Autor Thema: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe  (Gelesen 8942 mal)

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Offline Alexander Kalinowski

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Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« am: 4.02.2019 | 11:47 »
Kampf in Rollenspielen fühlt sich oft nicht filmreif an. Eine Situation, in der dies in vielen Rollenspielsystemen offensichtlich wird, sind 'Einer gegen Viele'-Kampfsituationen. Die typische Lösung von Rollenspielen bei der reihum in Initiativreihenfolge angegriffen wird, ist brettspielartig und entspricht nicht der üblichen Kampfdynamik in Filmen und TV-Serien (s.u.). Im schlimmsten Fall wird es gar unheroisch - wenn nämlich der letzte gegnerische Bandit, von allen Seiten angegriffen, unter einem Hagel von Schlägen schließlich zusammenbricht.

Wie ist es denn nun im Film?

Falls sich einer der Helden nicht bemüßigt den Feind in einem ehrenhaften 'Eins gegen Eins'-Duell zu besiegen und es zu einer 'Einer gegen Viele'-Situation kommt, so greifen mitnichten alle Charaktere beständig ein: üblicherweise zögern stattdessen die meisten von ihnen oder werden gar von Verbündeten beim Angriff gestört.

Ein Beispiel dafür ist die folgende Szene aus Game of Thrones:
https://www.youtube.com/watch?v=1gCgeMDj8Rw

Auch in dieser Szene aus dem Herrn der Ringe greifen die Nazgul eher nicht gleichzeitig oder reihum an:
https://www.youtube.com/watch?v=Sk47qO8rW4Y

Und auch in dieser Szene aus Conan der Barbar bleiben gleichzeitige Angriffe/koordiniertes 'in die Mangel nehmen' die Ausnahme:
https://www.youtube.com/watch?v=Z3kBWP231hI
(Mal ganz zu schweigen davon wie em Ende zwei Wächter tatenlos danebenstehen, während Valeria zwei ihrer Verbündeten ausschaltet.)

Die Auflösung dieser Diskrepanz besteht darin, dass in so einer Kampfsituation nicht jedes Mitglied der zahlenmäßig stärkeren Seite jede Runde angreifen darf (mindestens 1 Mitglied aber schon). Dabei gibt es weitere Aspekte zu beachten (wer wie oft angreifen und verteidigen kann, wie es mit Flucht steht, etc), aber die Grundlage für kinoreife Gefechte in so einer Situation bleibt das Verwehren von Angriffen für alle in jeder Runde.

Kann man dies alles nicht stattdessen durch Modifikatoren auf Angriffswürfe simulieren?
Eher nicht, auch wenn's vielleicht schneller gehen mag. Die Erfahrung zeigt, dass viele Spielleiter und Spieler gescheiterte Angriffsversuche nicht als zögern oder Behinderung durch Verbündete interpretieren, sondern als danebenschlagen - womit es wieder zur brettspielartigen Kampfdynamik wird. Das Problem ist also, dass modifzierte Angriffswürfe in so einer Kampfsituation keine "evokative" (vom Englischen "evocative") Mechanik sind - sie beschwören nicht von sich aus die richtigen Bilder herauf.
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Offline Caranthir

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #1 am: 4.02.2019 | 11:55 »
Kann man dies alles nicht stattdessen durch Modifikatoren auf Angriffswürfe simulieren?
Eher nicht, auch wenn's vielleicht schneller gehen mag. Die Erfahrung zeigt, dass viele Spielleiter und Spieler gescheiterte Angriffsversuche nicht als zögern oder Behinderung durch Verbündete interpretieren, sondern als danebenschlagen - womit es wieder zur brettspielartigen Kampfdynamik wird. Das Problem ist also, dass modifzierte Angriffswürfe in so einer Kampfsituation keine "evokative" (vom Englischen "evocative") Mechanik sind - sie beschwören nicht von sich aus die richtigen Bilder herauf.

