Autor Thema: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln  (Gelesen 6271 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Prinz Slasar

  • Gast
[Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« am: 3.09.2019 | 17:43 »
Einer der oft gelesenen Kritikpunkte an MYTHRAS ist, dass die Kampfregeln für viele Spielrunden zu komplex und unhandlich seien.
Oft machen sich die Betroffenen dann auf die Suche nach alternativen, simpleren Kampfregeln, die sie versuchen, für ihr MYTHRAS zu konvertieren. Inwiefern eine solche Konvertierung glückt oder nicht glückt, das können nur die Leute selbst beurteilen.
Hin und wieder wird MYTHRAS aufgrund der komplexen Kampfregeln und/oder fehlgeschlagener Implementierung anderer Kampfsysteme gleich ganz beiseite gelegt.

Das muss nicht sein. MYTHRAS bietet von sich aus verschiedene Optionen für Kampfregeln, die jedem Anspruch genügen. Und man muss keinen umfänglichen Konvertierungsaufwand betreiben.

Vereinfacht gesagt gibt es vier Kampfsysteme in MYTHRAS, die aufsteigend komplex sind:


1] Quick Combat
aus M-SPACE ist das einfachste und schnellste MYTHRAS-Kampfsystem. Hierbei wird der Kampf schlicht als Extended Conflict [ein Konzept aus Revolution D100, das für MYTHRAS übernommen wurde] ausgespielt.
Eine abstrakte, ultraschnelle Regelvariante für alle Kampagnen oder Szenen, in denen es nicht auf die Details ankommt. Der Nachteil ist, dass es mit den üblichen MYTHRAS-Kampfsystemen weniger zu tun hat. Es richtet sich vor allem an Gruppen die Kämpfe lieber narrativ angehen.

2] Simplified Combat
aus M-SPACE bietet sich für alle Kampagnen an, in denen Kämpfe keine besonders wichtige Rolle spielen und in denen der Regelaufwand so gering wie möglich sein soll. Der Kampf ist mit diesem System weniger tödlich als bei den Systemen 3] und 4].
Simplified Combat ist eine vereinfachte Version der Mythras Imperativ-Kampfregeln und verzichtet auf Trefferzonen und arbeitet stattdessen mit generellen Hitpoints und Major Wound Levels. Es enthält auch noch einige weitere Vereinfachungen.
Das Schöne an diesem System ist, dass es einerseits die simplifizierten Kampfregeln aus anderen BRP/W100-Systemen übernimmt, diese aber zugleich mit den üblichen MYTHRAS-Kampfregeln verzahnt, sodass man sich keine Mühe machen muss, irgendetwas zu konvertieren.

3] Die Kampfregeln aus MYTHRAS IMPERATIV
Im Grunde sind die Kampfregeln aus Mythras Imperativ für die meisten Kampagnen der gewünschte und benötigte Komplexitätsgrad. Jene Kampagnen, in denen Kämpfe häufiger vorkommen, diese aber nicht zwingend im Fokus stehen.
Mythras Imperativ ermöglicht jedem Charakter nur 2 Kampfaktionen pro Runde, beispielsweise eine Attacke und eine Parade [so wie man es aus vielen Spielen gewohnt ist], und verzichtet auf die Regeln für Reichweite.
Einsteigern ist daher prinzipiell das Kampfsystem aus Mythras Imperativ zu empfehlen. Viele MYTHRAS-Runden spielen grundsätzlich nur mit diesem, und es gibt auch viele Abenteuer, die auch nur den Regelsatz von Mythras Imperativ verwenden.

4] Die Kampfregeln aus MYTHRAS  - Das Fantasy Rollenspiel
bietet das volle Programm und die komplexen Kampfregeln. Das Kampfsystem von MYTHRAS gilt im Rollenspielsektor als eines der besten, die jemals entwickelt wurden. Dies liegt vor allem daran, dass jahrelang an den Regeln geschrieben und getestet wurde und zum anderen die echte Erfahrung von Waffenkämpfen eingeflossen ist um ein Kampfsystem zu produzieren, das sich an realen, realistischen Kämpfen orientiert.
Die MYTHRAS-Kampfregeln richten sich an Kampagnen, in denen detailreiche Kämpfe eine zentrale Bedeutung haben und wo es vor allem darum geht, realistische Auseinandersetzungen durchzuspielen.
Es ist einerseits ein Segen und gleichzeitig ein Fluch von MYTHRAS, dass gerade das umfangreichste Kampfsystem im Grundregelwerk auftaucht. Ein Segen, weil es eines der Highlights von MYTHRAS zentral präsentiert. Ein Fluch, weil es für Einsteiger möglicherweise ein bis zwei Komplexitätsgrade zu hoch ist und diese dann eventuell gleich das gesamte Spiel zur Seite legen.

Weitere Optionen

MYTHRAS hat nicht nur die obigen vier unterschiedlich komplexen Kampfsysteme sondern erlaubt auch noch mit zusätzlichen Regelmodulen weitere Abstufungen.

A] Pöbel und Handlanger [Mooks]:
Das MYTHRAS-Grundregelwerk liefert Zusatzregeln für Nichtspielercharaktere, um eine Asymmetrie zwischen den Spielercharakteren und ihrer Umwelt abzubilden. Mit diesen Regeln für "Mooks" können Kämpfe vereinfacht und beschleunigt werden. Diese Zusatzoptionen eignen sich für Kampagnen mit heroischen Charakteren oder Pulp-Figuren, in denen die Gegner wie die Fliegen fallen sollen.
Auch das Kampfsystem Simplified Combat hat Regeln für Mooks.

