Autor Thema: Ad Astra  (Gelesen 1349 mal)

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Offline Orlock

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Ad Astra
« am: 22.09.2019 | 11:29 »
Den Film hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm, bis ich ihn unter Neustarts in der Zeitung gesehen habe. Darauf hin habe ich mir spontan ein wenig Zeit freigeschaufelt und bin tatsächlich positiv überrascht.

Brad Pitt auf der Suche nach dem verrückten Colonel. Das klingt nicht nur nach Apocalypse Now, sondern fühlt sich über weite Strecken auch so an. Nur nicht im Dschungel, sondern im Weltraum.
Ja, auch der Film hat ein paar Fehler und Ungereimtheiten, ohne die SF-Filme offenbar nie auskommen, aber so richtig gestört haben die mich nicht.
Und man kann das gar nicht oft genug sagen, aber Brad Pitt ist tatsächlich ein wirklich guter Schauspieler.

Wirklich positiv überrascht gebe ich 4 von 5 Sterne.

Tegres

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Re: Ad Astra
« Antwort #1 am: 22.09.2019 | 22:56 »
Vorbemerkung: Auch wenn meine folgende Bewertung negativer klingt, als ich sie meine, rate ich jedem Cineasten, den Film im Kino zu sehen. Nicht nur wirkt er auf der Leinwand sicherlich besser als zu Hause. Es handelt sich außerdem um einen originär fürs Kino geschaffenen Stoff und das kann man in Zeiten von Remakes, Reboots, Biopics und Comicadaptionen gar nicht hich genug schätzen.

Mich hat der Film etwas ratlos zurückgelassen. Er hat mich weder auf emotionaler, noch ästhetischer, noch intellektueller Ebene gepackt. Er ist ziemlich bedeutungsschwanger, was vor allem an den inneren Monologe des Hauptcharakters liegt. Durch diese wird der Film leider auch weniger interpretationsoffen. Ich hoffe insgeheim auf eine alternative Fassung des Films auf Blu-Ray, bei die inneren Monologe gekürzt sind. Schließlich sind sie nicht notwendig. Die Bilder sprechen für sich. Denn die Bilder des Hauptcharakters und des Weltraums (gewissermaßen dem zweiten Hauptcharakter) sind wirklich gut in Szene gesetzt. Bei der Dialoginszenierung herrscht hingegen das Mittelmaß. Shot - Gegenshot. Keine Variation, keine Positionierung im Raum. Ok, aber langweilig. Problematisch ist die Inszenierung bei den actionreicheren Szenen. Hier herrscht die Wackelkamera und damit die Unmöglichkeit für den Zuschauer, die Szene zu überblicken. Sehr schade. Da es mehr Actionszenen in der ersten Hälfte und mehr ruhige Szenen in der zweiten Hälfte gibt, ist Letztere deutlich besser. Außerdem wird sich hier vollkommen auf den Hauptcharakter fokussiert und die Bebilderung wird etwas mutiger.

Alles in allem ein Film den ich gerne mehr mögen würde, als ich es tue, schließlich mag ich orginiäre Kinostoffe und Science-Fiction, noch dazu im Weltraum und dabei Hard Sci-Fi. Fans von Letzterem würde ich den Film aber in jedem Falle empfehlen.

Offline Kurna

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Re: Ad Astra
« Antwort #2 am: 23.09.2019 | 00:28 »
Habe den Film gerade gesehen und fand ihn gut. Obwohl er lang und über weite Strecken eher ruhig ist, habe ich mich nie gelangweilt. Ich könnte mir aber denken, dass er nicht jedem liegen wird. Mein Kumpel war auch etwas weniger davon angetan als ich.

Der Film ist eine ziemliche Brad Pitt-Show, aber er macht es wirklich gut, wie ich finde.

Schön auch, dass der Film zumindest versucht, halbwegs wissenschaftlich korrekt zu sein. Die kleinen Fehler, die es dann doch gibt, sind zum großen Teil auch nicht handlungsentscheidend. (Zum Beispiel sieht man, wenn es "fast Vollmond" ist, die Erde vom Mond aus nicht als Dreiviertel-Erde.)