Kurze Antwort: "Ja, kann man." Es kommt eben auf das Regelsystem an. In Fate beispielsweise gibt es den Teamwork-Bonus. Da fasst man eben 20 Kämpfer zu vier Gruppen je fünf Gegner zusammen. Jede Gruppe hat einen höheren Angriffswert als der einzelne Kämpfer, es wird nur einmal pro Gruppe angegriffen. Ob dann alle angegriffen haben und nur zwei, ist dann egal, die anderen haben den Angriff einfach unterstützt.

Dass sich Kämpfer auch behindern, lässt sich über "Vorteil erschaffen" sehr leicht abbilden. Kann der SL auch als freien Einsatz in den Raum werfen.
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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #2 am: 4.02.2019 | 11:57 »
Kann man dies alles nicht stattdessen durch Modifikatoren auf Angriffswürfe simulieren?
Eher nicht, auch wenn's vielleicht schneller gehen mag. Die Erfahrung zeigt, dass viele Spielleiter und Spieler gescheiterte Angriffsversuche nicht als zögern oder Behinderung durch Verbündete interpretieren, sondern als danebenschlagen - womit es wieder zur brettspielartigen Kampfdynamik wird. Das Problem ist also, dass modifzierte Angriffswürfe in so einer Kampfsituation keine "evokative" (vom Englischen "evocative") Mechanik sind - sie beschwören nicht von sich aus die richtigen Bilder herauf.

Das Addieren von Kampfboni finde ich noch den vergleichsweise unproblematischen Teil - die Herausforderung an dieser Stelle ist ja eher eine narrative. Die spannende Frage ist dann allerdings: wenn ich Schaden gegen eine Gruppe austeile, wie verteilt der sich?
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Online Trichter

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #3 am: 4.02.2019 | 12:00 »
In vielen Spielen wird das indirekt über die Battle-Map geregelt. Auf einer Karte mit quadratischen Feldern hat jedes Feld "nur" 8 Nachbarfelder, von denen aus direkt angegriffen werden kann. Das mag für realistische Kämpfe natürlich zu viel sein (abgesehen davon, dass viele Gruppen weniger als 8 SC haben). Da könnte man mit Hausregeln eingreifen, z.B. das nur 2-3 verschiedene SC/NSC einen Gegner pro Runde attackieren dürfen. Oder man simuliert das zunehmende Gedränge durch steigende Mali auf die Angriffswürfe. Das würde gleichzeitig den Wert einer hohen Initiative unterstreichen. Wer zuerst angreift bekommt keine/weniger Mali als jemand, der später eingreift. Wenn die Mali hoch genug sind sollten die Spieler von alleine darauf kommen, das ein Angriff sinnlos ist und eine andere Aktion ausführen. Bedingung ist natürlich, dass es ausreichend sinnvolle Handlungsoptionen gibt.

Offline Gunthar

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #4 am: 4.02.2019 | 12:16 »
Wenn man eine Karomap nimmt, gibt es 4 Felder, die direkt anliegen und 4 Felder, die nur an der Ecke anliegen. Man könnte den Figuren, die Eck an Eck (diagonal) stehen, einen Malus geben, wenn in einem von beiden Feldern benachbarten Feld eine Figur steht. Ausnehmen könnte da vielleicht reine Spiess- und längere Stichwaffen, weil die weniger Platz zum Angreifen brauchen.
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Offline felixs

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #5 am: 4.02.2019 | 12:23 »
wenn ich Schaden gegen eine Gruppe austeile, wie verteilt der sich?

Ich würde vorschlagen: Zufällig.
Man kann sich vielleicht überlegen, auch gezieltes (taktisches) Zuschlagen zu erlauben. Dann aber mit entsprechendem Malus.
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Offline KhornedBeef

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #6 am: 4.02.2019 | 12:36 »
Wie schon gesagt: Mobs bilden. Löst alle Probleme, bildet Filmlogik passabel ab.
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Offline schneeland (N/A)

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #7 am: 4.02.2019 | 13:01 »
Ich würde vorschlagen: Zufällig.
Man kann sich vielleicht überlegen, auch gezieltes (taktisches) Zuschlagen zu erlauben. Dann aber mit entsprechendem Malus.

