Auch wenn der Thread schon ein gewisses Alter auf dem Buckel hat, belebe ich ihn mal wieder. Bei dem nostalgischen Schmökern in vergangenen literarischen Ergüssen (damit meine ich nicht irgendwelche Comic-Klassiker, sondern diesen Thread) sind mir nämlich ausgehend von Turning Wheels Post ein paar Gedanken gekommen, die ich gerne mit euch teilen möchte. Vielleicht gelingt es ja sogar, der Diskussion neues Leben einzuhauchen.
Mir ist noch ein weiterer Punkt zur mangelnden Langzeitkreativität von Comics eingefallen, weil ich seit ein paar Jahren mal wieder die ganzen PrinzEisenherz-Bände durcharbeite.
Prinz Eisenherz ist eine Serie, die nicht nur mit ihrer hohen Zeichenkunst, sondern auch mit ihren über sehr viele Bände konsistent hohe Qualität von kreativen Stories glänzt.
Das ist meiner Meinung nach bei Prinz Eisenherz sehr stark einer großen darüber liegenden Story geschuldet, nämlich der voranschreitenden Lebensgeschichte der Protagonisten, und das fehlt bei den im OP angeführten Comicserien. Die Schlümpfe bleiben immer gleich und ihre Lebenssituation bietet nach all den Jahrzehnten keinerlei Abwechslung. Ich halte eine große darüberliegende Story, die all die kleinen Geschichten letztenendes zu einem Epos macht, für eine wichtige konzeptionelle Sache, die das Feuer langfristig anfacht und durch immer wieder veränderte Verhältnisse nicht nur viele neue Kleinigkeiten in eine Serie bringt, sondern auch die Wahrnehmung auf das große Ganze nicht einschlummern lässt.
Das trifft meiner Meinung nach nicht nur auf Comics zu, sondern auch auf Rollenspielkampagnen.
Die Schlümpfe sind für mich nämlich ein gutes Beispiel, wie eine Serie, die schon seit etlichen Jahren läuft, in meinen Augen trotzdem kreativ sein kann. Jahr für Jahr erscheint ein neues Album, und jedes Jahr wieder fiebere ich dem entgegen. Nicht jedes Album ist gut, und nicht jedes Album trifft meinen Geschmack. Aber die Serie schafft es, dass sich nicht jedes Album gleich anfühlt. Zum einen wird immer mal wieder der Antagonist gewechselt, bzw. es gibt auch nicht jedes Mal einen Antagonisten - manche Alben drehen sich um Dinge, die die Gemeinschaft der Schlümpfe verändern, andere greifen Probleme der Neuzeit auf und bringen sie in einen Kontext, der sich im Rahmen dessen, was die Schlümpfe erleben können, passend anfühlt. Natürlich kann man bemängeln, dass keine wirkliche Entwicklung (oder nur in sehr kleinem Rahmen) stattfindet und sich am Ende alles wieder beim Alten befindet. Ob man das mag oder nicht, muss jeder für sich selber entscheiden. Der für mich entscheidende Punkt ist aber aber, dass ich bei der Serie nciht das Gefühl habe, immer nur einen Aufguss von irgendwas, was schon mal da war, vorgesetzt zu bekommen (anders als beispielsweise bei Percy Pickwick).
Ein anderes Beispiel für gelungene Kreativität wären die Zyklen über "Das verlorene Land". Jeder Zyklus greift sich einen neuen Aspekt des ursprünglichen Werks oder einen Charakter heraus, und erweitert das Universum. Das verbindende Element aller Zyklen ist der Konflikt aus dem Original "steckt das Böse im Herzen der Liebe oder die Liebe im Herzen des Bösen?", trotzdem wird der Konflikt jedesmal anders behandelt, anders thematisiert. Was sicherlich auch ein Stückweit hilft, damit es sich nicht nach "hatten wir schonmal" anfühlt ist, dass es in dem verlorenen Land nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern auch ganz viel grau. Im Gegensatz zu Geschichten wie den Schlümpfen muss es halt nicht auf ein Happy End hinauslaufen.
Somit kann ich meine These aus dem Eingangpost zumindest dahingehend revidieren, dass es Kreativität noch gibt: man muss nur an die richtigen Stellen schauen. Und es bleibt die wehmütige Erkenntnis, dass einige Serien, die ich in meiner Jugend wirklich gerne gelesen habe (Asterix, Luky Luke, Percy Pickwick), mich nicht mehr ansprechen und ich ihnen den Rücken gekehrt habe.