Autor Thema: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?  (Gelesen 1393 mal)

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Online General Kong

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Vorneweg: Ich finde, dass Gumshoe Ermittlungs- und Detektivabenteuer mechanisch viel besser abbildet als alles, was ich bisher dazu gesehen habe:
Kein Würfeln mehr, OB ich eine plotwichtige Spur finde (bzw. als SL herausgebe), sofern ich die relevante(n) Fertigkeit(en) überhaupt habe und an der richtigen Stelle anwende.
Punkte können herausgehauen werden, um zusätzliche Details zu bekommen oder Sherlock Holmes.mäßig anzugeben: "Elementar, Watson. Der Mann ist Witwer, wohnt in einem Haus mit Gaslicht, spielt seit seiner Pensionierung als Bademeister viel Karten, hat einen Hund mittlere Größe und ist Besorgt über das Schicksal seiner Tochter, die vor kurzen nach Australien auswanderte. Und er hat eine Schwäche für Würstchen mit Senf."
Kein Handwedeln mehr  a la "Trotz des 12ten Versuches ein Geheimfach zu finden, findet ihr nichts. Doch da fällt ein großes Stück stuck aus der Decke, zerschlägt die Tischplatte und zum Vorschein kommt überaschend ..." das Geheimfach mit den verschwundenen Briefen, von denen alle wussten, dass sie da sein müssen, damit der Plot überhaupt weitergehen kann, den diese Spuren müssen die Spieler ja haben und sind keine Belohnungen wie Schätze im Dungeon.
Das wäre etwa so, wenn man im Verlies in jedem Raum würfeln müsste, ob man die Tür findet, durch die es weitergeht im Abenteuer.

Wie gesagt: Ich finde es genial.

Aber: Kämpfe laufen eher öde. Ich treffe den Gegner ab 3 oder 4 auf 1W6 und kann dazu noch Poolpunkte heraushauen - und zwar unbegrenzt viele pro Wurf (bzw. bis sie alle sind). Das heißt aber auch, dass ich mir mit 2 oder 3 Punkte den Treffer kaufe (eine 1 kann auch treffen, wenn die Punkte addiert auf 3 oder 4 kommen).
Je nach Spiel und angewandten Optionen kann ich auch noch Punkte in den Schaden ballern: Ich kaufe also den Treffer und dann auch noch den Schaden hoch.

Kämpfe laufen dann häufig zu berechenbar ab. Zudem ist die Stärke von Gumshoe die Ermittlung: da gehen die Punkte raus. Aktion findet meist eher zum Ende statt und da hat man meist noch volle Pools für die relevanten Fertigkeiten und kann aus dem vollen schöpfen.

Erfahrungsgemäß war es in meiner Mutant City Blues-Kampagne so, dass die Ermittlungen interessant und spannend waren. Wenn man dann zum Täter kam - und es sind halt da nicht Gegner wie Doctor Doom, sondern eher "Tatort-Bösewichte mit mäßigen Superfähigkeiten" - lief das mehr:
"Sie sind verhaftet!"
Gegenwehr gab es, war aber meist ziemlich sinnlos: Was macht schon ein Bösewicht mit Sonic Blast 8 (oder 15) gegen drei Polizisten mit gleich hohen (oder höheren) Pools in Kampffähigkeiten (er ist Buchhalter, sie Polizisten einer Spezialeinheit!).

Kämpfe waren erst dann spannend, wenn alle (z.B. bei einer Geiselbefreiung) ihre Pools total zerschossen hatten, aber insgesamt sind  Kämpfen bei Mutant City Blues nicht so der Brüller.

Bei Lorefinder (Gumshoe-Fantasy-Ergänzung für Pathfinder) hatte man ja da konsequenterweise gesagt:
Erkundungen nach Gumshoe, Kämpfe nach Pathfinder. Meiner Meinung nach nicht so die tollstes Lösung (ich finde einheitliche Spielmechaniken besser), aber konsequentes Einsehen der Stärken und Schwächen (und sicherlich auch mit einem Auge auf die Vermarktbarkeit von Lorefinder ...)

Was ist die geschätzte Fachmeinung: Ist Gumshoes System kampftauglich?
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Offline bobibob bobsen

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #1 am: 28.12.2018 | 09:55 »
Zitat
Ist Gumshoes System kampftauglich?

Vorab meine Meinung: nein

GS ist auf andere Dinge ausgelegt die es auch wirklich gut macht. Kämpfe sollten meiner Meinung nach in Ermittlungsabenteuern auch eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Den Raumschiffkampf finde ich übrigens bei Ashen Stars sehr gelungen. Abwechslungsreich, alle Sc sind eingebunden, man kann Herrlich Technobubbeln.

Offline KhornedBeef

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #2 am: 28.12.2018 | 09:56 »
Die Standardantwort: Night's Black Agents bzw. das Esoterror Factbook. Da stehen die ganzen Extramanöver drin, mit denen man a) taktisch Poolpunkte gegen besondere Effekte tauschen und b) spektakuläre Beschreibungen legitimieren kann.

Aber das ist schon ein anderes Gefühl als bei typischen Kampfsystemen, als YMMV.