B] Taktischer Kampf [Regeln für Miniaturen]:
Einigen Spieler sind die Bewegungsregeln von MYTHRAS zu narrativ und abstrakt, und sie wollen gerne mit einer Battlemat spielen. Auch hierfür stellt MYTHRAS eine Zusatzoption bereit, zu finden im CLASSIC FANTASY-Regelwerk. Es ersetzt die Bewegungsregeln des Grundspiels und liefert einen hohen Detailgrad.
Im Prinzip lässt es sich auch mit Anpassungen für die leichteren Kampfsysteme [vor allem Mythras Imperativ] verwenden, aber intendiert ist eine Benutzung mit den Komplettregeln aus dem Grundregelwerk.
Die Zusatzregeln zum taktischen Kampf richten sich nur an Battlemat-Profis und sind recht komplex. Wer diese Zusatzregeln zusätzlich zu den vollen Kampfregeln verwendet, der erreicht einen enormen Komplexitätsgrad. Etwas, das einige Spielgruppen vielleicht sogar bevorzugen.

Man sieht, MYTHRAS bietet bezogen auf die Kampfregeln viele Möglichkeiten mit unterschiedlicher Regeltiefe. Ein ausschließlicher Blick ins Grundregelwerk offenbart eines der schönsten und realistischsten Kampfsysteme, ignoriert jedoch die weiteren Optionen für rules light.




« Letzte Änderung: 3.09.2019 | 18:40 von Prinz Slasar »

Offline Matt_E

  • Survivor
  • **
  • of Old Bones Publishing
  • Beiträge: 75
  • Username: Matt_E
    • Check us out at
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #1 am: 5.09.2019 | 00:07 »
I would just add this:  The good news is that, usually, combat does not last for more than 3 rounds.  I have played the fully complex, standard rules for fighting (last option above) for years, and I can't remember a combat lasting more than 4 rounds.  3 is most common, but sometimes it's over in 2.

Really, it's not that hard, if you practice and stay organized.  Don't be afraid to try it!  Cheers.
Our latest Horror Fantasy adventure has arrived.  Check out Old Bones Publishing on DriveThruRPG.com!

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #2 am: 5.09.2019 | 00:21 »
Thanks Matt!

Matthew hat vollkommen recht, dass aufgrund der Zusatzeffekte [die es übrigens in den Systemen 2-4 gibt außer beim Quick Combat] die Kämpfe in MYTHRAS schnell entschieden sein können.
Die Zusatzeffekte ermöglichen es, einen Gegner auf diverse Arten "außer Gefecht" zu setzen. Dabei ist das Töten nur eine von vielen Optionen [und in einigen Settings gar nicht die attraktivste].  Das Herunterknüppeln von Trefferpunkten in statischen Kämpfen findet nicht statt.
Daher dauern die Kämpfe in MYTHRAS kürzer als man bei der Lektüre der Werteblöcke denken mag.

Offline Weltengeist

  • spielt, um zu vergessen
  • Mythos
  • ********
  • Kaufabenteueranpasser
  • Beiträge: 10.988
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Weltengeist
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #3 am: 5.09.2019 | 08:24 »
Interessanter Hinweis. Ich störe mich zwar an der Formulierung "Mythras bietet von sich aus..." (tut es nicht, M-Space ist nicht Teil der offiziellen Mythras-Regeln und stammt nicht mal vom gleichen Verlag), aber hilfreich ist das in jedem Fall.
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Online AndreJarosch

  • Moderator
  • Famous Hero
  • ******
  • Mythras/RuneQuest/BRP/W100-Fanatiker
  • Beiträge: 2.942
  • Username: AndreJarosch
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #4 am: 5.09.2019 | 09:01 »
Interessanter Hinweis. Ich störe mich zwar an der Formulierung "Mythras bietet von sich aus..." (tut es nicht, M-Space ist nicht Teil der offiziellen Mythras-Regeln und stammt nicht mal vom gleichen Verlag), aber hilfreich ist das in jedem Fall.

Aber M-Space ist Mythras, und nicht Basic Roleplaying, RuneQuest, Cthulhu, oder...

Offline Weltengeist

  • spielt, um zu vergessen
  • Mythos
  • ********
  • Kaufabenteueranpasser
  • Beiträge: 10.988
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Weltengeist
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #5 am: 5.09.2019 | 09:44 »
Aber M-Space ist Mythras, und nicht Basic Roleplaying, RuneQuest, Cthulhu, oder...

Schon klar, aber "D&D hat von sich aus Science-Fiction-Regeln..." wäre ja beispielsweise auch nicht korrekt, nur weil es Drittverlagsprodukte wie Esper Genesis gibt, die SciFi-regeln zu D&D ergänzen.
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #6 am: 5.09.2019 | 10:15 »
Interessanter Hinweis. Ich störe mich zwar an der Formulierung "Mythras bietet von sich aus..." (tut es nicht, M-Space ist nicht Teil der offiziellen Mythras-Regeln und stammt nicht mal vom gleichen Verlag), aber hilfreich ist das in jedem Fall.

Das ist falsch, denn M-SPACE verwendet die Regeln von Mythras Imperativ ["offiziell"], und die Regeln des Simplified Combat wurden zusammen mit Pete Nash verfasst, einem der Entwickler von MYTHRAS. ["offiziell"]
M-SPACE zählt zum sogenannten Mythras Gateway, das heißt 3PP Produkten, die von The Design Mechanism "offiziell" zur MYTHRAS-Familie gezählt werden. Pete Nash hat sogar ein "offizielles" Abenteuer für M-SPACE/Mythras Imperative geschrieben: A Gift from Shamash.