Leider wird es der Film wohl schwer haben, sein Geld einzuspielen. Wenn ich die Zahlen richtig im Hinterkopf habe, kommt er weltweit nach dem Startwochenende auf rund 45 Millionen Dollar, bei über 100 Millionen Kosten. Auch bei uns war der Kinosaal nicht einmal halb gefüllt und zwar deutlich nicht.
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Offline Seraph

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Re: Ad Astra
« Antwort #3 am: 23.09.2019 | 12:40 »
Kann man ihn mit "Interstellar" vergleichen? Bzgl. Dramaturgie, Emotionalität, Bilder etc.?
Ich muss sagen, dass ich ein wenig neugierig bin.
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Tegres

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Re: Ad Astra
« Antwort #4 am: 23.09.2019 | 13:57 »
Beide thematisieren den politischen Aspekt von Raumfahrt, Ad Astra aber mehr am Rande und eher den Prestige- und Ökonomie-Aspekt als den wissenschaftspolitischen und ökologischen Aspekt bei Interstellar.
Bei Adstra steht die Raumfahrt in ihrer Blüte, bei Interstellar liegt sie am Boden.
 Beide Filme handeln nicht nur von der Raumfahrt sondern auch von familiären Beziehungen. Interstellar hat aber das weit aus versöhnlichere Ende. Beide sind daher durchaus emotional, aber Interstellar ist emotional gesehn sicherlich zugänglicher für die breite Masse, während Ad Astra seine Emotionalität besser entfalten kann, wenn man in seinem Leben bestimmte Erfahrungen gemacht hat.
Während es bei Interstellar nicht nur um den Hauptcharakter sondern die ganze Crew geht, ist bei Ad Astra Brad Pitts Charakter wirklich der einzige Protagonist.
Interstellar ist bildgewaltiger als der ruhigere Ad Astra. Der mutet stellenweise schon dokumentarisch an, während Interstellar szenischer inszeniert ist und häufiger den "Wie haben sie das gemacht?"-Effekt hervorruft.
Interstellar hat aus meiner Sicht mehr Deutungsebenen als Ad Astra, dafür könnte man sagen, dass Letzterer besser weiß, was er will.

Offline Lich

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Re: Ad Astra
« Antwort #5 am: 23.09.2019 | 14:13 »
Ich habe mich lange auf diesen Film gefreut.
Leider konnte er meine Erwartungen nicht ganz erfüllen.
Es ist fast ein Kammerspiel, ein Theaterstück mit SF-Beiwerk. Allerdings
zu wenig tiefgründige Themen, zu oberflächlich.
Für einen SF-Film dann wieder zu wenig Sense-of-Wonder, der Science-
Anteil enthält Logiklöcher - alles irgendwie nichts
Halbes und nichts Ganzes. Dennoch sehenswert, aber
weit davon entfernt ein guter Film zu sein.

Offline Seraph

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Re: Ad Astra
« Antwort #6 am: 23.09.2019 | 14:38 »
Beide thematisieren den politischen Aspekt von Raumfahrt, Ad Astra aber mehr am Rande und eher den Prestige- und Ökonomie-Aspekt als den wissenschaftspolitischen und ökologischen Aspekt bei Interstellar.
Bei Adstra steht die Raumfahrt in ihrer Blüte, bei Interstellar liegt sie am Boden.
 Beide Filme handeln nicht nur von der Raumfahrt sondern auch von familiären Beziehungen. Interstellar hat aber das weit aus versöhnlichere Ende. Beide sind daher durchaus emotional, aber Interstellar ist emotional gesehn sicherlich zugänglicher für die breite Masse, während Ad Astra seine Emotionalität besser entfalten kann, wenn man in seinem Leben bestimmte Erfahrungen gemacht hat.
Während es bei Interstellar nicht nur um den Hauptcharakter sondern die ganze Crew geht, ist bei Ad Astra Brad Pitts Charakter wirklich der einzige Protagonist.
Interstellar ist bildgewaltiger als der ruhigere Ad Astra. Der mutet stellenweise schon dokumentarisch an, während Interstellar szenischer inszeniert ist und häufiger den "Wie haben sie das gemacht?"-Effekt hervorruft.
Interstellar hat aus meiner Sicht mehr Deutungsebenen als Ad Astra, dafür könnte man sagen, dass Letzterer besser weiß, was er will.

