Autor Thema: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem  (Gelesen 1349 mal)

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Offline First Orko

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Ich nutze mal Skasis Nachfrage:

ich mit einem Mouse Guard-Oneshot über Roll20 gerade mal wieder 4 Leute davon überzeugen konnte, dass das einfach auf seine eigene, verschrobene Art ein schönes, elegantes System* und eine tolle Welt ist  ^-^

*solange man das Konflikt-Subsystem weglässt. Was im Übrigen offenbar problemlos möglich ist, wie ich heut auch direkt gemerkt habe  :o  ;D

Mal eine Frage hierzu:
Ich finde das Konfliktsystem beim Lesen auch etwas ungelenk. Wie läßt du es weg? Werden einfache Skill-Würfe gemacht?
Wäre ganz hilfreich für unsere gerade gestarte Few-Shot-Testrunde :)
Gern auch in einem anderen Thread oder per PM...

zu einer Reflexion über das Probensystem und kompexe Konflikte. Ich habe in den letzten Jahren mit MG fast nur Oneshots geleitet. Bei den beiden Tanelorn-Treffenrunden hat sich wiederholt gezeigt, dass das Konfliktsystem in 3-5h Spiel zu einem ziemlichen Bruch in der Wahrnehmung des Systems führt: Ein grundsätzlich einfaches und elegantes Probensystem wird plötzlich zu einem abstrakten Kartenspiel aufgepumpt, wo man die Interpretation der Aktionen in die Fiktion schon ziemlich hart forcieren muss - es besteht durchaus die Gefahr, dass das zu einem Taktikgeplänkel wird.
Das kann Spass machen - aber nicht jedem (fragt mal den Dreamdealer - oder besser nicht ;D)

Kürzlich habe ich eine Onlinerunde mit Roll20 geleitet und mangels Möglichkeit (die Karten gibt es online nicht) auf einen "echten" Konflikt verzichtet. Gefehlt hat mir seltsamerweise nix  :think:
Dafür habe ich deutlich öfter würfeln lassen - und damit natürlich die Anzahl der Twists erhöht! Die habe ich aber (entgegen der Regeln!) zT auf später verschoben, zum Teil dann ignoriert. Trotzdem habe ich "Fun once,let's not do it again!" beibehalten und das auch an die Spieler kommuniziert. Damit wurde das gewünschte Spielgefühl m.E. gut beibehalten.

Der Vorteil der häufigeren Proben ist, dass man die Wahrscheinlichkeit für Checks bei den Skills erhöht. Man muss ja jeden Skill diverse Male nutzen, um ihn steigern zu können. Da ja bei jedem Obstacle nur einer würfelt (der Rest kann assistieren) kann das u.U lange dauern. Ich bin ein Fan von Progression, daher habe ich hier einfach ein bißchen angezogen - das verträgt das System meiner Meinung nach durchaus in Maßen  ^-^

Wie sind da eure Erfahrungen so in Bezug auf:
  • striktes Durchziehen von Obstacles und Twists
  • Progression
  • Anzahl Proben am Abend
  • Konfliktsystem und wie Spieler es aufnehmen
?
« Letzte Änderung: 18.05.2020 | 15:24 von First Orko »
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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #1 am: 18.05.2020 | 15:46 »
Das kann Spass machen - aber nicht jedem (fragt mal den Dreamdealer - oder besser nicht ;D)

Ich habe mein Mouse Guard Trauma fast verarbeitet...

Im System gab es für mich 2 Brüche - den ersten hat Orko schon beschrieben - von "normalen" Proben zum Karten/Konflikt System. Der zweite Bruch hat mir zu noch mehr Verständnisproblemen geführt.  (Die Erinnerung ist eher verschwommen) Im Konflikt beschreibt man seine Aktion, die man durchführen will, dann werden Karten ausgelegt und dann wird etwas komplett anderes aus der Aktion. Damit bin ich nicht klar gekommen.

... aber jetzt muss ich wieder zum RPG-Psychiater gehen.
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Offline First Orko

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #2 am: 18.05.2020 | 16:13 »
Es ist eigentlich eine ungewohnt detailiert aufgelöste Narration: Die Erzählung "fließt" nicht sondern wird immer wieder von der Regeleben unterbrochen. Auf dem Papier wird sie gestützt aber ich schätze mal, das läuft auch nur geschmiert wenn mehrere am Tisch sattelfest in den Regeln sind. DIE nämlich zu erklären und rüberzubringen ist in kurzer Zeit immer wieder einer Herausforderung!