M-SPACE hat im MYTHRAS-Kosmos eine ähnliche Stellung wie CLASSIC FANTASY: Ein Supplement, das weitere Regeln für MYTHRAS bereitstellt, die man in sein Grundspiel übernehmen kann oder nicht [z.B. Regeln für Miniaturenspiel, komplexere Regeln zum Durchsuchen von Räumen und Öffnen von Türen] Der einzige Unterschied ist, dass CF direkt bei The Design Mechanism publiziert wurde und M-SPACE nicht.





Offline Weltengeist

  • spielt, um zu vergessen
  • Mythos
  • ********
  • Kaufabenteueranpasser
  • Beiträge: 10.988
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Weltengeist
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #7 am: 5.09.2019 | 10:27 »
Okay, wusste ich nicht.

Und dazu, was ich von dieser Art von Publikationsstrategie halte (und wie gut sie zum Publikationschaos passt, das seit jeher bei RQ / MRQ / Legend / BRP / Mythras herrscht), sage ich hier lieber nix, sonst wird's emotional und geht noch weiter off-topic... ;)
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #8 am: 5.09.2019 | 10:48 »
Okay, wusste ich nicht.

Und dazu, was ich von dieser Art von Publikationsstrategie halte (und wie gut sie zum Publikationschaos passt, das seit jeher bei RQ / MRQ / Legend / BRP / Mythras herrscht), sage ich hier lieber nix, sonst wird's emotional und geht noch weiter off-topic... ;)

Was bei M-SPACE die Sache vielleicht etwas verwirrend macht ist der Anspruch, den Clarence Redd an sein M-SPACE stellt: dass es ein selbstständiges, autarkes W100-Sci Fi-System sein soll.
Dem ist auch so, und es funktioniert sozusagen aus sich selbst heraus ohne dass man auf andere Regelwerke zugreifen muss [was es wiederum von CF unterscheidet, das zusätzlich das MYTHRAS-Grundregelwerk erfordert].

Aber: M-SPACE verwendet die offiziellen MYTHRAS-Regeln [1] und ist Teil der MYTHRAS-Familie. Es gibt daher einen fließenden Übergang der Regelmechanismen, und MYTHRAS-Spieler können beliebig M-SPACE-Regeln für ihr MYTHRAS-Spiel übernehmen oder umgekehrt MYTHRAS-Erweiterungsregeln in ihr M-SPACE-Spiel übertragen. Der Simplified Combat ist da ein sehr gutes Beispiel.

[1] Die Regeln für Extended Conflicts, die aus Revolution D100 stammen, mögen etwas weiter weg sein von MYTHRAS. Doch auch diese haben eine entfernte Ähnlichkeit mit den Regeln für Soziale Auseinandersetzungen bzw. den Projekt-Regeln des MYTHRAS-Grundregelwerks.


Online AndreJarosch

  • Moderator
  • Famous Hero
  • ******
  • Mythras/RuneQuest/BRP/W100-Fanatiker
  • Beiträge: 2.942
  • Username: AndreJarosch
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #9 am: 5.09.2019 | 12:09 »
Hier ein Spielbeispiel für einen Kampf in RuneQuest Glorantha:

https://philgamer.wordpress.com/2019/09/03/runequest-sample-combat/


Prinz Slasar: Vielleicht hast du Lust den Kampf mit den selben Grundvoraussetzungen mit Anathaym und einem Chaoshybriden nach MYTHRAS-Regeln nachzuerzählen?


Achamanian

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #10 am: 5.09.2019 | 14:12 »
Ich bin ja beim Mythras Kampfsystem mit seinen Spezialeffekten nach wie vor ein bisschen zwiegespalten ...
Einerseits: Ja, es ist nicht wirklich so wahnsinnig kompliziert.
Andererseits: Ich spiele jetzt seit einer Weile das schon etwas komplizierte Roleplaying in Glorantha, und tatsächlich schätze ich es, dass ich meinen Angriff würfele und dann einfach abwarte/nachschlage, was passiert.

Bei Mythras hat man diese Mischung aus intentionsbasierten Ansagen im Vorhinein (Abstand ändern, Sturmangriff), festgelegten Effekten (Niederwerfen) und nachher auswählbaren Spezialeffekten, die dann teilweise noch das Gleiche bewirken. Das ist im Regeldesign beim Konzpet der Spezialeffekte schwer zu vermeiden (es sei denn, man würde alles auf: "Würfele deinen Angriff und hoffe, dass der Erfolgsgrad für dein Wunschmanöver reicht!" reduzieren), verwirrt mich aber manchmal.

Trotzdem ist das volle Kampfsystem echt gut, da würde ich nichts drauf kommen lassen. Es erfordert nur neben der Regelkenntnis auch eine hohe Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten.

Online AndreJarosch

  • Moderator
  • Famous Hero
  • ******
  • Mythras/RuneQuest/BRP/W100-Fanatiker
  • Beiträge: 2.942
  • Username: AndreJarosch
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #11 am: 5.09.2019 | 14:18 »
Ich bin ja beim Mythras Kampfsystem mit seinen Spezialeffekten nach wie vor ein bisschen zwiegespalten ...
SNIP
Trotzdem ist das volle Kampfsystem echt gut, da würde ich nichts drauf kommen lassen. Es erfordert nur neben der Regelkenntnis auch eine hohe Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten.