Ja, würde ich für legitim halten. Müsste man noch ein bisschen austarieren, aber damit sollte das Ganze (zumindest wenn man Kämpfe halbwegs abstrakt abhandelt und narrativ ausschmückt) ausreichend abgehandelt sein.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #8 am: 4.02.2019 | 14:30 »
Was das Bilden von Mobs angeht: Das Problem betrifft allerdings auch 1-gegen-2 oder 1-gegen-3 Situationen. Insbesondere wenn 2 oder 3 "Mooks" gegen einen Protagonisten kämpfen. Aber auch kei Kämpfen zwischen wichtigeren Charakteren kann der Einzelkämpfer die anderen durchaus ausmanövrieren (siehe Conan gegen Thorgrim und Rexor oben).

Ansonsten möchte ich es noch einmal betonen: Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass normale Angriffswürfe (evtl modifiziert in Überzahl) in klassischen Systemen meiner Erfahrung nach SL und Spieler dazu verleiten zu sagen:
"Dann greif mal an." - "89, daneben."
Kann man das anders machen? Sollte man das anders machen? Wahrscheinlich.
Aber es ist eben so, dass Angriffswürfe andere Bilder heraufbeschwören ("Daneben") und man bewusst mental dagegen angehen muss. Viele SL sagen dann eben nicht "Dein Charakter zögert und sucht weiter nach dem tödlichen Stich" oder "Der Bandit bewegt sich so, dass Billy Bob Joe dir im Wege steht". Ich halte das nicht für ideal. Besser ist es (imho), wenn in den Regeln unterschieden wird zwischen "Kann nicht angreifen" und "Greift an, aber trifft nicht oder nur ungenügend". Unterscheidet hier die Mechanik, dann ergibt sich mit Sicherheit eine abwechslungsreichere Narration in verschiedenen Spielrunden.

Und selbst wenn man sagt: "Man kriegt in Überzahl -20 auf Angriff und wenn der Angriffswurf nur wegen dieser -20 scheitert, dann wurde der Charakter 'geblockt'", dann weiß ich, dass viele Runden sich gar nicht die Mühe machen zu kontrollieren woran der Angriff scheiterte. Da heißt's dann wieder nur: "Daneben" und weiter geht's.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #9 am: 4.02.2019 | 14:35 »
PS Die Situation ist übrigens komplexer. Es gibt durchaus Situationen wo alle Überzahlkämpofer angreifen:
https://www.youtube.com/watch?v=5aO_CsqfBAo
Man beachte allerdings wie im 3-gegen-1 der dritte Kämpfer zeitweilig völlig blockiert war. Die Kampfsituation im Film ist also jederzeit völlig im Fluss.
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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #10 am: 4.02.2019 | 14:37 »
Besser ist es (imho), wenn in den Regeln unterschieden wird zwischen "Kann nicht angreifen" und "Greift an, aber trifft nicht oder nur ungenügend". Unterscheidet hier die Mechanik, dann ergibt sich mit Sicherheit eine abwechslungsreichere Narration in verschiedenen Spielrunden.