Daher ja auch der "Hack", einfach ohne Konflikt zu spielen. Für Oneshots funzt das. Aber langfristiger würde mich das nicht zufriedenstellen...
Die Frage, die sich mir gerade stellt: ob man das Gefühl "oh, jetzt geht es wirklich um was!" erhalten kann ohne dass man die Erzählung zu sehr bricht  :think:
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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #3 am: 19.05.2020 | 13:31 »
Danke schonmal für die Erklärungen.

Es war auch meine erste Idee, die Konflikte einfach erstmal wegzulassen bzw. entsprechende Fertigkeitswürfe machen zu lassen.
Ein Konflikt ist bei MG aber doch noch anders... Ziele und Dispositionen festlegen und natürlich die Festlegung der 3 Aktionen, die dann nacheinander abgearbeitet werden.
Wie könnte man nur mit Fertigkeitswürfen, beim Beispiel aus dem Buch bleibend, als Mouse Guard eine Schlange bezwingen, die die Mäuse von ihrem Nest abhalten will?

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #4 am: 19.05.2020 | 17:30 »
...
Kürzlich habe ich eine Onlinerunde mit Roll20 geleitet und mangels Möglichkeit (die Karten gibt es online nicht) auf einen "echten" Konflikt verzichtet. Gefehlt hat mir seltsamerweise nix  :think:
...
Die Karten ließen sich aber bestimmt einfügen. Ich habe ein Karten- & Würfelbasiertes Gesellschaftsspiel (Escape The Dark Castle) in Roll20 nachgebaut. Falls doch mal Interesse daran besteht die Karten einzufügen, einfach melden.
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Offline Zarkov

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #5 am: 20.05.2020 | 19:32 »
Also, wenn es um Mouse Guard geht, bin ich ein großer Freund davon, das genau so zu spielen, wie es im Buch steht.

Nach meiner Erfahrung braucht man zwei Dinge, ohne die es nicht geht:
a) Die Spieler müssen sich hinter ihre Figuren Mäuse klemmen und im Spiel aktiv, und zwar mit Nachdruck, Ziele verfolgen und Dinge erreichen wollen; und
b) die Spieler müssen mit dem regeltechnischen Kram gut können und ihn kreativ einsetzen, um an den nötigen Stellen Druck zu machen und für Punkt a) Dampf zu kriegen.
 
Wenn man das hat, kann ich sehr empfehlen, sich einfach an die Regeln zu halten. Dann läuft das Spiel wie eine Rakete, und man hat mit kleinstem Vorbereitungsaufwand eine ziemliche Achterbahnfahrt. Das hab ich so noch bei keinem anderen Rollenspiel geschafft. Nach einer Runde Mouse Guard mit engagierten Spielern geh ich als Spielleiter vom Tisch weg und bin schon ganz hibbelig auf die nächste Runde. Ich brenne darauf, zu erfahren, wie es weiter geht und was wohl als nächstes passiert.

Wenn die beiden angesprochenen Bedingungen allerdings nicht erfüllt sind, dann, äh, naja. Das Spielerlebnis ist in dem Fall meist nicht so großartig. Man kann dann natürlich beliebig Elemente rausnehmen oder vorübergehend außer Acht lassen, aber dann bricht das technische Gleichgewicht zwischen Spielern und Spielleiter zusammen und man hat wieder ein klassisches Rollenspiel, in dem der Spielleiter letztendlich das Sagen hat. Das rechte Feuer kommt dann nicht mehr auf.

Das Spiel ist supersolide, aber es ist eben auf ein paar sehr spezifische Designziele ausgerichtet, für die der ganze Regelaufwand überhaupt erst getrieben wird. Wenn man die nicht will, dann lohnt sich der Aufwand kein Stück.
 