Edit:
Vorab meine Meinung: nein

GS ist auf andere Dinge ausgelegt die es auch wirklich gut macht. Kämpfe sollten meiner Meinung nach in Ermittlungsabenteuern auch eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Den Raumschiffkampf finde ich übrigens bei Ashen Stars sehr gelungen. Abwechslungsreich, alle Sc sind eingebunden, man kann Herrlich Technobubbeln.
Ist das da auch mit Refresh  für Technobabbel gelöst? Wenn ja, NBA macht das für Autos, Knarren und KungFu.
« Letzte Änderung: 28.12.2018 | 09:58 von KhornedBeef »
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Offline bobibob bobsen

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #3 am: 28.12.2018 | 10:25 »
Zitat
Ist das da auch mit Refresh  für Technobabbel gelöst? Wenn ja, NBA macht das für Autos, Knarren und KungFu.

Leider nicht.

Offline tannjew

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #4 am: 28.12.2018 | 10:31 »
Zitat
Was ist die geschätzte Fachmeinung: Ist Gumshoes System kampftauglich?

Die Meinung meiner Gruppe: nein.

Ganz offen gesagt ist das Würfelsystem der Hauptgrund, weshalb Trail of Cthulhu bei meinen Spielern gescheitert ist. Die fanden es schlichtweg "langweilig".

Mit NBA ist es sicherlich besser, aber momentan möchten meine SC keine Gumshoe-Systeme mehr spielen.
Möglicherweise könnte man sich was auch beim Yellow King System abschauen. Oder bei diesem neuen Fantasy-Setting, das demnächst in den Plattest geht.
Aktuell: Cthulhu (Die Masken des Nyarlathothep), Alien RPG (Zerstörer der Welten) & KULT

Offline Chiarina

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #5 am: 28.12.2018 | 11:41 »
Ich würde sagen, mit NBA hat man alles, was man braucht... (oder sogar mehr als nötig, wenn ich mir meine Gruppe so anschaue).

Gegner mit ordentlich Poolpunkten und einer Maschinenpistole in der Hand lassen jeden Spieler augenblicklich wachwerden. Garantiert!

Die ganzen Sonderfertigkeiten der Vampire und übrigen Monster haben meinen Spielern extremen Respekt eingeflößt. Sie suchen jetzt regelmäßig nach Möglichkeiten, Kämpfe gegen solche Gegner zu umgehen. Wenn das nicht möglich ist, wird´s durchaus spannend.

Für die Brains in der Gruppe gibt´s "tactical fact finding benefits", mit denen man alle möglichen taktischen Erwägungen ins Spiel einfließen lassen kann.

Endlose Kämpfe gegen schwächliche Mooks sind auch nicht so ganz Focus des Spiels. Warum sollte man das machen? Es gibt ja einige Abstufungen, wie man damit umgehen kann:
Gegner wichtig: Behandle ihn wie einen Spielercharakter!
Gegner nicht ganz so wichtig: Ist bei Health 0 ausgeschaltet.
Gegner unwichtig: Hat nur Health 1 - 3
mehrere unwichtige Gegner: Player faced combat (Gegner fallen beim ersten Treffer um, mit der Option mehrere von ihnen beim selben Angriff auszuschalten)

Kurz: Es gibt relativ viele Möglichkeiten Kämpfe gegen schwächliche Gegner abzukürzen und gefährliche Kämpfe dafür aber entsprechend auszuspielen. So sollte es sein, finde ich.
« Letzte Änderung: 28.12.2018 | 11:42 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Scimi

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Re: Ist das Gumshoe-System geeignet für spannende Kämpfe?
« Antwort #6 am: 28.12.2018 | 15:56 »
Bei GUMSHOE ist der Kampf nicht in dem Maße ein unabhängiges Minispiel wie in den meisten Systemen, mit eigener Zeitrechnung und eigenen Werten und Ressourcen. Wer dieses Minispiel haben will, wer am Spieltisch erst so richtig aufwacht, wenn die Initiative gewürfelt wird und wer es okay findet, dass die Hälfte seiner Charakterwerte ausschließlich das Kampf-Minispiel bedienen, der wird mit GUMSHOE bei Kämpfen nie warm werden.

Ohne spezialisierten Kampfmodus ist es dafür bei GUMSHOE viel einfacher, Kampfhandlungen organisch in das Restspiel einzubetten. In vielen Systemen ist es mechanisch Unsinn, im Kampf seine Aktion nicht für einen Angriff, Zauber etc. zu verwenden. Und meistens ist vorgesehen, Gegner zuerst komplett zu besiegen und danach mit dem eigentlichen Ziel der Gruppe fortzufahren. Bei GUMSHOE kann man übergangslos von einem Kampf zu einer Verfolgungsjagd zu einer Verhandlung zu einer Flucht übergehen, wie man es aus Filmen und Büchern kennt — das sind Szenen, wie sie die meisten Systeme nicht gut hinbekommen.

Und natürlich kommt es auf das Genre an. NBA bietet viele Optionen und Manöver, weil man hochtrainierte Superagenten spielt. ToC hat ein extrem frustrierendes Kampfsystem, weil Hortorgeschichten spielt, bei denen Weglaufen üblicherweise die bessere Option ist. Beim YKRPG gibt es gar keine detaillierten Kämpfe. Bei SotS wird es sicherlich auch genretypische Kampfelemente geben.

Letztendlich versucht GUMSHOE aber eher ein cineastisches Erzählsystem als ein detailliertes Strategiespiel zu sein. Ich persönlich finde das nicht weniger spannend, aber von Sachen wie Pathfinder oder Splittermond ist das meilenweit entfernt