Ich sehe da die Schwierigkeit, dass es dann relativ schnell fummelig werden kann/deutlich mehr Würfe erfordert - vielleicht ist mir die passende Mechanik, die das elegant löst, aber auch einfach nur noch nicht untergekommen.
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Online Grey

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #11 am: 4.02.2019 | 14:44 »
In unserem Homebrew Heroen gibt es so was wie "dabeben" einfach gar nicht. Das Kampfsystem funzt im Wesentlichen so:

Erst mal führt jeder seinen Aktionswurf aus. Danach teilt jeder Spieler die Erfolge seines Wurfs auf seine Gegner auf. Wer dann gegen einen seiner Gegner die nötige Überlegenheit für einen ungezielten, gezielten oder kritischen Treffer zusammenbringt, trifft auch entsprechend -- ganz ohne vorherige Ansage, endlose Auswertung von x Würfen mit n Boni/Mali o.ä. Der gesamte Verlauf der Kampfrunde entscheidet sich anhand von 1 Wurf pro Kombattant (plus eventuelle Schadenswürfe hinterher).

Nach der bisherigen Erfahrung in unseren Testrunden kommen dabei zügig abgehandelte, temporeiche Kämpfe mit schönen, filmreifen Moves heraus. Neulich erst hatten wir eine Kampfszene "Ein Paladin gegen vier Skelette" und jeder einzelne Mitspieler sah vor seinem geistigen Auge so richtig die Knochen fliegen. ;) Wenn die Situation "einer gegen mehrere" die Nagelprobe ist, hat das System sie schon mehrfach bestanden.
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Offline nobody@home

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #12 am: 4.02.2019 | 15:34 »
Wenn das Problem nur das unpassende "Daneben!" ist, dann klingt das für mich erst mal nach einer reinen Beschreibungsfrage. "Daneben" impliziert ja automatisch schon, daß der Charakter seinen Angriff auf jeden Fall und ohne Rücksicht auf Verluste auch durchgezogen und dann "nur irgendwie nicht getroffen" hat -- gerade im Nahkampf, wo der Gegner seinerseits potentiell jede Blöße, die sich ein Angreifer gibt, schnell mal im Gegenzug für sich ausnutzen könnte, wirkt das aber bei öfterer Wiederholung mMn recht schnell unglaubwürdig.

Von daher könnte es also eventuell schon reichen, wenn die zuständigen Regeln auch tatsächlich klarstellen, daß eine mißlungene oder abgewehrte Angriffsaktion auch leicht mal die Form "gab gerade keine Gelegenheit" annehmen kann. Wir gehen ja trotz meist rundenbasierter Rollenspielkampfsysteme normalerweise auch nicht wirklich davon aus, daß der Gegner, den man angreifen möchte, höflicherweise komplett in der Bewegung einfriert, nur weil er gerade nicht "dran" ist, also sollte das so schwer eigentlich nicht zu vermitteln sein.

Offline Gunthar

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #13 am: 4.02.2019 | 15:56 »
Bei Pool-Systemen kann man sagen, ein "Daneben" gibt es nur, wenn man das Pech hat, keine Erfolge zu erwürfeln. Sobald mindestens ein Erfolg da ist, hat man in Richtung Gegner gehauen und dieser hat dann den Schlag irgendwie abgeblockt, wenn sein Abwehrpool höher als der des Angreifers ist.
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Offline felixs

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #14 am: 4.02.2019 | 16:28 »
Ich möchte noch zu bedenken geben:

"Filmreif" erfordert übrigens vor allem Flüssigkeit und Geschwindigkeit. Es gibt in Filmen (und übrigens auch in lesbaren Büchern) praktisch keine langen Kampfszenen - eben weil sich das sehr schnell abnutzt.

Das Gefühl von Geschwindigkeit erreicht man am besten dadurch, dass Kämpfe in Spieltischzeit nicht länger als 15 Minuten dauern. Keine Art von ausgeschmückter Beschreibung trägt über einen Kampf einer Dauer von 60 Minuten Spieltischzeit.

Wenn man das nicht kann oder will, muss man anders Spannung erzeugen, z.B. durch ein System, welches taktische Möglichkeiten bietet und so als eigene, taktische Spielebene interessant ist.
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Offline First Orko

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #15 am: 4.02.2019 | 16:41 »
Die Auflösung dieser Diskrepanz besteht darin, dass in so einer Kampfsituation nicht jedes Mitglied der zahlenmäßig stärkeren Seite jede Runde angreifen darf (mindestens 1 Mitglied aber schon). Dabei gibt es weitere Aspekte zu beachten (wer wie oft angreifen und verteidigen kann, wie es mit Flucht steht, etc), aber die Grundlage für kinoreife Gefechte in so einer Situation bleibt das Verwehren von Angriffen für alle in jeder Runde.