In dem Fall, wenn es denn wirklich sein muß, kommt man mit nur Setting und Skillregeln ein paar Sitzungen sicher gut über die Runden. Die ganzen Währungszyklen inklusive Steigerungsregeln läßt man dann wohl am besten ganz raus; die kippen recht schnell, sind teils nur schwer anzupassen und erfüllen auch keinen echten Zweck mehr.
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Offline First Orko

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #6 am: 20.05.2020 | 19:44 »
Das Spiel ist supersolide, aber es ist eben auf ein paar sehr spezifische Designziele ausgerichtet, für die der ganze Regelaufwand überhaupt erst getrieben wird.

Bei dem grundlegenden Mechaniken erkenne ich das ja noch. Aber was ist das Ziel des Aufwands für einen Konflikt? Das ist schon ein extremer Bruch des Komplexitätsgrads... :think:
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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #7 am: 20.05.2020 | 20:56 »
Kompliziert oder aufwendig finde ich das Konfliktsystem eigentlich nicht, jedenfalls nicht bei Mouse Guard; Torchbearer ist da ein bißchen was anderes. Den größten Streß hat der Spieler, der die Konfliktaktionen an seine Mitspieler verteilen muß, sonst ist es doch ziemlich einfach (vor allem für Burning-Wheel-Verhältnisse). Anspruchsvoll finde ich eher die ganzen Regeln für Nature, Fate/Persona, Wises und Checks, die man ins Gleichgewicht bringen muß, um was zu erreichen. Das kann eine Weile dauern; insbesondere, bis Spieler gelernt haben, wann sie zu wenig Ressourcen haben und entsprechende Konflikte meiden müssen. Aber die Konfliktregeln hatte noch jede Gruppe bis spätestens zur zweiten Runde drauf.

Was viele Leute vor die Stirn schlägt, ist, glaube ich, eher der Bruch der Perspektive und des Spielrahmens. Das ist schließlich das genaue Gegenteil von fiction first. Wenn man da mit dem Immersionsgedanken im Kopf rangeht, oder Fiktion erzählen will, die von den Konfliktaktionen noch nicht gestützt wurde, gibt es zwangsläufig Probleme.

Damit bin ich natürlich nicht auf deine Frage eingegangen:

Aber was ist das Ziel des Aufwands für einen Konflikt?

Gib mir ein bißchen Zeit für die Antwort; das schaff ich heute nicht mehr. Könnte ein, zwei Tage dauern. :-\
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Offline Grummelstein

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #8 am: 2.06.2020 | 09:33 »
Gab es schon Fortschritte bzgl der Integration von Mouse Guard Konfliktkarten in Roll20?
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Offline Zarkov

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #9 am: 10.06.2020 | 23:26 »
Das hat jetzt ein bißchen gedauert. Ich war die letzten Wochen etwas übermüdet.

Also, warum der Aufwand mit den Konfliktregeln? Bei Mouse Guard dreht sich alles um Konflikte. Die Spieler müssen mit ihren Figuren etwas wollen und für ihre Beliefs und Goals kämpfen mit allem, was so ne Maus hat. Und der Spieler arrangiert NPCs und die Umwelt so, daß er auf diese Flags drückt, und zwar, indem er massiv Widerstand leistet, gegen die Spieler angehen können. Damit das klappt, müssen die Regeln den SL zum einen einschränken; sonst überrollt er die Patrouille entweder einfach oder er muß sich ums Gleichgewicht sorgen und künstlich zurückstecken. Zum anderen brauchen die Spieler die Möglichkeit, von sich aus ein Ziel zu setzen und das dann durchzukämpfen, und zwar gegen Antagonisten, die ebenfalls aktiv ihre Ziele verfolgen und dafür kämpfen.

Anders gesagt, der Autor von Mouse Guard glaubt an den ehrlichen Konflikt als entscheidende Spaßquelle im Rollenspiel. Das ist eine Sache, bei der ich absolut mitgehe. Ein ehrlicher Konflikt erfordert zwei Grundvoraussetzungen: Beide antagonistische Parteien müssen etwas wollen und sich richtig reinknien, und es darf kein derart steiles Machtgefälle zwischen den Seiten geben, wie man es beim traditionellen Spielleiter mit Allgewalt hat.