Ich würde einfach gerne mal sehen wenn man in verschiedenen BRPs (RQG, Mythras, OQ, RevD100, CoC?) versucht die gleichen Charaktere zu bauen und die gleichen Würfelwürfe voraussetzt, was das für Unterschiede machen würde (Anzahl der Kampfrunden, Höhe des bleibenden Schadens, etc.).

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #12 am: 5.09.2019 | 14:25 »
Hier ein Spielbeispiel für einen Kampf in RuneQuest Glorantha:

https://philgamer.wordpress.com/2019/09/03/runequest-sample-combat/


Prinz Slasar: Vielleicht hast du Lust den Kampf mit den selben Grundvoraussetzungen mit Anathaym und einem Chaoshybriden nach MYTHRAS-Regeln nachzuerzählen?

Gerne, Andre:

Anathaym kämpft gegen einen Chaoshybriden!

Anathaym schleppt sich durch die Zo-Sümpfe von Meeros auf der Suche nach einem Chaoshybriden, der ein nahegelegenes Dorf terrorisiert hatte. Mit dem Verschwinden eines der Dorfbewohner hatte man sie um Hilfe gebeten.
Es war eine Entscheidung, die sie zu hinterfragen begann, als sie sich durch die unbequeme Sumpflandschaft bewegte, mit ihrem bereitgehaltenen Reflexbogen und einem Pfeil auf der Sehne. Orte wie dieser waren tückisch und es war sinnvoll, vorsichtig zu sein.

Anathaym erblickt den Chaoshybriden mitten bei seiner Mahlzeit: dem stinkenden,  aufgeblähten Kadaver des vermissten Dorfbewohners. Leider erblickt der Chaoshybride sie ebenfalls und nimmt einen Speer auf, während er auf die Füße springt!

Das Geschehen wird nun in der Zeiteinheit Kampfrunden gemessen, die sich in Zyklen und Züge gliedern.
Der Kampf beginnt in etwa 8 Metern Entfernung zwischen den beiden Kombatanten, das heißt Anathaym ist in naher Schussweite ihres Reflexbogens.
Anathaym hat 3 Aktionspunkte, der Chaoshybride hat 2 Aktionspunkte.

Initiativebestimmung

Zuerst wird der Initiativewert bestimmt [W10 + Initiativbonus – Rüstungsmalus] Anathaym erreicht einen höheren Wert und gewinnt die Initiative.

Kampfrunde 1, Zyklus 1, Anathayms Zug

Anathaym gibt einen Aktionspunkt aus und wählt die Kampfaktion Angreifen. Da sie bereits einen Pfeil auf der Sehne hatte darf sie die Kampfaktion Waffe bereitmachen überspringen.
Sie schießt  mit ihrem Reflexbogen auf den Chaoshybriden und würfelt auf ihren Kampfstil [75%]. Sie würfelt eine 10, also einen Erfolg.
Den Pfeil kann der Chaoshybride nicht parieren [das ginge nur mit einem Schild], aber er verzichtet auch auf die Kampfaktion Ausweichen. Weil er weder parieren kann noch ausweichen will, gilt seine Abwehr als automatischer Misserfolg.
Anathaym gewinnt automatisch einen Zusatzeffekt. Sie entscheidet sich für den Zusatzeffekt Schnell nachladen, um die Nachladezeit um einen Zug zu verkürzen.
Da der Pfeil getroffen hat, würfelt sie den Waffenschaden + Schadensbonus [bei Reflexbogen möglich] und die Trefferzone [W20] aus: Der Pfeil trifft den Unterleib mit 4 Schaden. Die Trefferzone Unterleib ist beim Chaoshybriden durch Rüstung geschützt.  Daher kann er vom Schaden den Schutzwert der Zonenrüstung abziehen und erhält in dieser Zone einen Schaden von 1, der sofort von seinen Lebenspunkten in dieser Zone abgezogen wird. Es ist eine Leichte Wunde, die ihn nicht weiter behindert.

Kampfrunde 1, Zyklus 1,  Zug des Chaoshybriden

Der getroffene Chaoshybride rennt in Richtung Anathaym. Er gibt einen Aktionspunkt aus und wählt die Kampfaktion Bewegen, um die Distanz zwischen sich und seiner Gegnerin zu überwinden. Diese Kampfaktion enthält bereits das Vermögen, einen Gegner in einen Kampf zu verwickeln, sodass er dafür keinen zusätzlichen Aktionspunkt investieren muss. Er erschafft also automatisch eine Kampfbindung.

Da alle Beteiligten in diesem Zyklus ihre Züge absolviert haben, beginnt der nächste Zyklus.


Kampfrunde 1, Zyklus 2,  Anathayms Zug

Anathaym hatte nicht damit gerechnet, dass der Chaohybride einfach so auf sie zustürmt. Da er sie gleich im Nahkampf gebunden hat, wird ihr Reflexbogen wertlos. Sie nutzt die freie Aktion Waffe fallen lassen um den Reflexbogen loszuwerden.  Dann gibt sie einen  Aktionspunkt aus und nutzt die Kampfaktion Waffe bereitmachen um ihr Breitschwert zu ziehen.

Kampfrunde 1, Zyklus 2,  Zug des Chaoshybriden

Der Chaoshybride hat Anathaym erreicht und bindet sie im Nahkampf [Kampfbindung]. Dies hat den Effekt, dass sich keiner der beiden mehr so einfach aus dem Kampf zurückziehen kann.

Da die Kampfaktion Bewegen die Möglichkeit, anzugreifen inkludiert, gibt er nun einen Aktionspunkt aus und wählt die Kampfaktion Angreifen, um Anathaym mit dem Speer zu durchbohren.
Der Chaoshybride würfelt gegen seinen Kampfstil [35%]  Er würfelt eine 67 also einen Misserfolg.

