ein Henker.


Caspar wurde nervöser, während sich die bizarre Rabenmaske ins Zentrum seines Sichtfeldes brannte. Sie grinste kurz, die dunklen Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen und kurz funkelte ein sengendes Feuer dort auf, wo Augenhöhlen sein sollten. Zwei gewaltige, schwarze Flügel erhoben sich und verdeckten den Himmel, einer rechts, einer links der morbiden Fratze. Mit sanften Schlägen erhob sich der Vogel und schwebte wenige Meter über den Galgen. Als eine entfernte Stimme ein Todesurteil ausspricht und mehrere ungepflegte Gestalten vom Henker auf die hölzerne Bühne geführt werden, formt sich aus dem seichten Grinsen des Rabens ein hämisches Lachen. Eine gezackte Zunge wand sich wie eine Schlange im Schlund des Todesengels und das kaum hörbare Krächzen verbrannte Caspars Ohren. Rasumchin trat plötzlich vor Caspar, dessen Blicke verfolgten, wie den Verurteilten ein Strick umgelegt wurde.

"Du wirst ihn niemals finden. Deine Seele gehört nun mir"

Der Rabe senkte seinen Kopf, beinahe so  groß, wie ein Haus, ehe er direkt vor Chin ruhen blieb und durch diesen hindurch verstohlen auf Caspars Seele blickte. Die Schlange im Maul zuckte dabei lüstern, strich einmal über die linke Seite des schwarzen Schnabels und schnalzte zurück in ihr dunkles Loch. Caspar spürte den Lebenshauch, der trocken aus der Dunkelheit gewaltiger Nüstern gepustet wurde und sich schwer wie ein toter Nebel über die Szenerie legte. Beinahe konnte er ihn greifen.

Plötzlich riss man an seinem Arm. Der Henker zerrte ihn grob auf die Bühne, der Rabe beobachtete jeden Schritt, Caspar zitterte vor Angst. Jeden Moment würde der Rabe ihn verzehren, Caspar verschwinden und nichts von ihm übrigbleiben als krude Erinnerungen aller, die seinen Lebensweg kreuzten und ihn dabei wahrnahmen. Caspar schwenkte den Kopf, um dem gierigen Blick des Vogels zu entgehen. Schmutzfinks Miene war finster, der Strick um seinen Hals so eng, dass seine Adern hervortraten. Als er Caspars Blick bemerkte, lächelte er nicht weniger gequält als ermutigend. Der Atem des Raben drohte auch Caspar zu ersticken - aus Angst wurde Panik, er begann zu hecheln, rang nach Luft, doch seine Lungen füllten sich mehr und mehr mit Tod. Chins Blick war eisern. Er starrte in die funkelnden Augen des Vogels, furchtlos, seiner selbst so sicher, wie Caspar es niemals sein würde. Rasumchins grobes Gesicht formte sich eine gewaltige Fratze, nicht minder fürchterlich als jene, die Caspar zu ersticken drohte. Ewigkeiten vergingen, die beiden regten sich nicht, die Zähne des Halborks blitzten nicht minder scharf als die Spitze des schwarzen Schnabels. Caspar wusste nicht, was vor sich ging, aber er bewunderte Chin. Niemals könnte er einer solchen Kreatur standhalten und plötzlich spürte Caspar, wie Hoffnung aufstieg. Er wusste nicht, was vor sich ging, die beiden schienen ein Duell auszutragen, das die Luft zum Flimmern brachte.

Plötzlich schlug der Dämon mit den Flügeln, eine lautes Knarren - seine gewaltigen Schwingen stießen ihn hoch in die Luft, hunderte Meter, und wehten den faulen Atem hinfort. Caspar konnte kurz noch die Umrisse des Vogels am Himmel ausmachen, ehe er außer Sicht war. Luft füllte seine Lungen. War er geflohen? Was ist geschehen? Er lebte. Schmutzfink neben ihm ebenso. Verwirrt sah sich dieser um - auch er wusste nicht, was geschehen war. Chin rappelte sich auf, er sah mitgenomen aus.

"Mein bin Lord Maron", sprach eine Stimme wenige Meter neben den beiden aus der Dunkelheit, "bitte folgt mir."

Offline Orok

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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #5 am: 4.12.2018 | 13:22 »
Sehr genial geschrieben. Klingt nach einer coolen Kampagne!
E PLURIBUS DUDEINUM
IN DUDENESS WE ABIDE

Offline Tie_Key

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Re: Die Waisen von Waterdeep [PF]
« Antwort #6 am: 4.12.2018 | 14:56 »
Aktuell sind wir bei Session 3. Mehr Input folgt bald.

Freut mich, dass es gefällt.

Nebenbei suchen wir eigentlich noch einen 4ten Spieler, falls jemand Interesse hat, sich bei einer solchen Kampange zu beteiligen, kann er sich gerne melden. Spielen tun wir über Discord und Maptool.