Autor Thema: Kampfereignisse im Film und im Rollenspiel  (Gelesen 1112 mal)

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Offline Alexander Kalinowski

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Kampfereignisse im Film und im Rollenspiel
« am: 19.02.2019 | 18:34 »
Vergleich Kampfszenen im Film mit Rollenspiel-Regeln, Teil 3 von 3!
Nachdem wir in den beiden ersten Teilen die Kampfdynamik im Film betrachtet haben (hier und hier), schauen wir uns im letzten Teil an, was im Kampf noch so passiert außer dem Kling-Kling von Schwertern!


Als Diskussiongrundlage zitiere ich mal beispielhaft folgende Gefechte:
Conan: https://www.youtube.com/watch?v=a4cCvj0G3zU
Robin Hood: https://www.youtube.com/watch?v=qdeikSfar9o
Red Viper: https://www.youtube.com/watch?v=ZchRZ-HX19U
Aragorn: https://www.youtube.com/watch?v=L8ec3SRTN8U


Einige immer wieder auftauchende Kampfereignisse in Filmkämpfen sind offensichtlich:
  • Ein Kämpfer bringt einen anderen in schwere Bedrängnis (Advantage!),
  • ein Kämpfer geht zu Boden,
  • ein Kämpfer verliert die Waffe,
  • ein Kämpfer ist leicht benommen (kann mit kurzfristigen Abzügen noch agieren),
  • ein Kämpfer ist schwer benommen (kann kurzfristig nur torkeln),
  • Verwundungen eines Kämpfers (sehr leicht bis sehr schwer),
  • das Brechen von Waffen.
Zu Verwundungen: Kämpfer sterben praktisch nur an schweren Wunden - der Tod durch 1.000 Schnitte bleibt eine absolute Ausnahme. Damit sind herkömmliche Hitpoints als Modell vom Tisch. Was ist aber mit leichten Wunden? Die haben in der Regel außer einem sehr kurzfristigen Schmerz keine weiteren nicht-kosmetischen Auswirkungen (und ähneln damit der leichten Benommenheit). Leichte Wunden sind häufig Wunden, die nicht plausiblerweise zum Tod führen. Schwere Wunden hingegen sind Wunden, die für den Rest des Kampfes (und idR darüberhinaus!) sichtbar behindern.


Wenn man also filmreife Kämpfe will, dann gilt es in abstrakteren Systemen diese Elemente immer wieder per Narration einzubauen - es sind DIE Standardereignisse. In detailierten, traditionellen Systemen generiert das System idealerweise diese Ereignisse prozedural - und der SL strickt dann eine Geschichte darum. Damit hat man dann einen Großteil der Kampfereignisse abgehandelt und ein stabiles Rahmenwerk für die Generation von typischen filmreifen Kämpfen und Kampfsituationen.

Neben diese Standardereignissen gibt es aber eben auch immer einzigartige, nicht-standardisierbare Situationen - diese Unberechenbarkeit ist ja gerade das Salz in der Suppe! Man vergleiche zB oben wie Lurtz Aragorn mit einen geworfenen Schild am Baum fixiert. Oder wohlmöglich auch die Gelegenheit leere Fässer gegen den Gegner zu treten um ihn kurz abzulenken - wie Sandor Clegane hier (das brennende Schild ist ein möglicher anderer Kandidat):
https://www.youtube.com/watch?v=uwyvjgs40Oo

Es gibt im Wesentlichen zwei Wege wie man diese einzigartigen Kampfereignisse in die zweite Art der obigen System einbauen kann: entweder per Zufall (Kritische Treffertabellen in Rolemaster) oder eine Seite löst so ein Ereignis bewußt aus (Spezialangriff eines Charakters oder auch Szenenaspekte in FATE). Insbesondere im zweiten Fall agieren diese Spezialereignisse wie flexible Plug-Ins in das obige Grundgerüst an Standardereignissen. Und bei eher abstrakteren Systemen (mit mehr Narrationsspielraum) ist der Fall ja eigentlich klar: die Grenzen liegen hier vor allem die Phantasie des SLs.

Das wär's! Damit hat man Kämpfe in Filmen weitgehend abgedeckt. Es bleiben zwar noch eine Reihe von Fragen offen (Wie geht man mit Drachen um? Oder: Was ist mit Magie?), aber dies sind alles Fragen, die den hier betrachteten Kern lediglich weiter ausbauen und entwickeln.
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Re: Kampfereignisse im Film und im Rollenspiel
« Antwort #1 am: 27.02.2019 | 08:06 »
Hi Alexander,

hab mich schon gefragt wann Teil 3 kommt, nachdem er angekündigt wurde :-)

Zum Inhalt: Das ist tatsächlich einer der Aspekte, die ich in "klassischen" RPGs immer ein bisschen sperrig fand. Gerade wenn man mit Rollenspielanfängern spielt, kommen relativ schnell Ideen wie "Ich werf XYZ nach ihm", vor allem in der Intention für Verwirrung zu sorgen. Die meisten Regelwerke geben aber dann nur einen (lächerlichen) Schaden her und überlassen den Rest dem SL.