Anathaym könnte nun einen Aktionspunkt sparen und den missglückten Speerstich ignorieren, aber sie wittert ihre Chance. Sie gibt einen weiteren Aktionspunkt aus und nutzt die Kampfaktion Parieren. Sie würfelt auf ihren Kampfstil, der das Breitschwert enthält. Sie würfelt eine 71, also einen Erfolg. Dies gibt ihr einen Zusatzeffekt.
Anathaym entscheidet sich für den Zusatzeffekt Waffe beschädigen.  Sie würfelt den Waffenschaden + Schadensbonus aus [Ergebnis 10 Schaden], von denen der Schutzwert 4 des Speers abgezogen wird. Die restlichen 6 Schadenspunkte werden von den Trefferpunkten des Speers abgezogen. Da dieser nur 5 Trefferpunkte hat, zerschlägt Anathaym in der Parade die Spießwaffe des Chaoshybriden.

Alternativ hätte Anathaym ihren letzten Aktionspunkt für einen 3. Zyklus und damit einen weiteren Angriff ausgeben können, gegen den der Chaoshybride nichts hätte ausrichten können [0 Aktionspunkte = 0 Kampfaktionen]. Sie hätte damit einen automatischen Zusatzeffekt bei einem normalen Erfolg erreicht.

Beide haben nun ihren kompletten Aktionspunkte-Pool verbraucht, daher endet nicht nur der zweite Zyklus sondern auch die erste Kampfrunde.

Kampfrunde 2, Zyklus 1, Anathayms Zug

Anathaym will dem waffenlosen Chaoshbyriden nun engültig den Garaus machen. Sie gibt einen Aktionspunkt aus, wählt die Kampfaktion Angreifen und schlägt mit dem Breitschwert zu. Sie würfelt gegen ihren Kampfstil und erzielt mit 06 einen Kritischen Erfolg.

Bei einem menschlichen Gegner würde sie alternativ weniger martialisch vorgehen und stattdessen mit den Zusatzeffekten Zu Fall bringen und danach Gegner ausschalten oder Aufgabe erzwingen den Gegner ausschalten ohne ihn zu töten.

Der Chaoshybride will überleben, aber er hat keine Waffe zum Parieren. Daher gibt er einen Aktionspunkt aus und nutzt die Kampfaktion Ausweichen. Dabei muss ihm ein Widerstandswurf mit Gewandtheit gegen den Kampfstil-Wurf von Anathaym[es war die 06, ein kritischer Erfolg] gelingen. Der Wurf geht schief [Misserfolg], sodass Anathaym ganze zwei Zusatzeffekte generiert.
Anathaym entscheidet sich für die Zusatzeffekte Schaden maximieren [um einen Schadenswürfel durch sein Maximum zu ersetzen] und Ausbluten.

Anathaym würfelt 10 Schaden [8 + W2 Schadensbonus] und einen W20  für die Trefferzone. Es erwischt das rechte Bein des Chaoshybriden, das nicht durch Rüstung geschützt ist. Der massive Schaden an dieser Trefferzone bringt die Lebenspunkte der Zone unter 0: eine Ernste Wunde.
Daher muss der Chaoshybride sofort einen Widerstandswurf seiner Zähigkeit gegen Anathayms ursprünglichen Kampfstil-Wurf schaffen.  Das misslingt, und die Gliedmaße ist nutzlos. Der Chaoshybride stürzt aufgrund des extremen Beintreffers zu Boden und kann W3 Runden nicht attackieren.

Doch er hat noch größere Probleme, denn nun greift zusätzlich der Zusatzeffekt Ausbluten. Um diesen zu verhindern, muss dem Chaoshybriden ein weiterer Widerstandswurf seiner Zähigkeit gegen den ursprünglichen Kampfstil-Wurf von Anathaym gelingen. Da dies ebenfalls nicht gelingt, fängt die Beinwunde massiv zu bluten an, weil ein größeres Blutgefäß zerstört ist.
Der Chaoshybride hat nun mit Erschöpfung zu kämpfen, deren Grad sich mit jeder Kampfrunde erhöht, ihn immer weiter schwächt bis er ohnmächtig oder zu Tode kommt.

Anathaym hat den Kampf gegen den Chaoshybriden innerhalb von 2 Kampfrunden zu ihren Gunsten entschieden.


Fazit: Alles, was bei RQG zufallsbasiert zusammengewürfelt wird, ergibt sich bei MYTHRAS aus bewussten Entscheidungen der Spieler. Und das Beispiel setzt suboptimale Entscheidungen voraus, die in MYTHRAS besseren weichen würden. Z.B. würde Anathaym mehr Kapital aus der nahen Schussweite schlagen.
« Letzte Änderung: 5.09.2019 | 15:16 von Prinz Slasar »

Offline Leonidas

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 424
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Leonidas
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #13 am: 5.09.2019 | 15:22 »
[…]
Trotzdem ist das volle Kampfsystem echt gut, da würde ich nichts drauf kommen lassen. Es erfordert nur neben der Regelkenntnis auch eine hohe Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten.

Das stimmt. Insbesondere hat sich in unserer Runde die Regelkenntnis als ein Stolperstein herausgestellt, denn die vorzuhalten liegt einfach nicht jedem. Das Erfordernis der hohen Aufmerksamkeit finde ich eigentlich sogar gut, denn die Spielleitung muss das ja auch bringen. Da geht es schon in Ordnung, wenn die Spieler und Spielerinnen für einige -vergleichsweise wenige- Kampfrunden ebenso gefordert sind.