Kann man dies alles nicht stattdessen durch Modifikatoren auf Angriffswürfe simulieren?
Eher nicht, auch wenn's vielleicht schneller gehen mag. Die Erfahrung zeigt, dass viele Spielleiter und Spieler gescheiterte Angriffsversuche nicht als zögern oder Behinderung durch Verbündete interpretieren, sondern als danebenschlagen - womit es wieder zur brettspielartigen Kampfdynamik wird. Das Problem ist also, dass modifzierte Angriffswürfe in so einer Kampfsituation keine "evokative" (vom Englischen "evocative") Mechanik sind - sie beschwören nicht von sich aus die richtigen Bilder herauf.

Ich beantworte die kursive Frage mal zuerst: Das wird nicht reichen!
Der Grund sind die fett markierten Begriffe: Du wirfst da unterschiedliche Ebenen durcheinander, die sich in den meisten Fällen (vulgo: Regelsystemen) wiedersprechen.
Zum Einen geht es hier um handfeste Begriffe aus dem Bereich des taktischen Spiels: Angriffe, Reihenfolge, Initiative, Runden usw.
Andererseits soll es gewisse, durch Filmbilder geprägte Vorstellungen bedienen. Beides zu vereinen haben schon viele Systeme versucht. In den meisten Fällen ist eine Seite unzufrieden.
Du wirst dir über kurz oder lang Gedanken machen müssen, was dir wichtiger ist: Geht es um eine werksgetreue (=Filmrealität) Umsetzung der Kämpfe en Detail geht der Weg kaum um ein taktisches System herum. Das ist aber meist nicht _sehr_ schnell. Systeme wie zBsp. Savage Worlds werben zwar mit "Fast, Furious, Fun" - messen sich aber mit Dinosauriern, wie die Kampfrunde schonmal 45 Minuten dauert. Dafür hat SW zBsp Mook-Regeln, wo "unwichtige" Gegner schnell umgehauen werden können, aber mächtige Endgegener ggf. ein Problem für die Gruppe werden können - insbesondere wenn man beides kombiniert.
Systeme wie The Pool, Fate und Konsorten gehen das Ganze aus dem cineastischen Blickwinkel an: Da kann man die Bilder erzeugen, opfert aber taktische Tiefe.
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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #16 am: 4.02.2019 | 16:49 »
Wie schon gesagt: Mobs bilden. Löst alle Probleme, bildet Filmlogik passabel ab.

Einziger Wermutstropfen: Es ist so abstrakt, dass man keine "Vorstellungshilfe" bekommt.
Will man ein System, das einem zumindest recht gute Anhaltspunkte liefert, was da gerade konkret passiert, funktioniert diese Methode nicht.

Systeme wie The Pool, Fate und Konsorten gehen das Ganze aus dem cineastischen Blickwinkel an: Da kann man die Bilder erzeugen, opfert aber taktische Tiefe.

Die Bilder erzeugen und sich an die etablierten Prinzipien halten kann man mit Alexanders System auch (ggf. sogar besser).
"Nur" den emotionalen Eindruck des Zuschauers stellt man damit nicht nach, aber so wie ich das lese, ist das auch nicht die Zielsetzung. 
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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #17 am: 4.02.2019 | 17:01 »
Eins zur Schnelligkeit:
Auch Kämpfe in PbtA oder FATE erreichen nicht annähernd die Geschwindigkeit eines echten Filmkampfes mit X Beteiligten. Und ob ein 90 Sekunden Kampf in 20 Minuten oder 60 Minuten angehandelt wird, macht aus meiner Sicht für die Filmreife keinen so bedeutenden Unterschied - lediglich die Zeitlupengeschwindikeit variiert. Aber man ist in jedem Fall nicht in demselben Fluss.