Okay, vielen Dank Tegres!
Das klingt danach, als müsste ich den auf jeden Fall noch sehen 8)
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Offline knörzbot

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Re: Ad Astra
« Antwort #7 am: 23.09.2019 | 17:22 »
Dennoch sehenswert, aber weit davon entfernt ein guter Film zu sein.
???
Ein Film der es Wert ist gesehen zu werden ist weit weg vom Prädikat gut? Warum ist er dann eigentlich sehenswert?

Online schneeland

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Re: Ad Astra
« Antwort #8 am: 7.10.2019 | 23:02 »
So, habe den Film dann heute auch gesehen. Einerseits: ich bin froh, ihn im Kino gesehen zu haben - visuell hat mich der Film abgeholt, und auch das gemächliche Erzähltempo und die kammerspielartige Atmosphäre durch den Fokus auf einen bzw. wenige Protagonisten haben mir gut gefallen. Andererseits: der Film hat sich m.E. durch sein Ende leider einen Großteil seiner Qualität genommen - für mich wirkte das in der Stimmung deutlich unpassend und auch in sich nicht stimmig. Letztlich bin ich der Meinung, dass es dem Film sehr gut täte, wenn man die letzten 20 Minuten nochmal neu drehte. Selbst weglassen wäre vermutlich besser gewesen.
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Offline Grey

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Re: Ad Astra
« Antwort #9 am: 9.03.2020 | 09:47 »
Habe den Film jetzt nachgeholt und war enttäuscht. Die Vater-Sohn-Beziehung als Kernthema kam für mich einfach nur schnulzig rüber. Brad Pitt hat seine Rolle zwar großartig gespielt, aber das machte die Rolle des dauerdepressiven, weinerlichen "Ich habe so viel falsch gemacht"-Astronauten auch nicht besser. Liv Tyler für "dreimal durchs Bild schleichen und einmal auf die Mailbox sprechen" zu verheizen, war pure Verschwendung.

Am meisten gestört hat mich, dass Brad Pitts Charakter eigentlich nie selbst Entscheidungen fällt. In den Astronauten-Actionszenen agiert er einfach ausbildungsgemäß effizient. Ansonsten lässt er sich zunächst brav von seinen Vorgesetzten mit der dafür vorgesehenen Begleitung zum Mond und zum Mars schicken. Später, sobald ihm die Anweisungen gegen den Strich gehen, hört er stattdessen auf diese hochrangige Dame vom Mars, die ihm gleich einen detaillierten Plan für seine Desertion/Meuterei in die Hand drückt; aber seine einzige "Entscheidung" besteht an dieser Stelle darin, dass er ab jetzt auf jemand anderen hört als vorher. Informationen zu seiner Queste werden ihm ständig hinterhergetragen, er kommt nie in die Verlegenheit, eigene Nachforschungen anzustellen oder Schlüsse zu ziehen.

Fast noch mehr habe ich mich über die Nebenfiguren aufgeregt. Die Besatzung des Schiffs, das ihn erst zum Mars bringt und später zum Neptun, kommt so bodenlos schwach und unfähig daher, dass ich denen nicht mal einen Müllwagen anvertraut hätte, geschweige denn ein Raumschiff. Jeder Copilot eines Linienflugzeugs hätte bessere Nerven gehabt als dieser sogenannte "erste Offizier", der bei jeder Kleinigkeit panisch die Bodenstation anfunkt und fragt, was er jetzt tun soll. Und sich zehn Sekunden vor der Triebwerkszündung loszuschnallen, um sich mit Brad Pitt einen Kampf zu liefern, obwohl der mit erhobenen Händen sagt: "Ich mache keinen Ärger", war hirnrissig genug für einen Darwin Award mit rotem Hemd.

Positiv vermerke ich die Weltraumästhetik sowie die Kameraführung. Die logischen Löcher im "Science"-Bereich der Science Fiction konnten mir zwar kaum entgehen, hätten mich aber nicht gestört, wenn die Handlung ansonsten was getaugt hätte. Das Design der Mondbasis und der Raumschiffe versetzte mich wohlig zurück nach "Space: 1999". Die schroffe Marslandschaft und der kalte, einsame Neptun waren als Kulissen großartig in Szene gesetzt. Das riss vieles wieder raus.

Fazit daher insgesamt: 3 von 5 Sternen. Ich bereue es nicht, den Film gesehen zu haben, muss ihn mir aber kein zweites Mal antun.
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
--
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