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #14 am: 5.09.2019 | 16:23 »
Bei Mythras hat man diese Mischung aus intentionsbasierten Ansagen im Vorhinein (Abstand ändern, Sturmangriff), festgelegten Effekten (Niederwerfen) und nachher auswählbaren Spezialeffekten, die dann teilweise noch das Gleiche bewirken. Das ist im Regeldesign beim Konzept der Spezialeffekte schwer zu vermeiden (es sei denn, man würde alles auf: "Würfele deinen Angriff und hoffe, dass der Erfolgsgrad für dein Wunschmanöver reicht!" reduzieren), verwirrt mich aber manchmal.

Die Regeln für Reichweite sind auch im Komplettsystem nur optional und dienen einem noch realistischeren Kampf, der vor allem Zweihandwaffen zugute kommt, die das Tragen eines Schildes verhindern.

Eine "Mischung" ist so direkt nicht gegeben, eher geht es darum, bestimmte Ziele auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Das Regelwerk erlaubt daher taktisches Spiel: Investiere ich einen Aktionspunkt für die Kampfaktion Abstand ändern, oder warte ich auf einen Zusatzeffekt Abstand verringern, um dann dieses Manöver automatisch ausführen zu können und dadurch wiederum einen Aktionspunkt für andere Kampfaktionen zu sparen?
Dass man diese Manöver auf verschiedenen Wegen erreichen kann ist vom Design her so vorgesehen und ergibt eine entsprechende Tiefe taktischer Möglichkeiten. Eine "Mischung" ist das nicht, sondern kalkuliert.

Ebenso ist der Sturmangriff ein Kampfmanöver für sich, das ein kleines Subsystem aufmacht mit verschiedenen Optionen und Nachteilen. Er ist nicht Teil des üblichen Nahkampfgeschehens sondern vergleichbar mit Reiterkampf-Regeln.

Unter "Niederwerfen" kann ich mir bei MYTHRAS nur sowas vorstellen wie die Zurücktaumeln-Regeln ["Knockback"], die unter bestimmten Voraussetzungen zu denselben Resultaten wie die Kampfaktion Ausweichen, der Zusatzeffekt Zu Fall bringen sowie der Zusatzeffekt Zurückdrängen führen können.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass sich die "Effekte" keinesfalls gleichen, da sie verschieden großen Ressourcenaufwand haben und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ähnlich sind, beispielsweise muss bei Zurückdrängen der Gegner in ein Hindernis getrieben werden, und bei Zurücktaumeln kommt noch hinzu, dass dieser Effekt automatisch eintritt ohne weitere Kosten, zu denen dann außerdem noch möglicherweise Zusatzeffekte genommen werden können. Die Übersetzung "Zusatz-" hat ihre spezifische Bewandtnis.
Die einzelnen Manöver und Effekte sind alles andere als deckungsgleich. Sie verlangen außerdem unterschiedliche Gegenmaßnahmen mit unterschiedlichem Ressourcenaufwand.
« Letzte Änderung: 5.09.2019 | 16:46 von Prinz Slasar »

Achamanian

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #15 am: 5.09.2019 | 17:04 »

Eine "Mischung" ist so direkt nicht gegeben, eher geht es darum, bestimmte Ziele auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Das Regelwerk erlaubt daher taktisches Spiel:

Mit Mischung meine ich nicht, dass das planlos durcheinandergeworfen sei - ich bin mir sicher, dass das alles gut durchdacht ineinandergreift. Aber dein Beitrag zeigt auch schon, was mich verwirrt - es gibt eben in manchen Bereichen mehrere ähnliche Effekte, die unterschiedlich erreicht werden können. Ja, das erzeugt taktische Tiefe, und zwar sogar auf einer InGame-Ebene und nicht nur auf einer gamistischen, weil Mythras sehr wirklichkeitsbezogen ist. Aber es führt halt auch dazu, dass man sehr aufmerksam und regelfest sein muss.
Bei mir wiegt da der Ertrag nicht immer den Aufwand auf, besonders, weil ich bei Mythras nie mit Spielern spiele, die selbst die Regeln kennen. Deshalb greife ich inzwischen meistens doch wieder zu OpenQuest.

Offline Leonidas

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 424
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Leonidas
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #16 am: 5.09.2019 | 17:46 »
Hat eigentlich jemand Erfahrung mit Hausregeln im Bereich der Zusatzeffekte?
Beispielsweise: verständige Spieler denken sich ohne Rückgriff auf Regeln zur Situation passende Zusatzeffekte frei aus, der SL verlangt ggf nach situativem Ermessen Widerstandswürfe; für besonders mächtige Zusatzeffekte muss ein Kritischer Wurf im Spiel sein.
Könnte sowas funktionieren?

Offline Colgrevance

  • Adventurer
  • ****
  • Beiträge: 973
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Colgrevance
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #17 am: 5.09.2019 | 18:36 »
Was ich bei dem Beispielkampf nicht verstehe: Warum sollte man Runde 1, Zyklus 2 den fehlgeschlagenen Angriff des Chaoshybriden parieren?

Wenn ich mir den letzten Aktionspunkt für einen eigenen Angriff im 3. Zyklus aufspare, erhalte ich doch (einen erfolgreichen Wurf vorausgesetzt, aber das gilt ja auch für die Parade) nicht nur einen Zusatzeffekt, sondern verursache zudem auch noch Schaden. Das erscheint mir auf jeden Fall die sinnvollere Variante und keine Überlegung wert.