Mehr später.
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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #18 am: 4.02.2019 | 17:11 »
Die Bilder erzeugen und sich an die etablierten Prinzipien halten kann man mit Alexanders System auch (ggf. sogar besser).

Okay, dann habe ich den Eingangsbeitrag ggf. völlig falsch gelesen und genau anders herum gedeutet: Ich las es so, dass eben genaudas nicht geht  wtf? Dann check ich das Problem nicht grad  :think:
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Offline felixs

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #19 am: 4.02.2019 | 17:25 »
Auch Kämpfe in PbtA oder FATE erreichen nicht annähernd die Geschwindigkeit eines echten Filmkampfes mit X Beteiligten.

Nein. Die beiden Systeme sind aber auch nicht wirklich schnell.
Ich stimme völlig zu, dass eine Übereinstimmung von Spielweltzeit und Tischzeit nicht erreichbar ist. Dennoch...

Und ob ein 90 Sekunden Kampf in 20 Minuten oder 60 Minuten angehandelt wird, macht aus meiner Sicht für die Filmreife keinen so bedeutenden Unterschied - lediglich die Zeitlupengeschwindikeit variiert. Aber man ist in jedem Fall nicht in demselben Fluss.

...klar ist man nicht im selben Fluss. Aber es macht für mein Spielgefühl schon einen riesigen Unterschied, ob es halbwegs flott geht (ich sprach von 15, nicht von 20 Minuten), oder ob es sich über eine Stunde zieht. 30 Minuten für einen cineastischen Kampf finde ich auch schon unerträglich langwierig.

Ich bin aber auch ungeduldig und mag meist eh keine Kämpfe.
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Offline Maarzan

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #20 am: 4.02.2019 | 17:25 »
Das Problem ist doch in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass die anderen Mitspieler auch mitspielen wollen. Dann geht es eben reihum und damit für jeden langsamer, als er es aus der Ich-Perspektive erleben würde.

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #21 am: 4.02.2019 | 17:40 »
Das Problem ist doch in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass die anderen Mitspieler auch mitspielen wollen.

Ja, wobei reihum dran kommen auch nicht so recht die Lösung ist. Wenn man z.B. Figuren mit irgendwelchen Sonderregeln hat, brauchen manche Spieler deutlich mehr Zeit als andere.

Unterm Strich macht mir das Warten nicht so viel aus, wenn es was Interessantes zum Zuschauen gibt und alle sich offenkundig bemühen, den Spielfluss am Laufen zu halten - selbst wenn ich nicht jede Runde garantiert auch mal dran bin. 
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Offline felixs

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #22 am: 4.02.2019 | 17:58 »
Die Erfahrung zeigt, dass viele Spielleiter und Spieler gescheiterte Angriffsversuche nicht als zögern oder Behinderung durch Verbündete interpretieren, sondern als danebenschlagen - womit es wieder zur brettspielartigen Kampfdynamik wird. Das Problem ist also, dass modifzierte Angriffswürfe in so einer Kampfsituation keine "evokative" (vom Englischen "evocative") Mechanik sind - sie beschwören nicht von sich aus die richtigen Bilder herauf.

Sehe das erst jetzt so richtig. Das Problem hat man vor allem dann, wenn das Kampfsystem das so nahelegt. Wenn man also eine Kampfrunde mit 10 Sekunden Dauer oder sowas hat, dann liegt es ja auch Nahe, Misserfolge als fehlgeschlagene Treffversuche zu interpretieren. Einfach gesagt: Systeme mit irgendeiner Form von "Trefferpunkte runterwürfeln" funktionieren halt so. Je weniger tödlich sie sind, desto mehr ist es so.
Das Problem kann man wahrscheinlich reduzieren, indem man ein abstrakteres oder sogar ein sehr abstraktes Kampfsystem benutzt. Ich fand FUDGE da immer vorbildlich - es verlangt dann aber auch nach erzählerischer Ausschmückung aller Beteiligten. Und die Tödlichkeit kann recht hoch sein.