Insofern bin ich sehr gespannt, was hier für Ideen/ösungsansätze auf den virtuellen Tisch kommen.

LG,
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Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Kampfereignisse im Film und im Rollenspiel
« Antwort #2 am: 27.02.2019 | 19:40 »
Ich habe bei den Betrachtungen im Ausgangsbeitrag auch noch wichtiges ausgelassen.

  • Die Gefechte oben zeigen, dass es eine Todesspirale in Fantasyfilmen gibt. Nachdem Rexor oder der Mountain den ersten Treffer kassiert haben, geht's rapide bergab. Es dauert allerdings bis ihnen das Glück ausgegangen ist. Deswegen plädiere ich auch für eine Mitigated Death Spiral, eine Todesspirale gepuffert durch Gummipunkte - Fortune Points oder wie auch immer. Für mich, idealerweise Gummipunkte pro Encounter. (Kann auch 0 sein.)
  • Jemand hat in einem anderen Forum treffenderweise angemerkt, dass, wenn man Angriffssequenzen hat, die Wahrscheinlichkeit einen Treffer zu erzielen relativ niedrig sein muss. Dann riskiert man aber, dass es langweilig wird, weil nix passiert im Spiel. Daraus folgere ich, in Übereinstimmung mit den Filmszenen, das direktes Durchkommen mit dem Angriff schwierig sein darf, aber es vor allem darum gehen kann einen Treffer vorzubereiten. Wenn ich also zB mit einem einfachen Durchkommen eine kurzzeitige Deckungslücke kreieren kann, die es mir in der folgenden Runde viel leichter macht durchzudringen. Und sobald ich einmal eine Wunde setzte, wird es ja viel leichter.

Zum Inhalt: Das ist tatsächlich einer der Aspekte, die ich in "klassischen" RPGs immer ein bisschen sperrig fand. Gerade wenn man mit Rollenspielanfängern spielt, kommen relativ schnell Ideen wie "Ich werf XYZ nach ihm", vor allem in der Intention für Verwirrung zu sorgen. Die meisten Regelwerke geben aber dann nur einen (lächerlichen) Schaden her und überlassen den Rest dem SL.

Oh, das ist ja super-interessant. Man sieht diesen Versuch Zeit zu gewinnen am Besten in dem Robin Hood-Ausschnitt oben. Verwirrung habe ich jetzt gar nicht in meinen Katalog an Kampfergebnissen aufgenommen (passiert ja auch nur bei solchen Vorkommnissen). Da muss ich erst einmal überlegen, wie ich das am Besten regeltechnisch in meiner Aktionsökonomie umsetzen würde...
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Re: Kampfereignisse im Film und im Rollenspiel
« Antwort #3 am: 27.02.2019 | 19:49 »
    • Jemand hat in einem anderen Forum treffenderweise angemerkt, dass, wenn man Angriffssequenzen hat, die Wahrscheinlichkeit einen Treffer zu erzielen relativ niedrig sein muss. Dann riskiert man aber, dass es langweilig wird, weil nix passiert im Spiel. Daraus folgere ich, in Übereinstimmung mit den Filmszenen, das direktes Durchkommen mit dem Angriff schwierig sein darf, aber es vor allem darum gehen kann einen Treffer vorzubereiten. Wenn ich also zB mit einem einfachen Durchkommen eine kurzzeitige Deckungslücke kreieren kann, die es mir in der folgenden Runde viel leichter macht durchzudringen. Und sobald ich einmal eine Wunde setzte, wird es ja viel leichter.

    Hier jetzt wieder meine "Filme sind mir egal, solange es sich realistisch anfühlt" Sicht der Dinge (:-)): Ich glaube das ist tatsächlich ein zentraler Punkt. Ich schlage Serien, um einen Treffer vorzubereiten, denn der erste Treffer ist zwar vielleicht nicht entscheidend, aber oft genug vorentscheiden.
    Ich knoble bis heute an einer Mechanik, die das abbildet, ohne die Wahrscheinlichkeiten zu krass zu verschieben - denn nach meiner Erfahrung gibt es auch irgendwann den Punkt, ab dem der Treffer nicht mehr wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher wird.

    Ist aber für die Spielpraxis wahrscheinlich komplett egal :-)
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