Es gibt definitiv Situationen, wo dieses Vorgehen sinnvoll sein kann, nur sehe ich das hier nicht - was das Beispiel für mich etwas fragwürdig macht, um ehrlich zu sein. Oder übersehe ich da etwas?
« Letzte Änderung: 5.09.2019 | 18:38 von Colgrevance »

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #18 am: 5.09.2019 | 20:40 »
Hat eigentlich jemand Erfahrung mit Hausregeln im Bereich der Zusatzeffekte?
Beispielsweise: verständige Spieler denken sich ohne Rückgriff auf Regeln zur Situation passende Zusatzeffekte frei aus, der SL verlangt ggf nach situativem Ermessen Widerstandswürfe; für besonders mächtige Zusatzeffekte muss ein Kritischer Wurf im Spiel sein.
Könnte sowas funktionieren?

Ein ähnliches Vorgehen wäre:
Die Tabelle der Zusatzeffekte steht ersteinmal nur dem Spielleiter zur Verfügung. - Immer dann, wenn ein Charakter einen oder mehrere Zusatzeffekte gewinnt, lässt sich der Spielleiter vom Spieler ein Manöver schildern. - Die Liste der Zusatzeffekte ist bei MYTHRAS so umfassend dass sie eigentlich alle "realistischen" Kampfmanöver enthält. Der Spielleiter findet also in so gut wie allen Fällen einen passenden Zusatzeffekt. - Dann wird der Zusatzeffekt nach den MYTHRAS-Regeln abgewickelt.
Die Spieler müssen bei dieser Variante die Zusatzeffekte gar nicht en detail kennen, sondern kreativ selbst die Zusatzeffekte "erfinden". Und der Spielleiter kann auf die bestehenden Regeln eingehen.
Bestimmte, mächtigere Zusatzeffekte, sind bei MYTHRAS sowieso durch Kritische Erfolge begrenzt.
Im Laufe der Zeit merken sich die Spieler dann die Zusatzeffekte, und es kehrt Routine ein.

Das Ganze ginge wohl auch noch freier in der Weise, wie Du es schilderst. Wobei ich prognostiziere, dass bei "realistischer" Beurteilung und Durchdenken des Regelkorpus man sicherlich zu denselben oder ähnlichen Regeln für Zusatzeffekte käme wie die geschriebenen Regeln.
Der allgemeine Modus der Zusatzeffekte ist auch ziemlich simpel: einfacher Widerstandswurf gegen die Angriffsfertigkeit [meist Kampfstil]. Diesen Mechanismus kann man dann, so wie Du es beschreibst, immer wieder anwenden.

Was ich bei dem Beispielkampf nicht verstehe: Warum sollte man Runde 1, Zyklus 2 den fehlgeschlagenen Angriff des Chaoshybriden parieren?

Wenn ich mir den letzten Aktionspunkt für einen eigenen Angriff im 3. Zyklus aufspare, erhalte ich doch (einen erfolgreichen Wurf vorausgesetzt, aber das gilt ja auch für die Parade) nicht nur einen Zusatzeffekt, sondern verursache zudem auch noch Schaden. Das erscheint mir auf jeden Fall die sinnvollere Variante und keine Überlegung wert.

Es gibt definitiv Situationen, wo dieses Vorgehen sinnvoll sein kann, nur sehe ich das hier nicht - was das Beispiel für mich etwas fragwürdig macht, um ehrlich zu sein. Oder übersehe ich da etwas?

Der Beispielkampf ist eine MYTHRAS-Abbildung des RQG-Beispielkampfes aus Andre Jaroschs Link. Hierbei habe ich in einem Schnellschuss versucht, die Ereignisse mit den MYTHRAS-Regeln darzustellen. Wie ich schrieb, muss man dabei von suboptimalen Entscheidungen ausgehen, die ein MYTHRAS-Spieler sicher so nicht getroffen hätte.
Bei dem Beispiel mit dem zerbrochenen Speer resultiert das RQG-Ergebnis aus einer Breitschwert-Parade des Speers, daher nutzt Anathaym ihren dritten Aktionspunkt für eine Parade gegen einen missglückten Angriff, um den Zusatzeffekt Waffe beschädigen zu wählen. In RQG ergibt sich der zersplitterte Speer zufällig aus der Attack-Parry-Matrix.
Die MYTHRAS-Regeln würden eine taktisch klügere Kampfweise erlauben, da gebe ich Dir völlig recht.
« Letzte Änderung: 5.09.2019 | 20:46 von Prinz Slasar »

Offline NurgleHH

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.372
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: NurgleHH
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #19 am: 6.09.2019 | 07:53 »
So, es ist schon ziemlich komplex. Aber mal eine Verständnisfrage: Welches Kampfsystem eignet sich Eurer Meinung nach für „Nach den Vampirkriegen“ am meisten???

Offline Leonidas

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 424
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Leonidas
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #20 am: 6.09.2019 | 09:29 »
So, es ist schon ziemlich komplex. Aber mal eine Verständnisfrage: Welches Kampfsystem eignet sich Eurer Meinung nach für „Nach den Vampirkriegen“ am meisten???

Ohne den echten Experten vorgreifen zu wollen: durch die oben von Prinz Slasar dargestellte Modularität der Mythras-Regeln kannst Du das Kampfsystem ganz einfach an Deinen Vorlieben ausrichten; am geeignetsten für Deine Runde wäre dann dasjenige Kampfsystem, das Dir bzw. Euch am meisten Spaß macht.