Es gibt Spiele, die regeln das anders, z.T. aus anderen Gründen: Bei einem Dungeoncrawl kann man den gewissermaßen den Antagonismus aus der Büchse eines Moduls beziehen und sich als SL etwa mittels der Kampfregeln auf die Durchführung konzentrieren ("das hab ich mir net ausgedacht, da, hier stehts im Abenteuer"). Das ist eine Möglichkeit, die Aspekte der Spielleiterrolle zu trennen. Unkown Armies trennt diese Rollen explizit: Der SL setzt seinen Antagonistenhut bei der Vorbereitung auf, im Spiel muß er dann andere Prioritäten verfolgen (das muß ich mir aber nochmal näher anschauen). Andere Spiele haben challenge ratings oder Punktebudgets, um das Machtgefälle anzugleichen.

Mouse Guard hat feste Prozeduren, die zu bestimmten Arten von Konflikten führen, und die Konflikte selbst werden als formalisierte "Arena" abgehandelt, in der beide Parteien gleich mächtig sind (nicht unbedingt ihre Figuren im Spiel, aber die Parteien am Tisch schon). Der Spielleiter gibt all seine Sonderbefugnisse ab. Die Regeln sind für alle gleich und der Spielleiter reguliert auch keine Schwierigkeiten, wie bei den Skills. Die ganze Fiktion, die er ja fast nach Belieben kontrolliert, wird für die Dauer des Konflikts hintenan gestellt: Keine Konfliktpartei kann mehr Fiktion erzeugen/erzählen, als sie sich mechanisch erkämpft hat. Die Arena wird abgesteckt und dann wird der Konflikt nach den Regeln ausgetragen; sozusagen "ausgeboxt", und zwar von beiden Seiten, so gut sie können. Man kann als Spielleiter voll durchziehen: Beide Seiten hauen sich nach Kräften auf die fiktive Fresse. Das finde ich ziemlich gut und sehr reizvoll.

Das Interessante daran sind eigentlich die Ergebnisse der Konflikte. Bei den einfachen Skillproben gibt es nur ja/nein, Erfolg oder nicht, und als Spielleiter hat man immer noch die Kontrolle über Mißerfolge. Aber Konfliktergebnisse sind für beide Parteien oft unvorhersehbar: Durch erzwungene Kompromisse zwischen den explizit formulierten Konfliktzielen ergeben sich oft dramatische und unvorhergesehen Wendungen, die dem Spiel einen großen Reiz verleihen können. Anders gesagt: Mit Skills kann eine Seite etwas erreichen, das sie möchte. Mit Konflikten können beide Seiten etwas erreichen, das keiner will und das allen wehtut. Konflikte machen das Spiel unvorhersehbar, gefahrenvoll, chaotisch und damit für mich reizvoll. Und weil sie nicht auf Kämpfe beschränkt sind, machen sie das Spiel auch sehr vielseitig.

Ich sage nicht, daß die Konfliktregeln von Mouse Guard perfekt sind oder daß man sie mögen muß. (Tatsächlich können sie am besten das, was die drei Konfliktsysteme des Mutterspiels Burning Wheel leisten: Streitgespräche und Kämpfe, nah wie fern. Bei anderen Konfliktarten kann es manchmal bei der Fiktion etwas hakeln.) Aber sie erreichen das Designziel auf nicht-langweilige Weise und sie sind funktionell. Und für das, was sie leisten, finde ich sie nicht zu kompliziert. Bei anderen Spielen vermisse ich sie oder ein vergleichbares Konfliktsystem oft.
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Skeptomai

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #10 am: 11.06.2020 | 11:05 »
Abo.

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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #11 am: 12.06.2020 | 12:51 »
Danke für die detailierte Ausführung!
Tatsächlich finde ich das Konfliktsystem selbst auch durchaus gelungen und kann die Intention dahinter, wie von dir geschildert, nachvollziehen. Letzlich macht Fate ja auch nix Anderes, auch wenn der Ausgang eines Konfliktes dort traditionellerweise auch eher binär umgesetzt wird wenn doch mehr möglich wäre. (Trotzdem wehre ich mich noch dagegen, eine Fate-Umsetzung von MG zu benutzen!)

