Autor Thema: Lebenspunktgenaue Kampfabwicklung  (Gelesen 4841 mal)

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Re: Lebenspunktgenaue Kampfabwicklung
« Antwort #50 am: 22.06.2020 | 22:48 »
Dazu bin ich zu verdorben und Luxus-orientiert ;)
Oder etwas ernsthafter: für mich gewinnen Trefferpunktesystem enorm dadurch, wenn sie einer klaren Metapher folgen. Sowohl Brüche in dieser Hinsicht als auch das Fehlen einer innerweltlichen Bedeutung empfinde ich relativ stark als ludonarrative Dissonanz, die mich im Spiel stört.

Wobei ich die grundsätzliche Einfachheit tatsächlich mittlerweile wieder mehr zur schätzen weiß und jedes System mit Wundstufen, Abzügen & Co. demgegenüber seinen Mehrwert erstmal rechtfertigen muss.

Na ja, je nach System und Setting kann der ganz einfache Ansatz auch seine Berechtigung haben. Wenn ich beispielsweise in Toon einen buchstäblichen Cartooncharakter spiele, kommt's nicht unbedingt so sehr darauf an, ob der nun einen Faustschlag, eine Cartoon-Bombenexplosion, oder Mit-Mausefallen-an-sämtlichen-Fingern-die-Treppe-runter-Fallschaden abbekommt -- wenn's zuviel wird, zwitschern halt für ein paar Minuten die Vögelchen und danach ist er auch schon wieder wieder voll da. Da wäre jede Art von "Realismus" dann wohl auch ein wenig fehl am Platz. :)

Ansonsten lohnt sich halt vielleicht tatsächlich eine Aufteilung. Typische "Abenteuerhelden", und von denen insbesondere die, die in Serienformaten verwurstet werden sollen, neigen ja stark dazu, eher selten wirklich ernsthaft verletzt zu werden -- wenn es dann aber doch mal passiert, dann kann es sie auch wie jeden anderen für eine ganze Weile auf die Matte schicken. Das könnte man jetzt theoretisch durch Regeln abdecken, nach denen solche Charaktere von vornherein schlicht und ergreifend entsprechend selten überhaupt erst getroffen oder anderweitig von Schadensquellen in Mitleidenschaft gezogen werden können, aber in der Praxis wird ein hoher Whiff-Faktor in Kampfsystemen dann doch eher nicht so gerne angenommen, d.h., da bietet sich ein vom reinen Verletzungsmodell getrenntes Polster an "Glückspunkten", die im Wesentlichen dieselbe Risikominimierungsfunktion erfüllen, von denen man aber weiß, daß sie irgendwann ausgehen werden und es dann schnell todernst werden kann, wirklich geradezu an. Natürlich ist das dann gerade der Trennung wegen kein Polster, das man besonders plausibel durch ein paar Bandagen, Erste-Hilfe-Handauflegen, oder eine kurze Behandlung bei Doktor McCoy wiederherstellen kann; Glück, Helden-Plotrüstung, oder wie immer sonst man es nennen mag, sollte sich sogar recht ausdrücklich unabhängig von der "eigentlichen" Gesundheit nach eigenen Regeln wieder erneuern.

Online schneeland

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Re: Lebenspunktgenaue Kampfabwicklung
« Antwort #51 am: 22.06.2020 | 23:30 »
Comichelden lassen wir vielleicht mal raus. In dem Moment, wo neben dem Charakter explorierende Bomben mehr dem Spaßfaktor dienen, sind von mir aus auch universellen Treffer-/Lebens-/Heldenpunkte ok.

Ansonsten lohnt sich halt vielleicht tatsächlich eine Aufteilung. Typische "Abenteuerhelden", und von denen insbesondere die, die in Serienformaten verwurstet werden sollen, neigen ja stark dazu, eher selten wirklich ernsthaft verletzt zu werden -- wenn es dann aber doch mal passiert, dann kann es sie auch wie jeden anderen für eine ganze Weile auf die Matte schicken. Das könnte man jetzt theoretisch durch Regeln abdecken, nach denen solche Charaktere von vornherein schlicht und ergreifend entsprechend selten überhaupt erst getroffen oder anderweitig von Schadensquellen in Mitleidenschaft gezogen werden können, aber in der Praxis wird ein hoher Whiff-Faktor in Kampfsystemen dann doch eher nicht so gerne angenommen,

Dem Teil würde ich mich quasi vorbehaltlos anschließen, sowohl was die Überlegungen zur Natur des Serienhelden angeht als auch in der Frage des Whiff-Faktors. Selbst in einer Fernseh- oder Romanserie ist es ja so, dass es immer noch eindrucksvoller wirkt, wenn der Held so gerade noch sein Schwert zwischen die heranzischen Klinge des Feindes und den eigenen Körper bringt (der olle Drizzt ist da ja quasi Meister drin) oder es ein paar Streifschüsse oder blaue Flecken oder meinetwegen oberflächliche Fleischwunden ohne weiteren Effekt gibt.

d.h., da bietet sich ein vom reinen Verletzungsmodell getrenntes Polster an "Glückspunkten", die im Wesentlichen dieselbe Risikominimierungsfunktion erfüllen, von denen man aber weiß, daß sie irgendwann ausgehen werden und es dann schnell todernst werden kann, wirklich geradezu an. Natürlich ist das dann gerade der Trennung wegen kein Polster, das man besonders plausibel durch ein paar Bandagen, Erste-Hilfe-Handauflegen, oder eine kurze Behandlung bei Doktor McCoy wiederherstellen kann; Glück, Helden-Plotrüstung, oder wie immer sonst man es nennen mag, sollte sich sogar recht ausdrücklich unabhängig von der "eigentlichen" Gesundheit nach eigenen Regeln wieder erneuern.

Hier würde ich sagen: ja, die Trennung bietet sich an, wobei die Glückspunkte auch gern Stamina/Ausdauer heißen dürfen und durch ein paar Minuten durchatmen, ein Nickerchen o.ä. regeneriert werden, solange sie nur von den "richtigen" Wunden getrennt sind. Man muss da natürlich ein bisschen aufpassen, denn sobald man anfängt, Erste Hilfe, Heilzauber o.ä. zuzulassen, verwandeln sich diese Ausdauerpunkte mental doch ganz schnell wieder in "Fleischpunkte", bei denen es merkwürdig wird, wenn sie durch "gut zureden" und "ein bisschen schlafen" regeneriert werden.
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Re: Lebenspunktgenaue Kampfabwicklung
« Antwort #52 am: 22.06.2020 | 23:57 »
Warhammer 4 bekommt diese Trennung in "kleine" und "richtige" Wunden ganz gut hin, aber dafür fängt dort der Verwaltungsaufwand bei 0 HP bzw. bei kritischen Treffern erst richtig an.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Lebenspunktgenaue Kampfabwicklung
« Antwort #53 am: 23.06.2020 | 00:06 »
Warhammer 4 bekommt diese Trennung in "kleine" und "richtige" Wunden ganz gut hin, aber dafür fängt dort der Verwaltungsaufwand bei 0 HP bzw. bei kritischen Treffern erst richtig an.

Es sind schon recht viele Zustände, die man sich dann anschauen muss, insofern läge meine persönliche Präferenz in der Komplexität niedriger als WFRP 4 (Warlock hat immerhin kleinere Zufallstabellen :)). Aber grundsätzlich ist das schon ganz gut gelöst - auch die Tatsache, dass kritische Treffer echte Wunden verursachen, ist erstmal nicht so blöd. Erhöht aber natürlich ggf. den Verwaltungsaufwand schon früher.
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