Ich persönlich bin ein absoluter Fan der Zusatzeffekte und würde deshalb jederzeit die vollen Kampfregeln wählen, gerade auch für Feuergefechte mit modernen Waffen.

Offline NurgleHH

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.372
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: NurgleHH
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #21 am: 6.09.2019 | 09:55 »
Ich persönlich bin ein absoluter Fan der Zusatzeffekte und würde deshalb jederzeit die vollen Kampfregeln wählen, gerade auch für Feuergefechte mit modernen Waffen.
Zusatzeffekte heißt also das komplexe System aus der dicken Mythras-Bibel, richtig? Mit zunehmendem Alter merke ich, dass gerade diese komplexen Systeme immer den Spielfluß stark hemmen, daher fragte ich nach. Bin gerade von der einfachen Handhabung bei "Schatten des Dämonenlords" beeindruckt, macht es schnell, aber doch variabel.

Prinz Slasar

  • Gast
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #22 am: 6.09.2019 | 12:19 »
Zusatzeffekte heißt also das komplexe System aus der dicken Mythras-Bibel, richtig? Mit zunehmendem Alter merke ich, dass gerade diese komplexen Systeme immer den Spielfluß stark hemmen, daher fragte ich nach. Bin gerade von der einfachen Handhabung bei "Schatten des Dämonenlords" beeindruckt, macht es schnell, aber doch variabel.

Zusatzeffekte bieten Dir auch der Simplified Combat [10 ausgesuchte, einfache Zusatzeffekte] und die Kampfregeln aus Mythras Imperativ [eine Zusammenstellung von fast 30 Zusatzeffekten] und natürlich Mythras - Das Fantasy Rollenspiel.

Bei Nach den Vampirkriegen ist zu beachten, dass dabei Schusswaffen eine wichtige Rolle spielen [können].
Das heißt, hast Du nur die alte RQ6-Version von MYTHRAS, dann fehlen Dir eklatante Schusswaffen-Zusatzeffekte.
Mythras Imperativ bietet eine Zusammenstellung von mehreren Zusatzeffekten aus verschiedenen Supplements, darunter auch aus dem Firearms / Luther Arkwright-Supplement, sodass darin wichtige Schusswaffen-Zusatzeffekte auftauchen.
Mythras - Das Fantasy Rollenspiel hat im Gegensatz zur vorigen RQ6-Version auch die Zusatzeffekte aus Mythras Imperativ enthalten, d.h. die für NdVK wichtigen Schusswaffen-Zusatzeffekte.
Der Simplified Combat aus M-SPACE enthält bei seinen 10 ausgewählten Zusatzeffekten auch den einen oder anderen Schusswaffen-Zusatzeffekt.
Nach den Vampirkriegen wiederum baut auf dem MYTHRAS-Grundregelwerk auf und liefert zusätzliche Schusswaffenregeln, die zum Teil aus Firearms / Luther Arkwright übernommen wurden. Das heißt, es gibt angepasste Zusatzeffekte für Schusswaffen, spezielle Kampfaktionen für Schusswaffen und noch mehr.

Zusammengefasst: Da die Schusswaffen in einer NdVK-Kampagne möglicherweise eine wichtige Rolle spielen, sollte man sich anschauen, welches Regelbuch man sich vornimmt [siehe oben]. Eine zweite Frage wäre, wie zentral Kämpfe in der eigenen NdVK-Kampagne sein sollen. Welche Regeln am besten zu welcher Vorliebe passen, habe ich versucht, im Eingangsbeitrag zu skizzieren.

Noch eine für Dich vielleicht interessante Sache:
Gerade für die Urban Fantasy, die sich weniger an Dresden Files-Action sondern vielleicht mehr an den Kampagnen von World of Darkness orientiert, in denen soziale Interaktionen im Vordergrund stehen, dürfte das Mythras Companion wichtig sein, das demnächst auch in deutscher Übersetzung rauskommt.
Das Mythras Companion bietet ein Regelsystem für soziale Konflikte, das derselben Struktur folgt wie die Kampfregeln von MYTHRAS, also differenzierte Widerstandswürfe und Zusatzeffekte.

Für eine solche Nach den Vampirkriegen-Kampagne könnte man dann die sozialen Konflikte mit den komplexen Kampfregeln durchspielen, aber physische Kämpfe und etwaige Feuerwaffengefechte, die selten sind oder gar nicht passieren, mit einem der simplen Kampfsysteme von MYTHRAS darstellen.


« Letzte Änderung: 7.09.2019 | 14:56 von Prinz Slasar »

Offline NurgleHH

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.372
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: NurgleHH
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #23 am: 6.09.2019 | 13:50 »
Danke für die komplexe Antwort. Auf das Compendium warte ich, aber es dauert doch noch ein wenig, oder?

Online AndreJarosch

  • Moderator
  • Famous Hero
  • ******
  • Mythras/RuneQuest/BRP/W100-Fanatiker
  • Beiträge: 2.942
  • Username: AndreJarosch
Re: [Mythras] Verschieden komplexe Kampfregeln
« Antwort #24 am: 6.09.2019 | 14:22 »
Danke für die komplexe Antwort. Auf das Compendium warte ich, aber es dauert doch noch ein wenig, oder?

Mit ca. 60 Seiten ist ist das Buch nicht sooo lang (und es besteht zum Teil aus schon übersetzten Passagen anderer Bücher), ABER wir bringen wenn möglich immer ZWEI Bücher auf einmal, und das zweite Buch soll "Sorandib" werden und das ist 116 Seiten lang.

Zwischen Jahreswechsel und Mai nächsten Jahres ist alles möglich.