"Filmreif" wird es vielleicht vor allem dann, wenn der Kampf schnell entschieden wird, wenn ein Misserfolg im Kampf möglich ist, wenn die Handlung dann aber trotzdem weitergeht (nächste Szene: "In Gefangenschaft" oder so).
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #23 am: 4.02.2019 | 18:21 »
Ich sehe da die Schwierigkeit, dass es dann relativ schnell fummelig werden kann/deutlich mehr Würfe erfordert - vielleicht ist mir die passende Mechanik, die das elegant löst, aber auch einfach nur noch nicht untergekommen.

Also das Problem, dass es langsamer wird, wenn man das nicht-abstrakt simuliert, das sehe ich auch. Das muss man zugeben. Es hat auch mehr Frustrationspotential, wenn man angreifen möchte, aber nicht kann. Da muss man dann abwägen zwischen Filmreife einerseits und Geschwindigkeit und anderen Spielaspekten andererseits.

Umgekehrt macht es das Ganze auch insofern mehr filmreif, weil dann natürlich Einzel-SCs viel besser mit größeren Mengen von Schergen zurechtkommen, während Hauptschurken von der ganzen Party nicht so einfach umgemäht werden (ist mir schon in diversen Systemen passiert - Szenarioautoren unterschätzen immer wieder wie groß der Nachteil als Einzelner gegen mehrere in dem jeweiligen System ist). Das Kampfgeschehen wird etwas stabiler.

Und: Der Kampf fühlt sich einfach dynamischer an, wenn in dieser Runde Anke und Peter angreifen können, und in der nächsten Runde Peter, Julia und Christian. Und die Runde danach Anke, Christian und Billy Bob Joe. Oder nur Christian.


Von daher könnte es also eventuell schon reichen, wenn die zuständigen Regeln auch tatsächlich klarstellen, daß eine mißlungene oder abgewehrte Angriffsaktion auch leicht mal die Form "gab gerade keine Gelegenheit" annehmen kann.
Da erinnert sich im hektischen Spielgeschehen erfahrungsgemäß keiner mehr dran. (Keiner ist natürlich heillos übertrieben, aber in der Tendenz wird das ignoriert.)
Und es macht natürlich für manche Spieler einen Unterschied, ob der SL sich gerade da was willkürlich ausdenkt oder ob die Würfel unparteiisch bestimmen was passiert. Anderen Spielern ist's hingegen wurscht.


Wenn man also eine Kampfrunde mit 10 Sekunden Dauer oder sowas hat, dann liegt es ja auch Nahe, Misserfolge als fehlgeschlagene Treffversuche zu interpretieren.
Ach ja, das hatte ich ganz vergessen zu erwähnen: Diese Betrachtungen hier machen nur Sinn für handelsübliche 3 bis 6 Sekunden Kampfrunden. Hat man 1 Sekunde Kampfrunden (gleichzeitige Angriffe sehr selten) oder 15 Sekunden Kampfrunden (praktisch jeder greift jeder Kampfrunde an), dann ist das Kalkül natürlich völlig anders. (Erst recht, wenn man gar keine festen Kampfrunden hat.)
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Offline Maarzan

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Re: Filmreife Eins-gegen-Viele Kämpfe
« Antwort #24 am: 4.02.2019 | 18:28 »
Regeltechnisch würde das dann wohl eine recht schwierige z.B. Mutprobe sein, welche benötigt wird, um aktiv anzugreifen.
Ansonsten ist man damit beschäftigt durch gefährlich wirkendes Fuchteln Gegner von eigenen Angriffen abzuhalten.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...