Es bedingt aber m.E. dass SpielerInnen und Spielleitung diesen Meta-Anspruch an die Spielelemente (mindestens der Zusammenhang Konflikte-Goals-Instincts!) verinnerlichen. Und da ist mein Eindruck, der sich durch Erfahrung mit dem System deckt, dass die Wenigsten das überhaupt wollen! Mit dem Setting bekomme ich immer wieder Interessenten abgeholt und viele mögen das einfach Würfelsystem, Steigerungen, das Teamwork usw. Aber sobald die Karten auf dem Tisch liegen kracht es dann. Das ist in dem Sinne aber vielleicht kein eigentliches Problem des Systems aber.... hm. Des Anspruchs an die Spieler?

Insbesondere was das hier angeht:
Anders gesagt, der Autor von Mouse Guard glaubt an den ehrlichen Konflikt als entscheidende Spaßquelle im Rollenspiel. Das ist eine Sache, bei der ich absolut mitgehe. Ein ehrlicher Konflikt erfordert zwei Grundvoraussetzungen: Beide antagonistische Parteien müssen etwas wollen und sich richtig reinknien, und es darf kein derart steiles Machtgefälle zwischen den Seiten geben, wie man es beim traditionellen Spielleiter mit Allgewalt hat.
kann ich nur sagen: Um das nachvollziehen zu können, muss man m.E. eine gewisse Sozialisation im Rollenspielumfeld durchlaufen haben. Das merkt man doch schon, wenn man in traditionelleren Gruppen mal das Thema Player Empowerment anspricht  ;D

Trotzdem hast du natürlich recht: Konflikte zu streichen nimmt dem System einen gewissen - vielleicht sogar den zentralen-  Reiz.  :think: Bleibt die Frage: Kann ich das System irgendwie anpassen, bzw speziell die Umsetzung mit Karten streichen und durch etwas ersetzen, was näher an den normalen Proben bleibt?
Denn am Ende geht es doch nur um die Frage: Wie hoch muss der Kompromiss sein, wenn ich gewinne? (abhängig von meinem Konfliktwert am Ende).
Ich bin kein Gamedesigner aber ich glaube, dass man das auch anders - einfacher, eingängier - erreichen kann!
« Letzte Änderung: 12.06.2020 | 12:55 von First Orko »
It's repetitive.
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Re: [Mouse Guard] Gedanken zu Skill- und Konfliktsystem
« Antwort #12 am: 12.06.2020 | 20:45 »
Genau, mit einem einzelnen der Währungskreisläufe und einem Skill-/Konfliktsystem hat man im Grunde Fate. Und daß Mouse Guard nicht jedem sein Spiel ist, stimmt selbstverständlich auch.¹ Es ist ja nichts anderes als ein kompaktes, für kurze Kampagnen und schnellen Start optimiertes Burning Wheel mit klar festgelegten Prozeduren.

Wenn man Konflikte wirklich vereinfachen wollte, könnte man natürlich statt drei Aktionen vorzuplanen immer nur eine auf einmal abhandeln. Das funktioniert offensichtlich. Man könnte wohl auch einfach die Disposition mit Skills herunterwürfeln, entweder mit geteilten Würfelpools für Angriff und Verteidigung oder mit Initative und abwechselnden Würfen. Auf diese Weise könnte man mit Disposition und Kompromissen weiterarbeiten.

Aber, wie gesagt, ich habe eigentlich immer die Erfahrung gemacht, daß die Leute mit Konflikten weit rascher zurecht kommen als mit der Phasenstruktur, mit Checks und Natur. Um die sinnvoll zu nutzen, muß man schließlich das ganze Spiel über auf der Meta-Ebene arbeiten. Die Konfliktregeln sind nur ein aufgebohrtes Schere-Stein-Papier, aber die anderen Sachen stellen traditionelle Rollenspielgewissheiten teils völlig auf den Kopf.

Wenn es wirklich an den Konflikten hakt, kann es gut sein, daß du, wie oben angedacht, tatsächlich mit klassischem Spielleiteransatz und nur mit Skillwürfen, Beliefs und Traits am Besten über die Runden kommst.


¹ Anekdote: In einer alten Runde hatte sich einmal eine extrem immersionsfixierte Spielerin so lange gegen Kommunikation auf der Metaebene gesträubt, bis ich ihr schließlich im Buch den Absatz Table Chatter vor die Nase gehalten habe. "Ah so, ja wenn das ne Regel ist ..."

« Letzte Änderung: 13.06.2020 | 00:12 von Zarkov »
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